Facelift und stärkerer Hybrid-Antrieb: Der neue Honda Jazz im Test mit Video-Review.
Kleinwagen? Van? Crossover? Der Honda Jazz ließ sich noch nie in eine Schublade stecken. Selbst wenn er als Crosstar (mit zwei „s“, richtig) ein wenig der allgemeinen SUV-Euphorie verfallen bist, bleibt er sich auch in der 2020 gestarteten, aktuellen Generation treu.
Der Honda Jazz im Video
Unter der One-Box-Karosserie bietet er auf der Verkehrsfläche eines Kleinwagens mehr Platz als viele Kompakte und dazu ein durchdachtes Variabilitätskonzept mit seinen typischen „Magic Seats“. Sollte es einen AUTONOTIZEN-Podcast geben, in dem man das Jazz-Konzept ohne Bilder erklären müsste, könnte man am ehesten ein japanisches Kei-Car als Vergleich heranziehen, das aber ordentlich aufgeblasen wurde.
Drei Jahre nach dem Markstart spendiert Honda dem kleinsten Modell im europäischen Line-up ein Facelift. Dabei verliert er seine in Wagenfarbe lackierte Frontmaske. Wie zuvor schon der Jazz Crosstar tragen nun alle Varianten einen richtigen Kühlergrill. Außerdem gibt es neue Stoßfänger, die für ein leichtes Längenwachstum auf jetzt 4,09 Meter (Breite 1,97 Meter, Höhe 1,53 Meter) sorgen. Die Scheinwerfer mit ihrem typischen LED-Tagfahrlicht-Blick bekommen eine dunkle Einfassung.
Der Hochdach-Sportler
Neu im Programm ist die Ausstattungslinie Advance Sport. Sie bringt eine spezielle Gitterstruktur im Kühlergrill, hochglänzend-schwarze Einlagen an den Stoßfängern und Seitenschwellern, schwarze Außenspiegelkappen und dunkle 16-Zoll-Leichtmetallfelgen mit. Der Innenraum wird mit einer Kunstleder-Stoff-Ausstattung samt gelber Kontrastnähte ausgeschlagen, was gut zur optionalen Außenfarbe in „Urban Grey“ passt.
Auf optische Spezialitäten will sich der Honda Jazz Advance Sport nicht beschränken. Im Vergleich zu den anderen Modellen (Elegance, Advance, Crosstar Advance) hat er ein modifiziertes Fahrwerk mit steiferen Dämpfern und neu abgestimmten Federraten. Zudem erlaubt er die Feinabstimmung der Energie-Rekuperation mit Schaltwippen am Lenkrad. Das ist alltagsrelevanter als der neue Sport-Fahrmodus.
Und damit sind wir mittendrin im Alltagstest des Honda Jazz Advance Sport. Auch den kleinsten Honda ziert das e:HEV-Symbol am Heck. Der Hybridantrieb ist die einzige Alternative für den Fünftürer.
Hybrid mit Leistungszuwachs
Im Zuge des Facelifts wurde die Technik überarbeitet, dazu gab es eine Leistungssteigerung. Als primärer Antriebsmotor dientweiterhin eine Elektro-Maschine. Deren Leistung stieg um 18 kW auf jetzt 90 kW (122 PS), das Drehmoment bleibt mit 253 Newtonmetern unverändert.
Auch der Benziner wurde stärker. Der 1,5 Liter große Vierzylinder leistet jetzt 79 kW / 107 PS anstelle der bisherigen 72 kW / 98 PS. In den meisten Fällen arbeitet der Verbrenner als Teil einer seriellen Hybrid-Anordnung an der Energiebereitstellung. Der erzeugte Strom wird über eine kleine Batterie dem Elektromotor zur Verfügung gestellt. Ein weiterer E-Motor kümmert sich anstelle einer sonst üblichen CVT-Automatik um das Zusammenspiel.
Wie funktioniert der Honda-Hybrid?
Je nach Strombedarf steigert das System die Drehzahl des Vierzylinders. Um das Geräuschniveau nicht zu sehr vom Fahrgefühl zu entkoppeln, haben die Ingenieure virtuelle Schaltstufen programmiert.
Damit ist die Erklärung des Honda-Hybridsystems noch nicht zu Ende. Zusätzlich zur seriellen Arbeitsweise gibt es auch Szenarien, bei denen der Verbrenner seine Kraft auch direkt an die Vorderräder schicken kann. Dann spricht man von einem parallelen Hybrid. Bei Geschwindigkeiten ab rund 80 km/h schließt eine Überbrückungskupplung, lenkt den Kraftfluss somit vom Benziner an die Räder. Aber nur bis 120 km/h. Darüber kümmert sich wieder die E-Maschine um Vortrieb und der Verbrenner um die Stromerzeugung. Dieses Prinzip ist bei hohem Tempo, bis hin zur Höchstgeschwindigkeit, effizienter als das parallele Hybrid-Prinzip.
