Der Maserati Ghibli Trofeo mit 580 PS im Alltagstest. Sportwagen oder Limousine?
Direkte Ansprache. Mit Nachdruck und deutlichem Ton. So verschafft man sich Respekt, der Maserati Ghibli Trofeo macht es vor. Er brüllt Dich nicht an, er flüstert Dir aber auch nichts ins Ohr. Sobald man den großen Startknopf links vom Lenkrad drückt, zeigt dir der V8 unter der Motorhaube, auf wen du dich einlässt.
Das Topmodell der Ghibli-Baureihe hält auch weiterhin am doppelt aufgeladenen V8-Motor fest. Zumindest so lange, wie es die Kooperation mit der emanzipierten Ex-Konzernschwester Ferrari erlaubt. Dort wird das Triebwerk nämlich im Auftrag aus Modena zusammengebaut.
580 PS an die Hinterräder!
427 kW oder, in alter Währung, 580 PS und 730 Newtonmeter Drehmoment lesen sich schon als Zahlen in der Datentabelle respektabel. In der Realität fühlt sich das aber nochmals dramatischer an. Es reicht eine minimal feuchte Straße, um die große Oberklasselimousine selbst bei hohem Tempo mit nur halbschwerem Gasfuß zum Heckwackler zu motivieren. Nur kurz, bevor die Fahrassistenz eingreift. Den scharfen „Corsa“-Fahrmodus lassen wir unberührt, denn er gehört wirklich nur auf die Rennstrecke.
„Sport“ also, ansteuerbar über eine Taste in der breiten, im Trofeo mit Carbondekor bedecken Mittelkonsole. Dieser Fahrmodus spitzt den basslastigen Sound aus der vierflutigen Abgasanlage an, die Dämpferabstimmung des elektronisch geregelten Skyhook-Fahrwerks wird verbindlicher.
Die ZF-Achtgangautomatik ist stets mit der richtigen Zahnradpaarung zur Stelle, es ist fast schade um die (optionalen) Carbon-Schaltpaddels am Lenkrad. Sie stehen starr, drehen sich also nicht mit. Das kennt man nicht nur von Ferrari, sondern auch von Alfa Romeo.
326 km/h Topspeed
Dort haben sie mit der Giulia Quadrifoglio, bei der ein gekappter Ferrari-Motor als 2,9-Liter-V6 510 PS an die Hinterräder schickt, ein ganz schönes Biest in der Garage. Warum das erwähnt wird? Nun, wer schon mal Giulia Quadrifolgio gefahren ist, der erkennt im Ghibli Trofeo, dass irgendwie doch immer mehr geht. Mehr Schweiss an den Handinnenflächen. Mehr Herzschlag. Mehr Tempo.
326 km/h schnell ist der schwere Brocken. Viel beeindruckender ist aber, mit welcher Leichtigkeit der Maserati Ghibli Trofeo auf einer leeren Autobahn dieses Tempo erreicht. Unbeeindruckt wechselt das Getriebe bei 290 Sachen noch die Gangstufe. Das Auto ist entspannt, der Fahrer nicht mehr so. Denn bei diesem Tempo werden selbst drei leere Fahrstreifen zur engen Gasse.
Aber es sind nicht die Vollgaseskapaden, mit denen man (leicht gestrig?) Spaß haben kann. Auf kurvigem Straßenverlauf, gerne mit Kuppen garniert, legt der Maserati Ghibli Trofeo schnell seine Pfunde ab. Gefühlt zumindest. Es ist stets genug Leistung da, die Lenkung arbeitet wunderbar direkt. Nur in engen Kehren oder bei starker Verzögerung spürt man plötzlich, dass Gewicht und Geschwindigkeit doch für Trägheit sorgen. Immerhin greift die Performance-Bremsanlage mit gelochten Bremsscheiben (vorne aus Verbundmaterial) beherzt zu. Volle Kontrolle hat man also immer, auch wenn die Powerlimousine die Pirellis gerne als Radiergummis missbrauchen würde.
Boxenstopp. Pro 100 Kilometer Fahr(spaß)strecke gurgelt sich der Italiener im Testalltag 16,5 Liter Sprit in den Tank. Das ist viel und bringt uns jetzt dazu, doch noch einen Hinweis zum Test des Maserati Ghibli Hybrid einzubauen. Der Vierzylinder (!) mit 330 PS ist dann zumindest im Verhältnis hierzu deutlich sparsamer.
Modernes Infotaimment
Unabhängig von der Motorisierung kann der Maserati Ghibli sein konstruktives Alter an manchen Stellen nicht leugnen. Trotz fast fünf Meter Blech außenherum geht es im Innenraum vone maßgeschneidert zu, im Fond ist es deutlich zu eng.
Seit dem letzten Facelift ist das Infotainment auf der Höhe der Zeit. Der große Bildschirm bietet eine sehr gute Auflösung, die Menüführung ist meist logisch und schnell erlernbar. Das Smartphone lädt in einer eigenen Schublade induktiv Strom, während die kabellose Apple CarPay-Anbindung den Zugriff auf Musikstreaming und mehr erlaubt.
Doch so toll das optionale Bowers & Wilkins – Soundsystem mit 1.280 Watt und 15 Lautsprechern selbst bei komprimierter Streaming-Musik klingt – heute bleibt die Anlage aus. Denn wieder wird der Startknopf gedrückt, dann der für den Sportmodus… und tschüss!
Das kostet der Maserati Ghibli Trofeo
133.816 Euro nennt Maserati als Grundpreis für das V8-Topmodell des Ghibli. Damit ist er fast doppelt so teuer wie der Ghibli GT Hybrid (nach der jüngsten Preiserhöhung ab 76.160 Euro). Mit einigen netten Extras wie Kohlefaser außen und innen, Fahrassistenzpaket, Metalliclackierung, roten Bremssätteln und mehr schraubt sich der Listenpreis des Testwagens auf 152.309 Euro (Modelljahr 2021).
Viel Geld für ein Auto. Aber nicht zu viel für eine Limousine, die den zusätzlichen Kauf eines reinrassigen Sportwagens erspart. Denn hier hat man beides in einem.
Fazit
Der Maserati Ghibli Trofeo ist mit seinem formidablen V8-Motor ein toller Sportwagen im Kleid einer Oberklasselimousine. Infotainment und Verarbeitung sind auf gutem Niveau. Mit dem engen Innenraum zeigt sich aber langsam das Alter des seit 2013 gebauten Ghibli. Immerhin hat Maserati es nicht versäumt, mit aktuellen Fahrassistenten und adaptivem LED-Licht nachzulegen. Auch dafür verdient er in seinem Alter Respekt.
Kleiner Bruder im Video: Maserati Ghibli Hybrid
Technische Daten
Maserati Ghibli Trofeo |
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Hubraum | 3.799 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | V8 |
Maximale Leistung kW / PS | 427 kW / 580 PS bei 6.750 U/min |
Max. Drehmoment | 730 Nm bei 2.250 - 5.250 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 4,3 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 326 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 12,3 - 12,6 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 16,5 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Pirelli P Zero 235/35 ZR21 vorne / 285/30 ZR21 hinten |
Leergewicht | 1.960 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.971 / 1.945 / 1.461 mm |
Grundpreis | 133.816 Euro |
Testwagenpreis | 152.309 Euro (Modelljahr 2021) |