Der elektrische Seres 3 von DFSK aus China im ersten Fahrbericht mit Video-Review.
Man kann Messeauftritte veranstalten. Werbekampagnen fahren. Online-Countdowns einrichten. Und was einem sonst noch so einfällt. Oder man kann Autos bauen (lassen), sie verschiffen, den Händlern zeigen und ausliefern.
Die ganze Bandbreite der Möglichkeiten wird von Anbietern von Elektroautos aus China genutzt. Vielversprechende Produkte sind darunter, wie die SUV von Nio. ES8 & Co. fahren aber leider immer noch nur in China herum. Im Gegensatz zum Byton M-Byte. Dem kam kurz vor Produktionsstart die Pleite des Unternehmens dazwischen. Das Start-up Aiways hat den U5 immerhin schon nach Europa gebracht. Knapp 200 Autos sollen nach einer Roadshow zu den Euronics-Partnern verkauft worden sein.
Der Seres 3 im Video
Die gleiche Menge landete vom Seres 3 per Schiff in Bremerhaven. Ganz ohne großes Tamtam und auch nur als Vorhut größerer Mengen. Importeur Indimo Automotive, der bereits PKW und Nutzfahrzeuge des Herstellers DFSK in Europa vertreibt, hat 200 Seres 3 als Erstbestellung platziert.
Knapp 180 Vertragshändler zählt das Indimo-Netz in Deutschland. Von ihnen kommen wohl positive Signale, das Kundeninteresse am Seres 3 ist, eigenen Angaben zufolge, groß.
DFSK wird mit unter dem Namen Seres eine Sub-Marke für Elektroautos aufbauen, ähnlich der ID-Familie von Volkswagen oder den geplanten Ioniq-Modellen von Hyundai.
Unaufgeregtes SUV-Design
Der Seres 3 macht den Anfang, fährt dabei zielgenau ins populäre Segment der kompakten SUV. 4,39 Meter ist der Chinese lang, der optisch so selbstverständlich unauffällig ist wie Nachbars drei Jahre alter Toyota oder Kia. Wer die Wahl des Elektroautos mit futuristischem Design kundtun will, ist beim Seres 3 also falsch. Der setzt eher auf innere Werte.
Dazu zählen ein gutes Raumangebot für die Passagiere in beiden Sitzreihen. Große Menschen müssen im Fond aber mit recht stark angewinkelten Beinen zurechtkommen – ein Zugeständnis an die Traktionsbatterie im Fahrzeugboden.
Lithium-Eisenphosphat-Batterie
Beim Akku setzt DFSK für den Seres 3 auf eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie mit 53,61 kWh (brutto) Speicherkapazität. Geladen wird sie hinten rechts, was beim Parken an einer öffentlichen Ladesäule in der Stadt von Vorteil ist.
Dort muss man dann aber den Parkscheinautomaten ordentlich füttern. Wechselstrom zieht der Onboard-Lader des Seres 3 nur einphasig mit maximal 6,6 kW Leistung. Am Rande einer Schnellstraße kann man dem Seres 3 eine zusätzliche Kunststoffabdeckung von der Steckdose ziehen und den CCS-Anschluss nutzen. Maximal 100 kW Ladeleistung verkraftet er dann, eine ordentliche Leistung. Ob das funktioniert und wie die Ladekurve, auch nach mehrmaligem Schnellladen, aussieht, muss ein späterer Langzeittest zeigen.
So fährt sich der Seres 3
Auf den ersten Probefahrten mit dem Seres 3 gefällt der gut abgestimmte Elektroantrieb. Unter der vorderen Haube steckt ein permanenterregter Synchronmotor, der maximal 120 kW (163 PS) leistet und mit bis zu 300 Newtonmetern Drehmoment die Vorderräder antreibt.
Die auf dem Testwagen montierten Pirelli-Winterreifen bringen diese Kraft auch bei winterlichen Verhältnissen gut auf den feuchten Asphalt. Der berüchtigte Elektroauto-Tritt in den Rücken fällt auch bei maximal gedrückten Fahrpedal aus – und das ist gut so. Ein Elektro-SUV wie der Seres 3 soll ein Alltagsauto für Jedermann sein, kein Längsdynamikwunder.
Dazu passt die komfortable Fahrwerksabstimmung, weniger aber die zu leichtgängige Lenkung ohne ausreichende Rückmeldung. Etwas Feinschliff im Rahmen einer kommenden Modellpflege täte dem Seres 3 in dieser Hinsicht gut.
Der Hersteller gibt den Stromverbrauch mit 18 kWh je 100 Kilometer an. Wir erreichen Bordcomputer-Werte von 22,8 kWh, inklusive verbrauchsintensiver Fahrten für Film- und Fotozwecke. Auch hier gilt: Valide Informationen aus dem realen Betrieb müssen folgen. Der Bordcomputer sah aufgrund vorangegangener Fahrprofile bei vollem Akku eine Reichweite von 345 Kilometern voraus.
Was schon heute gesagt werden kann: Bei Materialauswahl und Ausstattung muss der Seres 3 keinen Vergleich scheuen. Im Gegensatz zum ebenfalls chinesischen Aiways U5 will der DFSK weniger rollendes Digital-Device sein, sondern setzt mehr auf klassisches Cockpit-Layout.
