...in die Luft gehen? Wir! Abheben mit dem modernen Luftschiff Zeppelin NT.
Was haben der Labello, das Tempo, das (der? die? bei dieser Diskussion stehen ganze Ehen auf dem Spiel!) Spezi und der Zeppelin gemeinsam? Sie alle werden von vielen Menschen als Bezeichnung einer ganzen Gattung genutzt, weswegen man im Marketing von einer „Gattungsmarke“ spricht. Labello statt Lippenpflege, Tempo statt Papiertaschentusch, Spezi statt Cola-Mix-Getränk. Und Zeppelin statt Luftschiff.
Der Zeppelin-Flug im Video
Ferdinand Graf von Zeppelin produzierte in seinem gleichnamigen Unternehmen „Starrluftschiffe“ (mit fester Hülle). Anfang des 20. Jahrhunderts verkürzten die Luftschiffe Reisezeiten im Vergleich zum Seeweg deutlich, schienen die Luftfahrt zu dominieren. Das galt auch für den Elektroantrieb, gegen den sich die Verbrennungsmotoren erst nach einiger Zeit in einem knappen Rennen durchsetzen konnten. Das galt auch für die Luft. Der Himmel
ist heutzutage voller Flugzeuge mit Turbinen, für deren Antrieb Kerosin verbrannt wird.
Während sich der Straßenverkehr langsam, aber sicher in Richtung Elektromobilität (zurück) wandelt, dürften Luftschiffe nach wie vor eine kleine Randnotiz bleiben. Fünf Exemplare werden von der „Deutsche Zeppelin Reederei GmbH“ betrieben, zwei davon in Deutschland. Das Unternehmen ist, wie auch der Automobilzulieferer ZF, Teil einer Gruppe von Firmen, die aus dem Betrieb von Graf von Zeppelin hervorgegangen sind.
Fliegen statt fahren
Wie die „Zahnradfabrik Friedrichshafen“, die beispielsweise Achtgang-Automatikgetriebe an BMW und Alfa Romeo liefert und Elektroantriebs-Komponenten auch für Nutzfahrzeuge und Busse entwickelt, haben die modernen Zeppeline ihre Heimat nach wie vor am Bodensee. Im Gegensatz zu früheren Exemplaren, deren Geschichte mit einem großen Feuerunglück ein unrühmliches Ende nahm, fliegt der aktuelle Zeppelin NT (Neue Technologie) und fährt nicht in der Luft.
„Fahren“ nennt man die Fortbewegung von Fluggeräten, die leichter sind als Luft. Das ist bei Heißluftballons der Fall, ebenso bei früheren Luftschiffen. Im Zeppelin NT ist die massive Hülle mit unbrennbarem Helium gefüllt. Über acht Tonnen wiegt das aktuell größte Luftfahrzeug, in dessen Kabine 11 Passagiere und drei Crew-Mitglieder bequem Platz finden.
75 Meter misst der Zeppelin NT in der Länge. Ein Airbus A380 ist einige Märkte kürzer, aber dennoch unhandlicher. Seine Tagflächen haben eine enorme Spannbreite, zudem benötigt er eine lange Startbahn zum Abheben.
Entspannt in 300 Metern Höhe
Der Zeppelin NT steht vor unserem Flug auf einer Wiese auf dem Sportflugplatz Oberschleißheim bei München. Nachdem die beiden Piloten eingestiegen sind, werden die drei Sechsliter-Vierzylindermotoren (einer an jeder Seite der Hülle, einer am Heck) angeworfen. Sie leisten jeweils 147 kW / 200 PS und können für eine maximale Reisegeschwindigkeit von 125 km/h sorgen.
Unser Rundflug über die AUTONOTIZEN-Heimatstadt München, während der IAA Mobility (siehe Video), ist weniger eilig. In 300 Metern Höhe (möglich wäre die zehnfache Distanz zum Boden) bewegt sich der Kollos mit rund 60 km/h fort, wirft einen großen Schatten auf Häuser und Straßen.
Große Scheiben in der Kabine bieten eine grandiose Aussicht, zudem lassen sich zwei Fenster öffnen – in der Kabine muss kein Druckausgleich wie im Rumpf eines Flugzeuges erfolgen. Modern geht es im Cockpit zu. Viele Displays geben Kapitän und Co-Pilot alle nötigen Infos, die Flugsteuerung erfolgt „Fly-by-Wire“, also mit elektronischer Übertragung. Die arbeitenden Motoren erzeugen ein konstantes, aber nicht nerviges Hintergrund-Brummen.
IAA von oben
Sehenswürdigkeiten wie die Allianz-Arena, das Olympiastadion mit Turm und BMW-Vierzylinder, die Messe und auch die Münchner Innenstadt lagen stets unter und jetzt auch hinter uns. Zügig wie der Start gelingt die Landung des Zeppelin NT, der nicht wie fahrende Luftschiffe mit einem Seil „eingefangen“ werden muss. Gleichwohl macht auch er an einem Mast fest, der aus dem Auflieger eines speziell umgebauten LKW ausfährt.
Der Betrieb der Luftschiffe durch das Unternehmen Zeppelin dient nicht nur buchbaren Rundflügen in der Bodensee-Region. Geringe Flughöhe, entspanntes Tempo und eine mögliche Flugdauer von über zehn Stunden sorgen dafür, dass ein Zeppelin NT auch regelmäßig für wissenschaftliche Flüge (Meeresforschung, Atmosphärenforschung) oder zur Auskundschaftung von Gebieten für die Erschließung von Rohstoffquellen genutzt wird.
Fazit
Der Rundflug mit dem Zeppelin NT hat Freude bereitet. Das moderne Luftschiff fliegt, ist also schwerer als Luft. Nostalgiker dürften also nur teilweise auf ihre Kosten kommen.
Im Gegensatz zu Elektroautos dürften Luftschiffe in der allgemeinen Luftfahrt so bald wohl keine zweite Chance bekommen. In ihrer Nische für Rund- und Forschungsflüge hat das Unternehmen Zeppelin aber täglich volle Auftragsbücher. Da bleibt kaum Zeit, den richtigen Artikel für das Cola-Mix-Getränk zu diskutieren…