Hyundai i30 Turbo im Alltagstest Läuft! Rennt aber nicht.

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„Ein Traum, der in Deutschland schon ausgeträumt schien. Ein junger sportlicher, erfrischend anderer Auftritt für junge Menschen…“. Klingt nach Marketingsprech? Ist es auch. Zitiert aus dem Prospekt des Hyundai S-Coupé von 1991, dem Jahr, als Hyundai in Deutschland an den Start ging.

Hyundai i30 Turbo im Alltagstest

25 Jahre später teste ich den legitimen Nachfolger (sorry, Veloster, Du wirst soeben unter den Teppich gekehrt) i30 Coupé. Ein Vierteljahrhundert, in dem sich die Welt nicht nur weiter gedreht hat. Hyundai hat sich in dieser Zeit ein komplett neues Universum aufgebaut. Der damalige Newcomer aus dem fernen Korea ist eine feste Größe geworden, entwickelt einen Großteil seiner Modelle im hessischen Offenbach und betreibt Fertigungsanlagen in der Türkei und Tschechien. Dort kommt auch der i30 her.

Hyundais Sportlerkarriere vom Schmalhans zum Schwergewicht gipfelt aktuell im i30 Turbo. Während beim S-Coupé 62 kW / 84 PS ausreichen mussten, steht der aktuelle 3-Türer als Turbo-Version mit 137 kW / 186 PS deutlich besser im Saft. Er läutet damit eine Zeit ein, in der sich auch die Benziner bei Hyundai vom Saugmotor-Prinzip verabschieden und zwangsbeatmet werden. Darauf ist er auch mächtig stolz, deutlich lesbar prangt das Wort „Turbo“ auf der Heckklappe.

Nach der Laderimplantation scheint das i30 Coupé noch bei den Karl-May-Festspielen vorbei geschaut zu haben, um dort den Merchandising-Stand leerzuräumen. Deutlich sichtbare Kriegsbemalung in Form von roten Zierleisten an Front und Heck, silbernen Akzentleisten um den großen Kühlergrill und am Frontspoiler, grauen 18-Zoll-Alus und zwei armdicken Endrohren schminken den Hyundai recht grell.

Hyundai i30 Turbo im Alltagstest

Sonst würde man die Präsenz des Ober-i30 auch nicht unbedingt bemerken, denn akustisch hält sich der 1,6 Liter große Vierzylinder deutlich zurück. Zusammen mit der homogenen Leistungsentfaltung wirkt das Auto oftmals weniger fix, als es objektiv ist. Angriffslustig ist anders. Dazu kommt, dass der Motor bei hohen Drehzahlen deutlich die Laune verliert, für den Ritt auf der Drehmomentwelle sollte die Hand also öfter zum Hebel des Sechsganggetriebes greifen. Der Handrührer gefällt mit einer guten Abstufung, die Schaltwege dürften für einen echten Sportler jedoch kürzer sein. Bis Tempo 180 kommt man damit recht fix auf Geschwindigkeit, danach gibt sich der i30 merklich den Gegenkräften geschlagen. Tacho 220 (laut Zulassung: 219 km/h) sind machbar, brauchen aber einen längeren Anlauf. Viel passiert natürlich auch im Kopf. Wenn man endlich mal aufhört, den Hyundai an der Performance eines Golf GTI zu messen, dann stellt einen auch der i30 Turbo voll und ganz zufrieden.

Sportlichen Ehrgeiz hat der ansonsten brave i30 bei seiner Fitnesskur also entwickelt. Leider folgt er auch der für Menschen wichtigen Empfehlung, nach dem Training ausreichend zu trinken. Der liebe Flüssigkeitshaushalt und so. Dem i30 schmeckt, einseitige Ernährung hin oder her, ausschließlich Superkraftstoff. Und davon haut er sich ganz schön was rein. 10,2 Liter alle 100 Kilometer im Testzeitraum, in dem der Turbo zwar flott aber nie auf letzter Rille der Vredestein-Winterreifen fortbewegt wurde. Das liegt deutlich über dem Normverbrauch von kombinierten 7,3 Litern und zeigt einmal mehr, dass die Katalogzeile des Innerorts-Verbrauch näher an der Realität ist. Dort steht beim Hyundai der Wert von 9,6 Litern.

Hyundai i30 Turbo im Alltagstest

Mehr „Down-To-Earth“ zeigt sich das Fahrwerk. Die Federung ist sehr straff abgestimmt, das aber mit Fingerspitzengefühl. Der i30 klebt gut auf der Straße, federt kommod und kommt auch bei schlechtem Untergrund nicht sofort an die Grenzen seiner Federwege. Außerdem bleibt der Aufbau meist ruhig, wildes Gehoppel bleibt also gottseidank aus. Hier haben die Hyundai-Techniker eine gute Balance gefunden. Geradeaus fährt der Hyundai i30 Turbo also prima. Beim Kurvenfahren zeigt sich jedoch noch der Nachholbedarf. Die Lenkung gibt wenig Rückmeldung, als Fahrer gibst Du also den Richtungsbefehl und das Auto fährt dann dort hin, wirklich „steuern“ kann man aber nicht. Daran ändern auch die drei einstellbaren Lenkparamter Normal, Comfort und Sport nicht wirklich etwas, letztere Einstellung ist mit der reduzierten Servountersützung am empfehlenswertesten.

