Elaris Beo Was bin ich?

Das Elektro-SUV Elaris Beo im Alltagstest mit Video-Review.

Wer macht was? Bei vielen Produkten kennen wir die Marke, aber kaum den eigentlichen Produzenten. Ein prominentes Beispiel ist das iPhone von Apple. Gebaut wird es nicht im Silicon Valley, sondern vom Auftragsproduzenten Foxconn. Die meisten Mikrochips werden zwar von Tech-Unternehmen entwickelt und vorgestellt, dann aber von auf die Montage spezialisierten Unternehmen produziert. Diese Liste könnte man ewig weiterführen, bis hin zu den Erdnussflips der Supermarkt-Handelsmarke. Aber wir sind hier ja bei AUTONOTIZEN, es geht um Autos.

Der Elaris Beo im Video

Dieser Ausflug war dennoch wichtig, schlägt er doch die Brücke zum Testwagen, dem Elaris Beo. Nie gehört? Das soll sich, wenn es nach den Wünschen des Managements geht, ändern. Firmensitz der Marke Elaris ist in Grünstadt (Rheinland-Pfalz), eine Fabrik sucht man dort aber vergebens. Alle Elaris-Modelle (aktuell zwei Kleinstwagen, der Beo und ein Transporter – alle elektrisch angetrieben) werden von Kooperationspartnern in China gebaut.

Dabei beschränkt sich Elaris nicht nur auf den Import fertiger Produkte, sondern arbeitet bei der Feinabstimmung und der Entwicklung bestimmter Bauteile eng mit den chinesischen Produzenten zusammen. So kommt es, dass sich der Elaris Beo vom Ursprungsprodukt Skywell ET5 in einigen Punkten unterscheidet.

Das Mehrmarken-Auto

Optisch macht der Deutsch-Chinese keinen Hehl aus seiner Herkunft. Der Skywell-Schriftzug prangt beleuchtet am Heck, die Front ziert das Logo des chinesischen Herstellers, das mit Wohlwollen an einen Dreizack erinnert. So trug es sich auch zu, dass der Beo von Schulkindern auf einem Parkplatz ganz klar und zweifelsfrei als „das ist doch der neue Maserati“ identifiziert wurde.

Mit ausgeprägter Fahrdynamik hat der Elaris Beo aber wenig zu tun, er will vielmehr das All-Inclusive-Paket bieten. Wenn man die Ausstattungsliste liest, glaubt man fest daran, dass die 4,70 Meter lange Karosserie wegen der Fülle an Goodies gleich platzen muss. Laserfernlicht, Navigationssystem, Panorama-Glasschiebedach, Heizung und Lüftung für die Vordersitze, Parkassistent und adaptive Geschwindigkeitsregelanlage sind nur ein Auszug aus der Serienausstattungs-Liste.

Heißt „viel“ auch gleich „gut“? Beim Essen kann man nicht von der Menge auf dem Teller auf die Qualität der Zutaten und des Rezepts schließen. Wie sich das beim Elaris Beo verhält, klärt der Alltagstest.

Elektromotor mit 150 kW

Elaris Beo Skywell ET5 Alltag Test Laden Reichweite Preis Fotos Video

Optisch unauffällig reiht sich das elektrisch angetriebene Mittelklasse-SUV ins Straßenbild ein. Zum Auftritt passt auch der Antrieb. Ein maximal 150 kW (204 PS) starker Elektromotor mit 320 Newtonmetern Drehmoment treibt die Vorderräder an. Strom kommt aus einem 77 kWh großen Lithium-Ionen-Akku im Fahrzeugboden.

Die gebotene Leistung reicht aus, um den fast zwei Tonnen schweren Beo anständig voranzutreiben. Die Abstimmung des Fahrwerks ist gelungen, nur starke Querfugen werden harsch durchgereicht. Wenig Gefühl vermittelt die Lenkung, die vor allem um die Mittellage herum etwas diffus wirkt. Als großer Mensch sitzt man zudem mit stark ausgestreckten Armen auf dem bequemen Fahrersitz, da sich die Lenksäule nicht weit genug in der Weite verstellen lässt.

Update für neue Lieferungen

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Abhilfe hierfür ist aber in Sicht. Alle Elaris Beo, die jetzt bestellt werden, kommen als Facelift-Modell aus China. Neben einem um 5,5 Zentimeter vergrößerten Verstellweg des Lenkrads kommen dann auch ein überarbeiteter (Laser-)Fernlichtassistent und ein Infotainmentsystem mit Android-Betriebssystem ins Auto.

Ob dann auch die Reaktionsfreudigkeit des 12,8 Zoll großen Touchscreens verbessert wird, ist noch nicht bekannt. Manchmal reagiert das System nur verzögert auf Fingerdrücke. In den Tiefen der Menüs kann man sich leicht verlieren. So lässt sich beispielsweise die Energierekuperation des Antriebs scheinbar stufenlos über einen virtuellen Schieberegler verstellen. Nett gedacht, aber Wippen am Lenkrad wären feiner. Google Maps als integrierte Navigations-App dürfe in Zukunft mehr Spaß machen als der aktuelle „Turbo Dog 9“-Routenführer.

