VW Tiguan Wieder einer für alle(s)?

Der neue VW Tiguan als eHybrid und TDI im ersten Fahrbericht mit Video-Review.

Wachablösung für den Bestseller. Der VW Tiguan ist mittlerweile zum weltweit meistverkauften Auto der Marke, noch vor dem Golf, aufgestiegen. Über 7,5 Millionen Exemplare wurden seit 2007 verkauft. Die dritte Modellgeneration soll diesen Erfolg fortsetzen.

Der neue Tiguan eHybrid im Video

In einem geänderten Marktumfeld ist der Tiguan nicht mehr das einzige Kompakt-SUV im Programm der Wolfsburger. Als Verbrenner (Benziner oder Diesel) und Plug-in Hybrid stellt er die hausinterne Alternative zum vollelektrischen ID.4 dar. Mehr als ihm soll er aber der großen Konkurrenz bei anderen Marken entgegentreten.

Das Format des Tiguan haben dieIngenieure und Designer nur behutsam verändert, es folgt dem bewährten Erfolgsrezept. Die Länge nimmt um etwas auf 4,54 Meter zu, in der Höhe wächst das SUV um fünf Millimeter auf 1,66 Meter. Breite (1,86 Meter ohne Außenspiegel) und Radstand (2,68 Meter) sind mit den Maßen des Vorgängers beinahe identisch.

Matrix-Licht aus der Oberklasse

Das Design folgt der aktuellen VW-Formensprache. Die streng geometrischen Linien des bisherigen Tiguan der zweiten Generation wurden leicht zurückgenommen. An der Front gibt es einen großen Lufteinlass im Stoßfänger mit beweglichen „Air Curtains“, zwischen den Leuchten wird das Logo von einer LED-Leiste flankiert. Sie gibt es in Zusammenhang mit den optionalen IQ.Light-Scheinwerfern. Hierbei handelt es sich um das aus dem großen Touareg übernommene System mit über 38.400 einzeln ansteuerbaren Pixeln für die adaptiven Funktionen. Nachts lässt sich ein Lichtteppich auf die Straße legen, mit dem man der Fahrspur folgen kann.

VW Tiguan eHybrid TDI R-Line Test Fahrbericht Video 2024

In der Ausstattungslinie R-Line, mit der unsere Tiguan-Testwagen ausgestattet sind, glänzen schwarze Dekore an den Stoßfängern und an den Radläufen im südfranzösischen Sonnenlicht. Im Alltag dürften hier schnell Schmutz und Kratzer für Verdruss sorgen. Ein durchgehendes Lichtband am Heck sortiert den neuen Tiguan in die SUV-Familie zwischen T-Cross / Taigo und Touareg ein. Man kann wohl ruhigen Gewissens ahnen, dass der Nachfolger des erfolgreichen VW T-Roc sehr ähnlich aussehen wird.

Der Kofferraum im VW Tiguan wächst, im Vergleich zum Vorgänger, um 33 auf jetzt 648 Liter. Weniger Inhalt ist es beim Tiguan eHybrid – der elektrifizierte Antrieb mit dem Akku benötigt mehr Bauraum. 476 Liter passen ins Hybrid-Heck, wo im Kellerabteil unter dem doppelten Ladeboden ein Großteil des zusätzlichen Freiraums fehlt.

Weiter vorne finden Fahrer und Passagiere gewohnt großzügige Platzverhältnisse vor. Je nach Ausstattung kann man sich in der ersten Reihe massieren lassen und eine Klimaautomatik für den Sitz nutzen, die Lüftung und Heizung bedarfsgerecht steuert.

Endlich wieder Lenkrad-Knöpfe

VW Tiguan eHybrid TDI R-Line Test Fahrbericht Video 2024

Das Cockpit wird vom bis zu 15 Zoll großen Infotainment-Display (Serie: 12,9 Zoll) dominiert. Mit der aktuellen Software laufen die einzelnen Anwendungen flüssig, der Touchscreen reagiert schnell. Am unteren Rand der Anzeige erlaubt eine feststehende Leiste den direkten Zugriff auf Klimafunktionen. Die „Top Bar“ oben ist teilweise individuell belegbar und hält fix Icons u.a. für die Fahrassistenz und den Fahrmodus vor.

Ganz und gar knopflos ist der neue VW Tiguan jedoch nicht, womit nicht nur das neue-alte Multifunktionslenkrad mit physischen Tasten gemeint ist. Auf der Mittelkonsole gibt es einen Dreh-Drück-Steller, von VW „Fahrerlebnisschalter“ genannt. Hier kann man die Audio-Lautstärke regeln, nach Druck auf den Ring wechselt die Anzeige im kleinen Display auf die Fahrmodus-Wahl. Wenn der Tiguan mit dem 4Motion genannten Allradantrieb (bei Benzinern und TDI) ausgestattet ist, lassen sich hier auch Offroad-Einstellungen vornehmen.

