Der Cupra Leon Sportstourer mit 333 PS im AUTONOTIZEN-Dauertest
Der Begriff „Kombi“ ist den meisten Autoherstellern mittlerweile zu fad für ihre Modellbezeichnungen. Das gilt auch für die spanische Volkswagen-Tochter Seat und ihre Schwestermarke Cupra. Dort ist der kompakte Leon mit Langheck im Programm, hört dabei auf den Zusatznamen Sportstourer. Vor allem als höher motorisiertes Cupra-Modell ist der Leon dabei aber ein Kombi im wahrsten Sinne des Wortes, steht das Wort doch als Abkürzung für „Kombinationskraftwagen“.
Kraft hat der Cupra Leon Sporttourer VZ 2.0 TSI, der als neuer Dauertest-Wagen anrollt, mehr als ausreichend. Der zwei Liter große Vierzylinder-Turbo bekam zum jüngsten Facelift eine Leistungssteigerung auf jetzt 245 kW / 333 PS (davor 310 PS), liegt damit gleichauf mit dem VW Golf R. Damit die Kraft, die der Sportstourer in seiner 4,66 Meter langen Karosserie mit einem üppigen Raumangebot für Passagiere und 620 Liter Gepäck kombiniert, optimal in Vortrieb umgewandelt wird, ist der Spanier serienmäßig mit Allradantrieb ausgestattet.
Neu beim Facelift
2024 bekam der Cupra Leon ein Facelift mit neuer Nase, womit er sich fortan deutlich vom, in bisheriger Form weitergebauten, Seat unterscheidet. Die spitzen Scheinwerfer, auf Wunsch mit adaptiven Matrix-LED-Funktionen, werfen drei scharfe Tagfahrlicht-Dreiecke ins Blickfeld des Betrachters. Der neue Stoßfänger bringt eine Front im Stil einer Hai-Nase. Unkundige Menschen fragen da schon mal, ob dieser Cupra ein Elektroauto ist – trotz der üppigen Lufteinlässe unter dem Nummernschild. Kotflügel und Motorhaube bleiben unverändert. Selten erschien ein Facelift ohne neue Blechteile derart umfangreich.
Die neue LED-Lichtleiste am Heck beinhaltet jetzt ein rot illuminiertes Markenlogo in ihrer Mitte. Also musste eine neue Idee für den Öffner der Kofferraumklappe gefunden werden. Die Taste dafür sitzt jetzt rechts in der Schräge unter dem Rücklicht. Da muss man als, nicht nur als Neubesitzer des Leon, ordentlich herumfingern, um den Schalter zu finden. Also wird mindestens ein Finger immer schmutzig. Die dreifache Alternative: Man kann die elektrische Heckklappe auch mit einem Schalter in der Fahrertür, mit Fußsensor-Kick unter dem Stoßfänger oder per Schlüsseltaste bedienen.
Auch die Rückfahrkamera bleibt nicht lange sauber. Ihre Linse sitzt nach wie vor über dem Kennzeichen im Stoßfänger. Es genügen wenige Kilometer, um das Kamerabild – je nach Wetter – mit Staub, Streusalz oder Wasser einzutrüben.
DCC-Update für mehr Komfort
Gleich zum Start des Tests ging es zu einem weiter entfernten Termin auf die Autobahn-Langstrecke. Über die Taste im Lenkrad bleiben dabei die schärferen Fahrmodi „Sport“ und „Cupra“ inaktiv, erst recht das „Drift“-Programm. Im komfortablen Set-up schnürt der Leon entspannt, bei Bedarf nach Kick-Down aber unter Vollversammlung seiner XXX Newtonmeter Drehmoment, in Richtung Horizont. Im zeitlichen Fernvergleich zum Leon Cupra aus dem Vorjahr fällt auf, dass Querfugen und Kanten im Asphalt wesentlich weniger trocken in den Innenraum durchgereicht werden. Auch in anderen Situationen gefällt der Fahrkomfort deutlich besser als bisher. Am Fahrwerk an sich haben die Ingenieure zur Modellpflege zwar nichts geändert, dafür aber die adaptive Dämpferregelung DCC neu abgestimmt. Sie erlaubt jetzt eine größere Spreizung und bietet damit den bisher vermissten Komfort. Das lässt den Cupra erwachsener wirken und dürfte die Zielgruppe erweitern. Im Volkswagen-Konzern wurden also nicht nur sämtliche Mittel für das DCC Pro mit Zweiventiltechnik (je ein Ventil für die Zug- un Druckstufe des Stoßdämpfers) verwendet, auch das „alte“ System in Leon, Octavia und Golf bekam Zuwendung. Damit wir, gemeint sind die Sportfahrerfreunde und ich, nicht falsch verstehen: Der Leon bleibt auch nach dem Facelift ein Dynamiker mit straffer Abstimmung und direktem Bodenkontakt.
