Elektro-Limousine mit Qualitäten: Der Xpeng P7 im Alltags-Test mit Video-Review.
"Nur sieben chinesische Automobilmarken werden überleben.“ Diese Aussage stammt von einem der Akteure. Xpeng wagt diese Prognose und macht dabei unmissverständlich klar, dass man einer dieser Überlebenden sein wird. Das gerade einmal zehn Jahre alte Unternehmen, dass 2019 sein erstes Auto auf die Straße brachte, will im nächsten Jahrzehnt eine Million Autos pro Jahr bauen und mehr als die Hälfte davon in Exportmärkten verkaufen.
Schlagzeilen machte die Marke (die man, so will es die Importzentrale, bei uns ganz einfach „Ix-Peng“ ausspricht) zuletzt auch mit einem üppigen Investment des Volkswagen-Konzerns für die gemeinsame Entwicklung von Elektroautos in China für den lokalen Markt.
Der Xpeng P7 im Video
Im ersten Fahrbericht konnte das SUV-Coupé Xpeng G6 schon zeigen, was es kann. Um tiefer in die Materie einzusteigen, rollte ein Xpeng jetzt zum Alltagstest an. Ganz einfach machen wir es den Chinesen dabei nicht. Wir haben uns für den ersten Test in heimischen Gefilden die Limousine P7 ausgesucht. Also kein SUV (es gibt neben dem G6 noch den großen G9), sondern ein Mittelklassemodell, bei dem jeder im Kopf zwangsläufig einen Vergleich mit dem Tesla Model 3 herstellt.
2021 kam der Xpeng P7 in China auf den Markt. In Metropolen wie Peking ist der Viertürer oft im Straßenbild anzutreffen. Geht es nach den Vertriebsplanern in der Münchner Xpeng-Zentrale, soll das auch hierzulande bald der Fall sein. Für Verkauf und Service setzt man auf die Kooperation mit etablierten Autohäusern, die die Marke meist zusätzlich in ihr Portfolio mit aufnehmen – oft in Nachbarschaft zu europäischen Premium-Marken.
(Außen) Größer, als es scheint
Mit einer Länge von 4,89 Metern ist die Stufenheck-Limousine Xpeng P7 alles andere als kompakt. Das schlichte, aber trotzdem elegante Design lässt ihn nicht nur auf Bildern, sondern auch im realen Leben, kleiner wirken. Eine wohlwollende Abwechslung in einer Zeit, in der viele Autos mit aggressiven Scheinwerferformen und Riesenwalzen ihre Dominanz zeigen wollen.
1,45 Metern misst der P7 in der Höhe. Damit ist er, trotz großem Akku im Fahrzeugboden, relativ flach. Dass die Ingenieure in China nicht zaubern können, zeigt aber die Sitzprobe. Als großer Mensch muss man im Fond den Kopf einziehen, außerdem erfordert die flach über dem Innenboden montierte Rücksitzbank stark angewinkelte Beine. Hier bietet der außen etwas größere VW ID.7 deutlich mehr, auch beim Kofferraum hat der Volkswagen die Nase vorn. Unter die kleine Klappe des P7 passen nur 440 Liter, nach dem Umklappen der Lehnenteile wächst das Ladevolumen auf 915 Liter.
Auch die Vordersitze dürften gerne etwas üppiger dimensioniert sein. Trotzdem sind ihre integrierten Kopfstützen auch für den 1,92 Meter großen Autor dieser Zeilen hoch genug. Dank der vollelektrischen Einstellung und dem in Höhe und Weite arretierbaren Lenkrad fühlt man sich gut ins Fahrzeug integriert.
Zwei große Displays bestimmen das Cockpit. Die Anzeigen sind gut ablesbar und – bis auf kleine Übersetzungsfehler – sofort verständlich. Eine Kante vor dem großen Touchscreen-Monitor auf der Mittelkonsole erlaubt das Ablegen des Handballens, was die Bedienung per Fingerkuppen-Druck vereinfacht.
Die physischen Multifunktions-Elemente des Zweispeichenlenkrads erlauben die Verstellung von Audiolautstärke und Luftstrom-Intensität, zudem auch die Anpassung der Geschwindigkeit bei erkannten Tempolimits. Hierbei darf erwähnt werden, dass die Verkehrszeichenerkennung im Xpeng P7 so gut und zuverlässig funktioniert wie in kaum einem anderen Testwagen der letzten Zeit.
Auch Dinge wie die Fahrerüberwachung sind zwar wachsam, aber dezent genug. Nervige Müdigkeitswarnungen, sobald man auf dem Display etwas einstellt, verkneift sich der P7. Man muss schon gähnen lange den Blick von der Straße abwenden (was man nicht tun sollte!), damit eine Warnung im Display hinter dem Lenkrad erscheint. Sie lässt sich mit einem Klick auf die linke Lenkrad-Walze abstellen. Damit hat man dem Auto signalisiert, geistig anwesend zu sein.
