Renault Twingo Electric 2020 Die große, kleine Sache

Der neue Renault Twingo Electric im ersten Fahrbericht mit Video-Review.

Das war schon eine große, kleine Sache damals. Als der erste Renault Twingo im Jahr 1993 das Licht der Welt erblickte, galt er mit seinem funktionalen One-Box-Design und dem Kulleraugenblick vom Start weg als Kult-Kleinwagen, nicht nur mit dem großen Faltdach. Unnützes Wissen nebenbei: Die Grundform des Microvans entstand ursprünglich in Polen für einen möglichen Nachfolger des Fiat 126, wurde dann aber von Renault übernommen.

Der Twingo Electric im Video

Mit dem ersten Modellwechsel verließ die Franzosen die Inspiration zum Einzigartigen, der Twingo parkte in der Belanglosigkeit. Dann wurde das Marktumfeld rauer, die Margen schrumpften. Ohne Kooperationspartner konnte Twingo Nr. 3 nicht realisiert werden. Der dann erstmals fünftürige kleine Franzose wurde ein technischer Zwilling des Smart Forfour.

Mit Heckmotor und -antrieb kam neuer Geist in den Twingo, mit seinem frischen Design zog er mehr Aufmerksamkeit an sich als der arg ernsthafte Forfour. Letzteren gibt es seit einiger Zeit nur noch elektrisch, während der Renault Twingo weiterhin mit Benzinmotoren zu haben ist.

Größere Batterie als Smart Fofour

Renault Twingo Electric Test Fahrbericht

Zusätzlich bringt Renault Ende 2020 aber auch den Twingo Electric zu den Händlern, die sich über einen kleinen Bruder des erfolgreichen Zoe freuen können. Auch der elektrische Twingo teilt sich den Unterbau mit dem maximal 60 kW (82) starken Elektromotor mit dem Smart. Bei der Batterie geht Renault aber eigene Wege.

Ein wassergekühlter Lithium-Ionen-Akku von LG Chem ist das starke Kaufargument für den Renault Twingo Electric im Vergleich zum Smart Forfour. Der bietet 17,6 kWh Speicherkapazität, die Batterie des Twingo, unter den Vordersitzen am Fahrzeugboden montiert, immerhin 21,4 kWh. Diese knapp vier kWh können im urbanen Alltag den kleinen, aber feinen Unterschied bei der ständigen Suche nach einer Ladesäule machen.

Beim reinen Stadtverkehr mit vielen Rekuperationsphasen und niedrigeren Geschwindigkeiten verspricht die Norm für den kleinen Elektro-Renault bis zu 270 Kilometer Reichweite, im kombinierten Betrieb 190 Kilometer. Das deckt sich mit den Erfahrungen auf der ersten Probefahrt. Innerorts und auf Landstraßen bewegt pendelt sich die Reichweitenanzeige im Auto bei knapp unter 200 Kilometern ein. Renault verspricht einen Verbrauch von 16,0 – 16,3 kWh je 100 Kilometer ohe Berücksichtigung von Energierekuperation.

Die gelingt mit einem Zug am Wählhebel des Eingang-Reduktionsgetriebes in drei Stufen bis hin zum One-Pedal-Feeling. Im Modus „B3“ kann man den Twingo Electric zielsicher bis an die Haltelinie bugsieren, muss nur die allerletzten km/h mit einem Tritt auf das Bremspedal stoppen.

Nur 8,6 Meter Wendekreis

Im engen Stadtverkehr und beim Zirken in und aus engen Parklücken kommt der Vorteil des Heckantriebs in Form von nur 8,6 Metern Wendekreis zum Tragen. Moderat gefahren fällt auch das Meergewicht des Twingo Electric im Vergleich zu seinen Benziner-Brüdern nicht auf. Das Battriepaket wiegt 165 Kilogramm, womit der Twingo die Marke von einer Tonne beim Leergewicht um eben diesen Betrag reißt.

Mit 160 Newtonmetern Drehmoment beschleunigt der Elektromotor den Renault ausreichend kräftig, maximal läuft er 135 km/h schnell. Dann schrumpft die Reichweite natürlich. Für Autobahndüserei will sich der Twingo aber gar nicht hergeben, das zeigt schon der fehlende CCS-Anschluss. Warum denn auch, ein Anstöpseln an den Schnelllader würde den 21,4 kWh-Akku gehörig stressen.

Immerhin verträgt der Twingo Electric 22 kW Ladeleistung mit Wechselstrom. Dann ist der Akku nach einer Stunde Standzeit laut Hersteller zu 84 Prozent aufgeladen. An einer 11 kW-Wallbox parkt man zwei Stunden und zehn Minuten.

Während der Fahrt muss man sich je nach Körpergröße und Sitzposition mit dem nur höhenverstellbaren Lenkrad arrangieren, die Vordersitze bieten aber auch für große Menschen ausreichend Komfort. Das kann man vom naturgemäß engen Fondbereich nicht behaupten. Als Kindergarten- oder Schulshuttle dürfte sich der Twingo Electric aber gut beweisen. Dann reichen auch die 219 Liter Kofferraumvolumen aus, die sich bei Bedarf um Umklappen der Rücksitzlehnen auf 980 Liter erweitern lassen.

Das kostet der Twingo Electric

Renault Twingo Electric Test Fahrbericht

Zum Marktstart Ende 2020 kommt der Renault Twingo vorerst nur als gut ausgestattetes Sondermodell mit dem Namen „Vibes“ zum Preis von 25.666,21 Euro (mit 16 Prozent Mehrwertsteuer) zu den Händlern. Die Autos sind mit zusätzlichen Optionen vorkonfiguriert, später kostet die Sonderserie ab 24.165 Euro. Der Vorteil dieser Strategie: Der Renault Twingo Electric soll seine Kunden nicht mit Lieferzeiten frustrieren, er ist dann umgehend verfügbar.

2021 bringt Renault dann die regulären Versionen mit unterschiedlichen Ausstattungslinien auf den Markt, der Basispreis eines Renault Twingo Electric Life soll dann bei circa 21.000 Euro liegen. Zieht man dann den seitens des Importeurs auf glatte 10.000 aufgerundeten Umweltbonus ab, steht der Elektro-Kleinwagen für 11.000 Euro vor der Haustür.

Fazit

Renault Twingo Electric Test Fahrbericht

Mit Elektroantrieb zieht endlich wieder ein kultiges Image in den Renault Twingo ein. Der leise und druckvolle Antrieb passt sehr gut zum fünftürigen Kleinwagen, der sich vor allem im Stadtverkehr prima schlägt. Dann reicht die Batteriekapazität aus, der kleine Wendekreis sorgt für Fahrspaß anstelle vom Rangierstress. Damit ist er wieder eine große Sache im kleinen Format.

Technische Daten

Renault Twingo Electric

Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 60 kW (82 PS)
Elektromotor: Nennleistung KW 31 kW (42 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment 160 Nm
Batterie 21,4 kWh Lithium-Ionen
Beschleuningung 0-100 km/h 12,6 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 135 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 16,0 - 16,3 kWh
Leergewicht 1.168 kg
Anhängelast (gebremst) n/a
Länge / Breite / Höhe 3.615 / 1.646 / 1.541 mm
Grundpreis 25.666,21 Euro (Sondermodell Vibes mit Vorkonfiguration)
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Matthias Gill, Bernd Conrad