Der neue Porsche Taycan GTS im Fahrbericht mit Video-Review. Dazu eine erste Vorstellung des neuen Taycan Sport Turismo.
Porsche gilt seit jeher als Meister in der Kreation unzähliger Modellvarianten. Das führte sogar schon dazu, dass bei der Sportwagenikone Porsche 911 noch Varianten einer Generation vorgestellt wurden, als der Nachfolger schon auf dem Weg in die Showrooms der Händler war.
Auch beim elektrischen Porsche Taycan wird dieses Spiel weitergetrieben. Nach der Limousine und dem Cross Turismo, der mit seiner SUV-Optik vor allem auf den wichtigen US-Markt zielt, kommt jetzt mit dem Taycan Sport Turismo die dritte Karosserievariante der Elektro-Baureihe auf den Markt. Bei ihm handelt es sich um einen Shooting Brake (sagen wir mal nicht „Kombi“), der die Karosserie des Cross Turismo mit dem Unterzeugs der Limousine verbindet.
Der Taycan GTS im Video
Die Optik ist eine Frage des persönlichen Geschmacks, die Vorteile der Steilheck-Variante im Vergleich zur Taycan Sportlimousine liegen aber auf der Hand: Das hintere Ladeabteil vergrößert sich mit aufgestellten Lehnen der Rücksitze von 407 auf 446 Liter. Zudem ist der Taycan Sport Turismo (und ebenso der Cross Turismo) variabler. Mit herausgenommener Abdeckung und umgelegten Fondlehnen kann er mit 1.212 Litern Ladevolumen auch sperriges Lifestyle-Sportgerät einpacken.
Außerdem stellt der gerade Dachverlauf in der zweiten Sitzreihe immerhin 4,5 Zentimeter mehr Kopffreiheit zur Verfügung. Da kann dann sogar der 1,92 Meter große Autor dieser Zeilen aufrecht sitzen, freut sich zudem über wenig stark angewinkelte Beine dank der ausgeprägten „Fußgaragen“. Der Lithium-Ionen-Akku im Fahrzeugboden ist kein eckiger Kasten, sondern so in Modulen angeordnet, dass man einigermaßen bequem sitzen kann.
Der Taycan Sport Turismo bringt mit seiner Premiere noch ein weiteres Derivat mit, das auch im Limousinenkleid erhältlich ist. Auch die
Modellliste des Elektro-Porsche füllt sich also, jetzt stehen fünf Leistungsvarianten (genau genommen sechs, siehe Taycan 4 Cross Turismo) zur Wahl.
Bis zu 440 kW Leistung
Neu im Programm ist der Porsche Taycan GTS. Die drei Zusatzbuchstaben verwendet Porsche seit dem Jahr 1964 für Modelle, die Sport mit Komfort verbinden. Auch beim Porsche Taycan soll der GTS also die fahraktivere Variante sein, mehr bieten als der 4S aber weniger brachial zu Werke gehen als die Turbo-Modelle.
Nun, das liegt natürlich immer am Blickwinkel. Denn – nicht nur gefühlt - schnell ist ein Porsche Taycan immer, was vor allem am sofort anliegenden Drehmoment des Elektroantriebs liegt. Auch im GTS stecken zwei Maschinen. Der permanenterregte Sychronmotor an der Hinterachse entspricht dem des Taycan Turbo, ist also im Vergleich zum 4S leicht anders. Vorne gibt es den in allen Allrad-Taycan verwendeten Asynchronmotor, der die Vorderräder antreibt.
Die Overboost-Leistung bei Launch Control wird mit 440 kW (598 PS) angeben, das Drehmoment gipfelt in 850 Newtonmetern. Die davon unabhängige Spitzenleistung des Antriebssystems liegt bei 380 kW (517 PS). Auch damit sortiert sich der Taycan GTS zwischen dem 4S (360 kW) und dem Turbo (460 kW) ein.
Zu ersten Probefahrten stand der Porsche Taycan GTS als Limousine auf einer Rennstrecke (Circuit Mallorca Llucmajor, Spanien) bereit. Anstelle der serienmäßigen 20-Zoll-Felgen, die wie viele Karosseriedetails in schwarz lackiert sind, stecken 21-Zöller am Auto. Hinter leuchten die gelben Sättel der optionalen Keramik-Bremsanlage.
Ausflug auf die Rennstrecke
Es hat die Nacht durchgeregnet, der Asphalt der kurvigen Strecke ist feucht. Bei fest durchgetretenem Fahrpedal wird der GTS, wie zu erwarten, sehr schnell schnell. Wie sich das Tempo auf die Trägheit eines 2,3 Tonnen schweren Elektroautos auswirkt, merkst du spätestens beim harten Anbremsen vor der ersten Kurve. Nach der ersten Runde ist klar, wann wie fest das Bremspedal getreten werden will. Beim Herausbeschleunigen aus Kehren ringen die Pirelli P Zero dank sehr gut abgestimmter Regelsysteme zwar nicht um Traktion. Schon im Normal-Modus wird aber das Heck kurz (ist das die richtige Vokabel?) „leicht“, schiebt nach außen, bevor das ESP den Riegel vorschiebt.
