Der neue VW Caddy im ersten Fahrbericht. Dazu im Video: Vergleich mit dem Vorgänger und dem Opel Combo Life.
Es gibt Momente im Leben, da steht man am Scheideweg. Bei der Wahl des Autos passiert das meist mit der Geburt des zweiten, spätestens mit dem dritten Kind. Oder wenn man Spaß am SUPpen, Gleitschirmfliegen oder sonstigem Hobby findet.
Ein Teil der Autofahrer und Autofahrerinnen greift dann zum SUV, die anderen zum Großraumvan in Form eines VW Multivan oder einer Mercedes V-Klasse. Dabei könnte man auch mal offener denken. Sozial akzeptierter als das SUV und weniger überdimensioniert als der Bus – geht das? Jetzt kommt die Klasse der Hochdachkombis ins Spiel.
Der neue Caddy im Video
Die aufgerüschten PKW-Versionen kleiner Lieferwagen bringen viel Platz und praktische Schiebetüren mit, einzig der Coolness-Faktor fehlt. Wer damit also leben kann, bekommt von VW jetzt den neuen Caddy angedient. Endlich, mag mancher treuer Kunde sagen. Auch wenn zwei Facelifts für Abwechslung sorgten, so war die vierte Caddy-Generation nach ihrer Premiere 2003 doch über 16 Jahre im Programm.
Der neue VW Caddy 5 gleicht dann auch durchaus einem Quantensprung. Er basiert auf dem aktuellen MQB-Evo, trägt also die Gene von VW Golf 8, Seat Leon und Co. in sich. Volkswagen Nutzfahrzeuge hat aber Hand an die Fahrwerkskonstruktion gelegt, der neue Caddy hat eine Starrache mit Schraubfedern an der Hinterachse. Sie baut sehr flach und sorgt damit für einen weiterhin großen, praktischen Lade-, Gepäck- oder Passagierraum.
Neuer und alter Caddy im Vergleich
Zur ersten Testfahrt mit dem neuen VW Caddy haben wir den Vorgänger mitgebracht. Im direkten Vergleich der beiden Generationen fällt schon der optische Unterschied auf. Der neue Caddy wirkt mit seiner flachen Front und den LED-Scheinwerfern entschlossener. Innen liegen Universen zwischen den beiden Modellen. Der letzte Caddy trägt den Infotainmentmonitor noch auf Kniehöhe, das neue Modell fährt optional mit dem Innovision Cockpit vor. Heißt: Hinter dem Lenkrad blickt man auf digitale Instrumente, daneben steckt im Hochglanz-Rahmen das 10-Zoll-Infotainmentdisplay.
Bedienkonzept aus dem Golf 8
Das ist aus Golf und Co bekannt, inklusive der Bedienschrulligkeiten. Drehregler oder Tasten gibt es nicht mehr, der Slider für Temperatur- oder Lautstärkeeinstellung ist nachts unbeleuchtet. Leider brauch das ganze System auch in diesem Testwagen manchmal mehr als eine kleine Ewigkeit, um hochzufahren.
Praktische Schiebetüren
Höhe ist ein gutes Stichwort. Über 1,83 Meter misst der Caddy bis zum oberen Ende der Dachreling. Klar, dass das im Innenraum für großzügige Platzverhältnisse sorgt. Hinter den bequemen, optionalen ErgoComfort-Sitzen für Fahrer und Beifahrer entert man durch die praktischen Schiebetüren den Fond. Die Tore sind 70 Zentimeter breit, im längeren Caddy Maxi (der 2021 startet) 84 Zentimeter – es war das Ziel der Entwickler, dass bei der Cargo-Version Europaletten dann auch seitlich eingeladen werden können.
Die Rücksitzbank ist deutlich höher montiert als die Vordersitze. Das sorgt für eine entspannte Beinhaltung und eine tolle Aussicht, auch nach vorne. Der Verzicht auf drei Einzelsitze bringt außerdem wesentlich mehr Komfort, da man nicht so nah an der Türverkleidung hockt. Der ebenfalls zum Vergleich mitgebrachte Opel Combo Life zeigt genau dieses Problem.
Der Caddy als Familienfreund
Drei Isofix-Paare im Caddy nehmen es mit dem Nachwuchs auf, im Siebensitzer kann man sogar fünf Kindersitze arretieren. Spätestens jetzt gehen Multivan und V-Klasse die Argumente aus.
Bis zu 2.556 Liter kann der Caddy als Zweisitzer raumhoch laden, aber auch im Familienalltag gefällt der große Gepäckraum hinter der zweiten Reihe. Kinderwagen und Co. können einfach ins Auto hineingestellt werden. Leider ist eine Netztrennwand nur gegen Aufpreis zu haben – unbedingt mitbestellen! Die große Heckklappe schwingt weit auf, auch der 1,92 Meter große Autor kann unter ihr bequem stehen.