Die langen Zeilen über Komfort sollten Cupra-Fans auch in Sachen Fahrdynamik nicht verschrecken. Mit dem Leon VZ kann man nach wie vor die oft zitierte Sau rauslassen. Dafür genügt ein Tritt aufs Gaspedal. Das Siebengang-DSG schaltet fix herunter und der Kombi düst lost. „Bollern“ wäre die falsche Vokabel. Zumindest in den braveren Fahrmodi sind die Geräusche aus der Abgasanlage sonor zu hören, aber nicht ungemütlich laut. Wer mag, kann jedoch per Fahrmodus, oder über das konfigurierbare Individual-Programm, mehr Bass herausholen.
Der Cupra Leon VZ im Video
Ein Kostverächter war der starke Zweiliter-Vierzylinder mit großem Turbolader nie, auch die aktuelle Ausbaustufe ist trinkfest. Unter zehn Liter je 100 Kilometer ist der Verbrauch kaum zu bringen, wenn man das Gaspedal nicht nur so bescheiden streichelt, dass man mit dem 1.5 eTSI besser beraten gewesen wäre. Auf den ersten 1.000 Test-Kilometern flossen im Durschnitt 10,2 Liter je 100 Kilometer in die Brennräume, der WTP-Normwert liegt bei 8,3 – 8,4l / 100km.
Auf einer kurvenreichen Nebenstrecke ohne Verkehr freut man sich über die präzise Progressivlenkung und ihre gute Rückmeldung. Spätestens jetzt wird der Kombi zum Hot Hatch mit Verlängerung. Der Allradantrieb sorgt für ein fast narrensicheres Fahrverhalten, wenngleich der Leon in dieser Konfiguration weniger beschwingt durch Kehren wuselt als ein leichterer Fronttriebler mit Sperre. Auf der Habenseite des 4x4-Kombis ist dafür die Drehmomentverteilung an den Hinterrädern, die vor allem das Einlenken mit sanftem Druck von hinten fördert.
Fahrassistenz
Gewohnt zuverlässig arbeitet die Fahrassistenz, die im Konzern unter dem Begriff „Travel Assist“ zusammengefasst wird. Die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage steuert Tempo und Abstand zum Vordermann bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h. Auch bei deaktiviertem System gibt es vor Ortseinfahrten oder festen Geschwindigkeitsbegrenzungen einen Hinweis im Kombiinstrument, der den Fahrer darauf hinweist, den Fuß vom Gas zu nehmen. Per Eingriff in die Motorbremse wird auch dann sanft das Tempo herausgenommen. Wenn man dem Travel Assist brav folgt, hat man direkt am Ortsschild meist 50 km/h erreicht.
Ein Ärgernis ist, auch bisher gar nicht mal so heftigen Winter 2025, die schlechte Funktion der Assistenz-Sensorik bei schlechtem Wetter. Es reicht nur etwas Eis oder Schneematsch, um die Lämpchen tanzen zu lassen, die vor einer eingeschränkten Funktionalität der Fahrhilfen warnen wollen.
Neues im Cockpit
Das Cockpit profitiert seit dem Facelift von einer aktualisierten Infotainment-Software. Das jetzt 13 Zoll große Touchscreen-Display auf der zum Fahrer geneigten Mittelkonsole gefällt mit seiner guten Reaktionsfreudigkeit und klaren Anzeigen. Im Vergleich zum Vorgänger hat die Bedienung im Leon deutlich gewonnen. Die nachgerüstete Beleuchtung der Slider unter dem Display hievt dieses System aber noch immer nicht in den Olymp der Mensch-Maschine-Interaktion. In den meisten Fällen, in denen man per Zweifinger-Tipp die Sitzheizung aktivieren will, stellt man doch nur die Innentemperatur um (wofür ein Finger reicht).
Was nur Kenner von Seat und Cupra bemerken dürften: Auch in der Mittelkonsole unterscheiden sich die beiden Modelle fortan. In den Cupra stecken die Bandarbeiter im spanischen Martorell jetzt eine anders geformte Einlage um den DSG-Wählknubbel. Die Anordnung und Funktionen der hier versammelten Tasten bleiben aber unverändert.
