Seat Tarraco 2.0 TSI 4Drive Guten Appetit!

Der gar nicht mal so spanische Bruder von Tiguan und Kodiaq im Alltagstest.



Eine typische Szene in deutschen Haushalten. „Heute bleibt die Küche kalt“, entschließt man gemeinsam. Und dann beginnt das Gezerre. Sie will was Mediterranes, er gerne Hausmannskost. Kommen noch Kinder dazu, haben die natürlich auch noch eine andere Meinung. Gut also, wenn man beim Gemischtwarenladen bestellen kann. Im Gegensatz zu „Wir-können-alles“-Lieferdiensten gelingt das beim Automobilbau sogar mit gleichbleibend hoher Qualität. Und damit willkommen zurück beim Thema.

Im weit verzweigten Volkswagen-Konzern sind es vor allem die Marken Seat, Skoda und VW selbst, die es allen recht machen wollen. Und müssen. Kritiker bemängeln eine oftmals zu große Produktüberschneidung, die Kunden kaufen trotzdem. Besonders deutlich wird das bei den großen SUV auf Basis des MQB (Modularer Querbaukasten).

Seat "made in Wolfsburg"

VW streckte den Tiguan zum Allspace, Skoda hat den Kodiaq - und der ellenlange Lieferzeiten. Die spanische Schwester Seat mischt auch mit und hat auf gleicher Basis den Tarraco als neues Topmodell der Marke realisiert. Da dürfe doch für jeden die richtige Gewürzmischung dabei sein, oder?

Achtung: Wer jetzt sagt „ich nehme das deutsche Menü“, der kann gleich den Weg zum nächsten Seat-Händler einschlagen. Denn während der Skoda in einem chronisch überlasteten Werk in Tschechien gebaut wird und VW den Tiguan Allspace aus Mexiko importiert, läuft der Seat Tarraco zusammen mit dem „kurzen“ Tiguan in Wolfsburg vom Band.

Seat Tarraco TSI 4Drive 2019 Test Preis Vergleich Tiguan Kodiaq

Seit dem Marktstart gibt es den Seat Tarraco in den beiden Ausstattungslinien Style und Xcellence, ein Basismodell – bei Seat als Reference bekannt – spart sich der Chef im Ring. 2020 folgt noch eine sportliche FR-Linie, dann auch als Plug-in Hybrid mit 245 PS Systemleistung.
Bis dahin genügen dem Tarraco zwei Leistungsstufen mit 110 kW / 150 PS und 140 kW / 190 PS, jeweils als Benziner oder Diesel. Zum Alltagstest trat der Tarraco Xcellence mit mit dem stärkeren Benziner als 2.0 TSI an. Allradantrieb (4Drive) ist dann stets serienmäßig an Bord, ebenso das 7-Gang-DSG.

Der aufgeladene Vierzylinder bringt den mit allerlei Extras über 1,8 Tonnen schweren Seat Tarraco flott voran. Bäume reißt er trotz 320 Nm maximalen Drehmoment aber nicht aus, das dürfte dem Diesel besser gelingen. Dann wird sich auch der Verbrauch stärker diesseits der Zehnlitermarke bewegen. Im Testalltag genehmigte sich der 2.0 TSI 9,7 Liter auf 100 Kilometer. Für ein siebensitziges SUV mit Allradantrieb ist das aber ein vertretbarer Wert.

Seat Tarraco TSI 4Drive 2019 Test Preis Vergleich Tiguan Kodiaq

Das mit der Siebensitzigkeit sollte man nicht allzu ernst nehmen. Die im Kofferraumboden versenkten Plätze lassen sich je nach Stellung der Rücksitzbank aufstellen, sofern man den Kampf mit der sperrigen Laderaumabdeckung gewonnen hat. Das Platzangebot ganz hinten reicht dann aber nur für Kinder. Selbst die maulen aber nach einigen Kilometern. Als wahrer Van-Ersatz taugt so ein SUV also nicht. Alles andere beherrscht der Tarraco aber mit Links.

