Mini Cooper SE So fährt sich der Elektro-Mini

Der neue, elektrische Mini Cooper SE im ersten Fahrbericht mit Video-Review.

Mini will elektrisieren. Nicht nur die Modellpalette, sondern vor allem die Kunden. Mit dem neuen Mini Cooper Electric, dem etwas größeren Aceman und den E-Varianten des zum kompakten SUV gewachsenen Countryman bietet die BMW-Tochter mit britischen Wurzeln das gesamte Portfolio als Elektroautos an.

Der neue Mini Cooper im Video

Dabei folgen auch die Mini-Modelle der Konzernstrategie und setzen auf unterschiedliche Antriebslösungen. Den Mini Countryman gibt es auch als Benziner. Parallel zur Premiere des neuen Mini Cooper Electric wurde das bisherige Modell mit Verbrennungsmotoren umfassend überarbeitet und optisch an den Neuling angeglichen. Auch Fünftürer und Cabrio folgen mit dem entsprechenden Facelift. Einzig der fünftürige Mini Acemann wird ausschließlich elektrisch angeboten.

Für Entwicklung und Produktion der neuen Elektro-Generation ist BMW eine Partnerschaft mit dem chinesischen Konzern Great Wall Motor eingegangen. Das Joint Venture mit dem Namen Spotlight Automotive sitzt im weitläufigen Speckgürtel der Megacity Shanghai. Aus China wird der neue Mini Cooper Electric auch zu uns exportiert. Später soll zusätzliche eine Produktion im britischen Oxford starten.

Nicht mehr "mini", aber klein

Optisch folgt der neue Mini Cooper Electric dem über vier Generation evolutionierten Markendesign. Der Verzicht auf einen Verbrenner bringt dabei neue Möglichkeiten für die Konstrukteure, die Räder noch weiter in die Ecken der 3,86 Meter langen Karosserie zu drücken. Die runden Scheinwerfer mit Tagfahrlicht-Ring sorgen ebenso für den optischen Schulterschluss zum Verbrenner-Modell wie die silberne Linie als Umrandung der Frontmaske anstelle des bekannten Kühlergrills.

Der aerodynamische Feinschliff ist an den jetzt bündig eingelassenen Türgriffen zu erkennen. Am Ende des auch weiterhin geraden Dachs zeigt der neue Mini Cooper Electric ein modernes Heck mit kleineren Leuchten. Hinter der Klappe wartet ein weiterhin recht überschaubarer Gepäckraum mit 210 Litern Volumen auf das Wochenendgepäck oder die Errungenschaften aus dem Supermarkt.

Digitale Schaltzentrale

Mini Cooper SE Fahrbericht Test Video 2024 Electric

Auch im Innenraum schafft der neue Mini den Spagat zwischen Retro-Charme und neuer Welt. Was 1959 auf Kostengründen mit einem zentralen Rundinstrument als Armatur begann, ist heute ein kreisrundes OLED-Display als zentrale Steuereinheit. Zusätzliche Instrumente hinter dem Lenkrad gibt es nicht, sofern man nicht das optionale Head-up-Display ordert. Dessen Informationen werden auf eine kleine Scheibe projiziert, sind daher – trotz Einstellmöglichkeit – nicht für alle Menschen gut ablesbar. Eine Spiegelung direkt auf die Scheibe dürfte aufgrund der Rundung im Glas nicht möglich gewesen sein. Der Ausguck nach vorne beschlägt übrigens am regnerischen Tag der Testfahrten ziemlich fix, kann nur mit der lauten Defroster-Funktion der Klimaanlage freigehalten werden. Ein Problem, dass sich der Mini mit manch anderen Elektroautos teilt.

Zurück zum Touchscreen in der Mitte des Armaturenbretts. Die teils überfrachteten Anzeigen laden dazu ein, sich ein paar Minuten mit der gebotenen Informationsfülle und den Menüs vertraut zu machen. Das Display reagiert schnell auf Berührungen und erlaubt das Blättern per Wisch- oder Druckbefehlen. Einige Icons, beispielsweise die zur Aktivierung der Sitzheizung aus dem Hauptmenü heraus, sind aber arg klein. Das lenkt beim Fahren über Gebühr ab.

Rezeptfrei beim Mini-Händler

Mini Cooper SE Fahrbericht Test Video 2024 Electric

Volle Aufmerksamkeit nach dem Dreh des Start-Knubbels (nehmt das, all´ ihr profanen Knöpfe!) verdient nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern auch der Nucleus accumbens. Im Belohnungszentrum des Gehirns wird eine ordentliche Portion Dopamin ausgeschüttet, wenn man mit dem neuen Mini Cooper SE unterwegs ist.

