Liebe Hersteller: lasst die kundenfreundlichen Autohäuser nicht sterben!
Pleitewelle unter KFZ-Betrieben, Konsolidierung im Markt, Ausdünnung von Händlernetzen – es gibt vielerlei Ausprägungen des Wandels bei Autohäusern. Und das zum Kundennachteil, denn der Markt wird von immer weniger, dabei aber immer größeren Playern bestimmt. Der Kunde? Eine Nummer.
Eine persönliche Momentaufnahme. Um im Münchner Stadtgebiet einen Skoda (oder auch einen Seat) zu kaufen, geht man zu einer Filiale einer großen Autohausgruppe, die übrigens zum Volkswagenkonzern bzw. der Volkswagen Retail GmbH gehört. Andere Anlaufstellen gibt es nicht, wenn man noch artig zum Vertragspartner und nicht zum EU-Händler gehen möchte.
Dass man selbst dort mit langen Lieferzeiten ge-, wenn nicht gar überfordert ist, zeigt sich auch daran, dass man als Kunde alleine gelassen wird. Dann nämlich, wenn man durch eigene Lieferzeiten-Recherche brav im Februar 2016 einen Skoda Superb bestellt, weil im Oktober der Leasingvertrag des „Fremdfabrikats“ ausläuft. Ende Oktober stellt sich dann, wieder nur auf eigene Nachfrage, heraus, dass das bestellte Auto noch nicht da ist. Mobilitätsangebot? Fehlanzeige. „Wenn Sie schon einen Skoda hätten, könnten Sie den weiterfahren“. Aha. Man will also dem eroberten Kunden gar kein Angebot machen? Man könne einen Euromobil-Fabia haben, 49 Euro am Tag – die Standardkondition für einen Werkstattersatzwagen. Das macht im Monat, nehmen wir mal 30 Tage, gepflegte 1.470 Euro! Da kostet selbst ein Passat bei Sixt und Co. für den Zeitraum nur wenig mehr als halb so viel.
Das lässt sich von mir aus noch mit geringen Margen im Neuwagenhandel erklären (wobei der Firmenwagen-Leasingvertrag mit Wartungspaket durchaus noch etwas abwerfen dürfte), man lernt ja stets, dass die Autohäuser das Geld im Service zurückverdienen.
Oder auch nicht? Anruf bei der Filiale, ich möchte gerne einen Termin für den Wechsel der dort eingelagerten Sommerräder vereinbaren. Ach ja, dass das Auto dann Ende November 2016 mit Winterkompletträdern für 1.800 Euro aus dem Zubehör ausgeliefert wurden, deren Reifen laut DOT-Nummer im Sommer 2015 produziert wurden, sei noch am Rande erwähnt.
Nach 22 (zweiundzwanzig) Minuten Fahrstuhlmusik in der Warteschleife meldet sich – nein, nicht das Autohaus, sondern ein Call Center. An gibt das Kennzeichen durch. Und alle weiteren Daten, Anschrift etc. – erscheint das nicht mit dem Kennzeichen am PC des Call Centers? Nun gut, man könne mir nicht helfen, aber die Filiale um einen Rückruf bitten. Der erfolgt, aber… wieder von einer Kollegin im Call Center. Die nächsten Wochen sind keine Termine frei (da freut man sich dennoch für die Werkstatt, der Umsatz und so), meine Bitte mit „vor dem Büro mal kurz darauf warten“ wird mit diversen Terminen in vier Wochen „um 10:30 oder 11:30“ beantwortet. Nicht mal die hippste Werbeagentur zählt das zu „vor dem Büro“, oder?
Neuer Versuch ein paar Tage später, diesmal nur sechs Minuten TriTraTallala, wieder das Call Center. Wieder ein Rückruf, diesmal ein paar Stunden später, wieder kein Terminglück. Ich werde das anders regeln. Das ist wie gesagt eine Momentaufnahme und keineswegs ein Skoda-Problem. Viele wissen: Auch wenn man bei der örtlichen Niederlassung des örtlichen Münchner Autobauers Kunde ist, ist man damit noch lange nicht König.
Ich prangere keinesfalls an, dass man nicht innerhalb von zwei Wochen einen brauchbaren Termin in der Werkstatt seines Vertrauens (?) erhält. Schade ist, dass man zwischen den immer größeren Autoverteilzentren und den Call Centern keinerlei beständige Kundenbeziehung mehr aufbauen kann. Wo das Auto doch mittlerweile, weil sich kaum noch jemand eine Immobilie leisten kann oder will, für viele zur teuersten Anschaffung geworden ist.
Wenn man sich dann fragt, ob man sich nicht neulich von Amazons Service-Chat-Bot emotional besser behandelt gefühlt hat, wie soll man dann davon abgehalten werden, sein kommendes Auto auch online zu kaufen? Und den Service „halt irgendwo“ machen zu lassen?
Es gibt viele fleißige und motivierte Autohausbetreiber und –mitarbeiter, die es auch heute noch schaffen, ihren Kunden ein Gefühl von Vertrauen und Service zu vermitteln. Nur sind es leider genau solche Betriebe, die sich durch immer härtere Bandagen der Hersteller in Sachen Verkaufsraumgestaltung und Zielerfüllungsquoten zur Aufgabe gezwungen fühlen. Man fühlt sich gar berufen, die Existenz eines kundenorientiert handelnden Händlernetzes in die kommende Kaufentscheidung einfließen zu lassen. Noch klappt das, vor allem bei asiatischen Importmarken. Die dann damit auch Arbeitsplätze in Deutschland sichern.
Schade, wenn millionenteure Image- und Produktwerbung der Autohersteller im Flaschenhals des Kundenkontaktes stecken bleibt. In diesem Sinne, gute Fahrt und immer daran denken: Weit im Voraus an den nächsten Servicetermin denken.
P.S.: Der aufmerksame Leser mag es bemerkt haben: in Teilen wiederhole ich mich .