Im Fond der zweiten Reihe und ganz vorne sitzt es sich bequem auf mit angenehmem Stoff bezogenen Sitzen. Das Raumangebot darf als „üppig Plus“ bezeichnet werden. Eine gute Rundumsicht und die flache Gürtellinie komplettieren den großzügigen Eindruck.

Das Armaturenbrett des Seat baut flacher als die Schalttafeln in Tiguan und Kodiaq. Mit dem freistehenden Display für Infotainment und Navigation wirkt der „Spanier“ moderner. Die Software, die Menüführung und die Displays entsprechen bis auf ein paar markenspezifische Animationen den Brüdern von VW und Skoda.

In Wolfsburg greifen sie je nach Kundenwunsch auch gerne ins Optionsregal. Für den Tarraco stehen sämtliche Leckereien bereit, die die Preisliste und der eigene Geldbeutel hergeben. Bis zu 2,25 Tonnen schwere Anhänger lassen sich an die elektrisch ausfahrbare Anhängekupplung schnallen und dann mit dem Anhängerassistenten (bei VW Trailer Assist) rangieren. Davor hat sich der Tarraco mit seiner Standheizung aufgewärmt, das Panorama-Glasdach erlaubt einen freien Blick nach oben.

20-Zöller mindern den Komfort

Die adaptiven Dämpfer des DCC-Fahrwerks sorgen für einen guten Komfort, der aber im Fall des in Reflexsilber lackierten Testwagens durch die hübschen 20-Zoll-Felgen wieder teilweise radiert wird. Auf die großen Räder könnte man also verzichten (19-Zöller sind Serie). Das Problem ist aber: Aktuell werden sie mit dem DCC als Dynamikpaket für 990 Euro angeboten, beide Optionen einzeln kosten doppelt so viel. DCC einzeln ist für 940 Euro zu haben, die Felgen kosten regulär 980 Euro.

Egal, ob es ein voll ausgestatteter Tarraco ist wie der Testwagen für rund 50.000 Euro oder das 150 PS-Basismodell für 29.980 Euro. Der Seat ist stets etwas günstiger als Skoda Kodiaq und VW Tiguan Allspace. Das macht ihm dann, zusätzlich zum gelungenen Design mit steil stehender Frontpartie und schmalen Rückleuchten, zur cleveren Alternative.

Fazit zum Seat Tarraco

Seat Tarraco TSI 4Drive 2019 Test Preis Vergleich Tiguan Kodiaq

„Schatz, wir bestellen heute beim Spanier“. Wie beim Restaurant vor Ort steht auch die Küche des Seat Tarraco in Deutschland. Unabhängig vom Produktionsort im breit aufgestellten Konzernnetzwerk gefällt die Rezeptur des SUV. Der Seat Tarraco bietet viel Platz und dürfte die Ansprüche der meisten Kunden erfüllen. Anhänger zieht er gerne, fünf Leute können sich in ihm räkeln. Einzig als Siebensitzer wirkt er überfordert, womit man sich die 800 Euro Aufpreis für dieses Paket sparen kann. Auch das 5er-Menü speckt prima und macht satt.

Technische Daten

Seat Tarraco 2.0 TSI 4Drive Xcellence

Abgasnorm Euro 6d-Temp
Hubraum 1.984 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder 4 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS 140 kW / 190 PS bei 4.200 - 6.000 U/min
Max. Drehmoment 320 Nm bei 1.450 - 4.200 U/min
Getriebe 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Beschleuningung 0-100 km/h 8,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 211 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 9,3 Liter (WLTP)
Verbrauch real auf 100km 9,7 Liter
Reifenmarke und –format des Testwagens Pirelli Winter Sottozero 235/45 R20
Leergewicht 1.773 kg (ohne Extras)
Anhängelast (gebremst) 2.250 kg
Länge / Breite / Höhe 4.735 / 1.839 / 1.674 mm
Grundpreis 40.610 Euro
Testwagenpreis 49.375 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad