Der Ford Capri im Alltagstest mit Video-Review.
Ford befindet sich auf dem europäischen Markt im Wandel. Ein Vollsortimenter, der Modelle für jeglichen Bedarf im Programm hat, ist die Marke bei uns nur noch im Nutzfahrzeug-Segment. Privatkunden, die Ausschau nach Fiesta, Mondeo, S-Max oder Galaxy halten, werden im Autohaus an die Gebrauchtwagenabteilung verwiesen. Im November 2025 läuft zudem die Produktion des kompakten Ford Focus aus.
Produktion in Köln
Dann sind nur noch zwei volumenstarke Ford-Pkw mit Verbrennungsmotoren im Angebot, zusätzlich zum Sportwagen Mustang: Puma und Kuga. Beides sind SUV, die in Rumänien (Puma) bzw. Spanien (Kuga) produziert werden. Das Werk von Ford in Köln wurde aufwendig für die Fertigung von Elektrofahrzeugen umgebaut – zusätzlich zum importierten Mustang Mach-E. Zwei SUV rollen dort vom Band. Aber wohl noch nicht in den Mengen zu den Kunden, die für eine Auslastung der Fabrik nötig wären. Nach anfänglichen Verzögerungen gingen Ford Explorer und Capri zu einer Zeit an den Start, als die Kaufzurückhaltung der Kunden bei Elektroautos schon deutlich zu spüren war.
Während der Ford Explorer SUV-Kunden mit Platzbedarf ansprechen soll, versucht es die Fließheckvariante mit mehr Emotionen. Dafür hat Ford den traditionellen Namen Capri wieder ausgepackt. Was einst als Schriftzug auf einem Mittelklasse-Sportcoupé prangte, soll jetzt ein viertüriges SUV-Coupé mit großer Klappe schmücken. Ford sagt, ein Capri müsste und würde heute genauso so aussehen, auch wenn es die Modellbezeichnung nach dem Ende in den 1980er Jahren ohne Unterbrechung gegeben hätte. Nun gut. Immerhin passt der Fernsehspot dazu, bei dem der klassische Zweitürer zum neuen Elektro-Hochsitz transformiert.
Der Ford Capri im Video
Die Front mit einer schwarzen Maske im Stil des klassischen Hundeknochen-Grills ist ein geschickt eingesetztes Retro-Element. Am Heck zeigt der Capri seinen Modellschriftzug unter einer transparenten Abdeckung, die mit den Rückleuchten eine Linie bildet. Die Profilansicht kombiniert über eine Länge von 4,63 Meter klare Flächen und eine Höhe von 1,63 Meter mit der Andeutung eines Stufenhecks in der großen Klappe. Schon auf den ersten Blick erinnert diese Gestaltung an den Polestar 2.
Auch bei der Erklärung der technischen Grundlage kommt eine andere Marke ins Spiel, aber das mit voller Absicht. Ford nutzt für Explorer und Capri den MEB (Modularer Elektroantriebs-Baukasten) von Volkswagen in Lizenz. Die SUV aus Köln sind also enge Verwandte von VW ID.4/ID.5, Skoda Enyaq und Audi Q4 e-tron. Die technischen Daten sind also bekannt: Im Basismodell bestromt ein 52 kWh großer Lithium-Ionen-Akku einen 125 kW (170 PS) starken Elektromotor im Heck. Extended Range nennt Ford die Version mit 77 kWh Speicherkapazität, hier treibt der 210 kW (286 PS) starke Elektromotor die Hinterräder an. Beim Allradmodell steigt die Systemleistung auf 250 kW (340 PS).
Die Übernahme von Komponenten geht aber weiter, bis hin zum Fahrzeugschlüssel im bekannten VW-Konzern-Design. Selbst die Türgriffe kennt man aus Wolfsburg. Hinter dem Dreispeichenlenkrad mit Retro-Spange blickt man auf das 5,3-Zoll-Display aus den ID-Modellen. Einen eigenen Weg geht Ford beim Rest: Das Head-up-Display kommt ohne AR-Inhalte (Augmented Reality), der 14,6 Zoll große Hochkant-Bildschirm dient zur Anzeige und Touch-Bedienung einer eigenständigen Infotainment-Lösung. Auf Fingerdruck-Befehle reagiert das Display manchmal arg verzögert. Apple CarPlay und Android Auto können ohne Kabelverbindung genutzt werden. Das Telefon lädt währenddessen induktiv – zumindest dann, wenn die entsprechende Ablage Lust darauf hat. Diese Unzuverlässigkeit ist ein von sämtlichen VW-Konzernmarken bekanntes Problem.

