VW Tayron 2.0 TSI 4Motion

VW Tayron 2.0 TSI 4Motion Was kann der Wolfsburg-Kodiaq?

7:53 Min.

Der VW Tayron 2.0 TSI 4Motion im ersten Fahrbericht mit Video-Review.

Neuer Name für VW-SUV-Kunden, zumindest außerhalb Chinas: Auf den VW Tiguan Allspace folgt er Tayron. Das neue Mitglied der SUV-Familie, in Deutschland entwickelt und auch im Stammwerk Wolfsburg gebaut, soll mit eigener Identität neue Kunden ansprechen. Gewiss auch solche, die den Konzern-Bruder Skoda Kodiaq auf ihrer Wunschliste haben.

Großer Tiguan-Bruder

Mit 4,79 Metern ist die komplett neue Karosserie des VW Tayron 25 Zentimeter länger als die des Tiguan, der Radstand nimmt um elf Zentimeter zu. Das schafft nicht nur abermals mehr Platz im Fond, sondern auch Raum für eine optionale dritte Sitzreihe. 950 Euro Aufpreis kosten die beiden Plätze ganz hinten, die den Tayron zum Siebensitzer machen – zumindest für kleinere Mitfahrer auf kurzen bis mittellangen Strecken. Wenn man die zusätzlichen Sitzgelegenheiten nicht benötigt, klappen sie sich diskret in den Kofferraumboden. Das Ladevolumen steigt dann von 345 auf üppige 850 Liter. Mit der optionalen Netztrennwand lässt sich der Kofferraum auch in voller Höhe nutzen. Der Urlaubsfahrt mit der Familie und großen Koffern steht also nichts im Wege.

Der Fahrer blickt auf das vertraute Cockpit des Tiguan. Hinter dem Multifunktionslenkrad, das VW bei den Modellen mit der Verbrennungsmotoren und Hybridantrieben neuerdings wieder mit physischen Tasten ausstattet, blickt man auf vielfältig konfigurierbare Instrumente auf einem 10,25 Zoll großen Display. Der große 15-Zoll-Touchscreen für das Infotainmentsystem steht zentral im Raum, neigt sich für eine bessere Bedienbarkeit leicht in Richtung Fahrerplatz.

Der Tayron im Video

Die Menüführung ist logisch, die Reaktionen des Displays sind schnell und flüssig. Auch die nachts beleuchteten Schieberegler (Slider) unter dem Monitor vereinfachen die Bedienung. Wer mag, kann auch die aufmerksame Sprachsteuerung IDA nutzen und mit frei gesprochenen Befehlen beispielsweise das Navigationsziel einsprechen.

Das Ziel unserer Ausfahrt ist nicht in der Datenbank des Navigationssystems zu finden, es handelt sich – wie so oft- um die Erkenntnisgewinnung. Also schweigen die Boxen des aufpreispflichtigen Harman/Kardon-Soundsystems und die kabellos via Apple CarPlay gestreamte Musik. Wir wollen das Auto erfühlen.

So fährt sich der Tayron

Der 265 PS starke Benziner mit mit 1,8 Tonnen SUV ein leichtes Spiel.

Für die erste Ausfahrt auf südfranzösischen Straßen wählen wir die Topmotorisierung des VW Tayron. Der 2.0 TSI – Vierzylinder leistet 195 kW / 265 PS. Sein maximales Drehmoment von 400 Newtonmetern, das auf einem breiten Plateau von 1.650 bis 4.350 U/min anliegt, wird serienmäßig über alle vier Räder in Vortrieb verwandelt. Wie der 4Motion genannte Allradantrieb funktioniert, konnten wir mit einem Tayron 2.0 TDI 4Motion bereits ausgiebig testen.

Beim entspannten Rollen über tempolimitierte Autobahnen ist vom Benziner unter der vorderen Haube kaum etwas zu hören. Die Akustikverglasung reduziert weitere Lärmquellen wie andere Verkehrsteilnehmer. Das persönliche Massageprogramm knetet dich auf dem bequemen Sitz ausreichend kräftig durch. So kann man auch lange Strecken zurücklegen. Die fahrrelevanten Informationen serviert das optionale Head-up-Display direkt auf der Windschutzscheibe im Blickfeld des Fahrers. Die unter dem Sammelbegriff „Travel Assist“ zusammengefasste Fahrassistenz hält Tempo und Abstand zum Vordermann, zudem folgt der Tayron – sofern die Hände am kapazitiven Lenkradkranz erkannt werden – auch in engeren Kurven – präzise der Fahrspur.

Wir folgen der Ausfahrt und nehmen kurvige Landstraßen und Bergpartien außerhalb von Nizza ins Visier. Über den Fahrerlebnis-Schalter (ein Dreh-Drücksteller in der Mittelkonsole) kann man einen vorkonfigurierten Modus wählen, oder sich im Individual-Programm eine eigene Einstellung mit verschiedenen Parametern konfigurieren.

Im Testwagen gefällt die Progressivlenkung mit präziser Rückmeldung.

Das DCC Pro – Fahrwerk mit zwei Ventilen, je einem für Druck- und Zugstufe, an den adaptiven Dämpfern erlaubt dabei eine große Spreizung zwischen der komfortbetonten und der sportlich-straffen Abstimmung. Wie so oft ist die goldene Mitte der richtige Weg. Über den Touchscreen auf dem 15 Zoll großen Display wird der virtuelle Schieberegler für die Dämpfercharakteristik auf „Normal“ mit einem leichten Drang in Richtung „Sport“ geschoben.

