Kompakter Kombi mit Boxermotor und Allradantrieb: Subaru Levorg.
Es gibt sie noch, die Menschen ohne Drang zum SUV. Die ein Auto mit genug Platz für die junge Familie wollen, das sowohl ins Carport vor dem Reiheneckhaus wie auch ins Haushaltsbudget passt. Die aber dennoch Wert darauflegen, ein bisschen anders zu sein als die Anderen (alleine deswegen könnte man dieser Tage ja schon kein SUV mehr kaufen).
Diese Klientel wurde einige Zeit lang mit dem Skoda Octavia gut bedient. Genügend Raum für Kind und Kegel, das sich wandelnde Image der Marke und günstige Preise machten den Tschechen zur Erfolgsgeschichte. Die dazu führte, dass es 2017 wohl über 60.000 in Deutschland neu zugelassene Octavias geworden sein müssen. Wie war das noch mit dem individuellen Auftritt?
Als Antwort auf diese Frage biegt der Subaru Levorg ums Eck. Seit Sommer 2015 wird der im Format mit dem Octavia vergleichbare, also zwischen Kompakt- und Mittelklasse positionierte Kombi in Deutschland angeboten. Ganze 1.619 Levorg wurden seitdem zugelassen.
Liegt es am Produkt? Das gilt es herauszufinden. Zum Alltagstest rollt der für das Modelljahr 2018 frisch geliftete Levorg mit einem 1,6 Liter großen Turbo-Benziner an. Da gibt es auch keine Diskussion, denn dieser Antrieb ist die einzige Option auf dem europäischen und somit auch auf dem deutschen Markt.
Optisch tritt der Subaru Levorg großspurig auf. Das Gesicht hat er in den Grundzügen vom WRX STI übernommen, inklusive der dominanten Lufthutze auf der Motorhaube. Die stempeln aber nur Subaru-Laien als Effekthascherei ab.
Eingeweihte wissen: Natürlich folgt auch der Levorg dem Markenprinzip und hat einen Boxermotor zwischen den Vorderrädern. Dessen vier Zylinder liegen sich horizontal gegenüber, was den Schwerpunkt des Autos schön weit nach unten bringt. Turbolader und Ladeluftkühler müssen somit nach oben ausweichen, weshalb die dafür nötige Frischluft eben durch die Öffnung in der Motorhaube eingeatmet wird.
Mit den im Levorg Sport serienmäßigen 18-Zoll-Felgen, den großen Seitenschwellern und den tiefen Stoßfängern an Front und Heck bringt der japanische Kombi ein bei anderen Marken optionales Aerodynamik-Paket gleich mit.
Kann der kleine Motor das optische Versprechen einlösen? Mit 170 PS und 250 Nm maximalem Drehmoment verspricht er auf dem Papier eine zwar ordentliche, aber nicht bissige Performance. Zögern kommt bei manchen potenziellen Kunden dann zudem unter dem Punkt „stufenloses CVT-Automatikgetriebe“ in den technischen Daten auf.
Genug Spannungsbogen, lassen wir die Katze aus dem Sack. Und die fliegt ganz schön schnell und ganz schön weit. Denn auch nach über 1.400 Testkilometern ist es immer noch überraschend, vergnüglich und überraschend vergnüglich, wie gut der Subaru Levorg im Futter steht. Das stufenlose Getriebe profitiert von den versammelten 250 Nm Drehmoment, die turbotypisch über ein breites Drehzahlband, ganz genau zwischen 1.800 und 4.800 Umdrehungen pro Minuten, anstehen.
Eine adaptive Steuerung in der Automatik erkennt zudem, wenn es der Fahrer eiliger hat. Dann bedient sich die Box auch im automatischen Modus ihrer sieben virtuellen Schaltstufen, eine mehr als vor dem Modelljahrgang 2018.
