Der Geparda, ein Dreirad-Umbau des VW Up, im Alltags-Test mit Video-Review.
Münder bleiben offen, Hälse werden verdreht und Smartphone-Kameras gezückt. Die maximale Aufmerksamkeit aller Menschen ist uns sicher, während wir mit dem schwarzen Wagen durch die Vorstadt cruisen. Oder über die Autobahn. Egal wo. Liegt es am ungewohnten Raubtier-Logo, dass golden zwischen den Aftermarket-LED-Birnen (die deutlich besser sind als das einstige Serien-Halogen-Licht) glänzt? Wohl kaum. Das Zentrum der Aufmerksamkeit liegt weiter hinten.
Aus dem Up wird ein Quad
Wir fahren Geparda. Ge…was? Der tierische Name wurde für einen L5e-Umbau des VW Up gewählt. Das gleichnamige Unternehmen will damit einen Markt bedienen, den bisher der Ellenator auf Basis des Fiat 500 fast für sich hatte.
Der 3,60 Meter lange Kleinstwagen mit den baugleichen Schwestermodellen Seat Mii und Skoda Citigo wurde von 2011 bis 2023 gebaut und verkauft. Gebrauchtwagen dieser Modellreihen nutzt Geparda für einen umfassenden Umbau. Herauskommt ein „Quad“ der Zulassungsklasse 5e.
Sie sieht ein „dreirädriges Kraftfahrzeug mit symmetrisch angeordneten Rädern mit Hubraum über 50 ccm bei Verbrennungsmotoren / 15 kW bei Elektroantrieb und einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h“ vor. Zum Dreirad wird das Fahrzeug, sobald der Mittelpunkt der beiden Reifen an einer Achse nicht mehr als 46 Zentimeter auseinanderliegt. Im Vergleich zur L7e-Klasse der Leichtfahrzeuge, die schnelle Versionen von Silence S04 und Microlino sowie die Modellreihen von Anbietern wie Aixam und Ligier beinhaltet, gibt es Vorteile. Airbags, ABS und ESP sind an Bord, zudem haben die Ursprungsfahrzeuge das volle Crashtest-Programm absolviert. Wie die L7e-Konkurrenz können Dreiräder als L5e-Fahrzeuge mit dem Führerschein A1 (125er) und damit bereits im Alter von 16 Jahren bewegt werden.
Gebrauchter Neuwagen
Geparda nutzt als Ausgangsbasis für den Umbau gebrauchte VW Up mit 44 kW / 60 PS starkem Dreizylinder-Benziner 1.0 TSI mit manuellem Fünfgang-Schaltgetriebe. Ein neues Steuergerät reduziert die Leistung auf 15 kW / 20 PS. Varianten mit zusätzlichem Erdgas- oder dem alleinigen Elektroantrieb können aufgrund der Einbaulage von Tanks bzw. Akku nicht genutzt werden.
Rund vier Wochen benötigt das Unternehmen für den Umbau. Dafür kann man einen eigenen VW Up (oder Seat Mii, Skoda Citigo) anliefern oder Geparda mit der Suche nach einem passenden Gebrauchtwagen beauftragen. Je nach Modell hat das Quad dann Sicherheitsextras wie den Spurhalteassistenten und Komfortmerkmale wie Klimaanlage und Sitzheizung. Neue Logos und Schriftzüge machen den Up, der fortan kein VW mehr ist (und sein darf) zum Geparda. Ein Gebrauchtwagen mit Neuzulassung also. Unser Testwagen hat etwas über 30.000 Kilometer „auf der Uhr“, wurde laut Zulassungsbescheinigung aber Mitte Dezember 2024 erstmals zugelassen. Dafür reicht ein Nummernschild am Heck – Quads müssen an der Front kein Kennzeichen tragen.
So fährt sich der Geparda
Genug der Theorie – wie fährt sich der Geparda? Achtung, Spoiler-Alarm: Erstaunlich unspektakulär und normal. Die Drehstab-Konstruktion an der schmalen Hinterachse mit Eibach-Federn sorgt stets für Bodenkontakt beider Räder, egal ob in Kurven oder beim Überfahren von Randsteinen. Die Seitenneigung sieht spektakulärer aus, als sie sich am Steuer anfühlt, im zeitlichen Fernvergleich zum Up mit vier normal platzierten Rädern gibt es kaum einen Unterschied.
Der Federung ist komfortabel. Man spürt jedoch die Prinzipien des Straßenbaus. Gullideckel sind meist in der Fahrbahnmitte eingelassen. Die Räder normaler Autos fahren links und rechts davon vorbei, mit einem Roller umkurvt man die abdeckten Kanalisations-Einlässe. Der Geparda bügelt mit dem Heck über die Fugen. Spürbar, aber dennoch gut gedämpft. Ein weiterer Punkt: Die mittigen Hinterräder sorgen bei Schmuddelwetter und Salz auf der Straße für ein stets sehr schmutziges Heck des Geparda. Beim Waschen sind Hochdruck-Lanze und Handarbeit angesagt – in Waschanlagen (auch solche ohne Führungsschienen) darf der Kleine nicht.
Testfahrten im Grenzbereich werden durch die reduzierte Motorleistung nur schwer möglich gemacht. Man erkennt in engen Kehren aber, wie der unter eine Tonne leichte Up beherrschbar über die Vorderräder schiebt. Sollte man es dennoch übertreiben, greift das serienmäßige ESP ein. An der Vorderachse wird ein Stabilisator der Spezialisten von H&R eingebaut, den Geparda auch im Up-Rennwagen des ADAC Junior Tourenwagen Cup einsetzt.
