Dacia Duster Hybrid-G 150 4x4

Dacia Duster Hybrid-G 150 4x4 Was kann der Dacia, auf den so viele gewartet haben?

6:06 Min.

Erster Test in der Wüste: Was kann der neue Dacia Duster als Allrad-Hybrid mit Automatikgetriebe?

Die Dacia-Leute wollten es sich wohl nicht einfach machen. Die lauten Rufe der Kunden nach einem Allradmodell mit Automatikgetriebe für die Baureihen Duster und Bigster wurden zwar gehört, aber gleichzeitig wollte man ganz tief in die Trickschublade greifen. Die neuen Allradler sollen auch gleich zur Verringerung der CO2-Flottenemissionen beitragen, und zwar auf markentypischen Weg. Dazu gehört LPF (Flüssiggas bzw. Autogas) als alternativer Kraftstoff.

Offroad in der Wüste

Zwei Jahre lang wurde gerechnet, überlegt und geplant, zwei weitere Jahre getestet. Jetzt gibt es einen neuen Antriebsstrang, bei dem nicht nur der Name kompliziert klingt: Hybrid-G 150 4x4. Dahinter versteckt sich ein Mildhybrid-Benziner mit 140 PS und Startergenerator, dazu kommt ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe. An der Hinterachse stecken ein 23 kW (31 PS) starker 48V-Elektromotor und in Zweigang-Getriebe. Die Systemleistung des Hybridsystem wird mit 113 kW / 154 PS angegeben. Strom wird während der Fahrt beim Bremsen und durch Rekuperation in einem 0,84 kWh großen Akku gespeichert.

Im Vergleich zum Vorgänger TCe 130 4x4 mit mechanischem Allradantrieb stieg das Leergewicht um rund 70 Kilogramm. Die Dacia-Ingenieure erzählen, dass allein 25 Kilogramm auf das Konto des Doppelkupplungsgetriebes gehen, der bisherige 4x4 ließ die Gänge manuell sortieren. Ein paar Gramm kommen auch mit den neuen Schaltwippen am Lenkrad dazu, die erstmals in einem Modell der Marke den Eingriff des Fahrers erlauben.

Reiner Selbstzweck ist das komplexe Antriebssystem natürlich nicht. Um das herauszufinden, dürfen wir zu einem ersten Ausflug mit dem neuen Dacia Duster Hybrid-G 150 4x4 starten. Nicht irgendwo! Das kompakte SUV will gleich zeigen, was es kann. Zwei Tage sind wir in der marokkanischen Agafay-Wüste unterwegs. Hier klettern wir über Felsen, pflügen über Geröll und graben uns durch feinen Sand.

Viel Kraft auch von hinten

Der Elektromotor an der Hinterachse bringt 87 Newtonmeter auf Tablett.

Mit einem Drehregler in der Mittelkonsole lassen sich unterschiedliche Fahrprogramme einstellen. Im Eco-Modus kann man bei moderater Fahrweise erstmals mit einem Heckantriebs-Dacia unterwegs sein, wenn nur der Elektromotor für Vortrieb sorgt. Die Auto-Stellung steuert die Kraftverteilung und fast allen Situationen zuverlässig, man spürt beim Beschleunigen den leichten Zusatz-Schub von der Hinterachse.

Die Offroad-Einstellungen für Fahrten im Schnee und auf Matsch oder Geröll steuern auch das Zweigang-Getriebe an. Es liefert beim langsamen Fahren im Gelände mehr Drehmoment (87 Newtonmeter vom Elektromotor, zusätzlich zu den bis 230 Newtonmetern des Benziners) und erlaubt auch größere Kletteranstrengungen. Wenn es steiler bergauf geht und der Untergrund noch steiniger, dann empfiehlt sich der Wechsel in das Fahrprogramm für Geröll und Matsch. Jetzt sorgt die adaptierte Kraftverteilung für ein gutes Vorankommen. An herausfordernden Berghängen regelt die Elektronik aber teilweise zu viel Leistung herunter, trotz Vollgas-Position auf dem rechten Pedal kommt man langsam voran. Den Aussagen der Entwickler zufolge soll der Duster Hybrid-G 150 4x4 auch hier einen bis zu 1.500 Kilogramm schweren Anhänger ziehen können. Das Doppelkupplungsgetriebe ist entsprechend stressrestistent. Dessen Kupplungen laufen im Ölbad, das ein Autoleben lang ohne Wartungen in Form von Wechselintervallen für den Schmierstoff auskommen soll.

