Nissan X-Trail e-Power Dauertest Was kann der Hybrid-Packesel?

Der Nissan X-Trail e-Power trat zum Langzeit-Test an. Das sind die Erfahrungen nach 6.000 Kilometern im Hybrid-SUV.

Vor einigen Monaten hat Nissan ein SUV-Flaggschiff für Europa, den X-Trail neu aufgelegt. Schon beim ersten Fahrbericht konnte der elektrifizierte Japaner mit hohem Komfort und viel Platz überzeugen. Jetzt stellte er sich dem Alltag im AUTONOTIZEN-Dauertest. 6.000 Kilometer wurden mit dem Hybrid zurückgelegt.

Unter der 4,68 Meter langen Karosserie, die den X-Trail in der SUV-Mittelklasse positioniert, steckt der serielle Hybridantrieb der Marke – in diesem Fall unter dem zusätzlichen Namen „e-4orce“ mit Allradantrieb. Die Variante mit angetriebenen Vorderrädern heißt, wie beim etwas kleineren Qashqai, nur „e-Power“.

Der Nissan X-Trail im Video

Die Besonderheit beim Nissan-Hybridkonzept: Der 1,5 Liter große Dreizylinder mit variabler Verdichtung (und sich damit leicht änderndem Hubraum) treibt nie direkt die Räder an. Er liefert als internes Kraftwerk Strom an eine Batterie, von der aus zwei Elektromotoren mit Energie versorgt werden. Die Maschine vorne, die sich mit 330 Netwonmeter Drehmoment primär um den Vortrieb kümmert, leistet 150 kW (204 PS), die an der Hinterachse 100 kW (136 PS). Die Systemleistung, die sich nicht einfach aus einer Addition der beiden Leistungsangaben ergibt, liegt bei 157 kW / 213 PS.

Unterwegs mit Dachbox und Co.

Der WLTP-Normverbrauch des Allradlers wird mit 6,3 – 6,7 Litern Super auf 100 Kilometer angegeben. Bei den ersten Testfahrten 2022 im tempolimitierten Slowenien meldete der Bordcomputer des Nissan X-Trail e-4orce 7,2 Liter, der kompakte Qashqai e-Power mit Frontantrieb (140 kW / 190 PS) brachte es im Alltagstest auf 6,4 Liter pro 100 Kilometer.

Im Rahmen des Langzeittests wurde der Verbrauch des Hybrid-SUV genau beobachtet und ausgewertet. Nicht nur im Pendlerverkehr oder bei alltäglichen Situationen, sondern auch im Schleppdienst. Ein großes SUV wird oftmals als Familienfahrzeug eingesetzt. Vor allem im Sommer sind dann nicht nur Vater-Mutter-Kind(er) nebst Hund an Bord, sondern auch viel Gepäck.

Um das abbilden zu können, kam der Nissan X-Trail e-4orce als Siebensitzer mit allerlei Zubehör aus der Nissan-Preisliste daher. Dazu zählen ein abnehmbare Anhängerkupplung (619 Euro zzgl. Montage) für einen Thule-Fahrradträger (359 Euro) und Querträger (351 Euro) für die serienmäßige Dachreling. Sie erlauben die Montage einer Dachbox mit 480 Liter Volumen (466 Euro). Praktische Alltagshelfer sind abwaschbare Gummifußmatten (85 Euro) und eine Wendematte für den Gepäckraum bei umgeklappten Sitzen der dritten Reihe (117 Euro). Ein paar dieser Extra-Euro kann man sparen, wenn man den Verkaufsberater nach speziellen Zubehörpaketen fragt, die einzelne Bestandteile bündeln.

6,9 Liter Testverbrauch

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Nach 6.000 Kilometern kann man den Alltagsverbrauch des X-Trail genau bestimmen. Der Nissan war auf über diese Laufleistungen langen Autobahnetappen ebenso unterwegs wie im Überland- und Stadtverkehr. Auf Fernschnellwegen ermuntert das Wesen des Japaners zum entspannten Mitschwimmen, meist im Tempobereich zwischen 130 und 150 km/h. Lange Vollgasetappen standen nur selten an - bei 180 km/h wäre ohnehin Schluss mit dem Vortrieb.

Bordcomputer und notierte Literzahlen nach den Tankvorgängen sind sich einig: Es flossen 6,9 Liter Super E10 je 100 Kilometer durch die Leitungen. Ein guter Wert für ein großes SUV mit sieben Sitzen und viel Platz, aber auch kein Grund für Jubelschreie. Mit dem 55 Liter großen Tank lassen sich aber immerhin Distanzen von weit über 750 Kilometern bis zum nächsten Boxtenstopp zurücklegen.

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Betrachtet man lange Autobahnfahrten, beispielsweise von Bayern über die Alpen nach Italien, isoliert, zeigt sich ein relativ konstanter Verbrauch. Mehr als 7,8 Liter sind es auch dann nicht. Mit Dachbox und Fahrradträger, die Aerodynamik und Gewicht beeinflussen, sind es knapp unter neun Liter. Werte auf Diesel-Niveau. Das andere Extrem: Im reinen Pendlerverkehr mit sensiblem rechten Fuß und Nutzen der "B"-Stufen am Fahrstufenknubbel oder der "E-Pedal"-Funktion für maximale Rekuperation sind auch Werte von unter sechs Litern auf 100 Kilometer schaffbar.

E-Bike im Gepäck

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Spannend war, ob der Nissan X-Trail auch bei hoher Zuladung – und mit den optionalen 20-Zoll-Felgen – seinen guten Eindruck beim Fahrkomfort bestätigen kann. Dabei durften weit mehr als nur die letzte oder erste Meile auch auf zwei Rädern zurückgelegt werden. Teil der Beladung des X-Trail war ein E-Bike mit Karbon-Rahmen. Auch das Urtopia Carbon 1, das aufgrund des Leichtbaumaterials trotz E-Antrieb und Akku nur 15 Kilogramm wiegt, trat in diesem Sommer ebenfalls zum Test an.

Das Urteil: Die komfortbetonte Abstimmung bleibt auch mit "Sack und Pack" erhalten, womit sich der X-Trail einmal mehr als entspanntes Reiseauto qualifiziert. Ägerlich: Die Einparksensoren und der Querverkehrswarner am Heck missverstehen den montierten Radträger auf der Anhängerkupplung. Wenn man nicht mit sanftem Bremsdruck im Rückwärtsgang rangiert, bremst der Nissan nach wenigen Metern stets unvermittelt und hart ab.

Im Gegensatz zum Reisekomfort steht das teils deutlich spürbare Zittern des Aufbaues und steifbeiniges Anfedern beim langsamen Fahren um 30 km/h. Frostaufbrüche und Querfugen in Wohnvierteln schlagen spürbar durch, hier wirkt der X-Trail eher wie ein kerniger Geländewagen. Die optionalen 20-Zoll-Felgen dürften hieran mit Schuld sein. Ob und wie sich das Fahrkomfort mit den serienmäßigen 19-Zöllern verbessert, müssen wir mal ausprobieren.

ProPilot-Fahrassistenz

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Die Aktivierung des bei Nissan ProPilot genannten Assistenz-Pakets gelingt auf Knopfdruck am Multifunktionslenkrad. Die eingestellte Geschwindigkeit, der Abstand zum Vordermann und die Spur werden dann meist zuverlässig gehalten, zudem bremst das System sanft und nicht ruckartig ab. Bei aktivierter Routenführung werden auch Navigationsdaten für die Steuerung mit übernommen.

Manchmal ist ProPilot aber recht eigensinnig. Wenn auf Autonbahnen Tempolimits beispielsweise nur für Lkw gelten (in österreichischen Tunneln oft der Fall), warnt er penetrant. Kurven anmieren ihn zudem manchmal zum Verzögern. Gut gelöst: Die Verkehrszeichenerkennung blinkt bei Überschreiten des erkannten Limits, nervt aber nicht mit ständigem Gebimmel (viele Grüße an Hyundai!).

Gut sortiertes Cockpit

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Schon auf den ersten Kilometern findet man sich im Cockpit des Japaners gut zurecht, über die Testdistanz wächst ein "Willkommen-Zuhause-Gefühl". Viele Bedienschritte erfolgen über klar strukturierte Tasten und Schalter. Das mag in den Augen mancher Betrachter vielleicht etwas altbacken aussehen, hat aber – nicht nur während der Fahrt – klare Vorteile. Smartphone-Inhalte eines iPhones lassen sich mit kabellosem Apple CarPlay nutzen, das BOSE-Soundsystem in der Ausstattungslinie Tekna+ sorgt auch bei komprimierter Musik vom Streamingdienst für vollen Klang.

Im Sommer zeigt die Klimaautomatik des Nissan X-Trail, das sie wie das Auto vor allem auch mit Blick auf den US-Markt - wo die Modellreihe als Nissan Rogue verkauft wird - konzipiert wurde. Auch bei eingestellten 22 oder 23 Grad bläst ein kalter Sturm ins Auto, empfindliche Mitfahrer frösteln schnell. Eine etwas feinfühligere Regelung beim Kühlen täte dem System gut. Wenn die Außentemperaturen nur leicht über dem gewünschten Innen-Klima liegen, passt alles.

Optional mit sieben Sitzen

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Der Nissan X-Trail bietet hinter den bequemen, elektrisch verstellbaren Vorsersitzen mit Memory-Funktion auch im Fond viel Platz. Die Rücksitzbank ist in ihrer 1/3-2/3-Teilung in der Länge verschiebbar. Damit kann man nicht nur das Ladevolumen, sondern auch den Beinraum in der optionalen dritten Sitzreihe beeinflussen.

Die beiden Einzelsitze bieten aber, wie man es von anderen Siebensitzer-SUV auch kennt, nur kleinen Menschen und Kindern Platz. Bei Nichtgebrauch kann man sie in den Kofferraumboden klappen. Das Volumen für Gepäck steigt dann von 177 auf 485 Litern beim Allradmodell. Ein Rollo dient als Gepäckaumabdeckung. Leider wird ab Werk kein Trennnetz zur Ladungssicherung angeboten, hier müsste man ein stabiles Gitter aus dem Zubehör wählen - kann dann aber die Siebensitzigkeit des X-Trail nicht nutzen.

Tag der offenen Tür(en)

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Die hinteren Türen lassen sich in einem weiten Winkel von fast 90 Grad öffnen. Das erleichtert nicht nur den Ein- und Ausstieg oder die Kletterpartie auf die Plätze in der dritten Reihe. Auch das Anschnallen des Nachwuches und die Montage von Kindersitzen wird damit massiv erleichtert. Isofix-Bügel gibt es auf den beiden Außenplätzen im Fond, leider nicht auf den Klappsesseln dahinter.

Das kostet der X-Trail

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Mit dem Einstiegspreis von 35.500 Euro für die Baureihe, also den X-Trail als 163 PS starken Benziner mit Frontantrieb in der Ausstattungslinie Visia, hat der Testwagen wenig zu tun. Als Tekna+ kommt der Japaner mit 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, ProPilot-Assistenzsystem, Head-up-Display, Ledersitzen mit elektrischer Verstellung und Memory vorne, adaptiven LED-Scheinwerfern, Panorama-Glasschiebedach und BOSE-Soundsystem.

Als Allradler mit zwei Elektromotoren kostet der Nissan X-Trail e-Power Tekna+ ab 57.690 Euro. Die hier gezeigten Optionen sind, abgesehen vom nachträglich montierten Zubehör, die Zweifarblackierung mit Karosserie in "Champagne Silver" und schwarzem Dach, die 20-Zoll-Felgen und die Siebensitzigkeit. Damit klettert der Listenpreis auf 60.190 Euro.

