Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander Ganz ruhig!

Der Alltagstest

„Waaaaas? 51.000 Euro? Für einen Mitsubishi?“ ist ungefähr die Standard-Reaktion von Verwandten, Bekannten und Nachbarn die sich aus der Deckung wagen, um das Auto vor der Türe schleichen und „mal gucken“ wollen.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Wir erfahren: Des deutschen Autofahrers Abwehrreaktion. Es fehlt nur noch der „das waren ja mal 100.000 Mark“ Satz (den Einwurf von Begriffen wie 13 Jahre Inflation, technischer Fortschritt etc. lassen wir mal sein) und Mensch steigt in seinen Tiguan. Den hat er vor kurzem stolz vorgeführt. 47.000 Euro Listenpreis mit vergleichbarer Ausstattung. Aha, da kommt keine „Waaaas?“ Frage. Und er dieselt davon. Dazu später mehr.

Ich bleibe beim scheinbar völlig überteuerten Outlander und öffne die Tür. Dazu genügt der Finger auf dem Knopf am Türgriff. Der Schlüssel kann in der Jackentasche bleiben. Mitsubishi spricht von einer Fernbedienung, denn das Teil kann weit mehr als ein Schlüssel. Zum Beispiel über WLAN den Wagen vortemperieren.

Angenehm hoch rutsche ich selbst als großer Mensch in den Outlander und drücke meinen Hintern auf den ledernen Fahrersitz (das Material ziert natürlich auch die restlichen vier Sitzgelegenheiten). Mit buchhalterischer Grundeinstellung zücke ich den Notizzettel und notiere die Ausstattung des Testwagens, mit vollem Namen ein Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander TOP.

Zur erwähnten Lederausstattung inklusive elektrisch einstellbarem Fahrersitz und dem schlüssellosen Schließsystem kommen Einparksensoren vorne und hinten, Rückfahrkamera mit 360 Grad Ansicht, adaptiver Tempomat mit Auffahrwarnung, Spurhalteassistent, LED Scheinwerfer, Schiebedach, 18-Zoll-Alus, Lenkradheizung, Navigationssystem und ein basswummerndes Soundsystem von Rockford Fosgate. Diese Ausführlichkeit war nötig, um nochmal den Preis im Vergleich zum beispielhaft gewählten Mitbewerber aus Wolfsburg ins rechte Licht zu rücken.

Denn während im Tiguan ein profaner TDI die Reihenhausnachbarn morgens aus dem Schlaf nagelt, surrt der Outlander fast lautlos davon. Das Auto ist vollgestopft mit Antriebstechnik, und zwar: Einem Akku im Fahrzeugboden mit 80 Batteriezellen und insgesamt 12 kWh Kapazität, zwei Elektromotoren mit maximal je 60 kW (82 PS) und einem Vierzylinder-Benziner mit 89 kW (121 PS) Nennleistung.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Der Verbrennungsmotor kommt seltener zum Einsatz als gedacht. Über den Testzeitraum habe ich den Outlander laut Bordcomputer zu 44% im Elektro-Modus bewegt, was umso mehr erstaunt, als dass ich kaum im innerstädtischen Stop-and-Go Verkehr unterwegs war.