Bei schwerem Gasfuß dreht der Vierzylinder bis 6.500 Umdrehungen, die Geschwindigkeit baut sich dann auch relativ zügig auf, mehrmals schaltet das Getriebe dann in eine andere Fantasieübersetzung und minimiert den typischen Gummibandeffekt seiner Artgenossen. Den bekommt man nur bei sachtem Gasfuß, dann verharrt die Nadel des Drehzahlmessers bei 2.000 U/min und der Levorg nimmt auf dem Drehmomentgipfel des Turbos Fahrt auf.
Das straffe Fahrwerk, die seitenhaltstarken Sportsitze und die ausreichend direkte Lenkung wirft der Subaru mit in die Waagschale. Der ganze Kombi fühlt sich an wie ein eng geschnürter Sportschuh, gibt die Unterstützung die man braucht, aber nicht mehr als nötig. Herrlich.
Einzig die schräg stehende Lenksäule, die bedingt, dass die linke Seite den Volants weiter vom Fahrer weg ist als die rechte, irritiert gehörig. Daran gewöhnt man sich aber mit der Zeit.
Der Boxermotor empfiehlt sich durch seine Vibrationsfreiheit im Innenraum. Auch die Laufruhe überzeugt, zudem wird der Levorg mit dem neuen Jahrgang vollständig mit Kunstfaservlies gedämmt. Erst über 3.500 Umdrehungen erhebt der Vierzylinder seine Stimme, hämmert dann sein eigenes Klangbild in die Ohren der Passagiere.
Nach längeren Autobahntouren, bei denen der Subaru Levorg durchaus fidel bis Tempo 190 beschleunigt und erst dann bis zur Höchstgeschwindigkeit von 210 Stundenkilometern zäh wird, fließen 12,5 Liter Super pro 100 Kilometer in den Tank. Das ist für einen aufgeladenen Benziner nicht zu viel.
Leider sinkt der Durst des Boxers aber auch bei zurückhaltender Fahrweise und langen Landstraßenstrecken nicht merkbar, womit über den gesamten Testzeitraum die zu hohe Zahl 10,8 für den Durchschnittsverbrauch auf dem Taschenrechner erscheint.
Ein Teil des Verbrauchs dürfte natürlich auch dem serienmäßigen Allradantrieb geschuldet sein. Der Subaru Levorg treibt permanent alle vier Räder an und sorgt damit für ein wirklich narrensicheres Fahrverhalten, selbst im rutschigen Schnee-Eis-Matsch. Das dient nicht nur dem Fahrspaß, sondern in erster Linie der Fahrsicherheit, denn zu Über- oder Untersteuern lässt sich der Kombi nicht mal provozieren.
Der Pilot blickt auf gut ablesbare Analoginstrumente und eine ganze Armada an Displays. Der sieben Zoll große Touchscreen beherbergt ein Audiosystem mit DAB und CD-Player sowie ein Navigationssystem, dessen Kartendarstellung nicht mehr dem neuesten Stand entspricht. Die Sprachsteuerung funktioniert auch bei komplizierten Adresseingaben aber stets zuverlässig.
Auf dem Cockpit thront ein weiteres Display, das neben dem Bordcomputer auch das Bild einer neuen Frontkamera anzeigt. Sie sitzt im Kühlergrill und hilft beim Einparken. Zusammen mit der Rückfahrkamera vor allem dann, wenn wie im Testwagen zwar diese beiden Linsen ab Werk verbaut sind, aber nicht die im Zubehör des Importeurs erhältlichen Einparksensoren mit akustischer Rückmeldung.
Auch den Innenspiegel kann man im Subaru Levorg Sport in ein Display verwandeln. Eine Kamera hinter der Heckscheibe wirft ihr Bild darauf. Eine überflüssige Spielerei? Das verneint, wer schon mal mit drei Passagieren auf der Rücksitzbank oder hoch beladendem Kofferraum unterwegs war. Dann sollte er oder sie aber besser nach vorne sehen und scharfe Bremsmanöver vermeiden, denn die Ladung könnt nach vorne kippen. Ein Trennnetz gibt es leider ebenso wenig wie ein entsprechendes Gitter in der Zubehörliste.
