Was kann der Maserati Grecale? Ein erster Fahrbericht mit Video-Review liefert Antworten.
Maserati, im Geflecht des Stellantis-Konzerns für Sportwagen und Premiumautos „made in Italy“ zuständig, will bis zum Jahr 2030 das komplette Modellprogramm auf Elektroautos umstellen. Da wirft doch die Vorstellung eines neuen SUV mit Benzinern im Sommer 2022 Fragen auf, oder?
Die grundsätzliche Antwort ist schnell gefunden. Maserati muss, nicht nur für die anstehende Transformation, Geld verdienen. Und das gelingt dieser Tage halt mit SUV am besten. Zumal dann, wenn man für den neuen Grecale auf Konzerntechnik in Form der Giorgio-Plattform (Alfa Romeo Stelvio) zurückgreifen kann, die weiterentwickelt wurde.
Lust auf das Video zum Grecale?
Jetzt startet der Maserati Grecale in drei Varianten als mild hybridisierter Vierzylinder und als V6. Schon 2023 soll er als erste Baureihe hinter dem Dreizack dann auch mit reinem Elektroantrieb starten. Die E-Variante heißt Grecale Folgore (Blitz). Das Timing ist kein Zufall. Auch Konkurrent Porsche plant, im kommenden Jahr den elektrischen Macan an den Start zu schicken. Wenn nicht die Probleme bei der Software-Entwicklung im Volkswagen-Konzern den Start nach hinten schieben.
Zurück zum Maserati Grecale. Für erste Testfahrten rollte er als GT an. Hinter diesem Kürzel verbirgt sich die Basisversion. Der elektrifizierte Zweiliter-Vierzylinder-Benziner leistet 221 kW / 300 PS. Damit hält er Respektabstand zu den 330 PS in Ghibli und Levante sowie zum Grecale Modena.
Was bietet er im Innenraum?
In der 4,85 Meter langen Karosserie haben die Konstrukteure ein üppiges Raumangebot realisiert. Große Menschen sitzen vorne mit viel Bewegungsfreiheit, auch hinten freut man sich über üppigen Beinraum und eine bequeme Bank. Bei Autos mit Panorama-Glasschiebedach, der Testwagen war mit dieser Option bestückt, leidet aber die Kopffreiheit.
535 Liter schluckt der Kofferraum bei den Mildhybrid-Versionen. Das geräumige Abteil im Heck ist zudem auch an den Seiten mit hochwertigem Teppich ausgeschlagen. Die Lehnen der Rücksitzbank lassen sich federvorgespannt umklappen.
Und die Bedienung?
Im Cockpit des Maserati Grecale hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Sie macht auch vor der zentralen Uhr nicht halt. Ihr analoges Ziffernblatt tauscht sie gegen ein Display, dessen Inhalte sich auf einem der beiden Touchscreens in der Mittelkonsole konfigurieren lassen. Neben unterschiedlichen Anzeigen für die Uhrzeit kann man hier auch Kompass, Pedalweg (Bremse oder Gas) und Fliehkräfte anzeigen lassen. Auch Licht- und Klimafunktionen werden hier auf Fingertipp eingestellt, teilweise reagiert der Monitor aber leicht zeitversetzt.
Eine Etage weiter oben surft man durchs Infotainmentsystem. Klar aufgelöst zeigen sich nicht nur Navigationskarte und Fahrzeugdaten, sondern auch die Energieflussanzeige. Apple CarPlay und Android Auto erlauben die Integration des Smartphones auch kabellos.
Physische Tasten findet man auf dem Multifunktionslenkrad, inklusive von Alfa Romeo geholtem Startknopf. Der Drehregler für die Einstellung der Fahrmodi erinnert an Porsche. Außerdem lässt sich hier die Dämpferabstimmung des optionalen Skyhook-Fahrwerks mit adaptiven Funktionen straffen.
Die digitalen Instrumente hinter dem Lenkrad lassen sich in verschiedenen Layouts darstellen, außerdem kann man sich hier auch die Routenführung und Informationen zur Fahrassistenz ins Blickfeld holen.
Das Head-up-Display, Teil eines Optionspakets, hat im Testwagen leider nicht funktioniert. Bei der Aktivierung der Anzeige über die Fahrzeugmenüs hörte man einen Stellmotor, aber die Anzeige erschien nicht.
Wie fährt sich der Vierzylinder?