Auf der Straße gestaltet sich der Umgang mit dem Honda Jazz wesentlich einfacher, als es anhand dieser langen Beschreibung klingt. Einsteigen, den Wählhebel auf „D“ stellen und es geht los. Der Japaner fühlt sich – im Fernvergleich mit dem Vor-Facelift-Modell – etwas kräftiger an, reagiert direkter auf Fußbewegungen am Fahrpedal. Innerorts und auch auf der Landstraße ist man erstaunlich oft und über weite Strecken ohne Zutun des Benzinmotors unterwegs.
Ruhe und Raum
Unabhängig vom aktuellen Funktionsprinzip ist aus der Technikabteilung kaum etwas zu hören, sofern man dem Jazz nicht die Sporen gibt. Beim entspannten Reisen gefallen die komfortablen Sitze und die logische Bedienstruktur im Cockpit. Das Klima und die Sitzheizung lassen sich über physische Tasten und Regler intuitiv steuern. Auch der Aufbau des Menüs im Infotainment-Display mit Touchscreen-Funktion wirft keine Fragen auf.
Vor dem Beifahrer stehen zwei kleinere anstelle eines großen Handschuhfachs bereit. Während unter die Bordliteratur ihren Platz hat, lassen sich weiter oben hinter der stabilen Klappe Dinge des täglichen Bedarfs verstauen. Die schmalen Dachsäulen und große Fensterflächen sorgen für eine optimale Rundumsicht – vor allem beim Abbiegen im Stadtverkehr eine Wohltat.
Nicht nur vorne lässt es sich entspannt aushalten. Auch im Fond finden selbst große Passagiere üppige Platzverhältnisse und eine bequeme Bank vor. Die Isofix-Bügel zur Montage von Kindersitzen sind gut erreichbar. Das Anschnallen des Nachwuchses wird durch die weit öffnenden Türen vereinfacht.
Wie eingangs erwähnt bringt auch der aktuelle Honda Jazz die typischen „Magic Seats“ mit hochklappbaren Sitzflächen mit. Wer Topfpflanzen, Flachbild-Fernseher oder kleine Fahrräder transportieren möchte, freut sich über diesen Variabilitätstrick. Hinter der Kofferraumklappe steht ein mit 304 Litern Volumen nur durchschnittlich großer Gepäckraum zur Verfügung.
Schade: Schon mit aufrechtstehender Lehne der Rücksitzbank ist eine Stufe im Boden vorhanden. Sie bleibt auch nach dem Umklappen der Lehnenteile im Raum, dahinter geht es jedoch topfeben in Richtung erste Reihe. Die „Magic Seats“ können nämlich auch die Sitzfläche absenken, um den ebenen Laderaum zu ermöglichen.
5,5 Liter Testverbrauch
Mit dem Facelift bekam der Honda Jazz erstmals eine Anhängelast. Sie fällt mit 500 Kilogramm zwar gering aus, reicht aber für kleine Einachser zum Baumarktbesuch oder Gartenabfälle. Wichtiger: Mit einer Anhängerkupplung aus dem Zubehör lässt sich jetzt auch ein Fahrradträger montieren. Eine Angabe zur Stützlast fehlt jedoch in den aktuellen technischen Daten.
Im Testzeitraum herrschten winterliche Temperaturen, die der maximalen Effizienz eines elektrifizierten Antriebs entgegenwirken. Trotzdem zeigt sich der Honda Jazz e:HEV sehr genügsam. 5,5 Liter auf 100 Kilometer flossen im Durchschnitt in die Brennräume. Damit liegt er nur leicht über dem WLTP-Normwert von 4,7 Litern. In wärmeren Jahreszeiten und mit einem höheren Anteil von Stadtfahrten im Alltags-Mix sollten locker Werte von fünf Litern oder weniger möglich sein.
Ausstattung und Preise
Bevor man sich an Fahrkomfort, Raumangebot und Sparsamkeit des Honda Jazz erfreuen kann, gilt es, den Kaufpreis zu verdauen. Wie andere Modelle der japanischen Marke ist auch er spürbar teurer geworden. In der Basisversion Elegance kostet der Jazz aktuell (Stand Dezember 2023) ab 26.800 Euro.
