Der Hyundai Santa Fe hat weit mehr als nur ein Facelift bekommen. Das Hybrid-Modell im Alltagstest mit Video-Review.
Manche reden viel, andere machen lieber. Das gilt auch für Autohersteller, insbesondere bei neuen Produkten. Es ist auch der Nachrichtenflut der digitalen Medienwelt geschuldet, dass Marken und Modelle stets präsent sein wollen, auch wenn es eigentlich keine substanziellen Änderungen gibt. Da wird schon mal ein neues Farbprogramm, gemeinsam mit neuen Optionsfelgen und nicht spürbaren „innermotorischen Maßnahmen“ zum Facelift hochgejubelt.
Das Video zum Santa Fe
Und dann biegt der neue Hyundai Santa Fe ums Eck. Auch er bekommt ein Facelift, das durch den Austausch der vorderen Kunststoffmaske mit einem jetzt größeren Grill und neuem LED-Leuchtenquartett umfangreich ausfällt. Aber das ist noch nicht alles. Im Gegensatz zu o.g. Schaumschlägern schnallen die Koreaner nämlich, scheinbar nebenbei, eine neue Plattform unter ihr SUV-Flaggschiff für den europäischen Markt.
Der Konzernbaukasten macht es möglich, denn das Schwestermodell Kia Sorento wurde 2020 komplett neu aufgelegt und spendiert das Unterzeugs für den Hyundai Santa Fe. Damit revanchiert er sich, denn das gleiche Spiel funktionierte vor einigen Jahren bereits in umgekehrter Richtung.
Hybrid mit 230 PS Systemleistung
Die neue Basis ermöglicht den Einbau elektrifizierter Antriebe. Neben dem weiterentwickelten 2,2-Liter-Diesel kommen im Hyundai Santa Fe keine reinen Benziner mehr zum Einsatz, sondern ein Plug-in Hybrid und ein Vollhybrid ohne externe Ladefunktion. Beide nutzen den 1.6 T-GDI-Benziner mit 132 kW / 180 PS, unterscheiden sich dann aber natürlich in der Größe der Batterie und im Elektromotor.
Wer sein Auto nicht am Kabel aufladen kann oder will, dürfte mit dem Hybrid effizienter fahren. Weniger Speicherkapazität im Lithium-Polymer-Akku bedeutet weniger Gewicht und damit weniger Last. Das gilt natürlich nur dann, wenn man den zum Vergleich herangezogenen Plug-in Hybriden mit leerem Akku betrachtet.
Im Hyundai Santa Fe Hybrid bringen der 180-PS-Benziner und ein bis zu 44 kW (60 PS) starker Elektromotor eine Systemleistung von 169 W / 230 PS zusammen, das Systemdrehmoment liegt bei 350 Newtonmetern. Werte, die für sich genommen stattlich sind. Zum Dynamikwunder wird das koreanische SUV aber dennoch nicht – kein Wunder bei gut zwei Tonnen Leergewicht. Schnell zeigt das Auto seinen Fahrer, was seine Bestimmung ist: Entspanntes Reisen.
Wenn nicht gerade winterliche Temperaturen herrschen, gelingt das Anfahren rein elektrisch. Mit halbwegs ruhigem Fuß auf dem rechten Pedal kann man, genug Energie in der nur 1,49 kWh großen Batterie vorausgesetzt, lokal emissionsfrei durchs Wohngebiet stromern. Der Arbeitsbeginn des Benziners erfolgt ohne Getöse oder Ruckelei. Einmal mehr zeigt sich, dass die Koreaner hohe Kompetenz bei der Abstimmung eines Hybridsystems haben.
Nach dem Neustart befindet sich der Hyundai Santa Fe Hybrid immer im „Eco“-Fahrmodus, über einen Drehregler auf der breiten und knopfreichen Mittelkonsole kann er auch in den überflüssigen Sportmodus oder das „Smart“-Programm wechseln. Dann passt die Software sich dem Fahrstil des Fahrers an. Beim getesteten Allradmodell lassen sich zudem verschiedene Offroad-Programme für die Abstimmung der Traktionskontrolle und des Ansprechverhaltens auf verschiedenen Untergründen auswählen.
7,3 Liter Testverbrauch
Auf der Straße könnte man den Santa Fe in 8,9 Sekunden auf 100 km/h treiben. Der Benziner erhebt dann seine vierzylindrige Stimme, gleichzeitig spürt man den Zusatzdruck, den der Elektromotor am Anfang bereitstellt. Schnell lernt man aber, das Sparpotenzial des Hybridantriebs auszukosten, lässt die Fuhre oft im Schiebebetrieb rollen und freut sich, wenn dabei bis zu Geschwindigkeiten von 120 km/h (manchmal auch darüber) der Verbrenner stillgelegt wird.