Schade, denn sonst wurde das 522 Liter Ladeabteil gut durchdacht. Unter dem Ladeboden, der mit der Ladekante auf einer Höhe liegt, finden sich zwei Staufächer, wovon eines prima für den Wochenendeinkauf taugt. An den Seiten halten Netze kleinere Gegenstände ebenso fest wie zwei Haken Taschen und Tüten. Per Fernentriegelung fallen sie jetzt im Verhältnis 40:20:40 geteilten Rückbanklehnen nach vorne und ergeben eine topfebene Ladefläche. Dann stehen maximal 1.446 Liter Kofferraumvolumen zur Verfügung.
Dieser Wert ist allenfalls Durschnitt, wie auch der Knieraum im Fond. Während die Füße viel Platz unter den Vordersitzen haben, kommen die Knie schnell mit diesen in Kontakt. 2,65 Meter Radstand beim Levorg sind spürbare vier Zentimeter weniger als beim Skoda Octavia.
Den unterbietet der Subaru aber überraschenderweise auch beim Preis. Als Trend-Modell gibt es den Levorg ab 29.990 Euro. Dann sind bereits das rein kamerabasierte und damit wetterfühlige Eyesight-Assistenzsystem, Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer mit Kurvenlicht und vieles mehr dabei. Der Testwagen mit der Ausstattungsversion Sport bringt für 37.200 Euro alles mit, was die Regale in Japan hergeben: 18-Zöller, Schiebedach, Navigationssystem, Lederausstattung sowie Spurhalte- und Querverkehrsassistent.
Ein ähnlich ausgestattetet Skoda Octavia Style 1.8 TSI 4x4 mit 180 PS und DSG kostet inklusiver dort optionaler und beim Levorg vorhandener 5-Jahres-Garantie (bei Subaru bis 160.000 Kilometer Fahrleistung, bei Skoda als Anschlussversicherung wählbar bis z.B. 150.000 Kilometer) ca. 1.500 Euro mehr.
428 der eingangs erwähnten 1.619 Subaru Levorg wurden von Januar bis November 2017 in Deutschland zugelassen. Nach zwei spaßigen Wochen mit dem extrovertierten Kombi ist klar: am Produkt liegt die kaum vorhandene Verbreitung nicht. Ein bisschen verquer ist er, der Levorg – und genau dafür muss er geliebt werden.
Die sanfte Auffrischung für das Modelljahr 2018 sollte ein paar neue Vorführwagen in die Autohäuser der Marke schaufeln. Wenn man es dann schafft, die SUV-Verweigerer unter den Familienvätern und -müttern zur ausgiebigen Probefahrt im Levorg zu motivieren, sollten es doch im Jahr 2018 ein paar mehr verkaufte Autos werden können.
Alle, die anders sein wollen als ihre Nachbarn, Kollegen und Bekannten, können auch gerne diesen Bericht zum Anlass nehmen, einmal über Kombifahrspaß mit sechs Sternen im Logo nachzudenken.
Bei dem die Lufthutze nicht nur Atemluft zieht, sondern sich auch wunderbar dafür eignet, Vorurteile zu schnupfen.
Unter der Bildergalerie findet Ihr das AUTONOTIZEN-Video zum Subaru Levorg und die technischen Daten.
Technische Daten
Subaru Levorg 1.6 GT Sport |
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Hubraum | 1.600 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | Vierzylinder-Boxermotor |
Maximale Leistung kW / PS | 125 kW / 170 PS bei 4.800 - 5.600 U/min |
Max. Drehmoment | 250 Nm bei 1.800 - 4.800 U/min |
Getriebe | stufenlose Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 8,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 210 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 7,2 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 10,8 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Dunlop Winter Sport 5 225/45 R18 |
Leergewicht | 1.596 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.690 / 1.780 / 1.485 mm |
Grundpreis | 37.200 Euro |
Testwagenpreis | 37.760 Euro |