Preis-Vergleich mit RAV4 und Sorento

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Viel Geld, ja. Wenn man den Nissan X-Trail als Fünfsitzer mit dem Wettbewerb vergleicht, relativiert sich die Überraschung aber. Ein Toyota RAV4 Hybrid Lounge mit Allradantrieb kostet, annähernd ausstattungsgleich, 490 Euro mehr (hat dann aber auch Sitzlüftung). Ein Kia Sorento Hybrid AWD in der Spirit-Ausstattung und entsprechenden Optionen steht für 59.170 Euro (also 1.480 Euro mehr) im Konfigurator und der Preisliste.

Beide bieten jedoch eine längere Neuwagengarantie (Toyota fünf Jahre, Kia sieben Jahre). Das Funktions-Versprechen des Nissan X-Trail geht über drei Jahre bis zu einer Laufleistung von 100.000 Kilometern, fünf Jahre für die Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs (ebenfalls bis zu einer Laufleistung von 100.000 Kilometern).

Gegen Ende 2023 startet mit dem neuen Honda CR-V ein weiterer wichtiger Mitbewerber für den X-Trail e-Power. Er kostet als Vollhybrid mit Allradantrieb und einer Leistung von 184 PS als "Advance" 54.900 Euro, damit ist er etwas günstiger als der Nissan.

Fazit

Nissan X-Trail e-4orce Dauertest hybrid Zubehör E-Bike Urtopia 2023

Über Geschmack lässt sich bekanntlich (nicht) streiten. Der Autor dieser Zeilen erlaubt sich aber die Meinung, dass der Nissan X-Trail - vor allem in der Farbe des Testwagens - ein schickes Auto ist, dessen Design nicht langweilig wird. Unter dem Blechkleid bietet der Japaner einen gut verarbeiteten Innenraum mit viel Platz und bequemen Sitzen.

Der serielle Hybrid-Antrieb arbeitet zuverlässig und entspannt. Sparsam ist der X-Trail damit auch, ohne jedoch als Verbrauchswunder zu gelten. Mit der Räderwahl dürfte der Langsamfahrkomfort zu beeinflussen sein, das prüfen wir nach. Dies und weitere Kritikpunkte wie die arg eifrige Klimaanlage lassen sich bei einer Modellpflege leicht beheben. Über drei Monate ist der Nissan X-Trail zum automobilen Freund geworden, mit dem man gerne Kilometersammeln ging. Schade, dass er wieder weiterzieht.

Technische Daten

Nissan X-Trail e-Power e-4orce Tekna+ 7-Sitzer

Antrieb Allradantrieb
Hubraum 1.477 - 1.497 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder 3 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS 116 kW / 158 PS bei 4.600 U/min
Max. Drehmoment 250 Nm bei 2.400 - 4.400 U/min
Elektromotor vorn: Maximale Leistung kW 150 kW (204 PS)
Elektromotor vorn: Maximales Drehmoment 330 Nm
Elektromotor hinten: Maximale Leistung kW 100 kW (136 PS)
Elektromotor hinten: Maximales Drehmoment 195 Nm
Systemleistung: kW / PS 157 kW / 214 PS
Batterie 2,1 kWh (netto nutzbar 1,8 kWh)
Tankinhalt 55 Liter
Beschleuningung 0-100 km/h 7,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 6,3 - 6,7 Liter
Verbrauch real auf 100km 6,9 Liter
Reifenmarke und –format des Testwagens 255/45 R20
Leergewicht 2.024 kg
Anhängelast (gebremst) 1.650 kg, Stützlast 100 kg
Länge / Breite / Höhe 4.680 / 1.840 / 1.720 mm
Grundpreis 57.690 Euro (5-Sitzer)
Testwagenpreis 61.190 Euro (ohne Zubehör)
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad