Jetzt mit V8! Der Porsche Cayenne S als Coupé im ersten Fahrbericht mit Video-Review.
Warum gleich am Anfang viele Worte über das Facelift des Porsche Cayenne verlieren, wenn wir auch direkt losfahren können? Der neue Cayenne S steht bereit, und zwar in Form der Coupé-Variante, für die sich knapp die Hälfte aller Kunden entscheidet.
Nach dem plumpen Druck auf einen Startknopf, den die Konzern-Kostenwächter anstelle des Drehschalters links vom Lenkrad ins Lastenheft diktierten, erwacht der vier Liter große V8-Benziner. Ja, richtig gelesen. Der Cayenne S pfeift auf Downsizing. Anstelle des V6 mit 440 PS bekommt er den Biturbo-Achtender unter die Haube geschraubt, der auch aus dem bisherigen GTS bekannt ist. Dort servierte er 460 PS, im Facelift-S sind es 474 Pferdestärken.
Der Cayenne S im Video
Vor der Motorhaube mit den beiden Ausbuchtungen werfen sich Asphaltbänder lasziv in die bergige Landschaft im deutsch-österreichischen Grenzgebiet. Schon auf den ersten Metern, untermalt vom Soundtrack der optionalen Sportabgasanlage, wird klar, dass der Cayenne sich treu geblieben ist.
Das PASM-Fahrwerk (Porsche Active Suspension Management) ist jetzt serienmäßig und um eine Zweiventiltechnik erweitert worden. Zug- und Druckstufe können mit dem Ölfluss im Dämpfer geregelt werden, was Komfort und Dynamik steigert. Im Testwagen fährt aber mal wieder alles mit, was der Konfigurator und die Preisliste so hergeben. Mit Luftfederung, Wankstabilisierung, Hinterachslenkung und Torque Vectoring Control stecken Fahrwerksextras im Gegenwert von 8.724 Euro im Fahrzeug, dazu kommt die 8.936,90 Euro teure Keramik-Bremsanlage mit gelben Sätteln hinter den 22-
Zoll-Rädern (2.266,95 Euro).
Kurvenjagd im Hochsitz
Hohe Zahlen, klares Ergebnis: Hinter dem neuen Lenkrad vergisst du spätestens beim Ausgang der ersten Kehre, dass du in einem fast fünf Meter langen Oberklasse-SUV sitzt. Der Porsche Cayenne fühlt sich an wie ein Hot Hatch auf Stereoiden. Dazu trägt auch das maximale Drehmoment von 600 Newtonmetern bei, das die Achtgang-Automatik schon ab 2.000 U/min loslässt.
Nach der freudigen Kurvenhatz geht es auf die Autobahn. Hier kann der Cayenne S entspannt vor sich hin schnurren, bei schwerem rechten Fuß aber auch zornig bollernd in Richtung Horizont jagen. Die Höchstgeschwindigkeit von 273 km/h bleibt heute reine Theorie. Über die Aktivierung am dritten Lenkstockhebel wird die Fahrassistenz aktiviert. Zuverlässig hält der Cayenne Tempo und Abstand, überwacht den toten Winkel und hilft beim Spurwechsel.
„Sauber“, kann man sagen. Aber gleich nicht mehr zum Auto. Die Teststrecke führt weg von der Straße, rauf auf den Berg. Oben auf den Zweitausendern liegt auch im Mai trotz T-Shirt-Wetter noch viel Schnee. Der Allradler wühlt sich über Schotterpisten und Schnee-Matsch-Gebiete in Richtung Bergstation. Die perfekte Kulisse für den Videodreh.
Das treibt natürlich den Verbrauch kräftig nach oben. Schon vor der Offroad-Einlage stand der Wert von 15,6 Litern Sprit pro 100 Kilometer auf der Anzeige des Bordcomputers. Der WLTP-Wert liegt bei, auch nicht geringen, 12,5 bis 13,4 Litern. Auch hier also kein Downsizing.
911 trifft Taycan
Die entsprechenden Informationen serviert das neue Cockpit, in dem sich Taycan und 911 treffen. Von der Sportwagenikone kommt das Lenkrad, vom Elektro-Bruder die Digitalisierung. Ein Curved Display mit 12,6 Zoll Bildschirmdiagonale hält, einstellbar in fünf verschiedenen Layouts, alle fahrrelevanten Informationen parat. Der 12,3 Zoll große Touchscreen-Monitor des PCM-Infotainments (Porsche Communication Management) zeigt neue Grafiken und erweiterte Funktionen. Wer mag, kann ein zusätzliches Beifahrerdisplay bestellen. Der Mitfahrer kann hier dann Entertainment und Routenführung verwalten oder Fahrdaten einsehen. Auch Video-Streaming ist möglich. Dabei wird der Fahrer nicht abgelenkt. Vom linken Sitz aus ist der zusätzliche Bildschirm dank einer speziellen Folierung nicht einsehbar.
