Nissan Leaf 2018 Fahrbericht Nissan leafert

Ein massentaugliches Elektroauto? Gibt es schon: den Nissan Leaf.

Das Heraustasten an der Ausfahrt erweist sich noch als Hoppelkommando. Aber schon am ersten Stoppschild nach 100 Metern schaffe ich es, den Nissan Leaf punktgenau zum Stehen zu bringen.

Erste Fahrstunde? Nein, nur der erste Kontakt mit dem e-Pedal in Nissans neuem Elektroauto. Dass ein batteriebetriebenes Fahrzeug rekuperiert, wissen wir alle. Dass man damit durchaus schonen mit den Bremsen unterwegs sein kann, auch. Aber der Nissan Leaf treibt das in eine höhere Liga.

Nissan Leaf 2018 Test Fahrbericht Preis

Mit der einmal angestellten (und ich wette, niemals wieder deaktivierten) e-Pedal-Funktion kann der Leaf mit bis zu 0,2 g bremsen. Der hier ebenfalls sehr gut dosierbare BMW i3 schafft 0,16 g. Zur Einordnung dieser Zahlenakrobatik dient die Information, dass der Gesetzgeber das Aufleuchten der Bremslichter schon bei einer Verzögerungsleistung von 0,07 g vorschreibt.

Der rechte Fuß ist auf der Ausfahrt im Nissan Leaf der zweiten Generation, die gerade frisch beim Händler steht, also der Herr über den Schub. Ähnlich dem Gefühl mit einem Joystick am PC der 1990er-Jahre dirigiert man damit den Nissan durch Tempolimits, Kurven und Ortsdurchfahrten.

Das alles klappt hervorragend unaufgeregt und schon nach kurzer Zeit denkt man gar nicht mehr darüber nach. Nach einem ganzen Tag auf Achse bleibt die Erinnerung an drei Bremsmanöver. Eines durch einen plötzlich in der engen Kehre stehenden Linienbus, eines durch einen Fußgänger, der auf die Straße lief, und eines aus purem Reflex vor einer Einfahrt.

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Das e-Pedal ist die Schnittstelle zu einem maximal 110 kW (150 PS) starken Elektromotor mit 320 Newtonmeter Drehmoment. Damit, das lassen die Zahlen schon erwarten, ist man zügig unterwegs. Vergleichbar ist die Längsdynamik des Nissan Leaf mit einem gleicht starken VW Golf TDI, natürlich mit dem Unterschied, dass der elektrische Wagen keine Anfahrtsschwäche überwinden muss.

Dazu kommt die Ruhe. Auch an das fast lautlose Fahren gewöhnt man sich sehr schnell. Damit man Fußgänger und Radfahrer in der Stadt nicht vollends überrascht und damit gefährdet, gibt es bei niedrigen Geschwindigkeiten ein (abschaltbares) Warngeräusch, inklusive einem Rückwärtsfahrpieper mit dem Klangbild eines LKW.

Zwischen denen muss sich der Leaf auf der Autobahn mit vollem Akku nicht einreihen. 160 km/h stehen maximal auf dem in der neuen Modellgeneration wieder analogen Tacho, 144 Stundenkilometer ist die dem Fahrzeug einprogrammierte Höchstgeschwindigkeit. Das Auskosten dieses Tempos zehrt natürlich am Strom, den der Nissan in einem 40 kWh großen Akkupack speichert.

Dessen 192 Zellen sind übrigens nicht größer als das 30 kWh-Paket im Vorgänger, da die Speicherdichte erhöht wurde. 24,4 kWh Stromverbrauch laut Anzeige im Bordcomputer stehen am Ende der Testfahrten einem WLTP-Normverbrauch von 19,4 bis 20,6 kWh gegenüber. Eine Abweichung von 20% und damit geringer als beim bisherigen NEFZ. Je nach Stromtarif kosten 100 Kilometer also zwischen 6,50 und 7,50 Euro an Strom.

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Die Reichweite, für viele Kunden ja die stärkste Währung beim Elektroauto, gibt Nissan für die besser ausgestatteten Leaf-Versionen mit 270 WLTP-Kilometern an. Zur Einordnung mit anderen E-Autos, die oft noch den NEFZ-Angaben folgen: 378 Kilometer. Im rein innerstädtischen Verkehr kann die Reichweite des Leaf auf bis zu 415 Kilometer wachsen. Warum? Bei den niedrigeren Geschwindigkeiten spielt das Luftwiderstand eine kleinere Rolle, außerdem wird an Ampeln und Kreuzungen sehr oft Energie rekuperiert.