Gute Verarbeitung im Innenraum
Über das Armaturenbrett zieht sich eine Kunstlederleiste mit blauen Ziernähten. Beides sieht, ebenso wie die Innenverkleidungen der Türen sehr hochwertig aus. Kunstleder ziehen die Chinesen auch über die Sitze. Wobei man bei diesem Begriff nicht mehr an glänzenden Plastiklook in heruntergerittenen Mercedes-Taxis denken sollte. Modernes Kunstleder kann man eher „cool“ finden, als nachhaltigere Alternative zu echten Tierhäuten.
Auf der Mittelkonsole thront ein 10,25 Zoll großes Infotainment-Display für das Infotainmentsystem. Das Navigationssystem im Seres 3 findet sich auch in Deutschland zurecht, das Smartphone kann per Bluetooth verbunden werden. Apple CarPlay oder Android Auto funktionieren aber leider nicht, hier sollte dringend an einer Integrationslösung gearbeitet werden.
Hinter dem leider nur in der Höhe verstellbaren Dreispeichenlenkrad blickt man auf ein gut auflösendes Display für die Instrumente. Leider lassen sich sie drei Rekuperationsstufen, von denen die mittlere „chinesisch“ heißt, nicht über Schaltpaddels einstellen. Hierfür muss erst das entsprechende Menü auf dem Touchscreen-Monitor aufgerufen werden. Das lenkt während der Fahrt unnötig ab.
Das kostet der Seres 3
Zwei Ausstattungslinien des Elektro-SUV werden angeboten. Das Comfort-Modell für 36.910 Euro fährt mit Navigation, Einzonen-Klimaautomatik, elektrisch verstellbaren Vordersitzen, Bremsassistent und Regensensor vor. Hier sind aber nur zwei Airbags für Fahrer und Beifahrer an Bord!
Nicht nur deswegen setzen Importeur und Händler stärker auf den Seres 3 Luxury für 40.480 Euro. Er hat acht Airbags, Kameras für eine 360-Grad-Rundumsicht, Einparksensoren auch vorne, Sitzheizung vorne und ein Panoramadach an Bord. Außerdem wird die Ausstattung mit Spurhalteassistent, Frontkollisionswarner und Geschwindigkeitsregelanlage komplettiert.
Beide Versionen stehen auf der Bafa-Liste der förderfähigen Elektrofahrzeuge. Vom Listenpreis ist also nach erfolgreicher Beantragung die Umweltprämie von 9.570 Euro (inklusive Mehrwertsteuer auf den Herstelleranteil) abziehbar. Das reduziert den Preis auf 27.340 bzw. 30.910 Euro.
Preis-Vergleich zu Aiways U5 und Kia e-Niro
Der Preisvergleich zur Konkurrenz hilft, den Seres 3 einzuordnen. Ein Aiways U5 mit 63 kWh-Akku kostet gut 2.000 Euro mehr als der Seres 3, ist dabei aber etwas größer und als Premium-Modell (42.050 Euro vor Abzug der Umweltprämie) etwas besser ausgestattet. Zudem bringt er Apple CarPlay mit.
Aus Korea kommt der Kia e-Niro, ein technischer Bruder des Hyundai Kona, kostet in der Ausstattungslinie Vision mit 64 kWh-Batterie ab 42.970 Euro (vor Abzug der Umweltprämie). Der Hyundai Kona kommt in wenigen Wochen mit Facelift zu den Händlern und ist dann wieder lieferbar.
Das bedingungslose Schnäppchen ist der Seres 3 im Vergleich zu seinen Mitbewerbern also nicht. Zumindest dann, wenn man nicht die gute Ausstattung bis hin zum großen Glasdach und das Platzangebot mit ins Kalkül zieht. Für manche Kunden wichtiger dürfte eher die Verfügbarkeit sein. Hier kann der Seres 3 punkten. Die Händler können Autos aus einem Lagerbestand in Deutschland abrufen, weitere Exemplare sind in China bestellt.
Fazit
Der Seres 3 fällt im Straßenverkehr nicht auf. Das entspricht seinem Wesen. Anstelle von überbordender Leistung und modernsten Gimmicks bringt er einen guten Elektroantrieb, viel Platz und eine gute Verarbeitung mit. Dem stehen leichte Schwächen bei der Bedienung und eine fehlende Smartphone-Integration gegenüber.
Das Elektro-SUV ist, angesichts seiner inneren Größe und Ausstattung, günstiger als manche asiatischen Mitbewerber – aber nicht wirklich billig. Einer der größten Vorteile: Der Seres 3 ist lieferbar - während andere Anbieter noch Pläne schmieden und darüber reden.
Technische Daten
Seres 3 |
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Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 120 kW (163 PS) |
Elektromotor: Nennleistung KW | 50 kW (68 PS) |
Batterie | 53,61 kWh Lithium-Eisenphosphat |
Höchstgeschwindigkeit | 155 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 18,0 kWh |
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km | 22,8 kWh (lt. Bordcomputer) |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Pirelli Sottozero Winter 225/55 R18 |
Leergewicht | 1.765 kg |
Anhängelast (gebremst) | n/a |
Länge / Breite / Höhe | 4.385 / 1.850 / 1.650 mm |
Grundpreis | 33.340 Euro (Comfort) / 36.910 Euro (Luxury) |
Testwagenpreis | 36.910 Euro |