Immerhin lässt sich beim aktuellen Modell das Smartphone über einen USB-Anschluss laden (die induktive Ladefunktion hat mit dem iPhone 13 Pro nicht funktioniert). Eine Verbindung zum Infotainmentsystem gelingt entweder via App über das Spiegelungsprogramm „Easy Connect“ oder über Bluetooth. Die Tonqualität der dann gehörten Musik und bei Anrufen lässt aber leider zu wünschen übrig.

Da hilft ein wenig Ruhe. Also runter von der Straße, nachdem wir noch kurz die Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h (laut Tacho 159 km/h) ausprobiert und den guten Geradeauslauf auch bei diesem Tempo bemerkt haben, ran an den Schnelllader.

So schnell lädt der Beo

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100 kW Ladeleistung verspricht Elaris, beim Facelift-Modell sollen es 120 kW sein. Mit sechs Prozent SoC hängen wir den Beo ans Kabel. Nach einiger Zeit klettert die Ladeleistung auf 75 kW, verharrt dann auf diesem Plateau. Schon deutlich vor Erreichen der 80-Prozent-Grenze fällt sie auf Werte um 40 kW ab. Eine halbe Stunde am Schnelllader reicht also, vor allem beim Reisen, kaum aus.

Immerhin hat man dann Zeit, die verschiedenen Modi des Infotainmentsystems auszuprobieren. Über den Touchscreen kann man den hochtrabend klingenden Camping-Modus aktivieren. Der beschränkt sich aber schlicht und einfach auf die automatische Öffnung der Heckklappe – laut Anzeige dafür, um ein Außenzelt zu montieren.

Außerdem kann man eine Party im Auto feiern oder den Ruhemodus aktivieren. Dann fährt der Fahrersitz in eine Liegeposition, außerdem gibt es verschiedene Klangwelten zur Entspannung. Bis hin zum Thema „Vögeln im Wald“ – da ist wohl ein Buchstabe zu viel in die Übersetzung gerutscht.
Wechselstrom nuckelt der Testwagen nur einphasig, das heißt in Deutschland mit maximal 4,6 kW (Schieflastverordnung). Aktuelle Beo-Auslieferungen sollen das dreiphasig mit 11 kW schaffen.

Knapp über 400 Kilometer Reichweite konnten im Alltagstest realisiert werden, der Verbrauch pendelte sich bei 18,6 kWh je 100 Kilometer ein. Eine schöne Überraschung, denn dieser Wert liegt leicht unter dem WLTP-Normverbrauch von 19,3 kWh.

Teurer Newcomer

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Eine weitere Überraschung gibt es an der Kasse. Ein Schnäppchen ist der Elaris Beo nämlich nicht. Stolze 56.900 Euro werden aufgerufen, wenn man das Auto bei einer der 80 Euromaster-Filialen, die sich um Vertrieb und Service kümmern, kaufen will.

Dafür bekommt man ein großes Auto mit enormem Platzangebot vor allem im Fond und teils adretten Materialien. Die Fülle der Ausstattung wird durch einige störrische Bedienschritte und eingie Fehlfunktionen, zum Beispiel die Streiks des Parkassistenten, getrübt. Zur Einordung des Preises müssen die etwas kleineren Konkurrenten VW ID.4 und Skoda Enyaq iV herhalten. Mit ähnlichem Ausstattungsniveau und fast gleichen technischen Daten (150 kW, 310 Nm, 77 kWh Akku) kosten sie einige tausend Euro weniger als der Beo.

Als weiteres Argument neben Platzangebot und Ausstattung wirft Elaris für den Garantie mit Pannendienst in die Waagschale. Neben der zweijährigen Herstellergarantie und drei Jahren Anschlussvertrag gibt es für fünf Jahre eine Mitgliedschaft beim AvD (Automobilclub von Deutschland) mit Pannendient. Auf den Akku werden acht Jahre Garantie (bis 150.000 Kilometer Fahrleistung) gewährt.

Fazit

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In der elektrischen SUV-Mittelklasse tummeln sich im Moment vornehmlich Premium-Marken. Somit stellt der Elaris Beo im 4,70-Meter-Segment angesichts seiner Ausstattungsfülle auf den ersten Blick ein interessantes Angebot dar. Der Antrieb ist ausreichend kräftig, der Fahrkomfort gut. Auch die Verarbeitung gibt kaum Anlass zur Kritik. 56.900 Euro sind aber trotzdem sehr viel Geld für das Elektro-SUV einer noch unbekannten Marke. Es wird spannend, ob sich Elaris mit seinem Konzept etablieren kann.

Technische Daten

Elaris Beo

Antrieb Frontantrieb
Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 150 kW (204 PS), 320 Nm
Batterie 77 kWh Lithium-Ionen
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) 100 kW
Ladeleistung Gleichstrom (DC) im Test 75 kW
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) 11 kW (dreiphasig)
Ladeleistung Wechselstrom (AC) im Test 4,2 kW (einphasig), da nicht das aktuelle Update-Modell
Höchstgeschwindigkeit 150 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 19,3 kWh
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km 18,6 kWh
Leergewicht 1.955 kg
Anhängelast (gebremst) 1.800 kg
Länge / Breite / Höhe 4.698 / 1.908 / 1.696 mm
Grundpreis 56.900 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad