Nach der IAA-Premiere konnten wir die Skoda Vision O erstmals ausführen. Ein kurzer Fahrbericht.
Die automobile Welt dreht sich immer schneller. Es sind noch gar nicht alle neuen Skoda-Modelle mit der „Modern Solid“ genannten Designsprache auf dem Markt, die vor dreieinhalb Jahren mit der SUV-Studie Vision 7S vorgestellt wurde, da gibt es bereits einen Ausblick in die fernere Zukunft. Im Rahmen der IAA Mobility feierte das Concept Car Skoda Vision O seine Premiere und mit ihm die Weitentwicklung von „Modern Solid“. Die wichtigste Botschaft dürfte aber sein: Der Combi (den die tschechische Volkswagen-Tochter traditionell mit C schreibt) bleibt auch im kommenden Jahrzehnt ein zentraler Baustein des Modellprogramms.
O... wie Octavia
Der Name Vision O soll auf Skodas Bestreben, die Kreislaufwirtschaft bei der Verwendung von Recycling-Material am und im Auto stark mit einzubeziehen, hinweisen. Aber der Buchstabe macht auch klar: Der Octavia der Zukunft wird so oder so ähnlich aussehen. Auch das Timing passt. Konzernweit wurde die Laufzeit der aktuellen MQB-Modelle (Modularer Querbaukasten für Fahrzeuge mit Frontantrieb) verlängert. Auch aktuelle Skoda Octavia wird in naher Zukunft ein weiteres Mal aufgefrischt, u.a. mit Euro-7-fitten Plug-in Hybriden. Die Vision O als Ausblick auf das nächste Jahrzehnt, also die Zeit ab 2030, nimmt eine neue Fahrzeuggeneration auf Basis der SSP-Architektur des Volkswagen-Konzerns (Scalable Systems Platform) vorweg. Hier sollen vor allem batterieelektrische Antriebe für Vortrieb sorgen, aber auch Range Extender, also serielle Plug-in Hybride, sind denkbar.
Die weitestgehend geschlossene Front der Studie zeigt eine schmale Scheinwerfer-Grafik. Beim stehenden Fahrzeug verschwinden die LED-Leisten unter der vorderen Haube. Eine spezielle Lichtgrafik weist andere Verkehrsteilnehmer auf automatisierte Fahrfunktionen bzw. autonomes Fahren hin. Wie bei aktuellen Modellen prangt der Markenname an der Front. Das traditionelle Emblem in Form eines geflügelten Pfeils ist auf den dominanten B-Säulen zu finden. Zusammen mit dem schwarzen Dach und den ebenfalls schwarz gehaltenen A-, C- und D-Säulen betont das Design des Aufbaus die Länge des Kombis. Mit 4,85 Metern Länge streckt sich die Vision O um 15 Zentimeter weiter als der aktuelle Octavia Combi, bleibt aber noch knapp unter Superb-Format (4,90 Meter lang).
Skoda Vision O im Video
Unter der schrägen Heckscheibe bietet das Concept Car einen 650 Liter großen Kofferraum, dessen Volumen bei nach vorne geklappten Rücksitzlehnen auf 1.700 Liter anwachsen kann. Darin enthalten ist auch das in der Ladekabel-Staufach in der Seitenverkleidung. Diese Verstaumöglichkeit ist, zusammen mit magnetischen Smartphone-Induktiv-Ladepunkten eine neue „Simply Clever“-Idee der Tschechen. In allen vier Türen stecken Regenschirme, auch der Display-Reiniger bleibt erhalten.
Die gegenläufig öffnenden Türen sind reine Showcar-Folklore, sie dürften es nicht in ein künftiges Serienauto schaffen. Jetzt hilft dieses Layout, den geräumigen Innenraum zu betrachten und auch einzusteigen. Die Designer berichten, den Concept-Combi „von innen nach außen“ entwickelt zu haben. Viel Platz in beiden Reihen gehört schon zum Selbstverständnis von Skoda, das ist auch hier zu sehen. Alle Bezüge sind vollständig aus Recycling-Material hergestellt, die Kopfstützen mit einer dreidimensionalen Netz-Struktur kommen aus dem 3D-Drucker. Die Konzentration auf Mono-Material-Elemente hilft bei der einfachen Wiederverwendung von Rohstoffen. Ohne den Einsatz von tierischem Material kommt die Studie nicht aus. Für den Bodenbelag werden Abfallstoffe aus der Lederproduktion verarbeitet.
