Der Honda Civic e:HEV im Alltags-Test mit Video-Review.
1976, vier Jahre nach dem Debut in Japan, feierte der Honda Civic seinen Marktstart in Deutschland. Seitdem ist das Modell eine feste Größe im Programm. Und das nimmt er auch wörtlich. In mittlerweile elfter Generation ist der Fünftürer auf 4,55 Meter Länge gewachsen. Damit sprengt er die bekannten Grenzen der Kompaktklasse. So wie auch Skoda Octavia und Hyundai i30 Fastback, die man eher zu den Konkurrenten zählen sollte als Opel Astra oder VW Golf.
Der Honda Civic e:HEV im Video (ab 14.12.2022)
Mit anderen Marktteilnehmern mag sich Honda aber gar nicht allzu sehr beschäftigen. Die Japaner gehen lieber ihren eigenen Weg, auch beim neuen Civic. Der Fünftürer wird, nachdem das Werk in Großbritannien geschlossen wurde, aus Japan importiert. Die einst in der Türkei und mittlerweile ausschließlich in den USA gebaute Stufenheckversion wird bei uns nicht mehr angeboten.
Einziger Antrieb im Programm, neben dem sportlichen Honda Civic Type R ist ein aufwendiger Hybrid. Das e:HEV (Hybrid Electric Vehicle) genannte System verbindet die Arbeitsweisen von seriellen und parallelen Hybriden.
Wie funktioniert der Hybrid-Antrieb?
Wie das funktioniert? Primär treibt ein bis zu 135 kW (184 PS) starker Elektromotor die Vorderräder an. Nur für kurze Zeit kann er die Energie einer kleinen Pufferbatterie nutzen. Energie erzeugt ein Zweiliter-Vierzylinder-Benziner, der nach dem Atkinson-Prinzip mit einem hohen Wirkungsgrad von 41 Prozent arbeitet. Er liefert Strom über die Batterie in den Elektromotor – ein serielles Hybridsystem.
Das Fahrgefühl entspricht dabei mit ansatzloser und linearer Beschleunigung dem eines Elektroautos. Nur ganz leise hört man den Benziner arbeiten. Ihn vergisst man schnell, wenn man nicht auf die Energieflussanzeige blickt, die man im digitalen Kombiinstrument oder auf dem Infotainmendisplay beobachten kann.
Ein Getriebe ist nicht an Bord, auch wenn Honda in den Civic-Broschüren vom e-CVT spricht. Fakt ist: Wird mehr Strom benötigt, beispielweise beim Beschleunigen, dreht der Benziner höher. Außerdem wurden ihm verschiedene Drehzahlen einprogrammiert, damit man sich hinter dem Steuer nicht auf eine Art entkoppelt vorkommt.
Bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn, ab rund 110 km/h, ändert eine Kupplung den Kraftfluss. Nur jetzt treibt der Benziner direkt die Räder an. In diesem Tempobereich kann das Auto so effizienter betrieben werden. Interessant: Fährt man etwas schneller (ca. 160 km/h), kümmert sich wieder der Elektromotor um den Vortrieb. Auf der Landstraße entscheidet die Antriebssoftware oftmals auch, dass sowohl Elektromaschine als auch der Verbrenner die Räder antreiben – das ist die Arbeitsweise eines parallelen Hybridsystems.
6,1 Liter Testverbrauch
So viele Worte zum Antrieb, das muss doch kompliziert sein? Ganz und gar nicht! Reinsetzen, anschalten, losfahren. Um mehr muss man sich am Lenkrad des Honda Civic nicht kümmern. Nicht einmal ums Laden, denn der Akku kann nicht per Kabel aufgeladen werden. Dass der Civic deswegen nicht gefördert wurde, ist ja nach dem Auslaufen der staatlichen Unterstützung egal – und dürfte den e:HEV-Japaner für viele Kunden interessanter machen.
6,1 Liter Verbrauch stehen am Ende des Alltagstests auf dem Zettel. Ein guter, wenngleich nicht freudig-niedriger Wert. Mildhybrid-Versionen der, eingangs erwähnten, Mitbewerber haben im AUTONOTIZEN-Test 6,7 (Skoda Octavia eTSI 150 PS) bzw. ebenfalls 6,1 Liter (Hyundai i30 Kombi 1.5 T-GDI 160 PS) auf 100 Kilometer konsumiert.
Der Civic kann auch Langstrecke
Im reinen Stadtverkehr kann man den Durst des Honda Civic e:HEV aber weiter in Richtung des WLTP-Normwerts von fünf Litern drücken. Hier kommt der Vorteil der über Lenkrad-Paddel einstellbaren Energierekuperation zum Tragen.
Nicht nur hier, sondern auch auf der Langstrecke gefällt das Reisen im Honda Civic. Die bei 180 km/h abgeregelte Höchstgeschwindigkeit ist auf deutschen Autobahnen kein Manko, ganz entspannt pendelt man sich am Steuer auf leeren Fernschnellwegen bei rund 150 bis 160 Kilometern pro Stunde ein. Der Benzinverbrauch schnellt dann nicht in die Höhe, wie man es von vielen Downsizing-Benzinern kennt. Mehr als 8,2 Liter je 100 Kilometer waren es nie. Störender als das relativ kleine Verbrauchs-Delta ist der kleine 40-Liter-Tank, der öfter mal zum Boxenstopp zwingt.
Ebenso ausgewogen wie der Antrieb zeigt sich das Fahrwerk des Honda Civic. Mit den montieren 18-Zoll-Felgen bügelt er die Straßen glatt, schluckt die meisten Unebenheiten entspannt weg und gibt trotzdem ausreichend Feedback vom Untergrund. Das ist große Ingenieurskunst. Passend dazu gefällt die ausreichend direkte Lenkung.
