Dacia Sandero TCe 90 Kein Wunder

Der Dacia Sandero im Fahrbericht mit Video-Review. Was macht den Kleinwagen so erfolgreich?

Der Dacia Sandero hat sich im Laufe der Jahre zum Bestseller entwickelt. Seit dem Start der ersten Generation im Jahr 2008 wurden über 2,6 Millionen Exemplare der Baureihe gebaut und verkauft. 2022 war der Sandero europaweit (wie schon seit viele Jahren) das meistverkaufte Auto im Privatkunden-Markt und Nummer Zwei im Gesamtmarkt (also mit gewerblichen Zulassungen) hinter dem Peugeot 208.

Der Dacia Sandero im Video

Hierzulande wurden im vergangenen Jahr genau 18.538 Dacia Sandero erstmals zugelassen, womit er das meistverkaufte Modell der Marke (gesamt in Deutschland 2022 60.390 Neuzulassungen) war. Woher kommt der Erfolg. Zählt bei den Kunden nur „Geiz ist geil“ oder werden sie auch von den Qualitäten des kompakten Fünftürers überzeugt? Der übrigens nicht mehr das einst bekannte 8.000-Euro-Auto ist. Auch die rumänische Renault-Tochter erhöht stetig ihre Preise, mittlerweile kostet der Basis-Sandero 10.750 Euro.

Seit September 2020 ist die dritte Generation des Dacia Sandero auf dem Markt. Sie trägt nicht mehr, wie ältere Modelle, abgelegte Renault-Technik auf. Ein globaler Produktionsverbund – der Dacia Sandero wird in zwei Werken im nordafrikanischen Marokko gebaut – kann nur mit Gleichteilen gut funktionieren.

Eine Plattform für (fast) alle

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CMF-B heißt die Plattform, die sich der Sandero u.a. mit Renault Clio und Captur teilt, ebenso mit dem längeren Dacia Jogger . Auch der Nachfolger des Dacia Duster und der geplante Bigster werden diese Basis nutzen.

Seit November tragen alle Dacia-Modelle geänderte Schriftzüge und das neue Markenlogo im Grill. Dahinter stecken im Falle des Sandero stets Dreizylinder-Verbrenner mit einem Liter Hubraum. Im Basismodell arbeitet der Benziner als Sauger mit 67 PS. Die Turbo-Varianten bieten ein Leistungsspektrum von 91 bis 110 PS (nur im Sandero Stepway). Auch eine Autogas-Variant mit bivalentem Antrieb (Super und LPG) ist zu haben, außerdem kann man die 91 PS starke Leistungsstufe auch mit stufenloser CVT-Automatik kombinieren.

Ein Großteil der Sandero-Kunden greift aber zum Handschalter, wenngleich auch beim Kleinwagen die gehobenen Ausstattungslinien im Markt dominieren. Die Basis Essential mit unlackierten Türgriffen und ohne Klimaanlage wird kaum nachgefragt. Diesseits des Sandero Stepway im SUV-Crossover-Look ist also die Ausstattungsvariante Expression beliebt. Grund genug, mit einem entsprechenden Testwagen aus Probefahrt zu gehen.

Das optionale „Schiefer-Grau“ steht dem 4,09 Meter langen Fünftürer gut. Einzige Serienfarbe ohne Aufpreis ist übrigens „Arktis-Weiß“. Für den adretteren Auftritt trägt unser Exemplar optionale 16-Zoll-Leichtmetallfelgen (500 Euro) anstelle der Stahlfelgen mit Radzierblenden im Format 15-Zoll.

Details verraten den Kostendruck

Mit den LED-Tagfahrlichtleisten im Y-Design, dem überarbeiteten Grill und einer klaren Linienführung sorgt der Dacia Sandero für einen guten Auftritt. Das enge Kostenkorsett bei Konstruktion und Produktion wird erst sichtbar, wenn man sich akribisch um Details kümmert. Die Stabantenne auf dem Dach sollte vor der Waschanlage abgeschraubt werden. Einparksensoren an Front (optional) und Heck (serienmäßig) stecken unlackiert im Stoßfänger. Die Ladekante im Kofferraum zeigt kratzerempfindliches Blech statt Kunststoff, zudem fehlt ein doppelter Ladeboden. Alles Dinge, mit denen man im Autoalltag gut leben kann.

Fahrer und Beifahrer sind adrett unterbracht. Die Hartplastikwelt wird durch eine Stoffbahn auf dem Cockpit und in den vorderen Türen geschickt aufgelockert. Alle Materialien sind gut verarbeitet und sauber entgratet. Die Türverkleidungen im Fond verzichten auf den Stoff, hier punktet der Sandero aber mit sehr guten Platzverhältnissen auf der bequemen Rücksitzbank.

