Der VW Golf R Performance 20 Years mit 333 PS im Fahrbericht mit Video-Review.
Ein Golf als Sammlerstück? Da gibt es einige Beispiele in der Geschichte des einst ewigen Bestsellers. Den Golf I GTI beispielsweise oder ein gut erhaltenes Cabriolet dieser Generation. Mehr noch kann man beim Golf II entdecken: Golf Limited (na, wer kennt den?), Rallye-Golf oder zur Not ein braverer GTI G60 sowie die Keimzelle aller Kompakt-SUV, der Gold Country, sind heutzutage oft gesucht und schwer zu finden. Dann wird es etwas austauschbarer. Wer noch keinen verbastelten und heruntergewirtschafteten VW Golf VR6 der dritten Baureihe findet, sollte ihn aufheben. Beim Golf Nummer Vier ist der R32 zu nennen.
Der Golf R 20 Years im Video
2002 wurde der Sport-Golf, damals noch von der Volkswagen Individual GmbH, mit 3,2 Liter großen Sechszylinder-Motor und 241 PS aufgelegt. 5.000 Autos sollten gebaut werden, am Ende wurden 12.000 R32 ausgeliefert. Er gilt als erster R-VW und begründete das heutige Sport-Label der Marke mit eben jenem Zusatzbuchstaben.
20 Jahre später wollen die Wolfsburger das „R“ feiern. Als Geschenk an sich selbst (weil es ja aufgrund des Preises kein Geschenk an die Kunden ist) fährt selbstredend ein Golf vor. Auch wenn die R-Palette mittlerweile T-Roc, Tiguan, Arteon als Fastback und Shooting Brake sowie den Touareg als Plug-in Hybriden umfasst.
EA888 jetzt mit 333 PS
Einen VR6 gibt es dieser Tage nicht mehr. Alle Rs außer dem Touareg werden von einem zwei Liter großen Vierzylinder-Turbo angetrieben. 235 kW / 320 PS leistet er im VW Golf R. Das Performance-Modell, die Basis für die Sonderserie Golf R 20 Years, holt 10 kW mehr heraus, leistet als 245 kW / 333 PS. Das Drehmoment bleibt bei üppigen 420 Newtonmetern (im Bereich von 2.100 – 5.500 U/min), die vom serienmäßigen 7-Gang-DSG verwaltet und an alle vier Räder geschickt werden.
Damit sind wir mittendrin in der Technik, die einige Unterschiede zum „normalen“ Golf R bereithält. Wohlgemerkt gelten die Upgrades nicht nur für das 20-Years-Sondermodell, sondern sind auch Teil der Serienausstattung des Golf R Performance.
Wer mag, kann das Start-Prozedere umdrehen. Erst kommt der längere Druck auf den Startknopf, dann wird die Bremse getreten. Für die Steuersoftware das Signal zum „Emotionsstart“. So nennt das VW-Marketing den Drehzahlüberschwinger. Direkt nach dem Anlassen hebt sich die Drehzahl kurz auf 2.500 U/min, der Golf bellt also seine Bereitschaft heraus. Gut zu wissen: Damit man nicht ständig Nachbarn und Familie nervt, kann man auch ganz normal starten (erst Bremse, dann Knopf).
Einmal in Fahrt, zeigt der angeschärfte Golf R sein wilderes Wesen. Die überarbeitete Motorabstimmung hält den Turbolader auch bei Teillast auf Drehzahl. Das sorgt für ein schnelles Ansprechverhalten, auch bedingt durch eine nie ganz geschlossene Drosselklappe.
Man spürt die Technik arbeiten
Ist das spürbar? Ja. Wenn man auf der Landstraße zum Überholen ansetzt oder aus einem engen Kurvengeschlängel auf eine längere Gerade herausbeschleunigt, ist der Performance-R wacher, direkter zur Stelle. Wer in den Fahrmodi S oder S+ unterwegs ist und über die Paddel an der Lenksäule manuell hochschaltet, spürt zudem mehr Feedback aus dem Getriebe. Das fühlt sich nach Signalen aus der Mechanik an, ist aber das Ergebnis einer Softwaresteuerung. Sie sorgt für Änderungen beim Öffnen und Schließen der beiden im Ölbad laufenden Kupplungen.