Vom Fahrerplatz blickt man auf eine neue Cockpit-Struktur und mit ihr konkret auf die Zukunft von Modellen der Marke. Das schmale „Horizon-Display“ (Horizont) spannt sich mit einer Breite von 1,2 Metern zwischen den Füßen der beiden A-Säulen. In der Sichtachse des Fahrers sind hier alle für ihn relevanten Informationen versammelt, mittig und vor dem Beifahrer wird man unterschiedliche Inhalte des Infotainmentsystems konfigurieren können. Als Touchscreen ist das zentrale, hochkant positionierte Display über der Mittelkonsole ausgeführt. Davor erlauben ein Dreh-Drück-Steller und weitere physische Elemente die intuitive Bedienung von Funktionen wie der Audio-Lautstärke oder die Wahl des Fahrmodus. Das bio-adaptive Ambiente-Licht arbeitet je nach Tageszeit mit unterschiedlichen Intensitäten, was das Wohlbefinden an Bord fördern soll.
Erste Fahrt in der Vision O
Bei unserer ersten Ausfahrt mit dem Einzelstück konnten wir das nicht ausprobieren, da wir im Rahmen von kurzen Fahrten im Hafengebiet der spanischen Stadt Valencia ausschließlich um die Mittagszeit unterwegs waren. In der Studie Vision O steckt ein nicht näher definiter Elektroantrieb – kein Wunder, die SSP-Basis ist noch nicht fertig.
Wir verkneifen uns also auch einem Nachspüren der Arbeitsweise und Federn, Dämpfern und Lenkung, können uns aber bereits auf das zukünftige Skoda-Cockpit konzentrieren. Die Anzeigen unter der Windschutzscheibe sind gut ablesbar. Im Gegensatz zum aufwendigeren BMW-System bei deren „Panoramic Vision“, das mit Spiegelungen der Anzeigen auf eine dunkle Fläche projiziert werden, muss man beim Blick auf die Displays aber dem Auge eine halbe Gedenksekunde zum Umschalten des Fokus von Fern- auf Nahsicht gewähren.
Schon in der ersten Kurve freut man sich über die Idee der magnetischen Smartphone-Ablage. Nichts verrutscht und auch die induktive Ladefunktion wird während der Fahrt nicht unterbrochen. Dieses Detail darf gerne schon vor dem Start von SSP-Fahrzeugen in neue Skodas einziehen.
Kommt das Auto so in Serie?
Im Jahr 2026 bringt Skoda mit dem kleinen Epiq, der sich die Basis mit Cupra Raval und VW ID.Polo teilt, und dem neuen Siebensitzer-SUV (die Serienversion der o.g. Vision 7S) zwei weitere Modelle der aktuellen Modern-Solid-Ära. Dann dürfte die optische Weiterentwicklung schrittweise Einzug halten, wie wir sie bei der Skoda Vision O mit klaren Flächen und reduzierten Lichtkörpern an beiden Enden der Karosserie sehen.
Es ist gut möglich, dass vor einem Elektro-Kombi als legitimer Octavia-Nachfolger ein neuer Enyaq mit der neuen Formensprache zu sehen sein wird. Der Bestseller dürfte Ende dieses Jahrzehnts das Ende seines Lebenszyklus erreicht haben. Während es noch zu früh ist, über Akkus, Antriebe und die mögliche Ausweitung des Angebots auf Range Extender zu spekulieren, darf das neue Cockpit-Design als gesetzt gelten. Auch hier wird man von Skalierungseffekten beim Griff in den Konzernbaukasten profitieren können. Die Schwestermarke Cupra hat mit dem SUV-Konzept Tindaya eine sehr ähnliche Idee präsentiert.
Fazit
Der Combi (mit C) ist und bleibt auch in Zukunft ein wichtiger Stützpfeiler im Skoda-Programm. Mit der Studie Vision O zeigen die Tschechen, wie ein elektrischer Octavia-Nachfolger in den 2030er-Jahren aussehen kann. Nach der Studio- und Messepremiere im Rahmen der IAA Mobility konnten wir das Einzelstück jetzt erstmals unter freiem Himmel betrachten und sogar eine erste kurze Probefahrt unternehmen.