Honda e (2020) Großer Stil auf kleiner Fläche

Der neue Honda e im ersten Fahrbericht mit Video-Review. Was kann der elektrische Kleinwagen?

Es ist ein Kunststück, dass den Japanern gelang. Der Honda e ist ein kleines, in den Augen mancher Betrachter „süßes“, Auto, ohne putzig oder albern zu wirken. Der Kleinwagen wirkt modern und klar gestaltet, bedient sich dabei ohne überbordender Retro-Elemente beim Design in der eigenen Markengeschichte. Hier steht die zeitgemäße Interpretation des ersten Honda Civic (1972 – 1979). Den Vergleich zum VW Golf I, den viele Medien ziehen, erlaubt sich der Autor keineswegs.

Der Honda e im Video

3,89 Meter kurz ist der Honda e, damit passt er hervorragend in das urbane Verkehrsgewühl. Allzu weit raus ins Grüne mag er auch gar nicht, denn das kompakte Format erlaubt keine Eskapaden bei der Batteriekapazität. 35,5 kWh Strom kann der Lithium-Ionen-Akku speichern, was die Reichweite laut WLTP-Norm auf 222 Kilometer bzw. 210 Kilometer mit den auf dem Testwagen montierten 17-Zoll-Rädern limitiert. Immerhin korrespondiert dieser Radius besser mit dem Fahrzeugformat als es im wesentlich größeren Mazda MX-30, ebenfalls mit 35,5 kWh, der Fall ist.

Das Kofferräumchen im Honda e nimmt mit bescheidenen 171 Litern den Wochenendeinkauf oder leichtes Gepäck auf. Davor präsentiert sich ein gemütlicher Innenraum mit tollem Loft-Ambiente. Dafür sind die verwendeten Stoffe und Farben verantwortlich, denn auch im Fond geht es eher eng zu. Immerhin ist die zweite Reihe gut erreichbar, denn auf dem Weg von der Studie zum Serienmodell wurde der Honda e zum praktischeren Fünftürer.
Im Cockpit wähnt man sich dagegen in einem Concept Car.

Großes Kino im Cockpit

Honda e Elektroauto Test Fahrbericht Video 2020

Hinter einem schicken Holzfurnier stehen drei Displays vor Fahrer und Beifahrer. Hinter dem Lenkrad versorgt ein 8,8 Zoll großes Display den Piloten mit fahrrelevanten Daten. Zwei Touchscreen-Monitore, jeder 12,3 Zoll groß, sind individuell belegbar. Damit nicht genug: Auf Fingerdruck kann man die beiden Anzeigen wechseln. Somit kann zum Beispiel der Beifahrer ein Navigationsziel eintippen und dann den Screen für die Routenführung nach links „schieben“.

Über einen HDMI-Anschluss in der Mittelkonsole kann man außerdem eine Gaming-Konsole anschließen, falls man sich während eines Ladestopps die Zeit vertreiben möchte.

Kameras statt Außenspiegel

Honda e Elektroauto Test Fahrbericht Video 2020

In den Ecken des Armaturenbretts sind weitere Bildschirme zu sehen. Sie übertragen die Bilder der Kameras, die anstelle von Außenspiegeln an den vorderen Türen montiert sind. Auf den Testfahrten wird klar: Die Position dieser Monitore ist ergonomischer als die Anzeige in den Seitenpaneelen des teuren Audi e-tron, man muss sich weniger stark umgewöhnen.

Kleine Striche im Bild zeigen den sonst vorhandenen toten Winkel, zum Beispiel beim Spurwechsel oder einem Überholvorgang, an und sorgen so für mehr Sicherheit. Auch der Innenspiegel dient als Anzeige für eine Kamera, was erneut mehr Spielerei als Sicherheitsgewinn ist. Ein Hebelzug genügt und man kann den Spiegel auf klassische Art und Weise nutzen.