Das „S“ im Modellnamen kennzeichnet die stärkere von zwei Varianten. Ein Elektromotor mit 160 kW (218 PS) treibt die Vorderräder an (Dauerleistung 65 kW), bestromt wird er aus einem von SVOLT zugelieferten LFP-Akku mit 49,2 kWh netto nutzbarer Speicherkapazität (brutto 54,2 kWh). In 6,7 Sekunden soll der SE aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen und eine Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h erreichen. Der Mini Cooper E hat im Peak 135 kW (184 PS) und muss mit einem netto 36,6 kWh (brutto 40,7 kWh) großen Akku auskommen.

Wir sind auf einer herrlich kurvigen Bergstrecke außerhalb Barcelonas unterwegs. Die Lackfarbe „Sunny Side Yellow“, die unseren Testwagen schmückt, widersetzt sich optisch dem Dauerregen. Umstände, mit denen der elektrische Dreitürer spielend fertig wird.

Auch im „Core“-Fahrmodus mit ausgewogener Abstimmung der einzelnen Komponenten zerrt das Drehmoment von 330 Newtonmetern derart kräftig an den Vorderrädern, dass diese auch am Ausgang einer schnellen Kurve bei rund 70 km/h kurz über den nassen Asphalt wischen. Schnell setzt die Traktionskontrolle ein und erledigt ihre Arbeit auf ausgewogene Art und Weise. Einen gefühlten Keil wirft dir der elektronische Anker nicht zwischen die Beine.

Maximales Mini-Feeling soll der Go-Kart-Fahrmodus bieten, den man – wie alle Fahrmodi über den „Mini Experiences“-Kippschalter in der Mittelkonsole aktivieren kann. Jetzt wird der Dreitürer maximal angriffslustig, reagiert spitz auf Bewegungen im rechten Fuß. Die direkte Lenkung erlaubt direkte Manöver ohne großen Korrekturbedarf. Auf öffentlichen Straßen ist es nur schwer möglich, den Fronttriebler zu starkem Untersteuern zu überreden, unbeirrt folgen die Räder einer unsichtbaren Linie. Das fühlt sich alles sehr Mini-esque an.

Viel Arbeit steckt auch im Fahrwerk des knapp 1,7 Tonnen schweren Elektro-Kleinwagens. Es bietet stets eine ausreichende Rückmeldung von der Asphaltoberfläche und bringt dich als Fahrer damit nicht nur physisch nah an die Straße. Trotzdem schlucken Feder und Dämpfer auch grobe Belastungen, beispielsweise zu schnell überfahrene Wurzelaufbrüche, anstandslos und ohne ein Durchschlagen in den Innenraum. Kurze Anregungen, wie sie von Querfugen oder kaum sichtbaren Bodenwellen hervorgerufen werden, mag der neue Mini jedoch weniger gerne. Es dauert stets einen Moment, bis die Karosserie danach zur Ruhe kommt. Zum leisen Elektroantrieb passt die gute Akustik-Dämmung. Abrollgeräusche sind nicht zu vernehmen, der Wind zerrt sehr zurückhaltend an A-Säulen und Außenspiegeln.

Kurvenhunger und Stromdurst

Mini Cooper SE Fahrbericht Test Video 2024 Electric

Als großer Mensch würde man sich bei der Kurvenhatz einen Fahrersitz mit etwas größerer Auflage für das Gesäß wünschen, auch dürfte die Lehne gerne einen Hauch mehr Seitenhalt bereitstellen. Das Platzangebot in der ersten Reihe gibt keinen Anlass zur Kritik. Dank schmaler Mittelkonsole eckt das Knie nicht an, zudem ist der Fußraum trotz Frontantrieb ausreichend lang. Den Mini-Fond hinter dem 1,92 Meter großen Autor betrachten wir heute mal als Erweiterungsmöglichkeit für das Gepäckfach im Heck und empfehlen jungen Familien ungesehen eher den fünftürigen Mini Aceman.

22 Kilowattstunden Strom je 100 Kilometer zeigt der Bordcomputer am Ende des Testtages als durchschnittlichen Verbrauch an. Die recht umständlich über den Touchscreen (oder per Mini Experience) steuerbare Energie-Rekuperation haben wird nicht maximal ausgereizt und waren meist im „Timeless-Modus“ unterwegs. Er soll an den alten Mini aus 1959 erinnern. Das Innenraum-Geräusch während der Fahrt schafft das nur bedingt, spaßig ist aber das künstliche, aber dennoch dezent gehaltene, Leerlauf-Gebrummel über die Lautsprecher.

Nach WLTP-Norm soll der Mini Cooper SE eine Reichweite von bis zu 402 Kilometern bieten, sofern man sich auf dem Niveau des Prüfstand-Verbrauchs von 14,1 bis 14,7 kWh / 100 km bewegt. Legt man den oben genannten Verbrauch am Tag der eiligen Probefahrten zugrunde, reicht der Saft in den Zellen gerade einmal für 223 Kilometer.