Wie jeder Golf R Performance bringt auch das Sondermodell 20 Years den größeren Dachspoiler, die geschwindigkeitsabhängige Progessivlenkung, Torque Vectoring (Drehmomentverteilung) und die Fahrmodi „Special“ (abgestimmt auf der Nürburgring-Nordschleife) und „Drift“ mit. Das Auto steht auf 19-Zöllern (235/35 R19) und wird bei freier Autobahn bis zu 270 km/h schnell.
Titan-Auspuff als Option
Viel mehr Spaß macht aber auch im Allradboliden der Baureihe die Hatz über leere Landsträßchen im Hinterland. Die angesprochenen Änderungen bei der Steuerung von Turbolader und Drosselklappe sorgen für einen zarten Hauch mehr Dynamik, die Progressivlenkung macht einen gewohnt guten Job. Das gilt auch für das optionale DCC-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern. Hier gilt: Lieber eine etwas softete Abstimmung wählen, damit die Reifen stets Bodenkontakt halten.
7,7- 7,9 Liter nach WLTP-Norm soll der VW Golf R Performance auf 100 Kilometer verbrauchen. Das dürfe im Alltag ohne Ignoranz kaum zu schaffen sein. Nach unserem Test-Tag, begleitet von frechem Brabbeln in der von Akrapovic zugelieferten Titan-Abgasanlage (Aufpreis 3.975 Euro) bei Lastwechseln und spaßigen Momenten hinter dem Dreispeichenlenkrad stehen Werte um 12 Liter pro 100 Kilometer auf der Anzeige des Bordcomputers.
Der aus Fahrersicht erkennbare Unterschied des VW Golf R 20 Years Edition im Vergleich zum serienmäßigen Golf R Performance sind, neben blauen R-Logos, die erstmals in einem VW verwendeten Dekorelemente aus Echt-Carbon unter den Displays für Instrumente und Infotainment. Sonst verwendet Volkswagen R ein Material in Carbon-Optik.
Äußerlich schmückt sich das Jubiläumsmodell mit blauen Akzenten an den Leichtmetallfelgen und Außenspiegelkappen. Aber nur dann, wenn das Auto weiß oder schwarz lackiert wurde. In der R-typischen Farbe „Lapiz Blau Metallic“ bleiben Räder und Spiegelgehäuse schwarz. Ganz dezent zeigt sich, unabhängig von der Farbwahl, die 20-Plakette an der B-Säule.
Das kostet der VW Golf R Performance
Für das Sondermodell Golf R 20 Years ruft VW den stolzen Listenpreis von 59.995 Euro. Wer das serienmäßige Nappaleder nicht mag, kann es abwählen und spart mit Stoffsitzbezügen 2.670 Euro. Auf den ersten Blick trennen die Sonderserie zum VW Golf R Performance 4.295 Euro. Wird dieser mit Lederbezügen und Black Style Paket auf das Niveau des 20-Years-Golf gebracht, ist er 1.000 Euro günstiger. Für diesen Preis bekommt man als Kunde als das Echt-Carbon im Innenraum und die blauen Designdetails.
Ob der VW Golf R 20 Years, den man rund ein Jahr lang (und damit wohl bis zum Facelift der Baureihe) bestellen kann, zum Sammlerstück wird? Das muss sich zeigen.
Fazit
Das Sondermodell zum 20-jährigen R-Jubiläum bringt dezente Details mit und lohnt sich eigentlich nur für Kenner, die sich an den Carbon-Einlagen im Cockpit erfreuen. Die vielen technischen Schmankerl mit neuen Abstimmungen der Fahrmodi und der Motorsteuerung bekommt, neben der auf 333 PS gesteigerten Leistung, auch der VW Golf R Performance. Mit serienmäßigem Allradantrieb ist der Chef im Golf-Clan der ganzjahrestaugliche Bodybuilding-Hot-Hatch zum stolzen Preis. Wer beim Training lieber auf athletischen Ausdauersport setzt und das auch bei der Autowahl in Spiel bringt, dürfte auch weiterhin GTI fahren.
Technische Daten
VW Golf R 20 Years |
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Antrieb | Allradantrieb |
Hubraum | 1.984 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 245 kW / 333 PS |
Max. Drehmoment | 420 Nm bei 2.100 - 5.500 U/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe |
Beschleuningung 0-100 km/h | 4,6 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 270 km/h |
Verbrauch real auf 100km | 12,0 Liter (lt. Bordcomputer) |
Leergewicht | 1.555 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.290 / 1.789 / 1.458 mm |
Grundpreis | 59.995 Euro |
Testwagenpreis | 70.120 Euro |