Steuerung per App
Bei den scheinbar vielen Stunden für die Arbeit an gut funktionierender Software wurde wohl die Sprachsteuerung vergessen. Der Avatar, der auf Tastendruck oder den Zuruf „Hey, Xpeng“ zum Leben erwacht, versteht – zumindest im Testwagen – nur Englisch. In der Meckerecke kann man sich zudem über das Navigationssystem unterhalten. Es berechnet Routen schnell und gefällt mit rechtzeitigen Sprachbefehlen, vergisst bei Langstrecken aber die Planung von Ladestopps. Hier muss man also mitdenken. Smartphone-Apps sind keine Abhilfe, Apple CarPlay oder Android Auto sind nicht an Bord.
Über die Xpeng-App kann man das Auto nicht nur entriegeln und starten, sondern auch vor Fahrtantritt schon die Klimaautomatik starten und den Sitz konditionieren. Im Sommer zeigt sich: Die serienmäßige Sitzlüftung in der ersten Reihe ist zu schwach, arbeitet nur auf der Sitzfläche minimal spürbar. Die Heizfunktion, auch im Fond, und für den Lenkradkranz ist stärker ausgeprägt.
Zwei Antriebsvarianten werden angeboten. Das Grundmodell hat einen 203 kW (276 PS) starken permanenterregten Synchronmotor an der Hinterachse. Der P7 AWD Performance bringt zusätzlich eine Induktionsmaschine mit 145 kW (197 PS) vorn mit. Die Systemleistung des Allradlers beträgt 348 kW (473 PS).
Schnell, komfortabel, gefühllos
Die Zahlen lassen schon vermuten, was sich unterwegs bestätigt. Jederzeit steht mehr als genug Leistung zur Verfügung. Mit bis zu 757 Newtonmetern Drehmoment schnalzt der P7, trotz 2.140 Kilogramm Leergewicht, anstandslos nach in Richtung Horizont. Die Abstimmung geriet leicht heckbetont, ohne unbedarfte Piloten vor Herausforderungen zu stellen. Auf der leeren Autobahn beschleunigt der P7 linear und anstandslos bis zur Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Auch dann liegt er ruhig und sicher, nichts zerrt an Motorhaube oder Fensterdichtungen.
Die in Kurven arg gefühllose und um die Mittellage leicht zappelige Lenkung passt da weniger ins Bild. Abhilfe schafft die Aktivierung des Individual-Fahrmodus über den Touchscreen-Monitor, in dem man die Lenkung – unabhängig vom Ansprechverhalten des Antriebs – in den „Sport“-Modus klicken kann. Der höhere Widerstand vermittelt etwas mehr Gefühl für Radius und Richtung.
Die Fahrwerksabstimmung bietet, auch ohne die Einstellmöglichkeit von adaptiven Dämpfern oder Luftkammern, einen sehr guten Mittelweg zwischen hohem Fahrkomfort und dynamisch orientiertem Feedback vom Straßenuntergrund. Bei Stadt-Tempo schwingt die Karosserie aber nach Verwerfungen im Asphalt aber oft ein bis zweimal zu oft nach.
Verbrauch, Reichweite, Laden
Der Nickel-Mangan-Cobalt (NMC) – Akku im Fahrzeugboden hat eine netto nutzbare Speicherkapazität von 82,7 Kilowattstunden (brutto 86,2 kWh). Laut WLTP-Norm reicht diese Energie für eine Reichweite von 505 Kilometern, der kombinierte Verbrauch wird mit 19,2 kWh je 100 Kilometer angegeben. Im Testalltag konnte dieser Wert ohne Anstrengungen unterboten werden. Knapp über 18 kWh auf 100 Kilometer wurden erzielt, im entspannten Überland-Verkehr ist der Verbrauch locker auf 15 kWh / 100 km zu drücken. Damit liegt der P7 auf dem Niveau des effizienten VW ID.7 Pro. Die im Test des Xpeng herausgefahrene Reichweite von rund 470 Kilometern liegt nicht zu weit von der Herstellerangabe entfernt.
Am Schnelllader steigt die Leistung kurz auf bis zu 186 kW und damit über den von Xpeng versprochenen Maximalwert von 175 kW. Bei rund 70 Prozent SoC (State of Charge, Ladezustand) sinkt die Leistung auf unter 100 kW. Schnelles Laden über 80 Prozent SoC macht wenig Sinn, dann sinkt die Leistung auf rund 50 kW ab. Der Hub von zehn auf 80 Prozent in einer knappen halben Stunde ist aber reproduzierbar. An der heimischen Wallbox oder einer öffentlichen Ladesäule im urbanen Raum zieht der P7 Wechselstrom dreiphasig mit elf kW.
