Der überarbeitete Seat Leon als Plug-in Hybrid im Alltagstest mit Video-Review.
Langfristige Strategie oder Kehrtwende? Fakt ist: Entgegen vielen Vermutungen wird die Marke Seat nicht zugunsten der Schwester Cupra abgewickelt, sondern parallel weitergeführt. Wenn auch mit verhaltenem Ehrgeiz. Neue Modelle, gar als Elektroauto? Irgendwann. Vorerst steht die sanfte Aktualisierung vorhandener Baureihen auf dem Plan.
Der Seat Leon im Video
2025 bekommen der Kleinwagen Ibiza und sein SUV-Crossover-Derivat Arona ein erneutes Facelift, zuvor ist jetzt der Kompakte Leon bereit für ein Update. Der Begriff Facelift wäre nicht angebracht. Im Gegensatz zum Cupra Leon, der eine neue Nase und Änderungen am Heck bekam, bleibt sich der Seat Leon beim Exterieur-Design treu. Damit lassen sich beide Modelle jetzt auch auf den ersten Blick aus der Ferne differenzieren.
Neues gibt es unter dem Blechkleid. An die Stelle des 1.0 TSI mit drei Zylindern rutscht eine leistungsreduzierte Variante des bekannten 1.5 TSI mit 85 kW / 115 PS, die im Gegensatz zum Modell mit 150 Pferdestärken auf die ACT genannte Zylinderabschaltung verzichten muss. In Verbindung mit dem optionalen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe werden beide zum eTSI mit 48-Volt-Mildhybrid-System. Weiterhin gibt es zudem den Diesel 2.0 TDI mit 115 oder 150 PS.
Der perfekte Firmenwagen?
Der Seat Leon e-Hybrid erhält den neuen Antriebsstrang für Plug-in Hybride auf Basis der MQB-Architektur: Hier arbeiten der 1.5 TSI Vierzylinder-Benziner mit 150 PS und ein 85 kW starker Elektromotor im Team, die Systemleitung liegt bei 150 kW / 204 PS. Der Lithium-Ionen-Akku hat eine deutlich größere Speicherkapazität als bisher: Von den 25,7 kWh sind 19,7 kWh netto nutzbar, womit eine WLTP-Normreichweite im EV-Modus von über 110 Kilometern erzielt werden soll. Zudem kann der e-Hybrid schneller laden: Wechselstrom fließt dreiphasig mit 11 kW, erstmals kann man auch Gleichstrom am Schnelllader mit einer Leistung von bis zu 50 kW ziehen.
Vor allem als Sportstourer mit der auf 4,64 Meter verlängerten Kombi-Karosserie wird der Seat Leon e-Hybrid für Firmenwagenfahrer zur interessanten Alternative – nicht nur zum Cupra Leon, sondern auch zu einigen deutlich teureren Mittelklassemodellen der Konkurrenz, oder? Um das zu beweisen, tritt der aufgefrischte Spanier in dieser Antriebs-Karosserie-Kombination zum Alltagstest an.
Der e-Hybrid ist im Modellprogramm des Seat Leon stets an die FR genannte, höchste Ausstattungslinie gebunden. Der Testwagen bringt zudem die Dinamica-Innenausstattung mit Mikrofaser-Bezügen und elektrischer Einstellung für den Fahrersitz mit. Die Sport-Komfort-Sitze in der ersten Reihe bieten viel Komfort und stützen hervorragend. Bekanntermaßen großzügig ist das Raumangebot im Fond. Der Kofferraum sinkt im Plug-in Hybriden auf ein Format von 470 Litern (1.450 Liter) bei umgeklappter Lehne der Rücksitzbank, da die Hybrid-Technik den Platz im Kellerabteil unter dem doppelten Ladeboden beansprucht.
Die Materialwelt im Innenraum des Seat Leon bleibt unverändert. Weiterhin gefallen die Kunststoffe auf dem Cockpit mit einer ansprechenden Struktur, Dekore lockern auch die Türverkleidungen auf. Nettigkeiten wie die Ambiente-Lichtleiste mit integrierten Warnlampen der Fahrassistenz kosten aber teils happige Aufpreise (Beispiel: Das genannte Smart Ambient Light 405 Euro).
Hinter dem Dreispeichenlenkrad, dessen physische Tasten und Walzen auch die Aktivierung des gewohnt zuverlässigen Travel Assist mit adaptiver Geschwindigkeitsregelanlage und assistiertem Spurwechsel erlauben, blickt man auf digitale Instrumente mit aufgefrischtem Layout. Auch neue Farben innerhalb der Anzeige sorgen für eine gute Ablesbarkeit, wie gewohnt kann man auch die Navigations-Kartendarstellung im Kombiinstrument aufrufen.
