Ferrari GTC4Lusso 2019 Wer ruft denn da?

Erst der Berg, dann die Männer. Und zwischendrin der V12 des Ferrari GTC4Lusso.



Der Berg kann rufen so viel er will, er bleibt unerhört. Denn en ganz anderer Reiz lässt nicht nur aufhorchen, sondern alle Sinne schärfen. Vor dem Berg und seinen steinigen Freunden steht nämlich der Ferrari GTC4Lusso bereit zur Testfahrt. Der muss noch nicht mal seinen 6,3 Liter großen, freisaugenden V12 bemühen, um alle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

2016 kam der GTC4Lusso als weiterentwickelter Nachfolger des Ferrari FF auf den Markt. Als wirklich brauchbarer 2+2-Sitzer (ich habe es ausprobiert, hinten sitzt man ok aber doch nicht gerne, weil man lieber fahren will!) mit steilem Heckabschluss und einem 450 bis maximal 800 Liter fassenden Gepäckabteil ist der GTC4Lusso ein Reiseauto für viele Gelegenheiten.

Neu im Modelljahr 2019 ist der bei Ferrari vollmundig ADAS (Advanced Driver Assistant System) genannte Sicherheitsassistent, der einen akustischen Spurverlassenswarner und eine adaptive Geschwindigkeitsregelanlage beinhaltet. Eine Gegenlenkfunktion beim Verlassen der Spur hat das System nicht, Ferrari spricht weiterhin von der Prämisse, dass stets der Fahrer die volle Kontrolle über die Fahrmaschine haben soll und wird.

Nach wie vor kurzweilig ist das optionale Display vor dem Beifahrer. Hier kann sich der Passagier die Zeit vertreiben, indem er sich durch Fahrdaten zur Geschwindigkeit, Beschleunigung und Bordcomputerangaben klickt. In der Mittelkonsole sitzt das 10,25 Zoll große Infotainmentdisplay im geräumigen und gut verarbeiteten Cockpit.

Genug geguckt, gestaunt und abstandsassistiert über öffentliche Straßen gefahren, der Spieltrieb kommt durch. Wie praktisch, dass hier jemand jemanden kennt, der mit der Pistenraup einen unter vielen Tonnen Schnee begrabenen Golfplatz zum kalten Racetrack umfunktioniert hat.
Nach kurzer Zeit unter den wachsamen Augen des Instruktors darf die Hand zum Manettino genannten Fahrdynamikschalter im Lenkrad greifen und ihn auf die ganz rechte Position stellen. Das ESC wird in den Winterschlaf geschickt und auch vom Brüllen des V12-Motors nicht geweckt. Aus heißt aus, basta.

Obwohl nur der Gedanke an einen schweren Fuß ausreicht, den immerhin fast zwei Tonnen schweren Ferrari GTC4Lusso nach vorne katapultieren zu lassen, lässt sich erstaunlich schnell der schmale Pfad zwischen Längs- und Querdynamik finden. Das schöne Heck „kommt herum“, aber überholt nur selten. Hier hilft auch der im V12 serienmäßige, heckbetonte Allradantrieb.

Schneller geht es im Sport-Modus. Hier greift das ESC kurz vor dem totalen Dreher ein, schnell bekommt der Fahrer das Gefühl dafür, an welcher Grenze er sich und das Auto entlanghangeln kann.

Von all dem bleibt der Ferrari GTC4Lusso auch am Ende eines langen Tages unbeeindruckt. Nur zu gerne würde er seine Allroundqualitäten jetzt noch auf der langen Fahrt nach Hause unter Beweis stellen. Wenn da nur nicht die Männer mit dem Transport-LKW wären. Jetzt könnte man(n) natürlich so tun, als ob auch deren Rufe nicht erhört werden…

Technische Daten

Ferrari GTC4Lusso

Hubraum 6.262 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder V12
Maximale Leistung kW / PS 507 kW / 690 PS bei 8.000 U/min
Max. Drehmoment 697 Nm bei 5.750 U/min
Getriebe 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Beschleuningung 0-100 km/h 3,4 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 335 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 15,0 Liter (nach NEFZ)
Reifenmarke und –format des Testwagens 245/35 ZR20 v. / 295/35 ZR30 h.
Leergewicht 1.920 kg
Länge / Breite / Höhe 4.922 / 1.980 / 1.383 mm
Grundpreis 264.809 Euro (inkl. ADAS)
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Lennen Descamps #LNNN (5), Bernd Conrad (1)