Kia Niro EV Neue Schale, guter Kern

Der neue Kia Niro EV im ersten Fahrbericht mit Video-Review.

Während einige Autohersteller in diesen Wochen ihre ersten kompakten, alltagstauglichen Elektroautos zu den Händlern bringen, rollt bei Kia bereits die zweite Generation des Niro an. Vor sechs Jahren läutete der e-Niro, gemeinsam mit dem Konzernbruder Hyundai Kona Elektro, die Zeit der Batteriefahrzeuge mit brauchbaren Reichweiten zu vertretbaren Preisen ein.

Der Kia Niro EV im Video

Beim Modellwechsel sahen die Koreaner keinen Grund, den Niro von Grund auf neu zu erfinden. Er basiert in weiten Teilen auf dem Vorgänger. Erneut wird der Kia Niro als Hybrid, Plug-in Hybrid und vollelektrische Variante angeboten. Sie heißt fortan Kia Niro EV.

Das einstige Basismodell mit kleinem Akku (39,2 kWh) und 100 kW-Motor entfällt. Künftig hat der kompakte Crossover stets eine leicht von 64 auf 64,8 kWh vergrößerte Batterie an Bord, die Energie für den maximal 150 kW (204 PS) starken Elektromotor liefert. Der treibt die Vorderräder an.

Strom nehmen und geben

In der leicht gewachsenen Karosserie (4,42 statt 4,36 Meter Länge) fanden die Konstrukteure jetzt Platz für ein kleines Staufach unter der vorderen Haube, neudeutsch „Frunk“ (Front-Trunk, vorderer Kofferraum) genannt. 20 Liter Stauraum nehmen hier das Ladekabel und den V2D-Adapter (Vehicle-to-Device) auf. Nach Hyundai Ioniq 5, Genesis GV60 und Kia EV6 kann auch der Niro künftig elektrische Geräte mit Strom versorgen. Maximal 3 kW Ladeleistung kann er abgeben. Im Notfall lässt sich damit auch ein gestrandetes Elektroauto flottmachen.

Am Schnelllader lässt sich der Niro etwa 43 Minuten Zeit, um den eigenen Akku auf 80 Prozent Speicherkapazität zu laden. Hier ist weiterhin eine 400-Volt-Technologie an Bord, die maximale Ladeleistung ist somit begrenzt. Für Kunden, die ihr Elektroauto nicht zum Abreißen von Langstrecken nutzen, dürfte das aber mehr als ausreichend sein, zudem spendiert Kia dem Niro EV neben der Wärmepumpe auch eine Vorkonditionierung des Akkus. 460 Kilometer Reichweite gibt der Hersteller als Normwreichweite im WLTP-Messzyklus an.

Auf den ersten Testkilometern konnten wir den Alltagsverbrauch und die tatsächliche Performance an der Säule noch nicht testen, wohl aber einen guten Eindruck vom Fahrzeug bekommen. Schon der Vorgänger bot viel Komfort auf der Straße. Das gilt auch für den neuen Niro EV. Das Fahrwerk bietet in Verbindung mit den serienmäßigen 17-Zoll-Rädern viel Komfort, kurze Wellen und auch Querfugen werden gut weggebügelt. Das Feedback der Lenkung ist für ein Alltagsauto mehr als ausreichend. Der vorne unterbrachte E-Motor treibt den rund 1,8 Tonnen schweren Niro EV kompetent voran. Bei „Vollstrom“ auf dem Fahrpedal ringen die Vorderräder bei feuchtem Asphalt kurz um Traktion, bevor die sauber abgestimmte Stabilitätskontrolle eingreift.

Antrieb, Abstimmung und Komfort lassen keinen Raum für Kritik. Das Design der Neuauflage darf aber zumindest diskutiert werden. Vom unauffälligen Charakter der ersten Generation ist der neue Kia Niro mit weit außenliegenden Hauptscheinwerfern, einem sehr cleanen Heck und der optional in Kontrastfarbe lackierten C-Säule weit entfernt.

Lederfreies Interieur

Kia Niro EV Test Fahrbericht Video Review 2022

Der tierfreie Innenraum mit hellen Farben wirkt nicht nur auf den ersten Blick arg kostenkontrolliert. Harte Kunststoffflächen liegen teils deutlich im Blickfeld der Insassen, zum Beispiel in den Türverkleidungen.

Die beiden großen Displays im Cockpit sind, ebenso wie die eingängige Menüstruktur des Touchscreens, von anderen Kia-Modellen wie dem Sportage bekannt. Fahrer und Beifahrer haben vor den Monitoren viel Platz. Im Fond fällt der Abstand von Rücksitzbank zum Innenboden für große Passagiere etwas gering aus, man muss die Beine stark anwinkeln.

Das kostet der Kia Niro EV

Kia Niro EV Test Fahrbericht Video Review 2022

Zum Marktstart gibt es den elektrischen Kia Niro nur in einer sehr gut bestücken Ausstattungslinie mit dem Namen Inspiration. Navigationssystem, Wärmepumpe, Spurhalteassistent und Lenkradheizung gehören zur langen Liste der ab Werk enthaltenen Ausstattungselemente.

47.590 Euro beträgt der Listenpreis des Kia Niro EV Inspiration. Zufälligerweise (?) liegt er damit gerade noch so im Rahmen, um aktuell die maximale Elektroauto-Förderung in Höhe von 9.570 Euro (bis zu einem Netto-Listenpreis von 40.000 Euro, 47.600 Euro brutto) möglich zu machen. Günstigere Ausstattungslinien folgen mit Zeitversatz.

Fazit

Kia Niro EV Test Fahrbericht Video Review 2022

Es gab keine Notwendigkeit, den erfolgreichen Kia Niro von Grund auf zu erneuern. Das hat der Hersteller erkannt und gut umgesetzt. Die zweite Generation bringt ein modernes Interieur mit aktueller Connectivity mit, Reichweite und Elektroantrieb reichen für den Alltag aus. Das Design ist Geschmackssache, die Anfassqualität einiger Kunststoffe im Innenraum aber leider auch objektiv zu hinterfragen.

Technische Daten

Kia Niro EV Inspiration

Antrieb Frontantrieb
Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 150 kW (204 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment 255 Nm
Batterie 64,8 kWh Lithium-Ionen
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) 11 kW
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) ca. 85 kW
Beschleuningung 0-100 km/h 7,8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 167 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 16,2 kWh
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km 18,9 kWh (lt. Bordcomputer)
Reifenmarke und –format des Testwagens Continental EcoContact 6Q 215/55 R17
Leergewicht 1.757 - 1.814 kg
Anhängelast (gebremst) 750 kg, Stützlast 100 kg
Länge / Breite / Höhe 4.420 / 1.825 / 1.570 mm
Grundpreis 47.590 Euro
Testwagenpreis 53.450 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Matthias Gill, Bernd Conrad