Alltagstest des SUV mit 1,6 Liter-Dieselmotor.
Die Modellbezeichnung klingt irgendwie chinesisch, die Marke ist Deutsch und legte erst kürzlich den amerikanischen Slang ab, produziert wird das Auto in Frankreich und die Technik teilt es sich mit einem ebenfalls französischen Plattformbruder.
Ganz schön weltmännisch klingt der Einstieg zum Alltagstest des Opel Grandland X. Im Gegensatz dazu wirkt das neue Kompakt-SUV auffällig unauffällig. So wie wenn man auf einer Party von der Toilette kommt und plötzlich sitzt da ein Typ auf der Couch; man weiß nur nicht, ob der vorher auch schon da war oder neu hinzukam.
Damit sind wir auch schon beim Kern der Sache: Der Grandland X ist ein Opel in Reinkultur. PSA-Technik hin oder her. Denn das neueste Mitglied der Modellpalette ist so herrlich unaufgeregt. Mittelklasse eben, wie die traditionelle Kundschaft der Marke mit dem Blitz im Logo.
Designeskapaden, um im dicht besetzten SUV-Segment nach Aufmerksamkeit zu rufen? Nein, vielmehr gelingt es den Gestaltern in Rüsselsheim, das Astra-Design sanft glattzuziehen und auf den höheren Körper zu übertragen. Keine Sicke ist zu viel, kein Lidstrich überzeichnet. Selbst das großflächig verwendete, unlackierte Plastik rundum hat seinen Zweck. Sanfte Berührungen mit Einkaufswagen oder Gepäck beim Einladen bleiben oft spurlos. Was für ein mittlerweile ungewohnter Segen.
High-Tech-Abfahrt, um Kunden zu ködern? Wieder Fehlanzeige. Der Opel Grandland X bringt alles mit, was ein neues Auto dieser Tage mitbringen sollte, natürlich teilweise aufpreispflichtig. Hervorragende LED-Scheinwerfer mit Kurvenlicht und Fernlichtassistent, eine adaptive Geschwindigkeitsregelung mit Abstandsassistent, eine 360-Grad-Kamera, Heizung für Lenkrad und die Sitze vorne sowie im Fond und eine Onlineanbindung mit dem markeneigenen OnStar-System.
Die verwendeten Materialen im Innenraum und auch deren Verarbeitung sind mehr als in Ordnung. Eine leicht knarzende Armauflage in der Fahrertür nervte anfangs, verschwand aber nach wenigen Tagen auf Nimmerwiederhören.
Dass für künftige Modellpflegen durchaus noch Verbesserungspotenzial aufgehoben wurde, zeigt die zwar praktisch beheizbare Windschutzscheibe, deren sichtbare Drähte aber manche Fahrer stören können und das Navigationssystem, dass die Verkehrsdaten mit dem alten TMC-System einfängt.
Eine sehr gut funktionierende Sprachsteuerung, die im Testzeitraum nicht einmal eine Adresseingabe missverstanden hat und die Smartphone-Integration mit Android Auto sowie Apple Car Play sind mit an Bord und machen das moderne Autofahrerleben leichter.
Die Hardware drumherum? Passt prima. Mit einer Länge von 4,48 Metern streckt sich der Opel Grandland X fast zentimetergenau auf das Format des VW Tiguan. Wie der Mitbewerber zeigt auch der französische Hesse Familiensinn. Auf der bequem gepolsterten Rücksitzbank sitzt es sich bequem, Knie- und Kopffreiheit sind üppig beigemischt. Die Isofix-Klammern für Kindersitze sind sehr leicht erreichbar.
Vorne haben sie im Grandland X Innovation Sitze mit Auszeichnung der Aktion Gesunder Rücken (AGR) verschraubt. In der Tat hat man es auf den Sesseln auch nach mehreren Stunden Fahrt noch sehr bequem, zumal sie im Testwagen mit ausziehbaren Oberschenkelauflagen aufwarten. Seitenhalt? Naja, nö. Das widerspräche aber auch dem Grundprinzip.
Sport Utility Vehicle mit Betonung auf dem ersten Wort? Da spielt der Opel Grandland X nicht mit. Das Fahrwerk federt zwar vor allem bei niedrigen Geschwindigkeiten eine Spur zu straff und hart, auf der Landstraße und vor allem auf der Autobahn bügelt der Opel damit aber Unebenheiten genauso gekonnt weg wie Missstimmungen wegen der Stackserei im Wohngebiet.
Dabei grummelt der 1,6 Liter große Vierzylinder-Diesel von PSA entspannt vor sich hin. Mit 88 kW / 120 PS ist der Opel Grandland X gewiss nicht übermotorisiert. Aber zu wenig Leistung kann man dem Aggregat auch nicht vorwerfen.
300 Newtonmeter maximales Drehmoment stehen ab 1.750 Umdrehungen pro Minute bereit, um den mit knapp unter 1,4 Tonnen (ohne Extras) gar nicht mal so schweren Opel in 12,2 Sekunden auf Tempo 100 zu bitten. 185 Stundenkilometer bedeuten das Ende des Vortriebs.
Auch das alles klingt nicht pulsbeschleunigend und fühlt sich auch nicht so an. Damit passt es wieder prima zum Grandland X, denn er bringt Dich voran, ohne Hektik zu verbreiten. Das optionale Sechsstufen-Automatikgetriebe schaltet weich und stets dann, wenn man es auch selber tun würde. Da wirkt die manuelle Schaltgasse fast schon verschwenderisch, bis man sie zum Bergabfahren bei Eisregen dann doch mal braucht.
Knapp über sieben Liter Diesel flossen alle 100 Kilometer durch die Einspritzdüsen, inklusive viel Herumrangiere für Fotos und ein Video. Auf einer entspannten Langstrecke sind durchaus Werte um sechs Liter möglich. Sparsam ist er also auch noch. Die Abgase reinigt ein SCR-Katalysator, der AdBlue-Tank fasst üppige 17 Liter und sollte damit nicht allzu oft nachgefüllt werden müssen. Zum geringen Verbrauch steuert auch der Frontantrieb seinen Teil bei. Den Opel Grandland X gibt es auch optional, wie die PSA-Brüder, nicht mit Allradantrieb. Das soll 2019 eine Plug-in Hybrid-Version mit Elektromotor an der Hinterachse erledigen. Aktuell muss eine optionale Steuerung der Traktionskontrolle namens IntelliGrip genügen.
Friede, Freude, Eierkuchen? Ja, doch. Denn so heimelig entspannend, wie für viele Menschen der Sonntagnachmittag mit Filterkaffee und frischgebackener Kalorienbombe auch heute noch strahlt, gibt sich auf der Opel Grandland X draußen vor der Tür.
Damit ist er nicht nur eine höchst willkommene Bereicherung des SUV-Segments, sondern für viele Kunden bestimmt auch die richtige Wahl. Und in seiner Normalität eben typisch Deutsch. Trotz dem künftig französischen Spracheinschlag.
Das Video zum Opel Grandland X 1.6 Diesel Innovation findet Ihr unter der Bildergalerie.
Technische Daten
Opel Grandland X 1.6 Diesel Innovation |
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Hubraum | 1.560 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 88 kW / 120 PS bei 3.750 U/min |
Max. Drehmoment | 300 Nm bei 1.750 U/min |
Getriebe | Sechsstufen-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 12,2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 185 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 4,6 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 7,0 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Bridgestone Blizzak 225/55 R18 |
Leergewicht | 1.350 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.477 / 1.906 / 1.609 mm |
Grundpreis | 33.500 Euro |
Testwagenpreis | 39.535 Euro |