Der Abarth 595 Esseesse bleibt seinem rauen Wesen treu. Und das ist gut so! Fahrbericht mit Video-Review.
„Ach, ist der süß!“ Ein Satz wie dieser bleibt beim ersten Blick auf einen Abarth 595 nicht nur Menschen mit automobilem Sachverstand schon kurz vor Schluss im Halse stecken. Denn süß, putzig, knuffig oder nett will das Auto nicht sein.
Obenrum noch ganz rundlich und klar ein Fiat 500, trägt das Derivat mit dem Skorpion (dem Sternzeichen von Firmengründer Carlo Abarth) dick auf. Im wahrsten Sinne des Wortes. Der Stoßfänger ragt weit nach vorne und macht sich breit. Am nur 3,66 Meter langen Kleinwagen wirken 17-Zoll-Felgen gewaltig, hinter ihnen blitzen rote Bremssättel mit Brembso-Schriftzug hervor. Und am Heck zeigt ein Diffusor, das es der Abarth 595 ernst meint mit Aerodynamik.
Der 595 Esseesse im Video
Im Falle des Testwagens ragen zwei armdicke Endrohre aus der Heckschürze. Sie tragen den Namen des Spezialisten Akrapovic. So erkennt man schon im Stand: Es könnte laut werden. Die Abgasanlage hängt am Topmodell Abarth 595 Esseesse. Er krönt die Familie der kleinen Wilden. Für das Modelljahr 2021 haben die Italiener ein paar neue Details in Farb- und Materialpalette geändert, außerdem das Modellprogramm auf vier Varianten gestrafft. Der Abarth 595 Pista flog aus der Preisliste.
Der 1,4 Liter große Vierzylinder-Turbomotor steckt je nach Modell mit 145 (595), 165 (595 Turismo) oder 180 PS (595 Competizione, 595 Esseesse) unter der Haube. Er erwacht in dumpfer Bassbegleitung, die je nach Tageszeit gerne mal die gesamte Anwohnerstraße aufweckt.
Großer Spaß in engen Kurven
Mit dem nur knapp über 1,1 Tonnen schweren 595 hat die Maschine ein leichtes Spiel. 6,7 Sekunden für den Spurt auf 100 km/h sind zwar kein Bestwert und vor allem den lange Schaltwegen des Fünfganggetriebes geschuldet. Aber 225 km/h Höchstgeschwindigkeit auf der Bundesautobahn liegt schon jenseits dessen, was man dem Kleinwagen zutrauen könnte.
Vollgas geradeaus? Kein wirklicher Spaß, mit dem kurzen Radstand hoppelt der Abarth über jede Welle und Querfuge. Dafür passt der Geradeauslauf wunderbar. Schnell hinein ins Kurvengeschlängel. Der Odenwald bietet die ein oder andere Nebenstrecke, die im Morgenlicht einsam an Hügeln und Bergketten klebt. So wie der 595 auf ihr.
Mit präziser Lenkung donnert der Italiener um Kehren und Kurven, schiebt spät und kontrollierbar über die Vorderräder. Die weiße Kanonenkugel wirft sich ums Eck, weiter den Berg hoch. Die Klangschleppe trompetet hinterher. Ein Koni-Fahrwerk mit Frequenzselektiven Dämpfern sorgt für uneingeschränkten Straßenkontakt mit guter Rückmeldung. Happige 1.990 Euro Aufpreis kostet mittlerweile das mechanische Sperrdifferenzial an der Vorderachse.
Reden wir (nicht) über Geld
Der Pilot kauert wie gewohnt auf einem viel zu hoch montierten Schalensitz des Zulieferers Sabelt hinter einem nur dezent in der Höhe verstellbaren Lenkrad. Trotzdem bekommst du das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Ladedruckanzeige für den Turbolader, verschachtelter Drehzahlmesser oder (zu) kleines Infotainmentdisplay? Alles ausgeblendet. In kaum einem modernen Auto lässt sich Fahrspaß derart pur genießen, ohne das Langweile aufkommt.
Die Rechnung wird an der Tankstelle serviert. Knapp unter 12 (!) Liter auf 100 Kilometer fließen an so einem Spaßtag durch die Einspritzdüsen, im Alltag – nennen wir es eine lange Aneinanderkettung von Spaßtagen – werden es kaum unter neun Liter.
Gefestigte Finanzen sind auch beim Erwerb eines Abarth 595 Esseesse von Vorteil. 29.990 Euro kostet das Topmodell der Knallbüchsen. Wer das große Faltdach des 595C bevorzugt, zahlt laut Liste 32.590 Euro. Spaß macht aber auch schon die Basis Abarth 595 mit 145 PS, die es ab 20.990 Euro (Limousine) gibt.
Fazit
Die minimalen Änderungen für das Modelljahr 2021 gaben eigentlich keinen Grund, erneut zu Probefahrten mit dem Abarth 595 Esseesse zu starten? Wer so denkt, ist noch die 595 gefahren. Denn jeder Meter Asphalt, den die Pirellis schnupfen, liefert neue Freude.
Während der Stellantis-Konzern die Elektrifizierung auch in Richtung der italienischen Marken ausrollen wird und die Gleichteilepolitik gewiss schöne neuen Alltagsautos hervorbringen wird, sind die Abarth 595-Modelle klitzekleine Dinosaurier. Klein, eng, laut. Aber halt auch geil. Das gilt besonders für den 595 Esseesse, aber auch für seine Brüder.
Technische Daten
Abarth 595 Esseesse |
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Abgasnorm | Euro 6d |
Hubraum | 1.368 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 132 kW / 180 PS bei 5.500 U/min |
Max. Drehmoment | 250 Nm bei 3.000 U/min |
Getriebe | Fünfgang-Schaltgetriebe |
Tankinhalt | 35 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 6,7 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 225 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 7,0 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 11,3 Liter (lt. Bordcomputer) |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Pirelli Sottozero |
Leergewicht | 1.120 kg |
Länge / Breite / Höhe | 3.660 / 1.627 / 1.485 mm |
Grundpreis | 29.990 Euro |