Auf Landstraßen und bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit empfiehlt sich der Santa Fe als stiller Begleiter. Der große 67-Liter-Tank sorgt in Verbindung mit 7,3 Litern Testverbrauch für große Reichweiten.
Im geräumigen Innenraum haben Fahrer und Passagiere viel Platz. Die Rücksitzbank ist in der Länge verschiebbar und lässt ihre Lehnenneigung einstellen. Optional gibt es auch eine siebensitzige Option mit zwei weiteren Plätzen im üppigen Kofferraum.
Das komplett neue Armaturenbrett (auch untypisch für ein Facelift) wirkt luftiger als das im Vorgänger. Die vielen Knöpfe auf der Mittelkonsole verwirren, aber nur auf den ersten Blick. Auch Markenneulinge finden sich sehr schnell zurecht, die mit jeweils einer Funktion belegten Tasten sorgen für ablenkungsfreie Bedienschritte. Außerdem steht ein Touchscreen im Raum, in Verbindung mit Navigationssystem und Bluelink-Telematik mit einer Bildschirmdiagonale von 10,25 Zoll.
Induktives Laden im Porsche-Stil
Sehr geschickt ist die induktive Ladefunktion für das Smartphone integriert. Der Lebensbegleiter rutscht hochkant in eine Arretierung und wird geladen, ähnlich wie bei Porsche. Nur muss dort erst umständliche die Armauflage der Mittelkonsole aufgeklappt werden. Im Santa Fe ist das Smartphone ebenso aus der Sicht (und damit die Versuchung, mal eben draufzugucken, geringer), aber bei Bedarf trotzdem schnell zur Hand.
Die Sechsgang-Wandlerautomatik arbeitet mit Shift-by-Wire. Knöpfe genügen für die Fahrstufen P, N, R und D. Beim Rangieren nerv manchmal die Gedenksekunde, in der ein Befehl von der Software ans Getriebe übertragen wird.
Unruhiges Fahrwerk
Damit sind wir nach „toller Auftritt“, „schöner Wohnen“ und „Wow, ist hier viel Platz“ in der Meckerecke angekommen. Die liegt recht weit unten im Auto, genauer gesagt beim Fahrwerk. Die Langstreckenkompetenz des Hyundai Santa Fe wird von der steten Nickbewegung der Federung auf Landstraßen und Autobahnen, die nicht topfeben sind, beeinträchtigt. Adaptive Dämpfer sind auch optional nicht lieferbar. Ob der Santa Fe als Diesel, der keine schwere Hybridtechnik mitschleppt, komfortabler federt, entzieht sich (noch?) dem Kenntnisstand des Autors.
Mehr Last an dem Haken nehmen kann der Selbstzünder, das ist keine Überraschung, mit 2.500 Kilogramm Anhängelast auch. Der Hybrid belässt es bei 1.650 Kilogramm. Aber auch das reicht in den meisten Fällen von Gartenabfällen bis hin zum nicht allzu großen Wohnwagen.
Auch ohne breiten Anhänger fährt der Hyundai Santa Fe ab der Ausstattungslinie Prime serienmäßig mit Zusatzspiegeln vor. Sie sind digital und empfangen ein Bild von der Kamera um Außenspiegelfuß. Damit wird der tote Winkel auf jeder Fahrzeugseite überwacht. Sobald der Blinker gesetzt wird, erscheint je nach Seite im linken oder rechten Rundinstrument das entsprechende Bild in Liveübertragung. Nicht nur beim Spurwechsel, sondern auch beim Abbiegen im engen Stadtverkehr eine willkommene Hilfestellung.
Das kostet der Santa Fe Hybrid
Wie die meisten anderen Modelle der Marke steht auch der Santa Fe exemplarisch für den schnellen Wandel der Koreaner. Er ist keine günstige Alternative mehr, sondern punktet durch handfeste Vorteile, moderne Technik und ein eigenständiges Design. Das erkennt man auch am Preisgefüge. Billig ist er längst nicht mehr. Wer ihn als bodenständige Alternative zu den großen SUV der Premiumhersteller sieht, wird aber kaum weniger glücklich. Außer am Zahltag.
56.650 Euro kostet der Hyundai Santa Fe Prime Hybrid mit Allradantrieb. Ledersitze, 19-Zoll-Felgen, Head-up-Display, das Navigationspaket und viele nützliche Fahrassistenten mit dem erwähnten Totwinkelwarner sind dann schon an Bord.
