Die Probefahrt im VW Golf GTD wirkt inspirierend.
Der Erfolg des VW Golf basiert natürlich auch darauf, dass er nicht nur das Auto für fast alle Bedürfnisse sein will, sondern das tatsächlich auch ist. Vom Einstiegsbenziner für Wenigfahrer, über ausgewogene Komfortmodelle, die man als 1.5 TSI Highline bis zum kompakten Luxusmodell züchten kann bis zu Sportlegenden die dem GTI.
Natürlich gibt es das Auto für Jeden auch mit teil- und vollelektrischem Antrieb als GTE (Plug-in Hybrid) und e-Golf. War noch was? Ach ja, die TDI. Deren stärkster Vertreter hört auf die Bezeichnung GTD. Zusammen mit GTI und GTE bildet der GTD die Phalanx der weltlichen Sport-Gölfe diesseits des allradgetriebenen Golf R.
Im Zuge des aktuellen Golf-Update bekommt auch der GTD eine Frischzellenkur. Äußerlich zeigen sich serienmäßige LED-Scheinwerfer mit geänderter Lichtsignatur für das Tagfahrlicht, neue Stoßfänger an Front und Heck und LED-Heckleuchten mit wischendem Blinker. Gewischt wird gegen Zuzahlung von üppigen 2.385 Euro auch im Cockpit, wenn hier das neue „Discover Pro“-Infotainmentsystem mit Gestensteuerung verbaut ist. Das funktioniert manchmal auch, das Thema ist im Video zum Fahrbericht über den Golf Highline abgehandelt.
Denn der Golf GTD-Testwagen weckt nicht mit Bits und Bytes, sondern mit einer neuen Hardware mein Interesse. An die unveränderte Antriebseinheit mit 135 kW / 184 PS ist ein neues 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe angeflanscht. Das kostet 2.000 Euro Aufpreis zur manuellen Schaltung und löst das bisherige DSG mit sechs Fahrstufen ab. Auch das neue Räderwerk kühlt seine Kupplungen im Ölbad, ist also nicht mit dem trockenen 7-Gang DSG für kleinere Motoren bis maximal 250 Nm Drehmoment zu verwechseln.
Schon auf dem ersten Meter bekommt das neue Getriebe von mir den Daumen nach oben. Denn der Schwachpunkt der bisherigen Einheit ist ausgemerzt: Beim Anfahren konnte sich das 6-Gang DSG nicht so richtig mit dem Zweiliter TDI einig werden, wer denn jetzt mal loslegt. Während der Turbolader im Motorraum noch Luft holte, kam die Fuhre langsam in Schwung. Allzu leicht war man versucht, den Fuß stärker auf das Gaspedal zu drücken. Prompt machte das Auto einen ungelenken Satz nach vorne.
Mit der zusätzlichen Fahrstufe und der damit geänderten Spreizung der Gänge konnten die Ingenieure dieses unwirsche Anfahrverhalten ein gutes Stück in die Schranken weisen. Ansonsten verspricht VW eine Verbrauchsersparnis von 0,3 Litern Diesel auf 100 Kilometer, die ich bei den ersten Probefahrten noch nicht nachprüfen konnte. Die Bordcomputerinformation von erfahrenen 6,4 Litern auf 100 Kilometer geht angesichts der dynamischen Fahrweise in Ordnung. Schöner wäre allerdings die Ersparnis eines anderen Mineralölproduktes. Wann VW es wohl schafft, dem DSG die alle 60.000 Kilometer fälligen und recht komplexen Getriebeölwechsel wegzukonstruieren?
Einmal in Fahrt gibt sich der Golf auch als GTD wie gewohnt. Und das wird für den sportlichen Diesel zur Herausforderung. Er entspricht meiner Meinung nach nämlich nicht dem Anspruch der Baureihe, das unaufgeregte Auto für alle Lebenslagen zu sein, um das man sich keine Gedanken macht. Das liegt nicht am plump modulierten, künstlichen Klang des Diesels. Auch nicht am sportlichen Setup im Innenraum mit den gut passenden Sportsitzen und dem schönen Dreispeichenlenkrad. Es ist die Kombination.
Es ist wie der Irrglaube vieler Menschen, mit Cola Light abnehmen zu können. Ein kompromisslos sportlicher Golf mit Diesel unter der Haube geht leider nicht. Wo der GTI – und in seiner Art und Weise auch der Plug-in Hybrid GTE – eine gelungene Trainingseinheit darstellen, ruft Dir der knurrige TDI im Golf GTD stets zu: „Denk immer daran, wir sehen sportlich aus, wir wollen sportlich sein, aber irgendwie ist die Diät doch wichtiger“.
Und weil man auf der Langstrecke, wofür man sich ja einen Diesel kauft, gerne komfortabel unterwegs ist, bestellt man das hervorragende adaptive Fahrwerk DCC mit und stellt das in den Komfortmodus. Was den Widerspruch, den der GTD in sich trägt, nochmal unterstreicht.
Ähnlich unentschlossen zwischen den Welten schwebt der starke Dieselgolf auch beim Karosseriedesign: Mit den voluminöseren Stoßfängern und großen Rädern spielt der GTI, alleine der Verzicht auf die rote Zierleiste im Kühlergrill und den Frontscheinwerfern lassen ihn aber im direkten Vergleich blasser dastehen. Das alles ändert natürlich nichts an meiner Meinung, dass auch der Golf GTD das fast perfekte Auto darstellt. Ausreichend Platz im Innenraum, eine top Verarbeitung und – zumindest gegen horrende Aufpreise – modernste Technik und Assistenzsysteme machen für den normalen Autoalltag größere Autos überflüssig.
So habe ich also doch noch eine Lücke im breiten Golf-Angebot gefunden. Denn während der 150 PS starke Zweiliter-TDI in einem schick ausgestatten Golf Highline, den es auch in Verbindung mit dem neuen 7-Gang-DSG gibt, eine völlig ausreichende Vielfahreralternative darstellt und man für den Golfsport lieber zum selbstsicheren GTI greift, fehlt die Kombination aus Normal-Golf mit den äußerst angenehmen Sportsitzen.
Ist hier also noch Platz für einen Golf GTS? Den könnte man zumindest als Sonderserie mit dem 1.8 TSI (180 PS) und dem 150 PS-und diesem 184 PS-TDI anbieten, es äußerlich bei einem Dachspoiler, speziellen Felgen und Zierelementen belassen und innen die Sitze sowie das (schönere) Lenkrad aus den anderen GT-Modellen hineinschrauben.
Bis dahin ist der VW Golf GTD ein guter Begleiter, vor allem durch das DSG mit Zusatzzahl. Meine Eindrücke gibt es auch im Video, das ihr unter der Bildergalerie findet.
Technische Daten
VW Golf GTD |
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Hubraum | 1.984 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 135 / 184 bei 3.500 - 4.000 U/min |
Max. Drehmoment | 380 Nm bei 1.750 - 3.250 U/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe |
Beschleuningung 0-100 km/h | 7,4 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 230 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 4,9 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 6,4 Liter (laut Bordcomputer) |
Leergewicht | 1.416 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.258 / 1.799 / 1.492 mm |
Grundpreis | 32.800 Euro |
Testwagenpreis | 43.970 Euro |