Voyah, die Premiummarke von Dongfeng, geht mit dem Free an den Europa-Start. Erster Fahrbericht!
Der stete Fluss euer Marken und Modelle aus China scheint nicht abzuebben. Im Premiumsegment klopft jetzt Voyah an, Teil des Dongfeng-Konzerns. Der erste Aufschlag soll in Form eines Oberklasse-SUV mit Elektroantrieb sitzen, was in diesen Zeiten kaum verwundert.
Der Voyah Free im Video
Bis der Testwagen anrollt und schon auf den ersten Blick für einen Aha-Moment sorgt. Der 4,91 Meter lange, 1,95 Meter breite und 1,66 Meter hohe Voyah Free ist nicht nur verhältnismäßig flach, sondern betont das auch mit seiner Linienführung. Auf die Front mit steil stehender Maske, die ein wenig an den Maserati Levante erinnert, folgt eine lange Haube. Die A-Säulen stehen relativ steil. Dieser Effekt ist in der Verbrenner-Welt bei Fahrzeugen mit längs eingebautem Motor und Hinterradantrieb zu sehen.
Neue Premium-Konkurrenz?
Die betonte Breite des Karosseriekörpers und eine (optisch unterbrochene) C-Säule am steilen Heck lassen den Voyah Free scheinbar startbereit, gar angriffslustig auf den 20-Zoll-Felgen stehen. Dabei wirkt das große SUV aus China aber nicht aggressiv gestylt. Am Heck erinnert der Zeichenstrich je nach Blickwinkel leicht an Porsche Cayenne (Leuchtenband, Schriftzug) und den Range Rover Sport (Blechfläche).
Damit ist klar, welchen Markt Voyah im Visier hat: Mit dem Free sollen Premium-Kunden geködert werden. Im Segment der Elektro-SUV zählen auch Audi Q8 e-tron und BMW iX zu den Mitbewerbern, vor allem aber der Nio EL7.
Hochwertige Materialien, gekonnt verarbeitet
Die hohen Ansprüche potenzieller Kunden sollen im Innenraum nicht enttäuscht werden. Die verwendeten Materialien wirken hochwertig, die Verarbeitung leistet sich keine Schnitzer. Der 560 Liter große Kofferraum ist auch an den Seitenwänden mit Teppich ausgeschlagen. Unter der vorderen Haube steht ein weiteres Staufach mit 72 Litern Volumen bereit. Ein idealer Platz für das Ladekabel.
Die vorderen Sessel lassen sich beheizen und belüften. Auch eine Massagefunktion für Fahrer und Beifahrer steht zur Verfügung. Die pneumatischen Polster arbeiten aber etwas laut. Die Klimaautomatik reinigt nicht nur die in den Innenraum angesaugte Luft, bei Bedarf wird auch ein Duftspender aktiv. Die Bedienung erfolgt über den 12,3 Zoll große Infotainment-Touchscreen. Dieses Display kommt nicht allein. Hinter dem Lenkrad ist eine digitale Anzeige im gleichen Format, ein weiterer Bildschirm befindet sich vor dem Beifahrer.
Hier rechts kann man beispielsweise Navigationsziele eingeben oder das Musikprogramm steuern. Ausgewählte Anwendungen lassen sich dann per Tastendruck auf das zentrale Display schieben.
Variable Display-Wand
Das erste Aha-Erlebnis mit den Displays hat man aber schon vorher, nämlich direkt nach dem Einsteigen. Das gesamte Armaturenbrett mit den Anzeigen erhebt sich nach dem Druck des Startknopfes. Beim Fahren im Sport-Modus – oder auf Tastendruck in der Mittelkonsole – senkt es sich wieder ab, ändert dabei die Anzeigen auf eine Auswahl wichtiger Funktionen.
Auch ohne Sport-Programm kommt der über 2,3 Tonnen schwere Chinese flott vom Fleck. Der Elektroantrieb mit zwei Motoren hat eine Systemleistung von 360 kW (489 PS) und entwickelt ein Drehmoment von 720 Newtonmetern. 410 davon wirken auf die Hinterachse, 310 an den vorderen Rädern. Bei voller Beschleunigung spürt man, dass der Allradler von hinten etwas stärker drückt, vorne entlastet. Ob das die Traktion bei nasser Straße oder rutschigem Untergrund negativ beeinflusst, muss ein späterer Test klären. Am Tag der Testfahrten herrschten sommerliche Temperaturen unter blauem Himmel.
Autobahn-Express
In 4,4 Sekunden soll die Beschleunigung auf 100 km/h erledigt sein. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 200 km/h angegeben. Dieses hohe Tempo erreicht der Voyah Free auf der leeren Autobahn ohne langen Anlauf, er legt linear Geschwindigkeit. Wenn die Zahl 208 im digitalen Tacho steht, bremst der elektronische Begrenzer den Vortrieb ein.
Auch dann läuft das Elektro-SUV stur geradeaus, liegt satt auf dem Asphalt. Die serienmäßige Luftfederung senkt das Fahrwerk auf der Autobahn leicht ab, um Straßenlage und Aerodynamik zu verbessern. Leider stören dann recht hohe Windgräusche den Komfort, zudem flattert die vordere Haube sichtbar im Fahrtwind.