Ein Multimedia-System mit Smartphone-Integration (Apple CarPlay ohne, Anroid Auto mit Kabelverbindung), Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer, Fernlichtassistent, Rückfahrkamera, Spurhalteassistent und Regensensor zählen zur recht kompletten Serienausstattung.
Für 28.750 Euro (also 1.950 Euro mehr) bringt der Jazz Advance u.a. ein werksseitiges Navigationssystem, Lenkradheizung, schlüssellosen Zugang, Totwinkel-Überwachung mit Querverkehrswarner und 16 statt 15 Zoll großer Leichtmetallfelgen mit. Zum Advance Sport wird diese Ausstattungslinie gegen Zahlung weiterer 1.100 Euro, insgesamt also 29.850 Euro. Zu den optischen Zutaten für den sportlicheren Look und den speziellen Polsterbezügen sind die Lenkrad-Wippen zur Einstellung der Energie-Rekuperation der Pluspunkt des Sport-Pakets. Mit dem wird der Honda Jazz aber fast so teuer wie der Crosstar Advane (29.950 Euro).
Kaufberatung
Hohe Preise für einen Kleinwagen, die zeigen, dass der Honda Jazz so nicht verstanden werden will. Objektiv betrachtet sollte man sich bei Interesse am hoch aufragenden Japaner in der Tat vom Klassendenken verabschieden und gar nicht erst versuchen, den Jazz doch irgendwie in eine Schublade zu packen.
Er bietet mehr Platz für die Passagiere als viele deutlich größere Autos, mehr Rundumsicht als sämtliche SUV und eine hochwertige Verarbeitung. Zu seinen Mitbewerbern zählen also nicht unbedingt Opel Corsa, Hyundai i20 und Co. Vielmehr ist der Honda Jazz die Antwort auf Mobilitätsbedürfnisse von Menschen, die praktische Autos zu schätzen wissen und nicht protzen wollen.
Wer im Winter auf ein gewärmtes Lenkrad verzichten kann und dem eigenen Schulterblick mehr traut als dem Totwinkelwarner (ohne die Notwendigkeit dieses Assistenzsystems in Abrede stellen zu wollen), dabei lieber mit der Smartphone-App navigiert als mit dem Honda-System, für den dürfte der Honda Jazz Elegance als treuer Alltagsbegleiter ausreichen. Mit den 15-Zöllern spart er, im Vergleich zum Jazz Advance, nach WLTP-Norm immerhin 0,1 Liter Supersprit auf 100 Kilometer ein. Die einzige Gratis-Farbe ist leider ein pflegeintensives Schwarz. Blau, Rot und Weiß kosten zwischen 790 und 990 Euro Aufpreis, das hier gezeigte „Urban Grey“ gibt es, wie geschrieben, nur für den Jazz Advance Sport.
Fazit
Der Honda Jazz gilt nach wie vor als Geheimtipp, nicht nur im Segment der Kleinwagen. Mit seinem großzügigen Raumangebot, dem sparsamen Hybridantrieb und kompletter Serienausstattung macht der kleinste Honda vieles richtig. Das gilt auch für das Facelift-Modell, das mit dem überarbeiteten Hybridsystem souveräner wirkt als der Vorgänger.
Die neue Ausstattungslinie Advance Sport sorgt für einen dynamischeren Auftritt. Ob der zum Konzept des Honda Jazz passt, oder nicht, muss jeder Interessent für sich entscheiden. Den selbstbewussten Preisen des Japaners kann man immerhin mit der Wahl des Basismodells Elegance begegnen. Hier ist schon (fast) alles enthalten, was man im Auto-Alltag benötigt.
Technische Daten
Honda Jazz e:HEV |
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Antrieb | Frontantrieb |
Abgasnorm | Euro 6d |
Hubraum | 1.498 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 79 kW / 107 PS bei 6.000 - 6.400 U/min |
Max. Drehmoment | 131 Nm bei 4.500 - 5.000 U/min |
Getriebe | Überbrückungskupplung |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 90 kW (122 PS) |
Tankinhalt | 40 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 9,6 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 4,7 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 5,5 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | 185/55 R16 |
Leergewicht | 1.314 kg |
Anhängelast (gebremst) | 500 kg / Dachlast 35 kg / Stützlast n.a. |
Länge / Breite / Höhe | 4.089 / 1.966 (mit Außenspiegeln) / 1.526 mm |
Grundpreis | 26.800 Euro (Basispreis Baureihe) | 29.850 Euro (Jazz Advance Sport) |
Testwagenpreis | 30.640 Euro |