Grundsätzlich fährt das Auto rein elektrisch an. Nach dem Druck auf den Startknopf passiert somit rein gar nichts, bis auf eine kleine „Ready“-Anzeige im Cockpit. Im Gegensatz zu einfachen Hybriden wie dem Toyota Prius macht der E-Antrieb auch vor der steilen Tiefgaragenauffahrt nicht schlapp. Bis 35 km/h surrt das Auto mit einem künstlich erzeugten Geräusch zur Vorwarnung von Fußgängern und Radfahrern, mich erinnert das Geräusch an alte Science Fiction Filme wie „Demolition Man“. Ganz inkognito kann man auch nicht fahren, wenn man das Geräusch auf Knopfdruck ausschaltet, Menschen glotzen einen mit großen Augen an – ein Auto ohne Geräusch ist einfach noch zu ungewohnt.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Laut Norm schafft der Outlander bis zu 52 Kilometer rein elektrisch, im realen Leben sind es 38 bis 40 Kilometer. Spätestens dann schaltet sich der Benzinmotor zu, aber auch vorher schon bei starker Beschleunigung oder niedrigen Außentemperaturen um den Gefrierpunkt. In erster Linie wird Kollege Otto zum Laden es Akkupaketes zum Dienst zitiert, nur bei starkem Druck aufs Gaspedal oder bei Autobahngeschwindigkeiten über 120 km/h treibt er direkt die Vorderachse an, während die Elektropower auf die Hinterachse wirkt. Dieser Fahrzustand heißt unter Fachleuten paralleler Hybridmodus. Es gibt auch noch den seriellen Modus, wenn der Motor wie eben erwähnt den Akku mit Energie speist, das nur zur Vollständigkeit. In diesem Alltagstest will ich erkennen und beschreiben, ob und wie sich die komplexe Technik in den Alltag integriert.

Das macht sie sehr gut und herrlich unaufgeregt, trotz Ladewirrwar. Der euphorischen Suche nach öffentlichen Ladestationen im Internet oder über entsprechende Apps folgt schnell die Ernüchterung. Lokale Energiedienstleister verlangen spezielle Karten und Mitgliedschaften, ohne die leider kein Stromtanken möglich ist. Wer also oft in unterschiedlichen Ecken unterwegs ist, muss die Befüllung seines dicken Kartenetuis schon sehr genau planen. Und auch bereit sein, zu zahlen – es gibt immer noch Ladestationen, wo der Strom je nach Stunde mit bis zu 5 Euro abgerechnet wird, da kommt einiges zusammen und man fährt elektrisch um Welten teurer als mit fossilem Sprit.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Mangels Stromanschluss am eigenen Tiefgaragenstellplatz bleibt mir nur das oberirdische Laden in der Reihenhaussiedlung. Dazu wird der Outlander in der Wiese geparkt (womit die Offroad-Erfahrung des SUV auch gleich abgehakt ist) und das 30 Meter – Verlängerungskabel an die 230V-Steckdose an der Terasse angesteckt. Funktioniert prima, in knapp 5 Stunden und damit in der vom Hersteller versprochenen Zeit ist der Stromspeicher voll. Mit einem Starkstromanschluss und dem passenden Stecker für das Auto verkürzt sich die Ladezeit auf 30 Minuten. In meinem Tarif kostet die Kilowattstunde 26,34 Cent. Bei 20,4 Kilowattstunden hat sich mein durchschnittlicher Stromverbrauch im Testzeitraum alle 100 Kilometer eingependelt , macht also 5,37 Euro auf 100 Kilometer Fahrstrecke. Das ist klar günstiger als ein vergleichbarer Benziner.

Ganz zu Ende ist die Rechnung aber hier nicht. Mein Fahrprofil mit 39 Kilometer Fahrt ins Büro über Land und ohne Lademöglichkeit für Strom dort passt nicht ideal zur Idee des Plug-In Hybrid. So kommen noch einige Liter Supersprit hinzu. Im Schnitt 8,5 Liter / 100 km. Inklusive häufiger Fahrten im „Charge“-Modus, anhand dessen man während der Fahrt den Akku aufladen kann; ein feines aber auch verbrauchstreibendes Werkzeug.

Zum Mitbewerbercheck in Sachen Verbrauch bemühe ich die Seite spritmonitor.de – VW Tiguan Fahrer mit den kleinen Benzinern (122 – 150 PS) blasen im Schnitt 8,88 Liter Benzin in die Brennräume, beim saugenden Toyota RAV4 Benziner sind es gar 9,66 Liter.

