Ein gelber und ein roter Supra. Dazu die "grüne Hölle". Ein Erlebnisbericht.
Vorfreude. Spannung. Adrenalin. Körper und Geist kennen wochenlang nur eine Richtung. Bergauf. Der Plan, das 24h-Rennen am Nürburgring zu besuchen, ist für Menschen mit Benzin im Blut schon Anlass genug, Weihnachten und Geburtstag gemeinsam in den Juni zu verlegen. Doch dieses Mal war es mehr als das. Denn auch die An- und Abreise sowie das Rahmenprogramm sollten mit Stil und automobilem Nachdruck gestaltet werden.
Erstes Date mit dem neuen Toyota Supra
Für die Fahrt zum Nürburgring steht die langerwartete Neuauflage einer Sportwagenikone bereit. In Lighting Yellow sogt der noch jungfräuliche Toyota Supra schon in der Tiefgarage für einen Sonnenaufgang. Das Gepäck ist schnell im 290 Liter großen Kofferraum unter der großen Heckklappe verladen, eine perfekte Position auf dem elektrisch verstellbaren Sitz schnell gefunden.
Mit dem Druck auf den Startknopf erwacht der 340 PS starke, aufgeladene Reihensechszylinder mit drei Litern Hubraum zum Leben. Der stammt von Kooperationspartner BMW. Der Toyota Supra entstand als Gemeinschaftsprojekt mit dem neuen Z4. Gebaut werden beide Autos bei Magna im österreichischen Graz. Dabei ist es keineswegs so, dass Toyota einfach an das bayrische Roadster-Projekt angedockt wurde, seit 2014 entstanden die Autos parallel mit einem Mitspracherecht beider Partner. So ist zu hören, dass der relativ kurze Radstand von 2,47 Metern bei BMW anfangs auf wenig Gegenliebe stieß, für ein optimales Verhältnis mit der Spurweite (1,59 Meter) von den Japanern aber als Pflichtpunkt ins Lastenheft diktiert wurde.
iDrive im Toyota
Das soll für ein bestmögliches Zusammenspiel zwischen Stabilität und Agilität sorgen. Davon ist schon auf den ersten Metern mit dem Toyota Supra, der offiziell noch die Initialen GR (Gazoo Racing) trägt, viel zu spüren. Fahrer und Auto sind sofort eine Einheit. Unter den beiden Ausbuchtungen am Dach findet man auch mit über 1,90 Metern genug Kopffreiheit, die Übersicht nach vorne und zur Seite ist gut. Beim Blick in den Außenspiegel wirft die breit ausgestellte Heckpartie eine Portion blechgewordene Erotik in den Tagesanbruch.
Das Ziel der Reise lässt sich über das von BMW beigesteuerte Infotainment gewohnt vielfältig eingeben – per Sprachsteuerung, über den Touchscreen oder den weiterhin unerreicht intuitiven Dreh-Drück-Steller des iDrive-Systems.
Die von ZF zugelieferte Achtgang-Automatik schickt bis zu 500 Nm an die beiden Hinterräder. Das aktive Hinterachsdifferenzial bleibt auf der zügigen Reise über Autobahnen und Landstraßen arbeitslos. Stattdessen erweist sich der Toyota Supra als gutmütiger, komfortabler und schneller Reisewagen.
Ankunft am Nürburgring. Die Fußwege und Restaurants rund um die legendäre Nordschleife sind bereits von Auto- und Racingfans bevölkert. Die Straßen werden zum Laufsteg. Hier wird auch viel deutsche Performance-Mode von Labels wie AMG, M und Audi Sport gezeigt, das große und vor allem das positive Interesse nach „Guck mal, der neue Supra, boah“ ist aber ungefähr alle 15 bis 20 Meter erneut verblüffend.
Mit dem Supra über die Nordschleife
Umstieg vom gelben Supra in ein Exemplar, das in „Prominence Red“ lackiert wurde. Der hat zusätzlich zum gelben Testwagen das 2.000 Euro teure Premium-Paket mit Head-Up-Display, Ledersitzen, induktiver Ladeschale und mehr verbaut. Aber nicht deswegen spielen spätestens jetzt die Synapsen verrückt. Es geht auf die Strecke. Wäre das nicht schon ein Erlebnis für sich, handelt es sich dabei um die Nordschleife, die grüne Hölle.