Neues Infotainment
Beim Infotainment profitiert nun auch der Seat Leon von neuer Hard- und Software. Ein 10,4 Zoll großer Infotainment-Touchscreen ist serienmäßig. Als Teil des Business-Pakets im Leon FR blicken wir im Testwagen auf ein 12,9 Zoll großes Display für Navigation, Fahrdaten und Einstellungen. Apple CarPlay und Android Auto lassen sich kabellos nutzen, das Smartphone wird mit bis zu 15 Watt Leistung induktiv geladen (wenngleich die Lade-Ablageschale im Testwagen nicht eingebaut wurde).
Die Slider zum Einstellen der Audio-Lautstärke und der Klima-Temperatur sind jetzt beleuchtet und damit nachts besser zu bedienen. Mit Zwei-Finger-Tipp erlauben sie auch die Aktivierung der Sitzheizung – aber nicht bei aktivierter Rückfahrkamera.
111 Kilometer elektrische Reichweite zeigt der Seat Leon e-Hybrid nach dem vollständigen Aufladen des Akkus regelmäßig brav an. Doch sobald das System die aktivierte Klimaanlage erkennt, wird die Angabe um zehn Kilometer reduziert. Während des Alltagstest im deutschen Jahresausklangs-Winter mit trockenem Wetter und Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt sind, entspannt gefahren, nicht mehr als 90 Kilometer elektrisch zu schaffen. Aber: Auch das ist, im Vergleich zum Vorgänger, ein deutlicher Gewinn.
Unterwegs kann man den Plug-in Hybriden bei Bedarf auch am Schnelllader parken und den CCS-Stecker vorne links verbinden. Die vom Hersteller versprochenen 50 kW werden im genannten Winterwetter aber nicht erreicht. Direkt nach dem Start mit leerer Batterie steigt die Ladeleistung auf 30 kW, fällt dann bei rund 30 Prozent SoC (State of Charge, Ladestand des Akkus) auf Werte um 25 kW ab. Wer hier den Akku vollmachen will, sollte also rund 50 Minuten bis zu einer Stunde einplanen. Die meisten Plug-in Hybride dürften aber an der Wallbox zuhause oder beim Arbeitgeber Wechselstrom ziehen.
Leistung und Drehmoment des Elektromotors reichen locker aus, um den Alltag zu meistern. Auf der Autobahn kann man bis knapp über 130 km/h erreichen, zieht dann natürlich die Elektronen in Windeseile aus dem Akku. In drei Stufen lässt sich die Energie-Rekuperation einstellen. Ein echtes Ein-Pedal-Fahren ohne Betätigung der Bremse ist aber nicht möglich. Etwas umständlich: Die drei Stufen müssen in einem Untermenü über den Touchscreen aktiviert werden, die Schaltwippen am Lenkrad dienen auch weiterhin zum Gangwechsel im 6-Gang-DSG.
Der TSI-Benziner schaltet sich in den meisten Fällen sanft hinzu. Brummig wird der Vierzylinder nur bei höheren Drehzahlen. Wer mit kaltem Motor an der Ampel steht oder durch 30er-Zonen fährt, vernimmt aber ein lautes Verbrennungsgeräusch mit unnatürlich hoher Drehzahl – das erinnert an Vollhybride aus Asien.
Im hybriden Fahrmodus lässt sich auch der aktuelle Füllstand des Akkus beibehalten. Zumindest in der Theorie. Trotz laufendem Benziner knappst sich das System stets ein paar Prozentpunkte aus der Batterie ab. Wer auf langen Strecken unterwegs ist, fährt den Leon e-Hybrid mit knapp unter sechs Litern Benzin je 100 Kilometern, Autobahn-Tage wurden mit sieben Litern je 100 Kilometer quittiert. Das geht in Ordnung, der 40 Liter große Tank ermöglicht dann Reichweiten von rund 550 Kilometern. Überraschend schade: Auch nach Schubbetrieb und längeren Bergabfahrten lässt sich kaum eine spürbare Energiemenge rekuperieren. Mehr als ein oder zwei Prozentpunkte tauchen auf den Anzeigen nie auf.
Das Fahrwerk zeigt, auch in der Komfort-Einstellung des optionalen DCC mit adaptiven Dämpfern, eine gewohnt straffe Grundnote. Beim Überfahren von Querfugen oder starken Verwerfungen sind zudem Geräusche aus dem Bereich der Radaufhängungen zu hören. Nachdem das bei sämtlichen Leon-Testwagen in den vergangenen Jahren der Fall war, ist hier ein Defekt als Einzelfall auszuschließen.
Preis-Vergleich mit Cupra
Der Seat Leon e-Hybrid kostet als Sportstourer laut Preisliste und Konfigurator (also vor der ausgiebigen Unterhaltung mit dem gewiss freundlichen Verkaufsberater) ab 43.135 Euro, darin stecken 1.525 Euro Aufpreis für die Kombi-Karosserie.
Die beim Plug-in Hybrid gesetzte FR-Ausstattungslinie bringt 17-Zoll-Leichtmetallfelgen an einem Sportwagen, die genannten Sport-Komfort-Sitze, eine Dreizonen-Klimaautomatik, Navigationssystem und induktives Laden für ein Smartphone mit.