Die Bodenfreiheit von 20,9 Zentimetern, ausreichend große Böschungswinkel (vorne 31, hinten 36 Grad) und die großzügigen Federwege ermöglichen auch waghalsigere Routen in der Wüste. Per Tastendruck im Fahrmodus-Schalter auf der Mittelkonsole wird die Bergabfahrhilfe aktiviert, die im Bereich von drei bis 30 km/h das Tempo hält. Auch nach vielen Stunden mit größtmöglicher Achsverschränkung und teils harten Schlägen beim Überfahren von im Wüstenboden nicht sichtbarer Felskanten knistert und knarzt nichts an Karosserie und Innenverkleidungen. Einzig der Smartphone-Halter neben dem Infotainment-Display rebelliert mit ständigem Geklapper. Schon am Ende des ersten Tages findet der Sand seinen Weg durch jede Ritze, bedeckt die Sitze und die Insassen. Der Dacia Duster Extreme hat abwaschbare Bezüge, das wird helfen.

An Bord des 4,34 Meter langen Kompakt-SUV sind ein Benzin- und ein LPG-Tank mit jeweils 50 Litern Volumen. Die Gesamtreichweite wird mit 1.500 Kilometern angegeben. Im Benzin-Betrieb liegt der WLTP-Normverbrauch bei 6,0 l/100 km, beim Fahren mit Flüssiggas bei 7,3 l/100 km aufgrund der geringeren Energiedichte im Vergleich zu Super-Sprit. Trotzdem sinken die CO2-Emissionen. Wir können im Rahmen dieser ersten Testfahrten nicht nachprüfen, ob sich diese Werte in der Realität bestätigen lassen. Im Offroad-Einsatz liegt der Treibstoffkonsum auf höherem Niveau.

Nach zwei Tagen Wühlen und Klettern biegen wir kurz vor Marrakesch auf eine asphaltierte Straße ab. Die plötzliche Ruhe im Auto und die fehlenden Bewegungen wirken plötzlich ungewohnt. Der Verkehr strebt in Richtung Innenstadt. Ein Ausprobieren der Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h würden die lokalen Tempolimits und die wachsamen Augen der überall präsenten Polizei verhindern.

Was kostet der Dacia Duster Hybrid 4x4?

Erstmals gibt es Schaltwippen am Lenkrad für manuelle Eingriffe.

Die Preise für den neuen Automatik-Allrad-Mildhybrid-Duster starten mit der zweiten Ausstattungslinie Expression bei 27.490 Euro. Die neue Motorvariante liegt damit 1.800 Euro über dem Hybrid 155 mit Frontantrieb und 5.300 Euro über dem Mild Hybrid 140, der den identischen vorderen Antriebsstrang besitzt wie der Hybrid-G 150 4x4. Für den Mehrpreis bekommt man die elektrifizierte Hinterachse und das Doppelkupplungsgetriebe. Zudem rollen die Allradler stets auf Ganzjahresreifen vom Band.

Unser Testwagen ist der teuerste Duster, ein Extreme mit dem neuen Antriebsstrang. Auch er ist deutlich unter 30.000 Euro dotiert, der Listenpreis liegt bei 28.990 Euro. Die genannte Hürde überspringt der Dacia Bigster, den es ebenfalls mit der neuen Kombination gibt. Diese Geschichte erzählen wir jedoch ein anderes Mal…

Fazit


Die Sache klingt kompliziert. Dacia baut in den Duster (und in den Bigster) einen Mildhybrid-Verbrenner mit Doppelkupplungsgetriebe ein, der Benzin und Autogas verträgt. Zusätzlich zu den beiden Tanks ist noch ein Elektromotor samt Zweiganggetriebe an der Hinterachse für Allradantrieb mit an Bord.

Unsere ersten Testfahrten unter erschwerten Bedingungen (für Mensch und Maschine) zeigen, dass der komplexe Antrieb problemlos funktioniert und den Dacia Duster auch abseits der Straße weit voranbringt. Alles gelingt ganz einfach, die Technik ist also ein Selbstzweck. Die Preise liegen über denen der anderen Motorvarianten, bleiben aber – markentypisch – noch immer auf einem niedrigen Niveau.

Technische Daten
Dacia Duster Hybrid-G 150 4x4

Antriebsart
(Mild-)Hybrid
Antrieb
elektrischer Allradantrieb
Hubraum
1.199 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder
3 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS
103 kW / 140 PS
Max. Drehmoment
230 Nm bei 1.900 - 4.000 U/min
Getriebe
6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW
23 kW (31 PS) + Startergenerator
Elektromotor: Maximales Drehmoment
87 Nm
Systemleistung: kW / PS
113 kW / 154 PS
Batterie
0,84 kWh
Tankinhalt
50 Liter LPG + 50 Liter Benzin
Beschleunigung 0-100 km/h
10,2 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit
180 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km
7,3 Liter LPG / 6,0 Liter Benzin
Kofferraumvolumen
348 - 1.414 Liter
Leergewicht
1.559 kg
Anhängelast (gebremst)
1.500 g
Stützlast
75 kg
Dachlast
80 kg
Länge / Breite / Höhe
4.343 / 1.813 / 1.661 mm
Basispreis Baureihe
18.990 Euro
Basispreis Modellvariante
27.490 Expression / 28.990 Euro Extreme
Text: Bernd Conrad
Bilder: Alexander Schäfer, Bernd Conrad