Der Hyundai Ioniq 5 N im ersten Check mit Sitzprobe!
Ein erstes Elektro-Modell der Submarke N auf Basis des Hyundai Ioniq 5 war kein Geheimnis mehr. Trotzdem sorgt die Premiere der E-Rakete für einige handfeste Überraschungen. Der neue Ioniq 5 bringt nicht nur mehr Leistung, sondern ein ganzes Feuerwerk an Neuheiten bei Soft- und Hardware.
Der Ioniq 5 N im Video
Schon auf den ersten Blick zeigt der Elektro-N, dass er kein gewöhnlicher Ioniq 5 ist. Nicht nur, wenn er in der typischen N-Farbe „Performance Blue“ lackiert wurde. Sie kann man erstmals in zwei Varianten als Matt- oder Metallic-Ausführung wählen. Neue Stoßfänger mit Aerodynamik-Feinheiten von Luftleitelementen vorne bis zum Diffusor am Heck lassen die Karosserie des Ioniq 5 N im Vergleich zu seinen schwächeren Brüdern um acht Zentimeter auf 4,72 Meter anwachsen. Außerdem ist das Sportmodell fünf Zentimeter breiter (1,94 Meter) und zwei Zentimeter (1,59 Meter) flacher.
Doppelte Leistung
Aktive „Air Flaps“ sorgen für eine bessere Kühlung der Bremsen, die an der Vorderachse 400 und hinten 360 Millimeter große Scheiben haben. Auf Karbon-Keramik-Bremsen haben die Ingenieure bewusst verzichtet, stattdessen die Rekuperation des Ioniq 5 tiefgreifend überarbeitet. Das zu später mehr, bleiben wir bei Stammtischwerten.
Die maximale Leistung des Hyundai Ioniq 5 hat sich bei der Transformation zum Elektro-N schlicht verdoppelt. Statt 239 kW (325 PS) beim Allradmodell mit großem Akku sind es jetzt 478 kW oder 650 PS, das maximale Drehmoment liegt bei 770 Newtonmetern. Damit übertrifft der Hyundai Ioniq 5 auch deutlich den Konzernbruder Kia EV6 GT (585 PS).
Der ist mit 260 km/h aber minimal schneller (zur Erinnerung: wir sind immer noch am Stammtisch), der Hyundai soll nach aktueller Planung „nur“ 258 km/h laufen. In 3,4 Sekunden (EV6 GT 3,5 Sekunden) geht es aus dem Stand auf 100 km/h.
Akku mit 84 kWh
Die Elektromotoren werden mit Energie aus einem größeren Akku bestromt. 84 kWh fasst die Batterie, bis zu 77,4 kWh sind es bei den schwächeren Ausführungen des Hyundai Ioniq 5. Geladen wird auch hier mit 800-Volt-Technologie, am Schnelllader soll der Ladezustand des Akkus in 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent zu hieven sein. Heckmotor, Batterie und Versteifungsmaßnahmen brauchen Platz. Aus diesem Grund sinkt das Kofferraumvolumen auf 480 Liter.
Weiter vorne gibt es gewohnt üppige Platzverhältnisse im Leder-Alcantara-Interieur (Stoff-Leder wird es auch geben, aber keinen tierfreien Bezug). Die Sportsitze mit integrierten Kopfstützen sind neu. Auf ihnen sitzt man etwas tiefer und damit besser integriert. Der Ioniq 5 N ist weniger rollende Lounge als die anderen Modelle der Baureihe. Fahrer und Beifahrer stellen ihr Mobiliar wie im Kia manuell ein.
Neu ist das Dreispeichenlenkrad, dessen fast quadratischer Pralltopf an aktuelle Citroën-Modelle erinnert. Hier versammeln sich allerlei Tasten mit N-Logo zur Einstellung der Fahrmodi und zum Abruf von vorkonfigurierten Einstellungen. Orange blitzt die NGB-Taste in Richtung Fahrerauge. Der Farbton zitiert die Karosserieanbauteile außen.
„N Grin Boost“ ist die Bedeutung dieser Abkürzung (N Grinsen Boost). Wird die Taste gedrückt, stellt der Antrieb für zehn Sekunden (mit Countdown) die maximale Leistung und das höchstmögliche Drehmoment bereit. Auf den Drift Mode von EV6 GT und Genesis GV60 setzt Hyundai mit dem "N Drift Optimizer" ein erweitertes System obendrauf.