Plug-in Hybrid und CNG-Modell folgen
Auch hier zeigt der neue Caddy Vorteile im Vergleich zum Opel Combo Life. Dessen Klappe öffnet weniger weit nach oben, außerdem ist der Laderaum zerklüfteter und weniger ordentlich ausgeschlagen. Mehr dazu im Video zu diesem Artikel.
Zum Marktstart kommt der neue VW Caddy als TDI mit Twindosing auf den Markt. Unter dieser Bezeichnung versteckt sich die Abgasreinigung mit zwei SCR-Katalysatoren und doppelter AdBlue-Einspritzung. Zeitversetzt kommt ein Benziner, ein TGI für den Betrieb mit DNG (Erdgas) und auch ein Caddy eHybrid zum Händler.
Der Plug-in Hybrid dürfte den bekannten Antriebsstrang mit 1.4 TSI-Benziner und Elektromotor übernehmen, womöglich aber weniger als die aktuellen 204 PS Systemleistung von Golf eHybrid oder Skoda Octavia iV bieten. Dafür könnte man im Boden des Caddy dich gewiss ein paar kWh mehr Batteriekapazität für mehr Reichweite packen, oder?
Guter Fahrkomfort
Unsere erste Testfahrt findet mit dem Caddy 2.0 TDI mit 90 kW / 122 PS statt. Der Diesel ist an ein 7-Gang-DSG mit „Shift-by-wire“-Technologie gekoppelt, hat also keinen großen Wählhebel in der Mittelkonsole. Aktuell ist der TDI nur mit manueller Schaltung zu haben, weswegen das handgeschaltete Modell in den technischen Daten auftaucht.
Auch im Hochdachkombi kann das DSG ein leichtes Anfahrruckeln nicht verbergen, dann erledigen der Selbstzünder und die Zahnräder ihren Job aber mit Bravour. Die Leistung und 320 Newtonmeter maximales Drehmoment reichen auch für Spurteinlagen, mindestens aber für artgerechtes, entspanntes Reisen. Motor und Wind sind ausreichend gedämmt, die Geräuschkulisse im Innenraum wirkt keinesfalls „nutzfahrzeugig“.
2021 startet der Caddy California
Das gilt also, zumindest in der hier dargebotenen Vollausstattung, für das ganze Auto. Das aber immerhin einen Listenpreis von gut 40.000 Euro darstellt. Es hilft die Erkenntnis, dass der Caddy auch als Style damit deutlich günstiger als ein Multivan ist, gleichzeitig besser in Carport und Garage passt.
Jetzt kommt aber endlich das Camping-Argument ums Eck, den T6.1 gibt e doch als formidablen California! Stimmt. Aber auch hier will der Caddy eine kompaktere Alternative sein. 2021 startet der neue VW Caddy California als Freizeitmobil, optional dann auch mit Allradantrieb.
Fazit
Der VW Caddy bleibt auch in fünfter Auflage ein praktisches Familien- und Freizeitauto, das mehr kann als viele erwarten. Auf Basis des MQB-Evo bringt er die modernste Konzerntechnik mit und hebt sich bei Platzangebot und Fahrkomfort auch vom Wettbewerb ab.
Leider wird, zumindest mit dem Innovision Cockpit, auch beim Caddy die Bedienung teils kompliziert. Bei den Preisen bleibt er sich treu, ist deutlich teurer als Opel Combo Life und Co. Caddy-Fahrer wissen aber, dass ein Großteil des Mehrpreises beim Wiederverkauf zurückgeholt werden kann.
Technische Daten
VW Caddy Style |
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Hubraum | 1.968 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 90 kW / 122 PS bei 2.750 - 4.400 U/min |
Max. Drehmoment | 320 Nm bei 1.600 - 2.500 U/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe |
Beschleuningung 0-100 km/h | 11,2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 187 km/h (mit Sechsgang-Schaltgetriebe) |
Norm-Verbrauch auf 100km | 4,7 Liter (mit Sechsgang-Schaltgetriebe) |
Verbrauch real auf 100km | 6,2 Liter (laut Bordcomputer) |
Reifenmarke und –format des Testwagens | 215/55 R17 |
Leergewicht | 1.695 kg (mit Sechsgang-Schaltgetriebe) |
Anhängelast (gebremst) | 1.500 kg, Stützlast 75 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.500 / 1.855 / 1.833 mm |
Grundpreis | 33.297,80 Euro (mit Sechsgang-Schaltgetriebe) |