Was kann der Hyundai Tucson Hybrid im Alltag? Der Dauertest über 4.000 Kilometer liefert Antworten, auch als Video-Review.
Ende des Jahres 2022 lief die Förderung für Plug-in Hybride aus. Vor allem Privatkunden begannen dann, vom elektrifizierten Verbrenner mit externer Lademöglichkeit Abstand nehmen. In vielen Firmenflotten steht hinter der Anschaffung eines PHEVs ebenfalls ein großes Fragezeichen. Zu oft werden die Autos nicht geladen, was die Spritkosten für Unternehmen in die Höhe treibt.
Der Langzeit-Test im Video
Wenn es aufgrund des Fahrprofils oder der Ladeinfrastruktur vor Ort (noch?) kein Elektroauto sein soll, wirft sich der Vollhybrid jetzt nochmal ins Rampenlicht. Die Technologie, bei der ein Elektromotor den Verbrenner unterstützt, hat der Toyota Prius salonfähig gemacht. Auch die koreanische Hyundai Motor Group setzt, neben Elektroautos und Plug-in Hybriden, in ihren SUV auf Hybridantriebe.
Um das Sparpotenzial und die Eigenschaften des elektrifizierten Autos im Alltag zu erfahren, trat ein Hyundai Tucson Hybrid zum Langzeittest an. Nach 4.000 Kilometern mit dem Allrad-SUV im Stadtverkehr, auf Landstraßen und der Autobahn kann man sich ein gutes Urteil, vor allem auch über die Effizienz des Hybridantriebs, bilden.
6,9 Liter Testverbrauch
6,9 Liter flossen durchschnittlich pro 100 Kilometer in die Brennräume. Das ist ein guter Wert für ein über 1,8 Tonnen schweres SUV mit Allradantrieb, zumal es meist winterlich kalt war. Der WLTP-Normverbrauch wird vom Hersteller mit 6,6 Litern angegeben. Vor etwa einem Jahr war ein anderer Hyundai Tucson Hybrid mit Allradantrieb in der Redaktion, der über 14 Tage 6,4 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrauchte. Zwischen diesen Werten (6,4 und 6,9) liegt also der tatsächliche Durst des elektrifizierten SUV.
Wenn die Temperaturen über null Grad liegen, startet der Tucson meist rein elektrisch. Der 44 kW (60 PS) starke Elektromotor bedient sich bei einer 1,49 kWh großen Batterie, die beim Bremsen oder im Schubbetrieb (Rekuperation) aufgeladen wird. Mit vorsichtigem Gasfuß und vollem Akku kann man so aus dem Wohngebiet stromern, bevor der Benziner einsetzt. Das bedeutet aber auch: Sinken die Temperaturen unter den Gefrierpunkt, muss der Verbrenner öfter ran. Oft geht er bald wieder aus, ohne dass der Wechsel des Antriebs von Fahrer und Passagieren bemerkt wird. Die Geräuschisolation ist gut gelungen, auch Rucke sind nicht zu spüren. Bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h kann man unter Teillast oder im Schubbetrieb im EV-Modus elektrisch fahren.
Hybrid mit 230 PS Systemleistung
Unter der Motorhaube steckt, zusammen mit dem Elektromotor, der bekannte 1,6-Liter T-GDI mit 132 kW / 180 PS Leistung. Hyundai kombiniert das Antriebsdoppel mit einem Sechsstufen-Automatikgetriebe. Diese Schaltbox kommt dem subjektiven Komfortempfinden zugute, da der Motor ach bei hohem Leistungsabruf nie zu laut aufheult. Etwas störend beim Rangieren: Zum Einlegen einer Fahrstufe über die Shift-by-Wire-Tasten muss das Auto zum kompletten Stillstand kommen und die Bremse fest getreten werden.
Den 1,6-Liter-Turbo im Tucson gibt es, einer modularen Konzern-Architektur entsprechend als Mildhybrid mit 48V-Technik, als Vollhybrid und auch als Plug-in Hybrid. Alle drei Konzepte fuhren wir bereits im Vergleich .
Mehr Platz als im PHEV
Ein Vorteil des Tucson Hybrid im Vergleich zum Stecker-Modell zeigt sich in der zweiten Reihe. Ohne großen Akku im Fahrzeug ist der Innenboden höher, man sitzt mit weniger stark angewinkelten Beinen im Fond. Auf allen Plätzen ist der Koreaner sehr geräumig. Auch der 546 Liter große Kofferraum stellt dem Hyundai Tucson Hybrid das Zeugnis zur Eignung als Familienauto aus.
Das gilt auch für den gebotenen Fahrkomfort. Mit 19-Zoll-Winterrädern federt der Tucson Verwerfungen auf dem Asphalt geflissentlich weg, ohne dass der Innenraum entkoppelt wirkt. Im Testwagen ist das optionale Adaptiv-Fahrwerk eingebaut - eine Dämpfereinstellung durch den Fahrer ist aber nicht vorgesehen. Auf der Langstrecke fällt der gute Geradeauslauf, auch bei hohem Tempo, angenehm auf. Bis zur Höchstgeschwindigkeit von 193 km/h muss das SUV aber viel Anlauf nehmen. Ein Langstrecken-Raser will der Tucson Hybrid aber auch gar nicht sein, zumal dann die Verbrauchswerte schnell über 12 Liter je 100 Kilometer steigen. Am wohlsten fühlen sich Auto und Passagiere beim entspannten Mitschwimmen im Verkehr und im Tempobereich um 130 km/h.