War das alles? Mitnichten! Die Liste der Einstellmöglichkeiten geht jetzt erst los. Mit Codezeilen war es nicht getan, zum verbesserten Wärmemanagement gehören auch Maßnahmen wie eine neue Kühleranordnung.
Thermo-Management für Racer
Der Akku lässt sich im Programm N-Race auf verschiedene Art und Weise vorkonditionieren. Der Drag-Modus gibt alles für maximale Leistung und hohes Tempo (hohe Batterie-Temperatur). Der Modus „N Durance“ (Ausdauer) reduziert den Output und die Temperatur des Akkus ein wenig, um kontinuierlich Energie für möglichst viele Rennrunden zu liefern. Vergleichbar sind die beiden Modi mit der Abstimmung von Rennwagen für ein Qualifying und das anschließende Rennen über eine längere Distanz.
Außerdem wird die Energie-Rekuperation, wie gewohnt über Wippen am Lenkrad einstellbar, um eine neue Funktion namens N-Pedal erweitert. Die Software im Auto erkennt Kurvenrichtung, Rollbewegung der Karosserie und die Lenkbewegung. Lupft der Fahrer das rechte Pedal, wird das Einbremsen in die Kurve über radselektive Rekuperation gesteuert.
Künstlicher Motorsound
Eine direkte Verbindung des Fahrers mit der Maschine soll „N Active Sound+“ herstellen. Acht Lautsprecher innen und zwei außen sollen ein virtuelles Motorgeräusch erzeugen. Beim Studio-Termin konnte das noch nicht ausprobiert werden, im Video zu diesem Artikel kann man den Klang aber zweimal kurz hören (Bei Minute 1:00 und bei 11:42).
Drei Sounds stehen wir Wahl, salopp gesagt: Ein nachgeahmter Zweiliter-Benziner mit Klappen-Auspuff wie im Hyundai i30 N, Futuristische Straßenbahn aus Speed und Jet Fighter. Ausführliche Tests werden, müssen gar, folgen. Bisher gibt es nur ein Elektroauto mit virtuellem Verbrenner-Klang, den Abarth 500e. Beim kleinen Italiener sucht man aber schnell den Menüpunkt zur Deaktivierung der Klangkulisse.
Virtuelles DCT-Getriebe
Fahrmodi, spezielle Rekuperation, Sound. Das alles gilt es, zu verarbeiten. Dann guckst Du auf die neusortierten Digital-Instrumente und dort auf die Grafik eines Drehzahlmessers. Prototyp? Fehler in der Matrix? „Nein“, sagt Hyundai, das muss so sein. Denn es gibt noch eine Einstellmöglichkeit, „N e-Shift“ genannt. Wird sie aktiviert, simuliert die Steuerelektronik Drehzahlsprünge und Schaltrucke eines Achtgang-Doppelkupplungsgetriebes, greift dafür auch ins Motor-Drehmoment ein.
Auf kurvigen Landstraßen oder beim Track-Day scheint man also ordentlich „Gas geben“ zu können im Hyundai Ioniq 5. Beinahe lautlos und entspannt dürften An- und Abreise erfolgen. Dann kann man das leicht geänderte Infotainment-Menü entdecken, das mit einem Modelljahres-Wechsel 2024 wohl auch in den Rest der Ioniq-5-Palette einzieht.
Der Preis? 74.900 Euro
Und bei der eiligen Fahrt in die Zukunft lohnt auch ein Blick zurück, um neues zu entdecken. Erstmals hält ein Heckscheibenwischer beim Ioniq 5 die Scheibe sauber.
Im Frühjahr 2024 soll der Hyundai Ioniq 5 auf den Markt kommen, ab sofort kann man ihn bestellen. Der Sportler kostet 74.900 Euro, liegt damit nur knapp über dem Kia EV6 GT mit 585 PS Systemleistung (72.990 Euro, Stand Dezember 2023). Das bringt einen weiteren Superlativ: Der Ionq 5 N ist der teuerste Hyundai. Nur zwei Optionen werden angeboten: Das Panorama-Glasdach für 1.300 Euro und eine Alcantara-Lederausstattung mit belüfteten Vordersitzen für 1.500 Euro.