Nach dem Motorstart röchelt der Grecale kurz frech aus den vier dicken Endrohren. Das war es dann aber auch mit dem Soundcheck. Innen und außen klingt der GT, wie so ein Vierzylinder-SUV eben klingt. Im Sportmodus lassen Gangwechsel der fixen Achtgang-Automatik bei voller Beschleunigung immerhin eine kurze Bass-Fanfare ertönen.
Schnell ist der Grecale GT, unabhängig vom Fahrmodus. Mit 450 Newtonmetern maximalem Drehmoment liegt stets mehr als genug Vortrieb an. In 5,6 Sekunden sind, den Werksangaben zufolge, 100 km/h erreicht, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 240 km/h. Das Fahrwerk sorgt, wenn man die weniger straffe Dämpferabstimmung wählt, für viel Komfort. Trotzdem kommt hier ausreichendes Feedback von der Straße an, was auch für die Lenkung gilt.
Seine Größe kann der Grecale, auch bedingt durch die sehr hohe Sitzposition, aber nie kaschieren. Ein etwas kleinerer Porsche Macan fühlt sich im Kurvengeschlängel stets deutlich kompakter an.
Und der Verbrauch?
Der Mildhybrid-Antrieb soll für mehr Effizienz sorgen und den CO2-Ausstoß senken. Mit 8,7 bis 9,2 Litern nach WLTP-Norm ist der Grecale aber schon auf dem Prüfstand ein Asket. Nach den Testfahrten stand ein Wert von 11,4 Litern je 100 Kilometer in der Anzeige des Bordcomputers. Damit liegt er nur knapp über dem Alltagstestwert des mit 265 PS deutlich schwächeren Porsche Macan . Das ändert aber nichts daran, dass der Verbrauch wenig zeitgemäß ist.
Wer soll das kaufen?
Mit dem Grecale fährt die Marke im heißumkämpften Markt der Premium-Mittelklasse-SUV vor. Der Porsche Macan dürfte Benchmark und Hauptgegner sein. Aber auch Menschen, sie sich für einen höher motorisierten Audi Q5, BMW X3 oder Mercedes-Benz GLC interessieren, stehen im Fokus.
Die Herausforderung dabei: Oft werden diese Autos als Firmenwagen geleast. Neben „Car Policies“ der Arbeitgeber, die bestimmte Marken oder Markengruppen vorschreiben dürften auch stark subventionierte Leasingraten der etablierten Marken einer großen Verbreitung des Grecale in Fuhrparks entgegenstehen. Davon kann auch der Genesis GV70 ein Lied singen.
Was kostet der Grecale?
Da versucht Maserati erst gar nicht, mit günstigen Preisen den eigenen Anspruch zu verwässern. 71.519 Euro kostet das Einstiegsmodell Grecale GT. Zum Vergleich: Der Vierzylinder-Macan mit 265 PS startet bei 64.494 Euro.
Wie die deutschen Premium-Mitbewerber offeriert auch Maserati eine Fülle von Optionen, die den Grecale individueller, sportlicher und komfortabler machen. Der umfangreich ausgestattete Testwagen hat einen stolzen Listenpreis von 96.652 Euro.
Wie lautet das Fazit?
Der Maserati Grecale ist der logische Schritt, um für die Marke höhere Absatzzahlen und damit mehr Umsatz zu generieren. Den Levante dürfte er in der Statistik als meistverkaufter Maserati schnell ablösen. Aber: Vom größeren Bruder wurden 2021 in Deutschland gerade einmal 382 Autos zugelassen.
Im heiß umkämpften Markt der Mittelklasse-SUV stellt sich der Maserati Grecale einer harten Konkurrenz. Er punktet mit viel Platz für Passagiere und Gepäck sowie einem logischen Bediensystem. Bei der Verarbeitung ist, zumindest nach Begutachtung des Testwagens aus früher Serie, noch Luft nach oben. Der Basisantrieb ist ausrechend schnell, aber überraschend emotionslos. Ob die Kunden bereit sind, die selbstbewussten Preise zu zahlen, wird sich zeigen.
Technische Daten
Maserati Grecale GT |
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Antrieb | Allradantrieb |
Hubraum | 1.995 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 221 kW / 300 PS bei 5.750 U/min |
Max. Drehmoment | 450 Nm bei 2.000 - 4.000 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Tankinhalt | 64 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 5,6 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 240 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 8,7 - 9,2 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 11,4 Liter (lt. Bordcomputer) |
Leergewicht | 1.870 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.846 / 1.948 / 1.670 mm |
Grundpreis | 71.519 Euro |
Testwagenpreis | 96.652 Euro |