Der Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander verbraucht somit nicht mehr als andere Benziner-SUV, wenn man das Auto artgerecht bewegt und öfter laden kann – davon gehe ich bei Kunden, die sich für diesen Wagen bewusst entscheiden mal aus – schlägt das Pendel schlagartig in Richtung Hybrid aus. Spritmonitor.de zeigt das auch recht deutlich, dort tummeln sich PHEV Outlander - Fahrer mit Durchschnittsverbräuchen von 0,44 oder 0,7 Litern - die tanken dann nur sehr selten Benzin.

Dazu kommt der emotionale Faktor, die Entspannung des ruhigen Gleitens, die kurzweilige Aufführung des Energieflussorchesters im Infotainment-Display und die Entschleunigung des ganzen Autos. Topspeed 170 km/h? Reicht voll und ganz aus, eher bleibt man knapp unter 120 um auch auf der Autobahn elektrisch zu fahren.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Auch dabei überrascht der Outlander mit einer Solidarität, die deutschen Premiumfahrzeugen nicht nachsteht. Kein Klappern, Zirpen oder Knacksen ist im Innenraum zu hören, zusätzliche Dämmaterialien zum Facelift verwandeln den Innenraum in eine Oase der Ruhe. Abrollgeräusche sind nicht zu hören und auch der Antrieb findet nur ganz weit weg statt. Das eigentlich auch erst, wenn der Benzinmotor die Arbeit aufnimmt. Das wirkt ungewohnt, da er mit 3.500 Umdrehungen in der Minute zugeschaltet wird und konstant dreht, während das Auto beschleunigt. Das Ohr nimmt die Motorgeräusche vor allem deshalb so stark wahr, weil man sich dem gelernten Pegel im Benziner so ratzfatz entwöhnt hat. Die abendliche Fahrt im Vierzylinder-Diesel des heimischen Fuhrparks (übrigens „Premium“) klingt im Gegensatz dazu noch stundenlang im Ohr, von den Vibrationen ganz zu schweigen.

Alles super also? Nicht ganz. Ich erlaube mir, mich nochmal zum Nachbarn in die Meckerecke zu stellen. Das LED-Licht des Outlander leuchtet die Straße anständig aus, steut aber zu wenig nach unten, sodass vor dem Auto eine deutliche Lichtkante zwischen schwarzer Nacht und Lichtschneise zu sehen ist. Das Fernlicht bleibt bei Halogen und erzeugt eine im direkten Vergleich mit dem LED zu gelbe Lichtwand. Hier zeigt sich die Konzentration japanischer Ingenieure auf das Wesentliche. Das Gros der Outlander wird in den USA und in Japan verkauft. Die Amis scheren sich nicht um die neueste Lichttechnik, in Japan braucht man Fernlicht in urbanen Ballungsräumen nur selten – für lange Strecken steht das bestausgebaute Schienennetz der Welt zur Verfügung.

Die Sitze sind auch auf langen Strecken sehr bequem, bieten aber Seitenhalt auf Niveau eines Gartenklappstuhls. Zudem liegen die Schalter für die Sitzheizung zu weit hinten und versteckt auf der Mittelkonsole. Ebenso schüchtern sind die Bedienelemente der elektrischen Fensterheber, die nachts fast vollständig unbeleuchtet sind.

Das Infotainmentsystem des Outlander überzeugt mit präziser Routenführung des Navigationsgerätes und einfacher Telefonkopplung. Die Bedienung des Touchscreenmonitors gestaltet sich aufgrund filigraner Tasten und verschachtelter Oberflächenstrukturen aber während der Fahrt sehr mühsam.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Ein ausführlicher Test der Bedienung ist Teil des autonotizen.de Youtube Videos zum Plug-In Hybrid Outlander (Youtube-Kanal: "Auto Notizen"). Eine weitere Inspiration für die Modellpflege ist eine Lampe im Kofferraum, da vor allem das Hantieren mit dem Ladekabel im Dunkeln ein arger Blindflug ist.