Die größten Konkurrenten lauern im eigenen Haus. Denn der Plug-in Hybrid mit 265 PS Systemleistung ist laut Preisliste zwar teurer, kostet als Prime 60.850 Euro. Er wird aber nach erfolgreichem Antrag beim Bafa (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) mit 5.981,25 Euro (inklusive Mehrwertsteuer auf den Herstelleranteil) gefördert. Somit ist er am Ende des Tages günstiger als der Vollhybrid, Fahrer eines Firmenwagens profitieren zudem vom niedrigeren Satz bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils. Wie viele Ladekabel da wohl ungenutzt im Kofferraum herumliegen werden?
Blicken wir zum Preis-Vergleich auch mal hinüber zum Kia Sorento. Er hat die gleiche Technik, etwas anders verpackt. In der Ausstattungslinie Spirit entspricht seine Optionsfülle in etwa der des Hyundai Sante Fe Prime, der Totwinkelassistent mit Monitoranzeige kostet extra. Damit steht der Kia Sorento für 53.080 Euro in der Preisliste, ist also 3.570 Euro günstiger als der Hyundai.
Fazit
Das Facelift, das eigentlich gar keines ist, hat dem Hyundai Santa Fe gutgetan. Die neue Generation des Mittelklasse-SUV gefällt mit modernem Design innen und außen, aktueller Technik und viel Platz. Mit diesen Tugenden ist er auch eine Alternative zu den großen SUV-Modellen der Premiumhersteller. Das lässt die Preise im Verhältnis günstig dastehen.
Der Hybridantrieb ist effizient und zuverlässig. Die deutschen Fördertöpfe für Plug-in Hybride dürften seiner Verbreitung zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen aber im Wege stehen. Mein Wunsch für die kommende Modellpflege: Das Fahrwerk darf gerne mehr Gefühl zeigen.
Welche Alternativen gibt es am Markt?
Mit seinem Format parkt der Hyundai Santa Fe geschickt in einer Marktnische. Er ist größer als kompakte SUV und erfüllt damit viele Ansprüche an ein geräumiges Familienauto, bleibt aber mit seiner Größe (und vor allem dem Preis!) deutlich unter den Oberklasse-SUV vor allem der deutschen Hersteller.
Vor allem asiatische Marken haben dieses SUV-Segment für sich entdeckt. Dabei kommt der stärkste Konkurrent des Hyundai Santa Fe aus dem eigenen Stall: Es ist der Kia Sorento. Auch er ist, da er die gleichen Motoren nutzt, als Vollhybrid lieferbar.
Das gilt auch für den Toyota RAV4 aus Japan. Der Bestseller dürfte bei vielen Interessenten ebenfalls auf der Einkaufsliste stehen. Im Vergleich mit den koreanischen SUV fällt der RAV4 aber durch teils grobschlächtigere Kunststoffe im Innenraum und ein weniger modernes Infotainmentsystem ab.
Auch Suzuki mischt mit dem Across mit. Er entspricht bis auf Designdetails dem Toyota RAV4, ist aber nur als (zu) teurer Plug-in Hybrid zu haben.
Die wichtigsten europäischen Mitbewerber kommen aus dem Volkswagen-Konzern in Form des Seat Tarraco, Skoda Kodiaq und des VW Tiguan Allspace. Von ihnen gibt es aktuell nur den Seat als Plug-in Hybrid. Skoda wird erst den Nachfolger des Kodiaq elektrifizieren, bei VW fährt nur der „kurze“ Tiguan als eHybrid vor.
Technische Daten
Hyundai Santa Fe 1.6 T-GDI Hybrid AWD Prime |
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Abgasnorm | euro 6d |
Hubraum | 1.598 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 132 kW / 180 PS bei 5.500 U/min |
Max. Drehmoment | 265 Nm bei 1.500 - 4.500 U/min |
Getriebe | Sechsgang-Automatik |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 44 kW (60 PS) |
Elektromotor: Maximales Drehmoment | 264 Nm |
Systemleistung: kW / PS | 169 kW / 230 PS, 350 Nm |
Batterie | 1,49 kWh Lithium-Ion-Polymer |
Tankinhalt | 67 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 8,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit elektrisch | 120 km/h |
Höchstgeschwindigkeit | 187 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 6,1 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 7,3 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Continental Premium Contact 6 235/55 R19 |
Leergewicht | ca. 2.000 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.650 kg, 100 kg Stützlast |
Länge / Breite / Höhe | 4.785 / 1.900 / 1.685 mm |
Grundpreis | 56.650 Euro |
Testwagenpreis | 57.340 Euro |