Analog statt digital

Mit dem Expression-Paket fährt im Dacia Sandero ein acht Zoll großes Infotainment-Display mit. Apple CarPlay und Android Auto bringen Musik-Streamingdienste und Navigationsapps ins Auto. Trotzdem lohnt vielleicht die Investition von 400 Euro in das optionale Navigationssystem mit werksseitigem Einbau. Denn dann sorgen zwei zusätzliche Lautsprecher für einen besseren Klang im Auto. Leider wird die praktische Smartphone-Halterung an der linken Seite des Multimedia-Touchscreens nur für den Sandero Stepway angeboten. Die analogen Rundinstrumente mit monochromem Display in ihrer Mitte sind gut ablesbar und zeigen, dass man auch im Jahr 2023 noch prima ohne konfigurierbare Digitalwelten hinter dem Lenkrad auskommen kann.

Mit Druck auf den Startknopf, teil des optionalen Komfort-Plus-Pakets (550 Euro) mit Schlüsselkarte, wird der Dreizylinder-Benziner gestartet. Schon im Leerlauf gefällt sein verhältnismäßig ruhiger Lauf. Wenn man ihn auf der Fahrt in höhere Drehzahlregionen schickt, wird er zwar deutlicher hörbar, aber nie vorlaut oder brummig. Unterwegs gefällt die Abstufung des Fünfgang-Schaltgetriebes. Auf der Autobahn wünscht man sich aber eine sechste Übersetzung. Kurios: Im etwas teureren Sandero Stepway baut Dacia ein Sechsgang-Schaltgetriebe ein.

Komfort statt Sport

Das Fahrwerk schluckt gewiss auch Schlaglöcher in Rumänien und Marokko gut weg. Also kommt es mit den zunehmenden Verwerfungen auf deutschen Asphaltbändern auch sehr gut klar. Der Umkehrschluss: Ein Kurvenräuber will der Sandero nicht sein. Das vermitteln die um die Mittellage arg gefühllose Lenkung und die deutlich spürbare Seitenneigung. Störend ist die flache Anordnung der Sitzfläche. Die zu geringe Oberschenkelauflage sorgt schon auf Mittelstrecken für Ermüdungserscheinungen in den Beinen.

Laut Anzeige des Bordcomputers hat sich der Sandero auf unseren Testfahrten, die einen typischen Pendleralltag mit Ortsverkehr, Landstraßen und einem kurzen Autobahnstück abbilden, sieben Liter Benzin auf 100 Kilometer genehmigt. Die WLTP-Normangabe liegt bei 5,2 – 5,3 Litern je 100 Kilometer. Das sind brauchbare, durchschnittliche Werte, die somit zum bodenständigen Prinzip des Autos passen. Dabei gilt auch: Wer es ganz entspannt angehen lässt, dürfte durchaus Werte von knapp über sechs Liter schaffen.

Das kostet der Dacia Sandero

Als Expression bringt der Dacia Sandero, im Vergleich zum Einstiegsmodell Essential, beispielsweise eine manuelle Klimaanlage, das Media-Display, Regensensor, Einparksensoren hinten und elektrische Fensterheber auch hinten mit. Der Aufstieg zur höheren Ausstattungslinie kostet 1.400 Euro, als TCe 90 mit Schaltgetriebe kostet der Fünftürer so 13.750 Euro.

Der hier gezeigte Testwagen hat die im Text erwähnten Extras und ein Winterpaket mit Klimaautomatik samt Sitzheizung an Bord, kostet 16.750 Euro. Dafür bekommt man einen geräumigen, gut ausgestatteten Kleinwagen, der auch so noch viele tausend Euro unter den Preisen der Konkurrenz liegt. Zum Vergleich: Ein annähernd gleich ausgestatteter Skoda Fabia 1.0 TSI mit 95 PS kostet laut Konfigurator rund 21.000 Euro (alle Preise Stand Februar 2023).

Der Tscheche bietet aber ein umfangreicheres Assistenzangebot. Bei Dacia müssen eine Geschwindigkeitsregelanlage und Totwinkelwarner genügen, weswegen Euro NCAP in den Ergebnissen von Crashtests für Sterne relevante Punkte abzieht.

Gibt es Rabatt?

Die Vertriebsstrategie der Marke Dacia ist ähnlich pragmatisch gestrickt wie die Modellpalette. Bei den Händlern der Marke kauft man Autos zum Listenpreis, Rabatte oder stark reduzierte Hauspreise gibt es hier, anders als bei Mitbewerbern und auch der Konzernschwester Renault, nicht.

Diese Preisstabilität sorgt für stabile Restwerte. Gebrauchte Autos der Marke sind oft kaum günstiger als Neuwagen. Vergleichen lohnt sich also.

Fazit

Der Dacia Sandero überzeugt mit seinem großzügigen Platzangebot, guter Verarbeitung und einem agilen Antrieb. Fahrwerk und Lenkung sprechen Komfortliebhaber an, keine Sportwagenfreunde. Die Infotainmentausstattung ist praxisgerecht. Pragmatische Details nimmt man angesichts des günstigen Preises gerne hin. Eine nur lückenhafte Assistenzausstattung gehört aber auch zum Paket, das muss man wissen.

Angesichts des für das Geld gebotenen Gegenwerts ist es also kein Wunder, dass Dacia im Allgemeinen und der Sandero im Speziellen große Erfolge feiern.