Wir biegen ab, folgen dem großen blauen Wegweiser in Richtung Autobahn. Wie bei Ortsausfahrten ist hier die vom Steuergerät reduzierte Motorleistung zu spüren. Dritter Gang, Tempo 50 und Vollgas – sanft nimmt der Gepards Fahrt auf. Hochschalten hilft minimal, um die niedrigeren Drehzahlregionen auszunutzen. Es ist aber ratsam, den Beschleunigungsstreifen beim Namen zu nennen und ihn bis zum Ende auszunutzen. Dann rollt man entspannt im Verkehr mit. Rauf auf Tempo 100 und gar 110 (also bis knapp vor Vmax) geht es ohne Leistungsabfall.
Auf den, zumeist tempolimitierten, Autobahnen ist man kaum langsamer als die restlichen Verkehrsteilnehmer, meist schwimmt man im Rudel der reichweitenhaschenden Elektroautos auf der rechten oder mittleren Spur mit. Knapp über fünf Liter Supersprit verbraucht der Geparda im Testalltag, liegt damit nur knapp über der Herstellerangab von 4,9 l/100km. Der 35 Liter große Tank reicht also im Alltag für ordentliche Reichweiten zwischen den Boxenstopps an der Zapfsäule.
Währenddessen sitzt man auf gewohnt bequemen Sitzen, die im Testwagen mit den nachträglich Karo-Bezügen des VW Up GTI bespannt wurden. Das Cockpit mit analogen Rundinstrumenten und Radio-Display zeigt sich, im Vergleich zum Serienmodell, unverändert. Eine Halterung samt USB-Anschluss auf dem Armaturenbrett erlaubt die Befestigung des eigenen Smartphones, das damit zur Infotainment-Schnittstelle wird.
Größeres Gepäck fährt (ausreichend gesichert) am besten auf der Rücksitzbank mit, das Kofferraumvolumen wird durch die zentrale Anordnung der Hinterräder und der Achskonstruktion stark beschnitten. Anders betrachtet: Trotzdem bietet der Geparda hier deutlich mehr Raum als viele der genannten Leichtfahrzeuge. Auf dem täglichen Weg in die Schule oder zum Sport-Training können zudem Geschwister und Freunde mitfahren.
Kein günstiger Spaß
Den möglichen Fahrgemeinschaften steht eine nicht unerhebliche Investition zuvor. 11.500 Euro kostet der Umbau eines VW Up zum Geparda, rund vier Wochen steht das Fahrzeug dafür in der Werkstatt. Dazu kommt der Preis eines Gebrauchtwagens. Zu Preisen um 10.000 Euro sollten sich gute Exemplare mit keiner zu hohen Laufleistung finden lassen. Ein Geparda kostet also als Gesamtfahrzeug ab rund 20.000 Euro. Ein Blick auf den Mitbewerber Ellenator zeigt: Auch beim Geparda könnte ich der Wertverlust in engen Grenzen halten. Wenn der Sohn oder die Tochter mit 18 Jahren ein „richtiges Auto“ fahren darf, dürfte das L5e-Mobil meist weiterverkauft werden.
„Unsere Kunden, die für ihre Kinder einen Geparda kaufen, sind nicht etwa wohlhabend, sondern meist ganz normale Menschen“, erklärt Geparda-Chef Holger Görtz. Eltern sichern mit dem Fahrzeug also die täglichen Wege ihres Nachwuchses ab, der dafür nicht auf Roller oder andere Zweiräder steigen muss (oder darf). Seit dem Start im Frühjahr 2024 haben H. Görtz und sein Team bereits 170 Geparda auf die Straße gebracht.
Service und Reparaturen soll jede Autowerkstatt, darunter auch ein VW-Vertragsbetrieb, durchführen können. Sollten die Allwetter-Reifen nach einem Wechsel verlangen, ist auch das problemlos möglich. Die Aufnahmepunkte für Wagenheber bleiben unverändert. Nach dem Umbau hat der Geparda mit einer Gebrauchtwagengarantie für den Zeitraum von 12 Monaten im Gepäck.
Fazit
Egal, ob man als Jugendlicher ein Beinahe-Dreirad wie den Geparda nun „cool“ oder „peinlich“ findet – der Auftritt ist auf jeden Fall „anders“. Das zeigen die Reaktionen der Menschen, wenn man mit dem umgebauten VW Up vor- oder vorbeifährt.
Dank der Zulassungs- und Führerscheinbestimmungen ist das L5e-Gefährt für Jugendliche eine wetterfeste und sicherere Alternative zum Roller, bietet aufgrund der PKW-Basis auch Vorteile im Vergleich zu Leichtfahrzeugen. Der Preis von rund 20.000 Euro ist hoch – liegt aber bei genauerer Betrachtung auf oder nur leicht über dem Niveau von Silence S04, Microlino und anderen L7e-Modellen.
Technische Daten
Geparda
- Antriebsart
- Benziner
- Antrieb
- Frontantrieb
- Abgasnorm
- EU5 / Zweiradklasse L
- Hubraum
- 999 ccm
- Anzahl und Bauform Zylinder
- 3 in Reihe
- Maximale Leistung kW / PS
- 15 kW / 20 PS
- Getriebe
- Fünfgang-Schaltgetriebe
- Tankinhalt
- 35 Liter
- Höchstgeschwindigkeit
- 111 km/h
- Norm-Verbrauch auf 100km
- 4,9 Liter
- Verbrauch real auf 100km
- 5,2 Liter
- Leergewicht
- 908 kg
- Länge / Breite / Höhe
- 3.600 / 1.643 / 1.484 mm
- Grundpreis
- ca. 20.000 Euro (Basisfahrzeug + Umbau 11.500 Euro)