Hyundai i30 Turbo im Alltagstest

Die größte Überraschung beim i30 Turbo sind die Sitze für Fahrer und Beifahrer. Feste Seitenwagen mit viel Seitenhalt, eine hohe Lehne und eine ausreichend lange Oberschenkelauflage auch mit einen Sitzriesen wie mich (1,92 Meter groß) begeistern auch nach längeren Touren. Nicht einmal eine ausziehbare Sitzfläche vermisse ich hier. Dieses Lob an die Sitze möchte ich damit unterstreichen, dass es sich mein Allerwertester sonst auf den bekannt guten Sportsitzen eines BMW bequem macht. An den Wangen spannt sich Leder über die Hyundai-Stühle, die Sitzfläche ist mit einem festen und angenehm rutschhemmenden Stoff bezogen. Die stramme Polsterung der Sitze spricht sich mit dem Sportfahrwerk ab und unterstützt gekonnt beim Wegfedern von Querfugen.

Rote Einlagen nicht nur an den Innenseiten der Sitzwagen, sondern auch am Schalthebelknauf, dem Start-/Stopp-Knopf und rote Nähte kippen weitere Indianerschminke ins Auto. Leider hat Hyundai es versäumt, das Vierspeichenlenkrad gegen eine sportlichere Dreispeichenversion auszutauschen. Die Multifunktionstasten im Volant sind teilweise etwas zu klein für eine intuitive Bedienung, eine Eigenart, die sie sich mit den Knöpfen des Infotainmentsystems teilen.

Hyundai i30 Turbo im Alltagstest

Die im Cockpit verbauten Kunststoffe sind erstaunlich hart, der Technikbruder Kia cee´d zeigt hier mehr Weichspüler. Aber mal ganz ehrlich: Wer klopft ständig auf dem Armaturenbrett herum? Hier zeigt sich eben auch der gesunde Pragmatismus, mit dem Hyundai den i30 konstruiert hat. Und mit dem das Auto eingepreist ist.

Die Coupéversion des i30 Turbo kostet 23.150 Euro. Damit liegt er deutlich unter seinen Mitbewerbern, ein VW Scirocco mit dem 180 PS TSI-Benziner kostet Beispielsweise mindestens 26.700 Euro. Mit 25.475 Euro ist selbst ein dreitüriger Golf Highline mit 150 PS (1,4 TSI) 2.325 Euro teurer als die Koreaner, Entschuldigung Tscheche.

Der Testwagen mit Metalliclackierung („Orange Caramel“ übrigens, wer sich traut), Navigationssystem inklusive Rückfahrkamera und dem Smart-Key-Paket (schlüsselloses Öffnen und Starten, anklappbare Außenspiegel) kostet 25.750 Euro. Das ist durchaus ein Schnäppchen.

Fehlende Assistenzsysteme zum Spurhalten, Toten-Winkel-Überwachen und Abstandhalten zeigen, wie schnell die technische Entwicklung voranschreitet. Der i30 kam als Fünftürer bereits Ende 2011 auf den Markt (Coupé 2013), im vergangenen Sommer gab es das Facelift mit dem neuen Turbomotor.

Hyundai i30 Turbo im Alltagstest

Fazit:

Der Hyundai i30 Coupé Turbo ist ein schön dynamischer Kompaktwagen. Die Fitnesskur hat ihm überraschend gute Sitze und ein angenehmes Fahrwerk beschert. Die gebotene Leistung hält nicht ganz, was die marktschreierische Sportoptik verspricht, reicht im Alltag aber aus, ohne Dir die Mundwinkel an die Ohren zu nähen. Am Benzinverbrauch muss aber dringend gearbeitet werden.

Alles in allem ein feiner Tourer, kein Racer. Ein guter Schritt in Richtung emotionale Markenaufladung, aber noch nicht der Zieleinlauf.

Hyundai i30 Turbo im Alltagstest

„Da scheppert was“

Ja, Hyundai und insbesondere der i30 stehen nicht nur durch die Winterkorn-Einlage für gute Verarbeitungsqualität. Umso mehr hat mich beim Testwagen überrascht, dass er doch durchaus Nachlässigkeiten zeigte. Bei kalten Temperaturen klapperte es aus dem Bereich der Rücksitzbank und der Hutablage.

Ohne Berührung fiel die Verkleidung vom Gurtumlenkpunkt an der Fahrertüre ab. Ich tippe hier auf Materialermüdung des Kunststoffes. Müde war auch der Kleber des Türgummis, der auch nicht mehr wollte. Beides nicht weltbewegend aber bei einem Auto mit 3.300 Kilometern auf der Uhr kein Ruhmesblatt.

Das sympathische daran: Gut, dass das also jedem passieren kann (sagt einer, der sämtliche Garantie- und Kulanzleistungen des Volkswagenkonzerns schon in Anspruch nehmen durfte).

Hyundai i30 Turbo im Alltagstest

Technische Daten

Hubraum 1.591 ccm
Maximale Leistung kW / PS 137 kW / 186 PS bei 5.500 U / min
Max. Drehmoment 265Nm bei 1.500 - 4.500 U / min
Beschleuningung 0-100 km/h 8,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 219 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 7,3 Liter / 100 km
Verbrauch real auf 100km 10,2 Liter / 100 km
Grundpreis 23.150 Euro
Testwagenpreis 25.750 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Bernd Conrad