Einen Wählhebel für das Getriebe gibt es zwischen den Sitzen nicht mehr, die Fahrstufe wird rechts am Lenkrad eingestellt. Die Bedienung der Scheinwischer wanderte dafür an den linken Lenkstockhebel. Modellvarianten mit manuellem Schaltgetriebe werden nicht mehr angeboten. Die Sprachsteuerung IDA hört meist aufs Wort und bekommt auf absehbare Zeit Unterstützung von der KI in „ChatGPT“. Damit lassen sich beispielsweise Informationen zu Navigationszielen abrufen und vorlesen.

Was kann DCC Pro?

VW Tiguan eHybrid TDI R-Line Test Fahrbericht Video 2024

„MQB evo“ nennt VW den weiterentwickelten Baukasten, auf dem der Tiguan aufbaut. Optionaler Bestandteil ist das adaptive Fahrwerk DCC Pro mit jetzt zwei Ventilen pro Stoßdämpfer. Zug- und Druckstufe werden mit dem Doppel direkt angesteuert.

Das Resultat macht sich auf den ersten Probefahrten – wie schon vor einigen Monaten bei der Abnahmefahrt mit dem TDI mit 193 PS und Allradantrieb , als getarntes Vorserienexemplar, vor allem im Komfortmodus bemerkbar. Das leichte Nachschwingen nach kurzen Wellen bleibt aus, was den gefühlten Komfort erhöht. Zudem ist die mögliche Spreizung zwischen den Extremen (Komfort und Sport) größer. Auch die Progressivlenkung, Teil der Testwagen-Ausstattung, zeigt sich von ihrer positiven Seite. Ausreichend direkt, ohne zu zicken.

Was kann der neue Plug-in Hybrid?

VW Tiguan eHybrid TDI R-Line Test Fahrbericht Video 2024

Erstmals setzt VW im Tiguan eine neue Generation von Plug-in Hybriden ein. Der 1.5 TSI und ein Elektromotor arbeiten im Team, letzterer wird aus einem jetzt netto 19,7 kWh großen Akku bestromt. Das sorgt für eine deutlich höhere Reichweite als bisher: Bis zu über 100 Kilometer sollen möglich sein.

Weiter fahren und schneller laden: Über den vorne links angebrachten Stecker lässt sich Wechselstrom an einer Wallbox oder einer öffentlichen Ladesäule dreiphasig mit 11 kW zapfen – dreimal schneller als beim Vorgänger. Erstmals lässt sich der Plug-in Hybrid, bei VW mit der Modellbezeichnung eHybrid versehen, auch am Schnelllader parken. Über CCS sind 50 kW Ladeleistung möglich. Während eines Einkaufs im Supermarkt lässt sich der Akku also wieder füllen.

Zwei Leistungsstufen werden angeboten, gesteuert über den Elektromotor. Der 1.5 TSI leistet im Fall des stärkeren eHybrid 130 kW / 177 PS, der E-Motor in beidn Varianten 85 kW (115 PS). Die Systemleistung liegt bei 150 kW / 204 PS oder, wie in unserem Testwagen, bei 200 kW / 272 PS.

Sechs Gänge reichen

VW Tiguan eHybrid TDI R-Line Test Fahrbericht Video 2024

Damit ist er nominell das stärkste Modell der Baureihe, liegt knapp über dem stärksten Benziner mit 265 PS (2.0 TSI 4Motion). Wie gewohnt kümmert sich ein 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) um die Kraftverteilung an die Vorderräder. Eine siebte Stufe wie beim Rest der Modellpalette ist nicht aufgrund des zusätzlichen Drehmoments des Elektromotors nicht nötig.

Wir starten mit fast (aber nicht komplett) geladener Batterie zu den ersten Testfahrten. Die Reichweitenanzeige meldet einen Elektro-Radius von 86 Kilometern. Wie einfach man im Alltag die 100-Kilometer-Marke erreichen oder auch übertreffen kann, wird es späterer Alltagstest zeigen.
Der VW Tiguan eHybrid setzt sich im elektrischen Fahrmodus fast lautlos in Bewegung und ist dabei auf kurvigen Bergstraßen auch ausreichend zügig unterwegs. Bei Kick-Down auf dem rechten Pedal schaltet sich der Benziner dazu. Ihn hört man bei Leistungsabruf und höheren Drehzahlen, ansonsten ist auch der Vierzylinder ein ruhiger Geselle. 140 km/h sollen auf der deutschen Autobahn rein elektrisch möglich sein, im Hybrid-Modus sind bis 215 km/h möglich.

Am Ende der Testfahrten mit dem Tiguan eHybrid zeigt sich, dass die Reichweitenanzeige in den digitalen Instrumenten recht genau kalkuliert und keine Fabelwerte verspricht. Wir waren die meiste Zeit rein elektrisch unterwegs und haben unterwegs außer einer einstellbaren Energie-Rekuperation kaum etwas vermisst.

Testfahrt mit dem TDI

VW Tiguan eHybrid TDI R-Line Test Fahrbericht Video 2024

Umstieg in den VW Tiguan TDI. Der zwei Liter große Selbstzünder wird in zwei Leistungsstufen angeboten und treibt im Topmodell mit 142 kW / 193 PS serienmäßig alle vier Räder an. Wir haben uns den 110 kW / 150 PS starken Fronttriebler ausgesucht – diese Motorvariante dürfte erste Wahl für Vielfahrer sein.

Ab 1.600 U/min steht das volle Drehmoment von 360 Newtonmetern bereit. Der Tiguan TDI wirkt in jeder Situation kräftig, Gedenksekunden des DSG sind nicht wahrnehmbar. Der Diesel grummelt meist entspannt im Hintergrund. Ausdrehen in hohe Regionen des virtuellen Drehzahlmessers ist aufgrund des üppig vorhandenen Drehmoments nur selten nötig. Im Vergleich zum eHybid bringt der Diesel-Tiguan knapp 200 Kilogramm weniger auf die Waage. Das spürt man bei schnellen Richtungswechseln, der TDI gibt sich etwas leichtfüßiger, obwohl er verhältnismäßig mehr Gewicht an der Vorderachse versammelt.

2.000 Kilogramm Anhängelast bietet der TDI mit Frontantrieb, der stärkere 4Motion kommt auf den gleichen Wert. Das sollte für normal große Wohnwagen genügen – der Plug-in Hybrid bietet die identische Anhängelast wie die beiden Dieselmodelle. Im Fahralltag mit Anhänger dürfte ein drehmomentstarker Diesel dennoch die bessere Wahl sein.

Das kostet der VW Tiguan

VW Tiguan eHybrid TDI R-Line Test Fahrbericht Video 2024

Der Konfigurator für den neuen VW Tiguan startet bei 36.600 Euro für das Basismodell mit 130 PS starkem Benziner. Von diesem Betrag sind die hier gezeigten Exemplare weit entfernt.

Der 150 PS starke TDI startet in der Ausstattungslinie R-Line bei 49.615 Euro, der üppig mit Extras vollgestopfte Testwagen kommt auf 61.620 Euro. In dieser Region geht es beim stärkeren eHybrid erst los, er startet als R-Line bei 57.000 Euro. Der mit optionaler Farbe, Lederausstattung, Fahrassistenz und vielen weiteren Optionen bestückte Testwagen kommt auf 67.980 Euro.

Fazit

VW Tiguan eHybrid TDI R-Line Test Fahrbericht Video 2024

Der VW Tiguan dürfte auch in seiner dritten Generation erfolgreich bleiben. Im Format bleibt sich das geräumige SUV treu, ebenso bei der Antriebsvielfalt. Die aktuelle Infotainment-Software läuft stabil und bringt, wenn man die nötigen Kästchen im Konfigurator anklickt, neben Navigation und Co. auch viele Bedienmöglichkeiten für Komfortextras wie eine automatische Sitzklimatisierung.

Der Plug-in Hybrid mit deutlich erhöhter Reichweite und Schnelllademöglichkeit könnte für Pendler und Wenigfahrer eine interessante Alternative zum reinen Elektroauto sein. Der TDI spielt seine Kompetenzen wie gewohnt vor allem auf der Langstrecke aus.

Technische Daten

VW Tiguan eHybrid // VW Tiguan 2.0 TDI

Antriebsart Plug-in Hybrid // Diesel
Antrieb Frontantrieb
Hubraum 1.498 ccm// 1.968 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder 4 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS 130 kW / 177 PS // 110 kW / 150 PS
Max. Drehmoment 250 Nm // 360 Nm
Getriebe 6-Gang-DSG // 7-Gang-DSG
Elektromotor: Maximale Leistung kW 85 kW (115 PS) (eHybrid)
Systemleistung: kW / PS 200 kW / 272 PS (eHybrid)
Batterie 19,7 kWh netto (eHybrid)
Batterie: Typ Lithium-Ionen
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) 50 kW (eHybrid)
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) 11 kW (dreiphasig) (eHybrid)
Tankinhalt 45 Liter // 55 Liter
Beschleuningung 0-100 km/h 7,2 Sekunden // 9,4 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit elektrisch 140 km/h (eHybrid)
Höchstgeschwindigkeit 215 km/h // 207 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 18,2 kWh (eHybrid)
Norm-Verbrauch auf 100km 0,5 Liter // 5,5 Liter
Reichweite nach Norm 116 km (eHybrid)
Verbrauch real auf 100km 5,8 Liter (lt. Bordcomputer) (TDI)
Kofferraumvolumen 476 // 652 Liter
Leergewicht 1.890 // 1.677 kg
Anhängelast (gebremst) 2.000 kg
Stützlast 100 kg
Länge / Breite / Höhe 4.539 / 1.859 / 1.658 mm
Basispreis Baureihe 36.600 Euro
Basispreis Modellvariante 57.000 // 49.615 Euro
Testwagenpreis 67.980 // 61.620 Euro
Teile das!
Text: Bernd Conrad
Bilder: Sebastian Bonschenk, Bernd Conrad
Werbung
Werbung
Werbung
Werbung