BMW 5er Autobahnassistent Freude am Gefahrenwerden

Unterwegs im neuen BMW 5er mit Autobahnassistent, mit dem man dauerhaft die Hände vom Lenkrad nehmen kann.

Erster! Im Wettlauf um eine für die avisierte Geschäftskunden- und Vielfahren-Klientel wichtige Assistenzfunktion feiert der neue BMW 5er, den es auch als vollelektrischen i5 gibt, eine Weltpremiere. Der weiterentwickelte Autobahnassistent erlaubt nicht nur das dauerhafte Loslassen des Lenkradrads, sondern übernimmt auch Spurwechsel.

Der Roboter-BMW im Video

Das System für automatisiertes Fahren nach Level 2+ bekam in Nordamerika (USA und Kanada) und in Deutschland seinen Segen der Behörden. Bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h ist der Fahrer auf Wunsch Supervisor, kein Pilot.

Die technische Grundlade der erweiterten Assistenz stellt im BMW 5er / i5 (Baureihe G60) das Operation System OS 8.5 dar. 850 Euro Aufpreis kostet die Einzeloption laut Konfigurator. Voraussetzung ist aber die gleichzeitige Wahl des „Driving Assistant Professional“ für 2.000 Euro, in dem adaptive Geschwindigkeitsregelanlage, Totwinkelüberwachung, Verkehrszeichenerkennung mit automatischer Übernahme von Tempolimits, Spurhaltefunktion mit aktiver Ausweichunterstützung und eine Ampelerkennung zusammengefasst sind. Außerdem das Auto an sich. Als mild hybridisierter Diesel 520d kostet die neue Business-Limousine ab 57.550 Euro, als i5 mit batterieelektrischem Antrieb ab 70.200 Euro.

Freigabe bis 130 km/h in Deutschland

Für unsere Testfahrt steht ein BMW i5 M60 xDrive, das aktuelle Topmodell der Baureihe mit einem bis zu 442 kW (601 PS) starken Elektroantrieb bereit. Die hohen dynamischen Versprechungen, die das Datenblatt gibt, werden wir bald im Fahrbericht ausprobiert haben. Heute geht es auf eine tempolimitierte Autobahn in der Nähe der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. Das Fahrzeug ist offiziell in Prototyp und entsprechend beklebt – im Gegensatz zu Deutschland ist der Autobahnassistent hier im Südwesten Europas noch nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen.

Wir passieren die Mautstation, das Asphaltband liegt vor uns. Über einen Tastendruck auf dem Multifunktionslenkrad wird das assistierte Fahren aktiviert. Das genügt, Bestätigungsschritte sind nicht nötig. Jetzt fährt der BMW i5 mit adaptiver Geschwindigkeitsregelanlage, hält das eingestellte Tempo von 120 km/h und den Abstand zum Vordermann. Die Sensoren und Kameras haben eine hohe Reichweite. Was das bringt? Beim Aufschließen auf den langsameren Verkehr vor dem Auto wird nicht abrupt gebremst, die Verzögerung ist sanft und damit komfortabel.
Die Limousine bleibt mittig in der Fahrspur, pendelt nicht zwischen den Begrenzungen. Der aktive Spurhalteassistent folgt auch dem Straßenverlauf, zumindest bis zu einem bestimmten Kurvenradius.

Alles nicht Neues, denkst du? Der scheinbar kleine Unterschied: Seit der Aktivierung des Autobahnassistenten liegen meine Hände auf den Knien. Die Aufforderung, die man bei ähnlichen Systemen nach einigen Sekunden bekommt, damit man das Volant wieder berührt (bei kapazitiven Lenkrädern) oder mit einem minimalen Drehimpuls seine Anwesenheit bestätigt), entfällt.

Die große Show beginnt, wenn sich auf der linken Spur eine Lücke auftut. Im Display hinter dem M-Sportlenkrad erscheint der Hinweis auf den möglichen Überholvorgang. Jetzt reicht es, in den linken Außenspiegel zu blicken. Damit erkennt die Software den Wunsch des Fahrers. Es wird der Blinker gesetzt und der BMW i5 wechselt die Spur. Genauso flüssig gelingt das Wiedereinscheren nach rechts, sobald das langsamere Fahrzeug passiert wurde.

Blickerkennung auch mit Sonnenbrille

BMW 5er i5 g60 Autobahnassistent Test Fahrt Video G60

Man muss nicht einmal den Kopf in Richtung Außenspiegel drehen, es reicht die Bewegung der Pupillen. Sogar dann, wenn man eine Sonnenbrille trägt. Die Infrarotkamera über dem Instrumentendisplay erkennt die Bewegung der Augen dennoch – sofern das getönte Glas ausreichend Durchblick bietet.
Beim ersten Spurwechsel stellen sich die Nackenhaare leicht auf, Freude am Gefahrenwerden und Aufregung sorgen dafür. Es dauert aber nur wenige Minuten, bis man die neue Entspannung hinter dem Lenkrad verinnerlicht hat.

Obwohl man stets den Verkehr im Auge behalten muss - bei erkannter Ablenkung des Fahrers schaltet sich das System nach Warnhinweisen aus Sicherheitsgründen ab - tritt schnell eine beruhigende Wirkung ein. Stärker wahrnehmbar, als es geschriebene Zeilen beschreiben können.
Nicht nur auf langen Strecken, sondern vor allem auch im Pendlerstau mit zähfließendem Verkehr dürfte der Autobahnassistent im neuen BMW 5er eine deutliche Entlastung bringen. Bei aktivierter Routenführung wird zudem auch rechtzeitig vor der Autobahnausfahrt die Spur gewechselt, bevor der Fahrer wieder übernehmen muss.

Assistenz bis 210 km/h

BMW 5er i5 g60 Autobahnassistent Test Fahrt Video G60

Die Zulassung für den Autobahnassistenten hat BMW für Geschwindigkeiten bis zu 130 km/h bekommen. Darüber reicht es, die Hände am Lenkrad zu lassen, um das System mit Spurwechselunterstützung (bis 180 km/h) nutzen zu können. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung ist bis 210 km/h aktiv.

Das ist eine für Deutschland relevante Information. In den meisten anderen Ländern herrschen Tempolimits, in deren Rahmen der lederfreie Lenkradkranz aus einem Veganza genannten Material in Zukunft oft und lange nicht berührt werden wird. Bei der Freigabe in Nordamerika und Deutschland wird es nicht bleiben, mit den verantwortlichen Behörden in weiteren Ländern ist BMW in Gesprächen und Verhandlungen.

Wir verlassen die Autobahn. Auf einem Parkplatz steht ein anderer BMW i5 bereit. Mit ihm starten wir zu Testfahrten, um die neue Fünfer-Generation besser kennenzulernen. Aber dies ist eine eigene Geschichte – und die wird ein anderes Mal erzählt.

Fazit

BMW 5er i5 g60 Autobahnassistent Test Fahrt Video G60

Es klingt im ersten Moment nicht wie das lange erwartete „one more thing“. Die Erweiterung des Autobahnassistenten um den durch die Blinkrichtung initiierten Spurwechsels ist aber eine entspannende und gut funktionierende Ergänzung, vor allem auf langen Strecken. BMW hat als erster Hersteller dafür die Genehmigung für öffentliche Straßen in Deutschland sowie eine Geschwindigkeit von bis zu 130 km/h erhalten und umgesetzt. Die Markenwerte können also um ein weiteres Kapitel erweitert werden: Freude am Gefahrenwerden.

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Text: Bernd Conrad
Bilder: Hersteller, Andreas Hof (2)