Das kostet der Chinese
Xpeng bietet den P7 in der Basisversion mit Heckantrieb zum Listenpreis von 49.600 Euro an. Das Performance-Modell steht ab 58.600 Euro in der Preisliste und dem Online-Konfigurator. Wer mag, kann für 69.600 Euro den Allradler mit Wing-Doors, Türen im Lamborghini-Style, bestellen. Wir empfehlen reguläre Pforten.
Der Testwagen brachte neben der Metalliclackierung in „Silver Frost“ noch das Premium-Paket mit, das Nappaleder-Bezüge, Sitzlüftung vorne, eine Soft-Close-Automatik für die Türen und das famose Dynaudio-Lautsprechersystem mit Dolby-Atoms-Technologie mitbringt. Der Preis des Xpeng P7 AWD Performance klettert so auf 63.460 Euro.
Ab Werk bringt der Chinese eine Neuwagengarantie für den Zeitraum von sieben Jahren bis zu einer Laufleistung von 160.000 Kilometern mit, auf Elektroantrieb und Akku gibt es acht Jahre Garantie bis zur genannten Gesamtleistung.
Wie teuer ist die Konkurrenz?
Der Xpang P7 bringt viele Qualitäten mit, ist dabei aber auch nicht ganz billig. Immerhin unterbietet er beim Preis die meisten Mitbewerber. Ein Hyundai Ioniq 6 mit 77,4 kWh großem Akku und 239 kW (325 PS) kostet, annähernd vergleichbar ausgestattet, mit 65.750 Euro gut 2.000 Euro mehr.
Für einen VW ID.7 GTX mit 250 kW (340 PS) sind gar 74.665 Euro, also rund 10.000 Euro mehr als für den Xpeng, fällig. Der Emdener bringt neben einem deutlich geräumigeren Innenraum dann aber auch ein Head-up -Display mit AR-Inhalten (Augmented Reality) und ein DCC-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern mit.
Im Video: Xpeng G6
Ebenfalls aus China kommt der Nio ET5. Er wirkt für 47.500 Euro wie ein Schnäppchen, bringt dann aber keinen Akku mit. Wer die Batterie bei Nio nicht mieten (und bei Bedarf an einer der Wechselstationen in fünf Minuten tauschen) will, der zahlt für die Limousine mit 100 kWh 68.1500 Euro.
Preisführer bleibt in diesem Umfeld das Tesla Model 3. In der Version „maximale Reichweite“ kostet das, wie Nio und Xpeng in China gebaute, Mittelklasse-Modell 58.270 Euro (alle Preise Stand September 2024).
Fazit
Nicht nur der erste Eindruck ist gut. Im Alltagstest zeigt der Xpeng P7 AWD Performance, dass die junge chinesische Marke nicht nur bei der Software und der Fahrassistenz weit vorne ist, sondern auch die Hardware in Form des Autos drumherum einen hohen Entwicklungsstand präsentiert.
Defizite bei der Sprachsteuerung und der Ladekurve lassen sich gewiss über ein Update abstellen. Der relativ enge Innenraum unterstreicht den Charakter des P7 als Sport-Limousine. Wer hier mehr braucht, dem dürfte der Verkaufsberater im Xpeng-Autohaus eines der beiden SUV-Modelle ans Herz legen.
Technische Daten
Xpeng P7 AWD Performance |
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Antriebsart | Elektro |
Antrieb | Allradantrieb |
Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Elektromotor vorn: Maximale Leistung kW | 145 kW (197 PS) |
Elektromotor hinten: Maximale Leistung kW | 203 kW (276 PS) |
Systemleistung: kW / PS | 348 kW (473 PS), 757 Nm |
Batterie | 86,2 kWh brutto / 82,7 kWh netto |
Batterie: Typ | NMC-Akku |
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) | 175 kW |
Ladeleistung Gleichstrom (DC) im Test | 186 kW (kurzzeitig) |
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) | 11 kW (dreiphasig) |
Ladeleistung Wechselstrom (AC) im Test | 11 kW (dreiphasig) |
Beschleuningung 0-100 km/h | 4,1 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 19,2 kWh (kombiniert) / 16,2 kWh (Stadtverkehr) |
Reichweite nach Norm | 505 km |
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km | 18,0 kWh |
Reichweite im Alltag | ca. 470 km |
Kofferraumvolumen | 440 - 915 Liter |
Leergewicht | 2.140 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.888 / 1.896 / 1.450 mm |
Basispreis Baureihe | 49.600 Euro |
Basispreis Modellvariante | 58.600 Euro |
Testwagenpreis | 63.460 Euro |