Der Wählschalter für das Automatikgetriebe ist ins Cockpit gewandert, was auf der Mittelkonsole Platz schafft für ein gekühltes Smartphone-Ladefach (somit kann eine Ladeleistung von 15 Watt erreicht werden) und das Klima-Bedienelement. Die virtuellen Tasten auf einer großen Fläche sind Geschmackssache. Einzelne Felder für das haptische Feedback würden präziser und hochwertiger wirken als die recht große Platte.
Die Testfahrten enden, bevor die Sonne untergeht. Die neuen HD-Matrix-LED-Scheinwerfer mit 32.000 einzeln ansteuerbaren Lichtpunkten pro Seite und 600 Meter langem Fernlichtkegel können heute noch nicht ausprobiert werden. Matrix-LED mit adaptiven Funktionen sind seit dem Facelift Teil der Serienausstattung.
Hohe Ansprüche, hohe Preise
Die wurde zudem nicht nur um das PASM (siehe oben), sondern auch um Rückfahrkamera, Parkassistent, induktive Smartphone-Ladeschale, Matrix-LED-Licht und 20-Zöller erweitert. Damit kann man die gestiegenen Preise rechtfertigen, zumindest anhand der bisherigen Options-Tarife „vor Kunde“.
Ausstattungsbereinigt steigen die Preise für das Facelift des Porsche Cayenne um 900 Euro. Portokasse? Für Menschen, die sich in – im Fall des Cayenne S Coupé – ab 112.778 Euro teures Auto leisten können, vielleicht. Immerhin: Der bisherige V8-Einstieg in Form des Cayenne GTS startete bei 120.037 Euro.
Der hier gezeigte Testwagen in der neuen Lackfarbe Arktikgrau und vielen feinen Extras ist, man ahnt es schon, deutlich teurer: Er hat einen Listenpreis von ganz genau 173.616,85 Euro. Auch an der Kasse als kein Downsizing.
Fazit
Kurvenspaß mit dem V8-befeuerten Cayenne S und vielen Fahrwerksoptionen lassen einen schnell ins Denglische abdriften: „Yeah“. Die Leistung stieg, der Verbrauch ist hoch, ebenso die Preise. Upsizing in allen Bereichen also. Für die lächelnden Mundwinkel des Fahrers gilt aber: Breitsizing – kaum mehr aus dem Gesicht zu bekommen.
Epilog: Plug-in Hybrid
Den überarbeiteten Porsche Cayenne gibt es zum Marktstart in drei Varianten. Neben dem Basismodell mit 353 PS, das übrigens auch ganz fein fährt und an der Vorderachse schön leichtfüßig wirkt, gibt es auf dieser Basis auch einen e-Hybrid. Der fährt mit größerem Akku weiter rein elektrisch als bisher. 25,9 kWh Speicherkapazität sollen für bis zu 74 Kilometer WLTP-Reichweite (in der Stadt bis 90 km) sorgen.
Je nach Einsatzzweck lässt sich der Verbrauch mit dem elektrifizierten V6 senken. Wer wenig lange Strecken fährt und das SUV über den jetzt serienmäßigen 11-kW-Onboard-Charger regelmäßig mit Strom versorgt, kann viele Strecken lokal emissionsfrei fahren. Im Hybrid- oder Sportmodus bei Auslotung der Fahrdynamik fließen auch hier aber rund 12 Liter Benzin auf 100 Kilometer durch die Spritleitungen. Downsizing oder Upsizing – vor allem beim Cayenne e-Hybrid also auch eine Frage der Fahrpedalstellung.
Technische Daten
Porsche Cayenne S Coupé |
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Antrieb | Allradantrieb |
Hubraum | 3996 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | V8 |
Maximale Leistung kW / PS | 349 kW / 474 PS bei 6.000 U/min |
Max. Drehmoment | 600 Nm bei 2.000 - 5.000 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Tankinhalt | 90 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 4,7 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 273 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 12,5 - 13,4 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 15,6 Liter |
Leergewicht | 2.190 kg |
Anhängelast (gebremst) | 3.500 kg, Stützlast 140 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.930 / 1.983 / 1.678 mm |
Grundpreis | 112.778 Euro |
Testwagenpreis | 173.616,85 Euro |