Weniger zackig zeigt sich der elektrische Mini am Schnelllader. Da reicht schon der Blick ins Datenblatt (ein eigener Alltagstest mit Überprüfung der Ladeleistung steht noch aus). Maximal 95 kW erreicht der Mini Cooper SE über den CCS-Anschluss (Mini Cooper E mit kleinerem Akku: 75 kWh). Zulieferer SVOLT traut seinen Lithium-Eisenphosphat-Akkus leider noch immer keine höheren Ladeleistungen zu. Die meisten Elektro-Minis dürften über Nach an der Wallbox vor dem gutbetuchten Vorort-Haushalt Strom nuckeln. Hier fließt der Strom über drei Phasen mit 11 kW.

Günstiger, aber teuer

Mini Cooper SE Fahrbericht Test Video 2024 Electric

Damit kommen wir zum Preisgefüge des neuen Mini Cooper Electric. Die gute Nachricht vorweg: Die neue Generation wurde nominell günstiger als der in Großbritannien gebaute Vorgänger, der zuletzt bei 37.300 Euro startete. Jetzt geht es beim Mini Cooper E mit 32.900 Euro los.

Der stärkere Mini Cooper SE mit größerem Stromspeicher kostet mindestens 36.900 Euro. Wie gewohnt erlauben Preisliste und Konfigurator eine überbordende Auswahl an Individualisierungsmöglichkeiten. Zusätzlich zu den einzelnen Ausstattungslinien mit den Namen Essential Trim, Classic Trim, Favoured Trim und John Cooper Works Trim gibt es Optionspakete, Lackombinationen und viele weitere Extras.

Unser Testwagen im Classic Trim bringt eine lange Liste an verbauten Sonderwünschen mit, die größere 18-Zol-Räder, ein Dach in weißer Kontrastfarbe sowie das „Paket XL“, u.a. mit Harman/Kardon-Soundsystem, Panorama-Glasdach und elektrisch verstellbare Vordersitze mit Memory-Funktion beinhaltet. Das sorgt für einen Maxi-Listen-preis von heftigen 48.680 Euro.

Die Konkurrenz

Mini Cooper SE Fahrbericht Test Video 2024 Electric

Auch in neuer Elektro-Generation entzieht sich der Mini Cooper einem klassischen Konkurrenzkampf. Als E-Gegner könnte man den Abarth 500 oder den bald startenden Renault 5 bzw. die davon abgeleitete Alpine A290 zählen. Der Kreis der kompakten Spaßautos lässt sich, unabhängig vom Antriebskonzept, aber auch auf Modelle wie den Roadster Mazda MX-5 ausweiten. Individualisten mit Vorliebe für Elektromotoren und ohne Platzbedarf im Fond könnten, wenn wir mal bei der japanischen Marke bleiben, auch zum MX-30 schielen. Dieses Crossover-Modell ist aber deutlich größerer als der Mini Cooper und bietet nicht ansatzweise dessen fahrdynamisches Potenzial – zudem ist die Reichweite des Mazda noch geringer als die des deutschen China-Briten.

Fazit

Mini Cooper SE Fahrbericht Test Video 2024 Electric

Der neue Elektro-Mini folgt der Lehre von Modell und Marke. Er ist ein fahraktiver Premium-Kleinwagen zum stolzen Preis. Der E-Antrieb passt mit Antrittsstärke und niedrigem Schwerpunkt hervorragend zum Mini-Konzept. Das Interieur gefällt mit guter Materialauswahl und stimmiger Verarbeitungsqualität.

Die überschaubare Reichweite schränkt den Radius der Fahrspaßmaschine ein. Schade, dass zusätzlich die knappe Ladeleistung über den CCS-Anschluss einen Sonntagsausflug in die Berge vermiest. Hier dürfte der Akku-Lieferant gerne nachbessern.

Technische Daten

Mini Cooper SE

Antriebsart Elektro
Antrieb Frontantrieb
Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 160 kW (218 PS)
Elektromotor: Nennleistung KW 65 kW (88 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment 330 Nm
Batterie 54,2 kWh brutto / 49,2 kWh netto
Batterie: Typ LFP (Lithium-Eisenphosphat)
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) 95 kW
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) 11 kW (dreiphasig)
Beschleuningung 0-100 km/h 6,7 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 170 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 14,1 - 14,7 kWh
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km 22 kWh (lt. Bordcomputer)
Kofferraumvolumen 210 - 800 Liter
Leergewicht 1.680 kg
Länge / Breite / Höhe 3.858 / 1.765 / 1.460 mm
Basispreis Baureihe 32.900 Euro
Basispreis Modellvariante 38.050 Euro
Testwagenpreis 48.680 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Matthias Gill, Bernd Conrad