So fährt sich der Honda e

Genug nach hinten blickt, fahren wir los. Schon auf den ersten Metern macht der Honda e viel Spaß. Der Elektromotor ist mit 113 kW (154 PS) im Advance-Paket ausreichend kräftig. 315 Newtonmeter Drehmoment haben mit dem kleinen e ein leichtes Spiel. Ungestüm wirkt der Japaner aber nie. Ebenso ausgewogen wie der Antrieb zeigt sich auch das Fahrwerk. Die Federung ist straff, aber nicht unkomfortabel.

Die Energierekuperation kann mit den Schaltwippen am Zweispeichenlenkrad gesteuert werden. Nach jedem Bremsvorgang wird die zurückgesetzt, warum auch immer. Anders, wenn man die Taste für das One-Pedal-Driving in der Mittelkonsole drückt. Dann rekuperiert der Honda stets auf maximaler Stufe, man kann nur mit der Steuerung des Fahrpedals zielgenau an Haltelinien oder der roten Ampel stoppen.

Außerhalb geschlossener Ortschaften beweist der kleine Honda seine Kurvenfreude. Eine 50:50-Gewichtsverteilung sorgt für saubere Radien und spielerisches Herausbeschleunigen aus dem Scheitelpunkt.

16,4 kWh Stromverbrauch je 100 Kilometer zeigt der Bordcomputer am Ende der Testfahrten an, die Zeit reichte leider nicht zum Leerfahren und Nachladen. Dieser Wert liegt unter dem WLTP-Normverbrauch von 17,8 kWh (mit 17-Zoll-Rädern), bei reinem Stadtverkehr mit geübtem One-Pedal-Fahren dürfte man mit Leichtigkeit auf unter 15 kWh / 100 km kommen.

Teurer als ein Mini

Honda e Elektroauto Test Fahrbericht Video 2020

Von Januar bis einschließlich August 2020 wurden in Deutschland gerade einmal 154 Honda e zugelassen, darunter auch die Vorführwagen der Händler. Die Verkäufe dürften je nach Verfügbarkeit leicht anziehen, wobei der e aber ein Nischenauto bleibt.

Die Preise starten bei 33.850 Euro (mit 19 Prozent Mehrwertsteuer) für das Basismodell mit 100 kW, der Testwagen kostet laut Liste 37.510 Euro. Davon sind 9.570 Euro Umweltprämie abzuziehen, aber diesen Vorteil haben andere E-Autos aus. So bleibt der Honda e ein gut gemachtes City-Car für Individualisten mit prallem Geldbeutel, die außerdem Geschmack beweisen. Dabei wirkt er weniger exzentrisch als der Mini, der außerdem zu sehr aus dem Leim geht.

Fazit zum Honda e

Honda e Elektroauto Test Fahrbericht Video 2020

Schickes Design, ein modernes und gleichzeitig intuitives Bedienkonzept und viel Fahrspaß. Der Honda e gefällt auf ganzer Linie. Der hohe Preis, der sogar über dem selbsternannten Premiumprodukt Mini Cooper SE liegt, trübt das Bild. Trotzdem ist der Honda cooler. Wer es sich leisten kann, beweist mit dem Honda e aber ein Gespür für den guten Auftritt. Mit viel Komfort und Luxus auf engem Raum verköpert der Honda e japanische Tugenden. Das erinnert nicht nur an den Civic der 1970er, sondern irgendwie auch an den ersten CRX.

Technische Daten

Honda e mit Advance-Paket

Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 113 kW (154 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment 315 Nm
Batterie 35,5 kWh Lithium-Ionen
Beschleuningung 0-100 km/h 8,3 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 145 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 17,8 kWh
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km 16,4 kWh (lt. Bordcomputer)
Reifenmarke und –format des Testwagens Michelin Pilot Sport 4 225/45 ZR17
Leergewicht 1.595 kg
Länge / Breite / Höhe 3.894 / 1.752 / 1.512 mm
Grundpreis 35.921 / 36.850 Euro (mit 16 / 19 Prozent MwSt.)
Testwagenpreis 36.564 / 37.510 Euro (mit 19 Prozent MwSt.)
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Daniel Przygoda, Bernd Conrad
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