In der Hochglanz-Mittelkonsole zeigt sich auch der ebenso bekannte wie berüchtigte „Slider“, ein Schieberegler für die Audiolautstärke ohne haptisches Element. Immerhin ist er auch hier im Ford bei Dunkelheit beleuchtet. Weiter oben spannt sich die Soundbar des Soundsystems über das Cockpit, für das die Marke B&O genutzt wird. Der Klang der Anlage, die in der höheren Ausstattungslinie Ford Capri Premium serienmäßig ist, überzeugt leider nicht auf ganzer Linie. Bässe werden nur hölzern wiedergegeben, insgesamt klingt das System eher blutleer.
Unser Testwagen ist ein Ford Capri Extended Range mit 77 kWh im Akku (Brutto-Speicherkapazität 82 kWh) und 210 kW im Heck. 545 Newtonmeter Drehmoment entwickelt der Elektromotor, damit treibt er den rund 2,1 Tonnen schweren Capri mit Nachdruck voran. Auch mit nur zwei angetriebenen Rädern ist man in Sachen Traktion jederzeit auf der sicheren Seite, selbst bei nasser Straße.
Knackig und agil

Eine Fahrwerksoption mit adaptiven Dämpfern hat Ford mit dem MEB nicht von VW übernommen. Das überrascht nicht, die Fahrwerksentwickler in Köln genießen ja seit langer Zeit zu Recht einen sehr guten Ruf. Auch das Set-up im Capri weiß zu gefallen. Die Abstimmung ist straff, ohne auf Komfort zu verzichten. Als Fahrer bist Du jederzeit über den Straßenzustand informiert, du fühlst Dich also nicht entkoppelt sondern motiviert. Dazu passt die Lenkung mit ihrer guten Rückmeldung. Lediglich bei langsamem Tempo auf schlechten Straßen, beispielsweise bei Wurzelaufbrüchen im Wohngebiet, stelzt der Capri etwas unbeholfen herum – wozu auch die großen 20-Zoll-Felgen des Premium-Modells beitragen.
Unterwegs hat man viel Platz auf den von VW übernommenen Vordersitzen mit integrierten Kopfstützen. Die serienmäßige Massagefunktion lockert Langstrecken auf, dabei bewegen sich aber leider nur Luftpolster in der Lehne. Auch im Fond passen die Platzverhältnisse, große Menschen bemerken aber die eingeschränkte Kopffreiheit unter der abfallenden Dachlinie. Wie bei jedem MEB-Modell ist die Rücksitzbank aber zu niedrig über dem Innenboden montiert. Man muss die Beine zu stark anwinkeln, was auf Dauer ungemütlich ist. Der Kofferraum fasst ordentliche 567 Liter. Ein Staufach unter der vorderen Haube, beispielsweise für das Ladekabel, gibt es aber nicht.
An der heimischen Wallbox oder eine öffentlichen Ladesäule zieht der VW-Ford Wechselstrom über drei Phasen mit 11 kW. Am Schnelllader sind maximal 135 kW möglich. In 28 Minuten soll sich der Akku von zehn auf 80 Prozent seiner maximalen Kapazität aufladen lassen. Im Alltagstest dauerte es etwas länger, da der Peak in der Ladekurve nur kurz anliegt. Für eine optimale Akku-Temperatur kann nicht nur die Routenführung mit geplantem Ladestopp auf der Strecke sorgen. Über das Lademanagement-Menü lässt sich die Batterieheizung auch manuell starten.

Im Testzeitraum erzielt der Ford Capri einen Durchschnittsverbrauch von 17,6 kWh je 100 Kilometer. Eine Reichweite von rund 450 Kilometern ist im Alltag möglich. Nach WLTP-Norm soll der Capri, je nach Ausstattung, bei einem Verbrauch von 14,6 kWh bis zu 598 Kilometer weit kommen. Wer auf die bestmögliche Effizienz keinen Wert legt, kann mit dem SUV in 6,4 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen und die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h auskosten.