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Das Nachladen leerer Akkus dauert je nach Stromquelle unterschiedlich lang. An der 230V-Haushaltssteckdose parkt der Leaf 18 Stunden, bis die Anzeige im Cockpit auf 100 Prozent steht. An der Wallbox oder einer Ladesäule verkürzt sich die Zwangspause auf neun Stunden. Mit dem CHAdeMO-Stecker, den es aktuell in Deutschland an knapp 1.000 Ladesäulen gibt, reichen 40 bis 60 Minuten für eine Ladung auf 80 Prozent der Kapazität, die restlichen 20 Prozent dauern länger. Das kennt man auch vom eigenen Smartphone-Akku.

Das Telefon lässt sich im Nissan Leaf übrigens via Apple Car Play oder Android Auto prima einbinden, das BOSE-Soundsystem liefert satten Klang.
Den kann man gut dafür verwenden, sich von der ungünstigen Sitzposition abzulenken. Die weichen, großen Vordersitze ohne Ansatz jeglichen Seitenhalts und mit rutschigen Bezügen sind ungünstig geformt. Man hat stets das Gefühl, als ob die Sitzfläche nach vorne abfällt. Auch mit der Höhenverstellung bekommt man da nicht in den Griff.

Gleiches gilt für das Lenkrad. Es ist in einem recht überschaubaren Rahmen in der Höhe, nicht aber in der Weite, verstellbar. Bei großen Fahrern ist es also stets zu weit vom Körper entfernt. Im Fond sitzt es sich auf der flachen Bank durchaus bequem. 2,70 Meter Radstand sorgen für viel Knieraum und auch hohe Köpfe passen gut unter das Dach des Nissan.

Ziemlich alltagstauglich also, der Nissan Leaf. Wer einen Stellplatz mit Stromanschluss zu Hause oder am Arbeitsplatz hat und keine Langstrecken zum Alltagsprogramm erklärt, könnte sich mit dem kompakten Japaner, der in England gebaut wird, durchaus anfreunden. Mit dem e-Pedal gelingt das wie beschrieben auf den ersten Metern.

Nissan Leaf 2018 Test Fahrbericht Preis

Auch die Preise machen nicht unbedingt einen Strich durch die Rechnung. Weil der Nissan Leaf ein fast normales Kompaktauto sein will, muss er sich am Urmeter der Klasse, dem Golf messen. Die Basisversion des Nissan Leaf kostet 31.950 Euro. Der Testwagen, ein Leaf Tekna mit Metalliclackierung und schwarzem Dach sowie Parkassistent, kommt auf 42.100 Euro. Ein vergleichbar ausgestatteter VW Golf Highline 1.5 TSI mit 150 PS und 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe steht mit ca. 35.000 Euro in der Liste.

7.000 Euro Differenz also, bei der man noch Unterhaltskosten für Wartung, Verschleiß (Bremsen!), Steuer und Versicherung je nach eigenem Nutzprofil abziehen muss. Es lohnt sich durchaus, mal den Taschenrechner auf den Tisch zu legen.

1.000 Leaf hat Nissan seit 2012 pro Jahr in Deutschland verkauft. Für die neue Generation liegen bereits 3.000 Bestellungen vor, man plant beim Importeur mit 5.000 Neuzulassungen auf Kunden im Jahr 2018. Das zeigt: Während Konkurrenten und manche Käufer noch planen und abwarten, kann Nissan leaf-ern.

Das Video und die technischen Daten zum neuen Nissan Leaf findet Ihr unter der Bildergalerie.

Technische Daten

Nissan Leaf Tekna

Elektromotor: Maximale Leistung kW 110 kW (150 PS), 30 Minuten 90 kW, 60 Minuten 85 kW
Elektromotor: Maximales Drehmoment 320 Newtonmeter
Beschleuningung 0-100 km/h 7,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit elektrisch 144 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 19,4 - 20,6 kWh
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km 24,4 kWh
Leergewicht 1.640 kg
Länge / Breite / Höhe 4.490 / 1.788 / 1.540 mm
Grundpreis 39.850 Euro
Testwagenpreis 42.100 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Bernd Conrad