Auf den ersten Blick ist der Seat Leon e-Hybrid als günstiger als der Cupra Leon Sportstourer als Plug-in Hybrid mit ebenfalls 204 PS Systemleistung, der 45.000 Euro kostet (nur den Cupra gibt es zusätzlich auch als VZ mit 200 kW / 272 PS Systemleistung). Er bringt jedoch 18-Zoll-Felgen und das größere Infotainment-Display mit kabelloser Smartphone-Integration mit, beim Seat Teil des Business-Pakets. Mit diesen beiden Optionen hat der Seat Leon FR Sportstourer e-Hybrid einen Listenpreis von 45.580 Euro, er liegt damit über dem Grundpreis des Cupra-Bruders – der dann zudem den schlüssellosen Zugang „Kessy“ ab Werk mitbringt.
Dieses System kostet bei Seat ebenso Aufpreis wie fast alles, was das Auto schicker oder individuell macht. Der Testwagen bringt fast alles mit, was möglich ist. Mit Matrix-LED-Scheinwerfern (1.285 Euro), die den Gegenverkehr und andere Verkehrsteilnehmer zuverlässig ausblenden, Beats-Soundsystem Panorama-Glasdach, elektrischer Heckklappe, Rückfahrkamera, Dynamic-Paket (Progressivlenkung, DCC) und weiteren Optionen klettert sein Listenpreis auf 56.210 Euro. Einen entsprechenden Cupra kann man, ohne spezifische Extras wie breitere Seitenschweller etc., auf maximal 52.175 Euro konfigurieren.
Oder der Mild-Hybrid?
Wer weder zuhause noch am Arbeitsplatz den Akku des e-Hybrid extern laden kann oder will, und wer als Privatkunde nicht vom Steuervorteil für PHEV-Firmenwagen profitiert, für den könnte der Seat Leon auf als 1.5 eTSI mit 150 PS starkem Mildhybrid-Antrieb eine Überlegung wert sein. Der Benzinverbrauch liegt auch hier auf einem niedrigen Niveau, beim Kaufpreis spart man im Vergleich zum Stecker-Modell immerhin 6.740 Euro.
Fazit
Das Update frischt den Seat Leon an den richtigen Stellen auf. Er behält sein markantes Design und wird jetzt deutlicher vom Cupra Leon differenziert. Die neue Infotainment-Software läuft stabil, der Touchscreen hat eine höher auflösende Anzeige und ist reaktionsschneller. Mit dem größeren Akku und schnellerem Laden wird der Plug-in Hybrid für die meisten Fälle voll Elektro-alltagstauglich. Günstig ist der Seat aber schon auf den ersten Blick nicht mehr – bei der Auswahl vieler Optionen lässt sich der Preis (zu) stark nach oben treiben.
Technische Daten
Seat Leon FR S.T. e-Hybrid
- Antriebsart
- Plug-in Hybrid
- Antrieb
- Frontantrieb
- Abgasnorm
- Euro 6 EA
- Hubraum
- 1.498 ccm
- Anzahl und Bauform Zylinder
- 4 in Reihe
- Maximale Leistung kW / PS
- 110 kW / 150 PS bei 5.000 - 6.000 U/min
- Max. Drehmoment
- 250 Nm bei 1.500 - 4.000 U/min
- Getriebe
- Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe
- Elektromotor: Maximale Leistung kW
- 85 kW (115 PS)
- Systemleistung: kW / PS
- 150 kW / 204 PS
- Batterie
- 19,7 kWh (brutto 25,7 kWh)
- Batterie: Typ
- Lithium-Ionen
- Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC)
- 50 kW
- Ladeleistung Gleichstrom (DC) im Test
- 30 kW
- Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC)
- 11 kW (dreiphasig)
- Tankinhalt
- 40 Liter
- Beschleunigung 0-100 km/h
- 7,9 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit
- 220 km/h
- Norm-Verbrauch kWh / 100 km
- 15,8 - 16,3 kWh
- Norm-Verbrauch auf 100km
- 0,4 Liter / bei entladener Batterie 5,2 - 5,4 Liter
- Reichweite nach Norm
- 125 - 131 km elektrisch
- Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km
- 22,3 kWh
- Verbrauch real auf 100km
- bei entladener Batterie 5,7 Liter / Autobahn-Langstrecke 7,0 Liter
- Reichweite im Alltag
- 90 Kilometer elektrisch
- Kofferraumvolumen
- 470 - 1.450 Liter
- Leergewicht
- 1.716 kg
- Anhängelast (gebremst)
- 1.700 kg
- Stützlast
- 75 kg
- Dachlast
- 80 kg
- Länge / Breite / Höhe
- 4.643 / 1.799 / 1.437 mm
- Basispreis Baureihe
- 28.130 Euro (Leon Style Fünftürer, 1.5 TSI 85 kW / 115 PS)
- Basispreis Modellvariante
- 43.135 Euro
- Testwagenpreis
- 56.210 Euro