Preise und Ausstattung
Die Übernahme des MEB dürfte Ford, im Vergleich zu einer eigenen Entwicklung, viel Geld und Zeit gespart haben. Gratis gibt es die Lizenz zur Fertigung der Autos jedoch nicht. Das zeigt ein Blick in die Preisliste. Der Ford Capri startet mit 125 kW und kleinem Akku bei 44.950 Euro. Die Konfiguration mit 210 kW und großer Batterie hebt den Grundpreis auf 51.950 Euro. Unser Testwagen als Capri Premium, bei dem die Serienausstattung um 20-Zoll-Räder, das B&O-Soundsystem, Matrix-LED-Scheinwerfer, Kunstleder-Bezüge und eine elektrische Heckklappe erweitert wird, kostet ohne Extras 55.950 Euro. Auch dann ist die Wärmepumpe noch extra zu bezahlen. Mit 1.050 Euro ist ihr Aufpreis höher als bei VW. Mit dieser Option, der Lackierung in „Blue my mind Metallic“ und Fahrassistenzpaket (Head-up-Display, Parkassistent, 360-Grad-Rundumsicht) klettert der Listenpreis auf 59.050 Euro.
Damit ist der Ford minimal teurer als die angelachte Verwandtschaft. Mit identischer Antriebstechnik und vergleichbarer Ausstattung ist der VW ID.5115 Euro günstiger. Das dürfte keinen Ausschlag bei der Kaufentscheidung geben. Der Skoda Enyaq als Coupé kostet, vergleichbar konfiguriert, mit 57.370 Euro genau 1.680 Euro weniger als der Ford Capri.
Eine günstigere Alternative ist der Ford Capri beim hausinternen Preis-Vergleich mit dem Mustang Mach-E. Der kaum größere Bruder aus Amerika kostet mit 72,6 kWh großem Akku und einer Motorleistung von 198 kW (269 PS) ab 55.800 Euro. Eine Gemeinsamkeit haben beide Elektro-Ford: Sie tragen die Modellbezeichnungen sportlicher Zweitürer auf.
Fazit

Namen sind Schall und Rauch. Beides verkneift sich der Ford Capri der Neuzeit. Das elektrisch angetriebene SUV-Coupé gefällt mit einer knackigen Fahrwerksabstimmung. Nicht nur Akku und Antrieb sind von Gen-Spender VW bekannt, sondern auch viele weitere Bauteile bis hin zum Fahrerdisplay, der Assistenzfunktion und den Sitzen. Auch wenn alles gut funktioniert – der Ford Capri wirkt aufgrund der vielen Gleichteile etwas seelenlos.
Die Preise liegen auf bzw. knapp über dem Niveau der eng verwandten Konkurrenten aus Wolfsburg und Mlada Boleslav. Wer keine Marken- oder Modellpräferenz hat, sollte also sein Verhandlungsgeschick in den Autohäusern von Ford, VW und Skoda einsetzen.
Technische Daten
Ford Capri Extended Range RWD
- Antriebsart
- Elektro
- Antrieb
- Heckantrieb
- Getriebe
- Eingang-Reduktionsgetriebe
- Elektromotor: Maximale Leistung kW
- 210 kW (286 PS)
- Elektromotor: Nennleistung KW
- 89 kW (121 PS)
- Elektromotor: Maximales Drehmoment
- 545 Nm
- Batterie
- 77 kW netto nutzbar (82 kWh brutto)
- Batterie: Typ
- Lithium-Ionen
- Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC)
- 135 kW
- Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC)
- 11 kW (dreiphasig)
- Beschleunigung 0-100 km/h
- 6,4 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit
- 180 km/h
- Norm-Verbrauch kWh / 100 km
- 14,6 - 14,8 kWh
- Reichweite nach Norm
- 590 - 598 km
- Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km
- 17,8 kWh
- Reichweite im Alltag
- 440 Kilometer
- Kofferraumvolumen
- 567 Liter
- Leergewicht
- 1.930 kg
- Anhängelast (gebremst)
- 1.000 kg
- Stützlast
- 75 kg
- Dachlast
- 75 kg
- Länge / Breite / Höhe
- 4.634 / 1.872 / 1.626 mm
- Basispreis Baureihe
- 44.950 Euro
- Basispreis Modellvariante
- 55.650 Euro
- Testwagenpreis
- 59.050 Euro