Der Sport-Modus wurde im Vergleich um Taycan 4S neu abgestimmt, ebenso das serienmäßige Luftfahrwerk. Der GTS liegt straff und gibt viel Rückmeldung vom Asphalt. Ein genaues Urteil ließe sich aber erst nach einem direkten Fahr-Vergleich auf gleicher Strecke bilden. Aber auch so wird klar: Das fünfte Taycan-Derivat klebt auf dem Rundkurs, bietet ein vertrauenserweckendes Fahrverhalten. Die optionale Hinterachslenkung wurde für die neue Modellvariante spezifisch abgestimmt. In den engen Kehren der Balearen-Rennstrecke dürfte sie ihren Teil dazu beitragen, dass sich das Fast-Fünf-Meter-Schiff stets eine Klasse kompakter anfühlt.
Am Lenkrad mit Alcantara-Kranz hat man als Fahrer alles stets im Griff. Porsche nennt das Material nun „Race-Tex“, es spannt sich auch über die Sitze (serienmäßig 18-fach elektrisch einstellbar), den Dachhimmel und weitere Verkleidungsteile.
Mit jeder Runde auf dem nur langsam abtrockenden Rundkurs steigt das Vertrauensverhältnis zwischen Fahrer und Elektroauto, der Stand des 93,4 kWh großen Akkus sinkt. Effizient fahren stand heute zugegebenermaßen nicht auf dem Programm. Wir das geübt, soll die Porsche Taycan GTS – Limousine als erste Variante über 500 Kilometer Normreichweite (504 km) schaffen. In den Fahrmodi „Range“ und „Normal“ wird dafür bei Teillast der vordere Motor stromlos geschaltet und nahezu vollständig abgekoppelt. Im Stand gilt das für beide Maschinen, beispielsweise an einer roten Ampel.
Die leuchtet jetzt auch über der Start-Ziel-Geraden. Eine letzte Runde noch, damit Bremsen und Reifen abkühlen können. Den für den GTS dramatischer inszenierten Sport-Sound für den Innenraum habe ich nicht gebraucht, um Spaß zu haben.
Fahrfreude dürfte auch auf Landstraßen warten. Dafür schnappe ich mir den neuen Porsche Taycan GTS Sport Turismo. Aber das ist eine andere Geschichte. Und die wird ein anderes Mal erzählt.
Das kostet der Taycan GTS
Kein Fahrbericht ohne Zahlenwerke. Auch der Porsche Taycan GTS hat seinen Preis. Und was für einen! 131.834 Euro spuckt der Konfigurator für die Limousine aus. Damit liegt er auf den ersten Blick recht mittig zwischen dem Taycan 4S mit Performance-Batterie-Plus (112.008,60 Euro) und dem Taycan Turbo (153.016 Euro).
Addiert man die GTS-spezifische Ausstattung in Form des Sport-Design-Pakets mit spezieller Bugschürze, die 20-Zoll-Felgen, Sport-Chrono Paket und andere Details auf den 4S-Preis, ist der GTS am Ende etwa 9.000 Euro teurer.
Fazit
Auch im Elektro-Zeitalter wirft Porsche mit traditionellen Kürzeln um sich und weitet das Modellprogramm für die Taycan aus. Die höhere Leistung des GTS im Vergleich zum 4S ist vor allem der Arbeit der Software-Ingenieure zu verdanken, auch die Fahrwerksabstimmung wurde neu programmiert.
Wie schon bei den Verbrenner-Modellen dürften die meisten Kunden das Performance-Extra im Alltag kaum erfahren. Aber dennoch gerne bereit sein, noch tiefer in die Taschen zu greifen. Um das zu erkennen, müssen die Nachbarn aber genau hinsehen: Große GTS-Aufkleber für die Seitentüren gibt es für den Taycan nicht, er trägt die Buchstaben schüchtern in den Schwellern.
Technische Daten
Porsche Taycan GTS |
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Getriebe | Zweigang-Getriebe |
Systemleistung: kW / PS | 380 kW (517 PS) // 440 kW (598 PS) bei Overboost, 850 Nm |
Batterie | 93,4 kWh (netto 83,7 kWh) Lithium-Ionen |
Beschleuningung 0-100 km/h | 3,7 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 22,3 kWh (WLTP, konfigurationsspezifisch) |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Pirelli P Zero |
Leergewicht | 2.295 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.963 / 1.966 / 1.381 mm |
Grundpreis | 131.834 Euro |
Testwagenpreis | 180.713,25 Euro |