Sofern die entsprechende Option bei der Konfiguration des Leon gewählt wurde, stecken jetzt Lautsprecher mit Sennheiser-Schriftzug in den vorderen Türtafeln. Hier wirken sie etwas plump eingesetzt, aber man will sich nicht beschweren. Das neue Soundsystem klingt deutlich besser als die bisher verwendete Beats-Anlage (die weiterhin für das Schwestermodell Seat Leon verfügbar ist). Endlich kommt klarer Bass auch bei niedriger Lautstärke ins Auto, ohne das der Klang dumpf wirkt. Mit Freude nimmt man auch zur Kenntnis, dass in den Türverkleidungen, trotz der zentral platzierten Boxen, auch bei lauter Musik nichts scheppert oder knirscht.
Das sitzt
Egal, ob man seiner Lieblingsband, einem Podcast oder dem Vierzylinder lauscht. In jedem Fall sitzt man bequem auf den serienmäßigen Sportsitzen mit Mikrofaser-Bezügen. Obwohl in die Lehne integriert und somit nicht verstellbar, sind die vorderen Kopfstützen auch für große Fahrer hoch genug. Auch ohne ausziehbare Oberschenkelauflage steigt man selbst nach ein paar Stunden hinter dem Lenkrad entspannt aus.
Als Option bieten die Spanier, in einem Ausstattungspaket mit weiteren Extras, Schalensitze an. Vor der Bestellung dieser Sitzanlage sollte man sie im Autohaus ausprobieren. Die feste Seitenbegrenzung erschwert den Ein- und Ausstieg, zudem dürfte das Serien-Mobiliar die bessere Wahl für lange Strecken sein.
Preise und Ausstattung
Die Serienausstattung des kompakten Cupra ist erfreulich komplett. Dinge wie eine elektrische Heckklappe mit Sensor-Steuerung, die Netztrennwand, Dreizonen-Klimaautomatik, die Sportsitze mit Mikrofaser-Bezügen und das 12,9 Zoll große Infotainment-Display sind ab Werk an Bord.
Als 333 PS starker VZ kostet der Leon Sportstourer aber auch stolze 53.610 Euro. Der Testwagen bringt die Lackierung im Farbton Taiga Grau, optionale Leichtmetallfelgen im serienmäßigen 19-Zoll-Format, das volle Assistenz-Paket, Matrix-LED-Scheinwerfer und das Sennheiser-Audiosystem mit. Das lässt den Listenpreis auf stolze 60.165 Euro bringen.
Immerhin: Der konzerninterne Konkurrent VW Golf R Variant ist nochmals teurer, er startet mit identischer Motorisierung bei 56.215 Euro. In einer zum Leon-Testwagen vergleichbaren Konfiguration kommt der Wolfsburger auf einen Listenpreis von 65.110 Euro.
Fazit
Der starke Cupra Leon Sportstourer ist ein Auto für fast alle Lebenslagen. Vier Personen und viel Gepäck reisen bequem und bei Bedarf sehr zügig. Das Facelift brachte, neben der neuen Optik und feineren Materialien im Innenraum, endlich eine neue Infotainment-Software und das, im Vergleich zur Beats-Anlage, deutlich bessere Soundsystem unter der Marke Sennheiser.
Knauserer dürften (und sollen) mit dem VZ jedoch nicht glücklich werden. Der hier gezeigte Testwagen ist über 60.000 Euro teuer, dazu kommen hohe Spritkosten aufgrund des trinkfesten Turbo-Benziners.
Die technischen Daten findest Du unter dem folgenden Video-Beitrag
Im Video: Das Facelift für Cupra Leon und Formentor
Technische Daten
Cupra Leon Sportstourer VZ 2.0 TSI 4Drive
- Antriebsart
- Benziner
- Antrieb
- Allradantrieb
- Hubraum
- 1.984 ccm
- Anzahl und Bauform Zylinder
- 4 in Reihe
- Maximale Leistung kW / PS
- 245 kW / 333 PS bei 5.600 - 6.500 U/min
- Max. Drehmoment
- 420 Nm bei 2.100 - 5.500 U/min
- Getriebe
- 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
- Tankinhalt
- 55 Liter
- Beschleunigung 0-100 km/h
- 4,8 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit
- 250 km/h
- Norm-Verbrauch auf 100km
- 8,3 - 8,4 Liter
- Verbrauch real auf 100km
- 10,2 Liter
- Kofferraumvolumen
- 620 Liter
- Leergewicht
- 1.651 kg
- Anhängelast (gebremst)
- 1.700 kg
- Stützlast
- 80 kg
- Dachlast
- 75 kg
- Länge / Breite / Höhe
- 4.656 / 1.799 / 1.439 mm
- Basispreis Modellvariante
- 53.610 Euro
- Testwagenpreis
- 60.165 Euro