Diese Kritikpunkte sind berechtigt, aber verlieren sofort wieder ihr Gewicht, wenn man in den Outlander steigt, die Tür satt ins Schloss fällt und man lautlos über den Asphalt gleitet. Ein Trutzburg-Gefühl, wie man es als kleines Kind früher in Opas Benz erfahren hat.

Langsam aber sicher erreichen Informationen über die Qualitäten des Teilzeitstromers auch die deutschen Autokäufer. Von Januar bis Oktober 2015 wurden bereits 1.853 Plug-In Hybrid Outlander neu zugelassen, das sind 25% alles neuen Outlander. Im Oktober hatten laut Kraftfahrt-Bundesamt 176 von 391 neuen Outlandern das PHEV-Logo am Heck, macht 45% Anteil.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Wenn die Bundesregierung nun endlich weitere Fördermaßnahmen für elektrische Autos und Plug-In Hybride in Betracht ziehen kann und der Ladestationen-Flickenteppich harmonisiert wird, spricht absolut nichts mehr gegen diese neue Form der Antriebstechnik, die einen idealen Brückenschlag zur vollelektrischen Mobilität darstellt.

Sprechen dann zumindest die Leasingkonditionen gegen den Outlander? Während vor allem die großen deutschen Hersteller ihre Fahrzeuge mit stark subventionierten Leasingraten in den Markt drücken (der Händler wird die Differenz zwischen Restwert und Einkaufspreis dann schon ausbaden), scheitern die Importeure ja oft mit wenig konkurrenzfähigen Angeboten. Also habe ich mal beim örtlichen Mitsubishi-Händler vorgefühlt und siehe da. Bei einem geschäftlichen Leasing für einen Einzelabnehmer oder eine kleine Flotte (ohne Großkundenrabatte etc) liegt der Outlander sowohl als Diesel wie auch als Plug-In Hybrid absolut auf dem Niveau preislich vergleichbarer Autos von VW, Ford und BMW. Genaue Zahlen nenne ich hier absichtlich nicht, da die Berechnungen und Angebote stets sehr individuell sind. Im Vergleich zu anderen japanischen oder koreanischen SUV, die sich mit hemmungslosen Leasingraten plötzlich in Richtung Oberklasse katapultieren, spricht also prinzipiell auch das Firmenwagenbudget nicht gegen den Selbstversuch Outlander.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Kommen wir also wieder zur Eingangsfrage. „Jaaaaa“ – 51.000 Euro für einen Outlander, ganz genau sogar 51.610 Euro, wovon 50.990 Euro auf das Auto und 620 Euro auf die Metalliclackierung als einzige Option entfallen. Das ist natürlich sehr viel Geld und nicht unbedingt günstig. Mit seiner kompletten Ausstattung, sehr guter Verarbeitung, seinem unpeinlichen Auftritt und der faszinierenden Antriebstechnik ist dieses Auto aber seinen Preis voll und ganz wert.

Alltagstest Mitsubishi Plug-In Hybrid Outlander

Fazit:

Wer sich also traut, auch mal „was anderes“ zu fahren, hat mit dem Outlander eine empfehlenswerte Alternative zur Wahl – und bis zur Markteinführung von zukünftigen Mitbewerbern wie BMW 225xe und VW Tiguan GTE eine einzigartige Gelegenheit dazu.

*Nach Bordcomputer-Anzeige, mangels separatem Stromzähler und ohne Berücksichtigung von Ladeverlusten an der Steckdose und beim Kabel.

Technische Daten

Hubraum 1.998 ccm
Maximale Leistung kW / PS 89 kW / 121 PS bei 4.500 U/min
Max. Drehmoment 190 Nm bei 4.500 U / min
Beschleuningung 0-100 km/h 11,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 120 km/h elektrisch, 170 km/h Hybrid
Norm-Verbrauch auf 100km 13,4 kWh / 100 km und 1,8 Liter / 100km
Verbrauch real auf 100km 20,4 kWh / 100 km und 8,5 Liter / 100 km *
Grundpreis 50.990 Euro
Testwagenpreis 51.610 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Bernd Conrad