Modernes Cockpit, umfangreiche Ausstattung
Ein Head-up-Display gibt es nicht, die Kombination aus konfigurierbaren digitalen Instrumenten hinter dem Lenkrad und einem 10,25 Zoll großen Infotainment-Display mit Touch-Funktion serviert aber auch so alle relevanten Daten in übersichtlicher Art und Weise. Das Mitteldisplay dürfte aber gerne etwas höher montiert sein. So muss man den Blick recht weit von der Straße abwenden.
Leider kein adaptives LED-Licht
Die höchste Ausstattungslinie Prime bietet alle Leckereien, die das Herz begehrt. Dazu gehören belüftete und beheizte Sitze vorne, eine Memoryfunktion für den elektrisch verstellbaren Fahrersitz, Dreizonen-Klimaautomatik und ein Krell-Soundsystem. Die volle Assistenzarmada mit den guten Kamerabildern aus dem toten Winkel, die in das digitale Kombiinstrument übertragen werden, kostet extra – im Testwagen ist diese Option nicht enthalten. Ein Fernlichtassistent für die LED-Scheinwerfer ist Serie, adaptive Funktionen (Matrix-LED) werden leider nicht angeboten. Dieses Extra würde Fahrten in den dunklen Wintermonaten sicherer und komfortabler machen. Nachdem Konzernschwester Kia beim Sportage adaptive Lichtfunktionen anbietet, kann man in dieser Hinsicht auf ein kommendes Tucson-Facelift hoffen. Die Technologie ist auch für diese Konzernplattform also vorhanden.
Auch beim Tucson Hybrid kann man zwischen einer Variante mit Frontantrieb oder dem Allradmodell wählen. Mit vier angetriebenen Rädern kostet das SUV mit der Prime-Ausstattung aktuell (Stand Januar 2023) ab 47.030 Euro. Mit Metalliclackierung und adaptiver Dämpferregelung (ECS-Fahrwerk) summiert sich der Listenpreis des hier gezeigten Tucson Hybrid ab 48.660 Euro. Als weitere Extras hält die Preisliste nur noch ein Paket mit mehr Fahrassistenz und ein Panorama-Glasschiebedach bereit.
Was gefällt
Nach vielen Stunden hinter dem Steuer des Hyundai Tucson Hybrid bleiben vor allem das gute Platzangebot in beiden Reihen und der große, gut nutzbare Kofferraum in Erinnerung. Auch die logische Bedienstruktur des Infotainmentsystems und die schnelle Reaktion des Touchscreen-Displays können überzeugen. Ästhetikern fällt die feine Materialeinrichtung, darunter auch die Stoffleiste in Türverkleidungen und Armaturenbrett, auf.
Der Benzinverbrauch von 6,9 Litern auf 100 Kilometer im Winter geht in Ordnung, lässt sich im reinen Stadtverkehr und bei noch defensiverer Fahrweise aber auch leicht um Werte knapp über sechs Litern drücken.
Was man besser machen könnte
Fein sieht es also aus, im modernen Innenraum des Hyundai Tucson. Die Cockpit-Architektur hat aber praktische Nachteile. Der niedrige Monitor sorgt für einen weit abgelenkten Blick des Fahrers. Die glänzenden Kunststoffoberflächen, teils mit Klavierlackoptik, ziehen zudem Staub und feine Kratzer magisch an. Auch die Seitenverkleidungen im Kofferraum sind sehr kratzempfindlich, hier reicht eine Berührung mit einem Koffer für unschöne Spuren.
Die geschickt platzierte Ablage mit induktiver Ladefunktion für das Smartphone ist nutzlos, wenn man Apple CarPlay oder Android Auto nutzen will. Dafür ist immer noch die Verbindung über ein USB-Kabel vorgesehen. Hier dürfen die Koreaner gerne mal ein zeitgemäßes Update bringen.
Fazit
Mit seinem Stellplatz- und Carportfreundlichen Format bei einem gleichzeitig sehr guten Platzangebot für Passagiere und Gepäck ist der Hyundai Tucson ein ausgewogenes Familienauto im idealen Format. Das Modellprogramm bietet eine Vielzahl von Motorvarianten, von denen der hier getestete Vollhybrid als bestes Mittel für effizientes Fahren ohne Laden gilt.
Die Kritik am Auto betrifft vor allem einige wenig alltagstaugliche Materialien und das schwache LED-Licht. Beide Punkte können beim Facelift einigermaßen leicht geändert werden.
Technische Daten
Hyundai Tucson 1.6 T-GDI Hybrid Allrad Prime |
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Antrieb | Allradantrieb |
Hubraum | 1.598 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 132 kW / 180 PS bei 5.500 U/min |
Max. Drehmoment | 265 Nm bei 1.500 - 4.500 U/min |
Getriebe | Sechsgang-Automatik |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 44 kW (60 PS) |
Systemleistung: kW / PS | 169 kW / 230 PS, 350 Nm |
Batterie | 1,49 kWh |
Tankinhalt | 52 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 8,3 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 193 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 5,6 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 6,9 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Kumho Wintercraft WS71 235/50 R19 |
Leergewicht | 1.830 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.650 kg, Stützlast 100kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.500 / 1.865 / 1.650 mm |
Grundpreis | 47.030 Euro |
Testwagenpreis | 48.660 Euro |