Nissan Qashqai In aller Freundschaft

In aller Freundschaft

In den 80ern und 90ern zählte Nissan zu den sogenannten Vollsortimentern. Die erfolgreiche Sunny-Baureihe war ein ernstzunehmender Golf-Konkurrent, dazu gab es Mittelklassefamilien von Bluebird und später Primera, den ersten kompakten Van mit Schiebetüren (Prairie, später Prairie Pro) und auch den ersten SUV-Ansatz mit dem Terrano. Dann kamen Almera und ein zu runder Primera, noch dazu in nur zweitbester Qualität und die Verkaufszahlen gingen in den Keller. Nissan beschloss, sich in Europa aus den klassischen, wettbewerbsintensiven Segmenten zurückzuziehen und neue Nischen zu besetzen. Eine war die der kompakten Crossover. 2006 feierte der erste Qashqai Premiere und avancierte vom Start weg zum Publikumsliebling. In diesem dann plötzlich doch auch wieder wettbewerbsintensiven Umfeld kam im Frühjahr 2014 die zweite Modellgeneration auf den deutschen Markt.

Nissan Qashqai

Die erfolgreichste Nissan-Modellreihe steht als Sondermodell „360°“ zur Ausfahrt bereit. Der Name der Edition ist schnell erklärt: Dieser Qashqai spielt mit einer 360-Grad Kamera gerne Autotetris in Parkhäusern und Tiefgaragen.

Die Hardware präsentiert sich in Form eines 1,6 Liter Diesel mit 130 PS und Frontantrieb. Der Motor ist ein angenehmer Geselle und reicht, dem ruhigen Charakter des Autos entsprechend, voll und ganz aus. Nein, Bäume reißt er nicht aus, aber bei der Frage Qashqai oder GTI gibt es kein „entweder“.

Sonor brummend, dabei aber nicht unangenehm laut oder gar nagelnd, bringt der 1600er von Allianzpartner Renault den Nissan voran. Allzu große Sportambitionen werden neben der überschaubaren Leistung auch vom langen Kupplungsweg und dem wenig knackigen Sechsgangschaltgetriebe im Keim erstickt. Macht aber nichts, mit dem Qashqai lassen wir es gerne gemütlich angehen. Der Fahrer blickt über die Motorhaube, deren zwei Blechknicke dominant im Blickfeld liegen und ein Gefühl der Solidität vermitteln. Die Sitze sind sehr groß und bieten einen guten Komfort. Nett ist die (Kunst-) Lederbespannung an der Mittelkonsole, dort, wo des Fahrers und Beifahrers Knie gerne mal auf Tuchfühlung gehen. Ansonsten erspart sich der Qashqai-Innenraum Pseudo-Premium-Gehabe. Alles ist ordentlich und knisterfrei zusammengesteckt und sieht OK aus.

Trotz der 18-Zoll-Felgen des Sondermodells bietet das Fahrwerk einen gemütlichen Federungskomfort. Auch sonst will der Qashqai auf keinen Fall aufregen. Die Außenspiegel sind schön groß, so dass man darin neben den Pausbacken am Heck auch das Verkehrsgeschehen wunderbar betrachten kann. Im Fond bietet er ausreichend Platz für lange Beine und eine angenehm hohe Sitzposition, so dass die Knie nicht zu stark angewinkelt werden müssen. Ganz hinten findet sich ein typischer Kompaktklassekofferraum mit 430 Litern Volumen und doppeltem Ladeboden. Das große Panoramaglasdach lässt sich leider nicht öffnen. Die 750 Euro Aufpreis, neben der Metalliclackierung übrigens die einzige Option, kann man sich getrost sparen.

Sparen kann man sich auch sonst große Kritik am Nissan, Made in Great Britain. Wenn etwas nervt, dann ist es der serienmäßige Spurhalteassistent. Der reagiert nämlich erst, wenn die Räder den Seitenstreifen bereits überfahren haben und beschränkt sich dann auf einen schüchternen Ton aus dem Downloadordner „Wecker Gepiepe, Best of 2002“. Ähnlich antiquiert wirkt die Auflösung der Rückfahrkamera und der 360-Grad-Ansicht. Andererseits sitzt man ja auch nicht parkend im Auto, nur weil zu Hause der Ultra-HD-Fernseher noch kein passendes Bild liefert.

Das autonotizen.de Urteil zum Qashqai ist schnell gesprochen: Er ist ein Begleiter für Menschen, die sich nicht 24 Stunden am Tag mit dem Thema Auto beschäftigen (wollen). Er erfüllt seinen Zweck, und das sehr gut und auf angenehme Art und Weise. Der entspannende Qashqai ist eine gute Wahl für Paare im besten Alter, die kein großes oder schnelles Auto mehr brauchen, es aber halt doch nicht nur ein Golf sein darf. Als Familienzweitwagen erfüllt er seinen Soll genauso gut. Ein guter Kumpel. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Technische Daten

Hubraum 1598 ccm
Maximale Leistung kW / PS 96 kW/130 PS bei 4.000 U/ min
Max. Drehmoment 320 Nm bei 1.750 U/ min
Getriebe 6-Gang-Schaltgetriebe
Höchstgeschwindigkeit 190 km/h
Beschleuningung 0-100 km/h 9,9 Sekunden
Norm-Verbrauch auf 100km 4,6 Liter / 100 km
Verbrauch real auf 100km 6,4 Liter / 100 km
Grundpreis 29.690,00 Euro
Testwagenpreis 30.990,00 Euro
Teile das!
Text: Bernd Conrad
Bilder: Bernd Conrad
Werbung
Werbung
Werbung
Werbung