In engen Kehren und auf schmalen Straßen mit plötzlich auftauchenden Biegungen lassen sich über 1,8 Tonnen Leergewicht des Tayron ebenso wenig wegdiskutieren wie das große Format des SUV. Der Turbo-Benziner zieht die Fuhre aber aus fast jeder Geschwindigkeits-Lenkwinkel-Drehzahl-Stellung vehement voran. Das Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen macht einen guten Job, manuelle Eingriffe über die Schaltwippen am Lenkrad nicht kaum nötig.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Auch mit dem stärksten Benziner und in der Ausstattungslinie R-Line wird aus dem großen SUV kein Sportwagen. Gezügelt wird man auch von der Verbrauchsanzeige. Während die entspannte Pendelfahrt über Landstraßen und die tempolimitierte Autobahn Werte auf dem Niveau des WLTP-Normverbrauchs (8,8 – 8,8 l/100km) auf die Anzeige im digitalen Kombiinstrument warf, steigt der Verbrauch jetzt auf über elf Liter. Am Ende der zweitägigen Testfahrt steht der Wert von 10,4 Litern je 100 Kilometer in den Notizen.

Wer sparsamer unterwegs sein will, greift besser zum 1.5 eTSI oder zum Allrad-Diesel. Firmenwagenkunden dürften den Tayron eHybrid im Blick haben. Den Plug-in Hybriden mit 19,7 kWh großem Akku und über 100 Kilometern elektrischer Norm-Reichweite gibt es in zwei Leistungsstufen mit 150 kW / 204 PS oder 200 kW / 272 PS Systemleistung – beide mit Frontantrieb.

Das kostet der VW Tayron

Alle drei Ausstattungslinien in einem Bild. Von links nach rechts: Life, Elegance und R-Line.

Der Konfigurator für den VW Tayron (Preislisten gibt es bei VW nicht mehr) beginnt bei 45.475 Euro für den Tayron Life mit 150 PS starkem Mildhybrid-Benziner 1.5 eTSI. Der 265 PS starke Allrad-Benziner wird an die Ausstattungslinie R-Line zwangsgekoppelt, kostet damit ab 59.755 Euro.

Unser Testwagen hat alle Optionen an Bord, die man bei der Bestellung des Neuwagens anklicken kann. Vom Panorama-Schiebedach über die Perleffektlackierung, die Zusatzsitze in der dritten Reihe, Anhängerkupplung und Lederpaket bis hin zu den HD-Matrix-LED-Scheinwerfern. Der Listenpreis summiert sich auf den fast schon oberklassigen Betrag von 74.700 Euro.

Zum Vergleich: Der technisch eng verwandte Skoda Kodiaq RS steht mit 57.900 Euro in der Preisliste, er lässt sich auf rund 65.500 Euro „upgraden“. Der Preis des VW mit Optionen liegt vor allem deswegen höher, weil viele Tech-Extras, darunter die Scheinwerfer mit 19.200 Pixeln je Seite und die Sitzmassage, für den Skoda nicht angeboten werden.

Echte Wagen fürs Volk sind beide nicht. Wenngleich man feststellen muss, dass heutzutage kaum ein Neuwagen, vor allem nicht in dieser Preisregion, von Privatkunden bar bezahlt wird. Die meisten Fahrzeuge werden geleast oder finanziert, oft mit dem Arbeitgeber als Geldgeber. Ein starker Benziner wie dieser TSI mit 265 PS mit schweren SUV wird also nur geringe Anteile des Tayron-Verkaufsvolumens ausmachen.

Fazit

Ist es ein Trost für den preisgeschockten Tayron-Interessenten, dass ein vergleichbarer Passat Variant sogar noch teurer ist?

Der VW Tayron dürfte als Mittelklasse-SUV mit viel Platz und bis zu sieben Sitzen Familien ebenso ansprechen wie Firmenwagen-Fahrer, die keinen Kombi mehr fahren wollen (warum auch immer). Trotz der eigenständig gezeichneten Karosserie übernimmt der Neuling neben Plattform und Technik auch das Cockpit vom Tiguan. Damit reiht sich der Tayron nahtlos in die VW-Modellpalette ein.

Punkten kann er vor allem mit dem üppigen Platzangebot in der zweiten Reihe und dem großen Kofferraum – selbst mit sieben Sitzen kann man noch 345 Liter Gepäck einladen. Die Preise sind mit Tarifen ab 45.475 Euro für das Basismodell nicht günstig. Der Testwagen ist ein extremes Beispiel: Mit dem stärksten Benziner und „voller Hütte“ bis hin zur Standheizung kostet er fast 75.000 Euro!

Technische Daten
VW Tayron 2.0 TSI 4Motion R-Line

Antriebsart
Benziner
Antrieb
Allradantrieb
Abgasnorm
Euro 6 EB
Hubraum
1.984 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder
4 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS
195 kW / 265 PS
Max. Drehmoment
400 Nm bei 1.640 - 4.350 U/min
Getriebe
7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Tankinhalt
58 Liter
Beschleunigung 0-100 km/h
6,1 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit
240 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km
8,5 Liter
Verbrauch real auf 100km
10,4 Liter (lt. Bordcomputer)
Kofferraumvolumen
345 / 850 / 2.090 Liter (mit 7/5/2 Sitzen)
Reifenmarke und –format des Testwagens
Continental SportContact 255/40 R20
Leergewicht
1.809 kg
Anhängelast (gebremst)
2.300 kg
Stützlast
100 kg
Länge / Breite / Höhe
4.792 / 1.866 / 1.666 mm
Basispreis Baureihe
45.475 Euro
Basispreis Modellvariante
59.755 Euro
Testwagenpreis
74.700 Euro
Text: Bernd Conrad
Bilder: Matthias Gill, Bernd Conrad