Groß. Größer. Escalade. Wie klappt der Alltag im Cadillac?
Schatten, wo sonst um diese Uhrzeit die Sonne auf den Terrassenboden fallen müsste. Ob gegenüber neu gebaut wird? Da fällt dir ein, dass du ja vorhin den Cadillac Escalade in der Einfahrt geparkt hast. Die Präsenz des großen Wagens, der selbst in den USA als „Full-Size-SUV“ durchgeht, steht einem neu gebauten Reihenhaus keineswegs nach.
Trotz der absoluten Größe, der Escalade misst 5,18 Meter in der Länge und 1,90 Meter in der Höhe, ist außerdem mit 2,27 Metern (inklusive Außenspiegel) breiter als die mittleren und linken Spuren in Autobahnbaustellen, wirkt der Cadillac nicht großkotzig. Sozialneidisch-verachtende Blicke erntet man kaum, wenn die senkrechte Frontpartie ums Eck biegt. Es scheint, als sei der Escalade den üblichen Maßstäben auch bei manch kritischer Bewertung hoch motorisierter SUV entrückt.
Das gilt auch für den Innenraum. Sieben Sitze sind, auf drei Reihen verteilt, in die Halle geworfen worden. Die Dreiersitzbank ganz hinten, wie auch Sessel 3 und 4 vom Heck aus auf Tastendruck umlegbar, ist dann aber doch überraschend eng, vor allem mangelt es neben der Sitztiefe an Knieraum.
Weiter vorne herrschen auf den Einzelsitzen im Fond fürstliche Platzverhältnisse. Armlehnen und eigene Entertainment-Monitore fehlen im Cadillac Escalade Platinum ebenso wenig wie hochwertiges Nappaleder. Ein dritter Monitor klappt für die Economy Class weiter hinten im Rumpf aus dem Dachhimmel aus.
Der Pilot thront derweil hinter der waagrechten Motohaube, deren Ende gefühlt den Horizont beschreibt. Ganze Sportcoupés, und was sonst noch so auf dem Boden herumkriecht, entzieht sich den Blicken. Der Wählhebel der Achtgang-Automatik am Lenkrad will mit Nachdruck bewegt werden. Um von der Parkposition auf D zu gelangen, legt er einen Weg zurück, für den manch moderner Großstadt-Hipster sich sofort einen E-Scooter bestellen würde.
Dass da vorne ein mächtiger 6,2 Liter-V8-Motor arbeitet, sieht man nur dem Drehzahlmesser an. Entspannt bringt er den Escalade auf Touren. Gefühlt ist man gar nicht so hurtig unterwegs, von hier oben sieht die Welt halt eh schon kleiner aus. 6,7 Sekunden für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h sind aber angesichts von über 2,6 Tonnen Leergewicht der fahrenden Schrankwand aber eine beachtliche Leistung. Bei 180 km/h (laut Tacho 187) wird elektronisch abgeregelt, aber der Escalade könnte schneller.
313 kW / 426 PS verwandelt der dezente V8, den der Konzern übrigens auch mit wesentlich mehr Lärm in den Chevrolet Camaro und die noch aktuelle Corvette einbaut, in aberwitzige 621 Newtonmeter Drehmoment. Das liegt laut Datenblatt späten 4.100 Umdrehungen pro Minute an, wenn sich moderne Turbos schon wieder schlafen legen. So eine Zwangsbeatmung hat der Cadillac Escalade nicht nötig. Übertriebene Hatz aber auch nicht.
Man ist sich seiner Leistungsbereitschaft bewusst und fängt an, den Escalade so zu nehmen, wie auch er sich das vorstellt. Als entspannter Gleiter für die Langstrecke. Dann muss er auch gar nicht so oft raus. Was zum einen am 98 Liter großen Tank (in den man sogar 87-Oktan-Sprit reinlitern könnte) liegt, zum anderen aber am dann irgendwie doch gar nicht so hohen Spritverbrauch. Ja, im Testzeitraum waren es 16 Liter ROZ 95 auf 100 Kilometer. Aber entspannt bewegt lässt sich der Verbrauch auch längerfristig unter 13 oder gar zwölf Liter drücken. Vor allem, wenn im Teillastbetrieb die Zylinderabschaltung aktiviert wird. Daran erinnert eine kleine grüne Lampe im Cockpit, mehr nicht.
Wenn man sie überhaupt bemerkt, während man sich von einem der drei Sitzmassageprogramme durchkneten lässt und die Lieblingsmusik über das famose BOSE-Soundsystem in die Ohren wandert. Mitschnitte von Livekonzerten bieten sich an, sitzt man doch eh schon in einer Halle. Die sich aber derart handlich auch über Landstraßen jagen lässt, dass man sich eher im Tickethäuschen wähnt.
Oft trifft man den Cadillac Escalade auf bundesdeutschen Straßen nicht an. Die Population wird sich in Zukunft auch nicht übermäßig erhöhen, wobei gar nicht mal die Klickzahlen dieses Artikels gemeint sind. Vielmehr sind es die weiter verschärften EU-Abgasnormen, die für den Auslauf der aktuellen Modellgeneration wohl im Herbst 2019 sorgen. Was aktuell für deutliche Rabatte bei den paar Händlern der Marke sorgt. Mit einem Listenpreis von 114.500 Euro liegen aber auch die Transaktionsummen dann, wie fast alles am Escalade, auf immer noch hohem Niveau.
Technische Daten
Cadillac Escalade Platinum |
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Hubraum | 6.162 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | V8 |
Maximale Leistung kW / PS | 313 kW / 426 PS bei 5.600 U/min |
Max. Drehmoment | 621 Nm bei 4.100 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 6,7 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h (abgeregelt) |
Norm-Verbrauch auf 100km | 12,6 Liter |
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km | 16,0 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Bridgestone Dueler 285/45 R22 |
Leergewicht | 2.635 kg |
Länge / Breite / Höhe | 5.179 / 2.061 (ohne Spiegel) / 1.896 mm |
Grundpreis | 114.500 Euro |
Testwagenpreis | 116.650 Euro |