Tausende von Fans stehen Spalier, als sich drei neue Supras gemeinsam mit einem Exemplar der Vorgängergeneration A80 und zwei Exemplaren des seltenen Sportwagen-Klassikers Toyota 2000 GT auf ihren Weg über den legendären Kurs machen.
Einer der 200 GT fährt voraus, der Klang des Sechszylinders zieht mich mit dem, wesentlich leiseren, neuen Supra hinterher. Der Korso fährt nicht wirklich schnell, und das ist gut so. Denn jeder Lufthauch, jede Unebenheit im Asphalt, jeder Ton und jeder Geruch muss jetzt dringend vom Körper wahrgenommen und abgespeichert werden. Das Entstehen von Erinnerungen als Live-Happening.
Kein Wunder, dass die Ehrenrunde viel zu schnell vorüber ist, aber die Nordschleife legt sich nur wenig später den Rennwagen des 24h-Rennens vor die Reifen. Auch Toyota ist mit dem GR Supra am Start. Von Startplatz 90 (eine Verbeugung vor der internen Baureihenbezeichnung A90?) soll es am Sonntagnachmittag dann Position 41 werden.
Aston Martin jagen in der Eifel
Zur weiteren Verarbeitung des eben erlebten geht es wieder in den gelben Supra. Raus auf die kurvigen Landstraßen der Eifel. Spätestens hier wird klar, warum die Entwickler in Japan so stolz auf ihren neuen Sportwagen sind. Eine Horde Aston Martins treibe ich mit dem leistungsmäßig unterlegenen Supra vor mit her. Die Einhaltung des Landstraßen-Tempolimits lässt die Briten auch auf der Geraden nicht davonziehen.
Im Kurvengeschlängel schlägt die Stunde des Japaners „made in Austria“. Mit einer Breite von 1,85 Metern und der perfekt dosierbaren Lenkung steht sich der Supra nicht im Weg. Die größeren Sportwagen benötigen mehr Vor- und Umsicht auf den teils schlanken Straßen, während Du im Supra schon mit dem Scheitelpunkt der Kurve gedanklich abklatschst. Austoben für große Jungs.
Bereit für mehr
Viele Stunden später, während auf dem Nürburgring die Rennwagen durch die Nacht donnern, zeigt sich dann wieder die zahme Seite des Supra. Auf dem Weg zurück in die Großstadt federt das adaptive Fahrwerk Querfugen und sonstige Unpässlichkeiten des Autobahnbelags entspannt weg, der Reihensechszylinder schnurrt vor sich hin und der Kurvenräuber von vorhin wird wieder zum unaufgeregten Gran Turismo.
Ein großer Tag geht zu Ende, eine Geschichte, die man gerne mal erzählen wird. Während die Supra-Story gerade erst losgeht. Im ersten Schritt werden für Europa im Jahr 2019 nur 900 Autos gebaut, 300 davon gehen nach Deutschland. Ab dem kommenden Jahr dürfte es mehr geben. Mehr Supras. Und in Zukunft bestimmt Sonderserien und neue Ausstattungsdetails. Egal wie, mehr Gründe für weitere Testfahrten und daraus resultierende Erlebniserzählungen. Ich bin bereit.
Technische Daten
Toyota GR Supra |
|
---|---|
Hubraum | 2.998 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 6 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 250 kW / 340 PS bei 5.000 U/min |
Max. Drehmoment | 500 Nm bei 1.600 - 4.500 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 4,3 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h (abgeregelt) |
Verbrauch real auf 100km | 11,6 Liter (lt. Bordcomputer) |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Michelin Pilot Super Sport 255/45 ZR19 v. / 275/35 ZR19 h. |
Leergewicht | 1.570 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.379 / 1.854 / 1.292 mm |
Grundpreis | 62.900 Euro |
Testwagenpreis | 62.900 Euro |