Assistenz nur bis 130 km/h
Entspannter geht es im Alltag bei niedrigeren Geschwindigkeiten zu, am besten unterstützt von Fahrassistenten. Eine adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Abstandshalte-Funktion und ein Spurführungsassistent sind an Bord. Das als Autobahnassistent zusammengefasste System arbeitet aber nur bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h. Ob es an den verwendeten Sensoren oder dem Prozessor des Computers an Bord liegt, dass die Fahrhilfen dann aussteigen, ist (noch) nicht bekannt.
Auch die tatsächlich realisierbare Ladeleistung wird nachgereicht. Wie viele Autos aus China glänzt der Voyah Free aber schon bei den Werksangaben in dieser Hinsicht nicht mit hohen Zahlen. Wechselstrom fließt über drei Phasen mit 11 kW, am Schnelllader sind bis zu 100 kW machbar. Angesichts des großen Akkus (Ternärer Lithium Akku) mit 106 kWh Speicherkapazität, von denen 100 kWh netto nutzbar sind, können sich Ladestopps in die Länge ziehen.
Die Reichweite des Allradlers wird, gemessen nach WLTP-Norm, mit 500 Kilometern angegeben. Am Ende der Testfahrten, die wie oben beschrieben, auch schnelle Autobahnfahrten und nur wenig Stadtverkehr mit Rekuperationsphasen umfassten, nennt der Bordcomputer einen Verbrauchswert von 27 kWh Strom auf 100 Kilometer. Ohne Tempo-Eskapaden dürften rund 22 kWh machbar sein. Ein Normwert steht noch aus.
Vertrieb und Service
Nach dem Start in Norwegen wird der Voyah Free jetzt auch in der Schweiz verkauft. Das Unternehmen Noyo Mobility, gegründet vom Automanager Dr. Daniel Kirchert (u.a. BMW, Byton, Infinity), kümmert sich um den Import und die Vermarktung.
Zusammen mit Handelspartnern soll ein Vertriebs- und Servicenetz aufgebaut werden. Die ersten Fahrzeuge kommen in wenigen Monaten auf die Straße. Neben weiteren Modellen der Premium-Marke Voyah will Noyo Mobility künftig auch andere Marken aus China ins Programm nehmen. Die Aktivitäten des Unternehmens sollen sich nicht nur auf die Schweiz beschränken. Schon heute werden auch Anfragen potenzieller Kunden aus Österreich und der Schweiz registriert. 2024 dürfte der Vertrieb von Voyah auch hierzulande starten.
Das kostet der Voyah Free
Schon jetzt steht der Preis des Elektro-SUV mit Komplettausstattung, die unter anderem auch ein Nachtsichtsystem, das dimmbare Panorama-Glasdach und ein Dynaudio-Soundsystem umfasst, fest.
In der Liste der förderfähigen Elektroautos des Bafa (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) wird der Voyah Free mit einem Netto-Preis von 64.697,48 Euro geführt. Mit Mehrwertsteuer sind das 76.990 Euro. In der Schweiz kostet der 69.990 CHF (rund 73.200 Euro), inklusive einer Garantie von fünf Jahren (bis 100.000 km) auf das Gesamtfahrzeug und acht Jahren (bis 160.000 km) auf den Akku.
Viel Geld für ein Auto einer unbekannten Marke. Allerdings ein Schnäppchen im Vergleich mit der Elektro-SUV-Konkurrenz. Der Nio EL7 kostet, sofern man bei ihm den 100 kWh großen Akku zum Auto dazukauft und nicht mietet, mit 94.900 Euro fast 18.000 Euro mehr.
Fazit
Trotz einiger Designzitate tritt der Voyah Free stilsicher auf. Seinen Premium-Anspruch unterstreicht er mit dem hochwertig verarbeiteten Innenraum. Fahrwerk und Antrieb arbeiten, auch bei zügiger Fahrt, auf sehr gutem Niveau. Leichte Defizite zeigt der Chinese noch bei der Software in Sachen Assistenz und Smartphone-Integration. Apple CarPlay oder Android Auto sind noch nicht an Bord.
Der Preis von 76.990 Euro ist hoch, liegt im Vergleich zur Konkurrenz aber auf einem relativ niedrigen Niveau. Mit der richtigen Vermarktungsstrategie und gutem Kundenservice könnte der Voyah Free auch in Deutschland bei markenoffenen Elektroautokunden punkten.
Technische Daten
Voyah Free |
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Antrieb | Allradantrieb |
Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Systemleistung: kW / PS | 360 kW (489 PS), 720 Nm |
Batterie | 106 kWh (netto nutzbar 100 kWh) |
Beschleuningung 0-100 km/h | 4,4 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h |
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km | 27 kWh (lt. Bordcomputer) |
Leergewicht | 2.340 kg |
Anhängelast (gebremst) | 2.000 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.905 / 1.950 / 1.660 mm |
Grundpreis | 76.990 Euro |