Navigationssystem serienmäßig
Auf den großen Sitzen ist man tief im Auto positioniert, hat aufgrund schmaler A-Säulen trotzdem eine gute Aus- und Rundumsicht beim Abbiegen. Nach schräg hinten blickt man aber stets nur auf die dominante, schräg stehende C-Säule. Da hilft die Rückfahrkamera, sie ihr (nachts oder bei schlechtem Wetter arg verpixeltes) Bild auf das neun Zoll große Display des Infotainmentsystems wirft.
Über den Touchscreen lässt auch das serienmäßige Navi bedienen. Kartengrafik und Rechenleistung wirken etwas altbacken. Das dürften viele Kunden aber gar nicht merken. Android Auto und auch kabelloses Apple CarPlay werden zuverlässig aktiviert und erlauben die Nutzung von Google Maps und Co.
Stufenheck? Nur am Kofferraumboden!
Der Honda Civic Advance bringt ein BOSE-Soundsystem mit, das (auch bei komprimierter Streaming-Musik) einen sehr guten Klang bietet. Das Kofferraumvolumen sinkt dann aber aufgrund der Bassbox von 410 auf 404 Liter.
Eine Stufe erschwert den Transport von sperrigen Lasten, wenn man mal die Lehnen der Rücksitzbank umklappen möchte. Der Grund: Unter der Sitzfläche steckt die Hybridbatterie, zu erkennen an den Lüftungsöffnungen.
Viel Platz, gute Verarbeitung
Auch große Passagiere haben hier in der zweiten Reihe viel Platz für Beine und Füße. Die nach hinten abfallende Dachlinie schränkt aber die Kopffreiheit ein. Isofix-Bügel liegen hinter einer Lasche, damit vermeidet man Beschädigungen am Sitzbezug. Nur ein Zeichen für die hochwertige Verarbeitung und Detailgenauigkeit im Civic-Innenraum. Die Kunststoffe fühlen sich nicht billig an. Im Cockpit gefällt die Wabenstruktur, unter der sich die verstellbaren Lüftungsdüsen verstecken. Das separate Bedienelement für die Klimaautomatik erlaubt mit satt rastenden Drehreglern und klar beschrifteten Tasten eine intuitive Bedienung während der Fahrt. Kein Wunder, dass auch die Lenkradheizung dort zu aktivieren ist, wo man den Knopf erwartet: Er sitzt in der unteren Speiche des Volants.
Das kostet der Honda Civic
Honda bietet den Civic in drei Ausstattungslinien an. Das Basismodell Elegance startet bei 31.900 Euro, hat dann u.a. Navigationssystem, Zweizonen-Klimaautomatik, Einparksensoren an Front und Heck sowie alle relevanten (und, man ahnt es: leicht bedienbaren) Fahrassistenzsystem an Bord. Darüber rangieren die Niveaus Sport (33.200 Euro) und Advance (36.600 Euro).
Wie so oft bei Importautos muss man zu teureren Versionen greifen, wenn man Wert auf einzelne Ausstattungsdetails legt. Andererseits müsste man jedes Auto auf Kundenwunsch erst produzieren und dann auf den Seeweg schicken. Sinnvolle Extras wie die Lenkradheizung, adaptives Fernlicht (kein Matrix-LED) und digitale Instrumente sind nur im Civic Advance zu haben. Dann fahren immer auch Schiebedach, elektrische Sitzverstellung und Lede-/Kunstlederbezüge mit.
Wie teuer ist die Konkurrenz?
Der Testwagen hat als einziges Extra die optionale Lackfarbe „Platinum White Pearl“, was den Listenpries auf 37.200 Euro erhöht. Fans von Modell und Marke dürften auf den Fotos und im Video zudem erkennen, dass dieser Civic Advance auf den schwarzen 18-Zoll-Felgen des Sport-Modells steht. Sie stecken in den Zubehör-Winterrädern.
Die Preise für den Civic wirken gesalzen. Auf den zweiten Blick relativieren sie sich aber zumindest im Vergleich zur Konkurrenz. Der mild hybridisierte Skoda Octavia Style kostet, mit etwas weniger Ausstattung, ab 36.510 Euro. Der Hyundai i30 Fastback Prime ist als 1.5 T-GDI Mildhybrid ab 34.060 Euro zu haben.
Fazit
Der Modellwechsel zur elften Generation hat dem Honda Civic eine weitere Verbesserung seiner guten Eigenschaften gebracht. Der Fünftürer ist geräumig und gut verarbeitet, bietet außerdem einen hohen Fahrkomfort. Der Hybridantrieb macht aus dem Japaner zwar keinen Sportler, ist aber ausreichend kräftig und – je nach Fahrprofil – sparsam. Trotz der komplexen Arbeitsweise funktioniert alles ohne Aufsehen und Mitdenken des Fahrers.
Wenn es also nicht immer nur ein SUV sein darf, ist der Honda Civic e:HEV durchaus eine Empfehlung wert.
Technische Daten
Honda Civic e:HEV Advance |
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Antrieb | Frontantrieb |
Hubraum | 1.993 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 105 kW / 143 PS bei 6.000 U/min |
Max. Drehmoment | 186 Nm bei 4.500 U/min |
Getriebe | Überbrückungskupplung |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 135 kW (184 PS) |
Elektromotor: Maximales Drehmoment | 315 Nm |
Tankinhalt | 40 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 8,1 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 5,0 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 6,2 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Continental Winter Contact 235/40 R18 |
Leergewicht | 1.533 kg |
Anhängelast (gebremst) | 750 kg, Stützlast 75 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.551 / 2.082 / 1.408 mm |
Grundpreis | 36.600 Euro |
Testwagenpreis | 37.200 Euro |