Eng. Laut. Heiss. Der Alltag im Abarth 124 Spider.
120 km/h auf der Autobahn. Der späte Sommerabend ist mild, das Gemüt entspannt. Der fingerlange Schalthebel des knackigen Sechsganggetriebes hängt faul in seiner sechsten Vorwärtsposition, das Stoffverdeck liegt natürlich weggefaltet hinter den Kopfstützen. Dein Gehirn sortiert gerade die Buchstaben für den Gedanke an Entspannung und BÄMM.
Ein (per Software programmierter) Knall holt Dich zurück auf den Boden der Tatsachen. Die „Record Monza“ genannte Sportabgasaanlage macht Schluss mit dem Gebummel. Es ist schließlich der Abarth 124 Spider, der unter Deinem Himmel klemmt. Cruisen kannst Du mit dem Fiat 124 Spider, von ihm aus auch im Mazda MX-5. Aber nicht hier und jetzt. Nicht mit ihm!
Alle drei Modelle sind weitgehend baugleich, als sich FCA (Fiat Chrysler Automobiles) mit Mazda verpartnerte. Dort wollte man die vierte Auflage des MX-5 nicht unbedingt alleine bauen und FCA hätte so gerne einen neuen Alfa Romeo Spider gehabt. Daraus ist nichts geworden, gottseidank haben die Strategen in Italien mittendrin umgeschwenkt und mit dem Fiat 124 Spider ein herrlich luftig-leichtes Retromodell auf die Räder gestellt.
Gebaut wird das Trio in Hiroshima (Japan) bei Mazda. Die für Abarth vorgesehenen Autos aber nur zu ca. 70 Prozent. Dann geht es nach Italien, wo die Feinheiten der Sportmodelle eingebaut werden. Dazu gehört auch die Auspuffanlage des Turismo-Modells.
Die sorgt für dumpfen Sound, der im Sportmodus vor allem, aber nicht nur, bei forscher Fahrweise ein Donnerwetter erklingen lässt. Und die lauten Knallgeräusche, die so gerne eine Fehlzündung wären.
Weiter vorne, unter der optional schwarz-matt folierten Motorhaube mit den herrlich langen Ausbuchtungen über den LED-Scheinwerfern, zündet natürlich alles in bester Ordnung. Auch im Abarth steckt der 1,4 Liter MultiAir-Turbobenziner des Fiat. Mit dem Skorpion im Logo bekommt er 30 PS Mehrleistung (also jetzt 125 kW / 170 PS) und ein um 10 auf 250 Nm gestiegenes maximales Drehmoment.
In 6,9 Sekunden spurtet der Abarth 124 Spider auf Tempo 100, 224 km/h sind maximal drin.Die Höchstgeschwindigkeit erreicht der nur knapp unter 1,2 Tonnen schwere Zweisitzer spielerisch. Viel mehr Spaß macht aber der Weg dahin und die Suche nach der Ideallinie auf verlassenen Landstraßen.
Hält man die Drehzahl stets knapp über 2.000 Umdrehungen pro Minute, wird jeder auf noch so leichte Gasbefehl in stürmischen Vortrieb umgewandelt. Je nachdem, wie die Vorderräder und der Rest der nur 4,07 Meter langen Karosserie gerade im Verhältnis zueinander sind, auch gerne leicht quer. Im Sport-Modus setzt das ESP im Abarth erst spät ein. Nicht zu spät, aber es lässt genügend Zeit, das Heck mitlenken zu lassen.
Der kurze Roadster vermittelt Dir als Fahrer dabei stets das Gefühl, das Zusammenspiel der Kräfte genau zu beherrschen, dein Hintern lenkt genauso viel wie die Hände am Lenkrad. Das klappt genauso gut wie im mit 184 PS nominell sogar stärkeren Mazda MX-5 und aufgrund der brutaleren Leistungsentfaltung besser als im sanfteren Fiat.
Mit einem Sportfahrwerk samt Bilstein-Dämpfern federt der Abarth 124 Spider auch wesentlich verbindlicher als sein Bruder, ist dabei aber nie unangenehm hart. Die im Turimso mit Leder bezogenen Sportsitze sind bequem und bieten sogar Seitenhalt – auch wenn das im engen Cockpit eigentlich egal wäre, Rückwand und Türen zwängen Dich eh ein.
Aber nicht falsch verstehen: Auch große Menschen haben ausreichend Platz, selbst lange Etappen über mehrere Hundert Kilometer sind bequem machbar.
Im Gegensatz zu vielen anderen Autos nervt der Klang aus den Endrohren dabei auch nicht im Innenraum bei geschlossenem Verdeck. Diesen Zustand erträgt der Abarth 124 Spider aber nur selten. Als Roadster für echte Kerle und starke Frauen will und wird er offen gefahren werden, selbst im Nieselregen.
Am Stammtisch kann er leider nicht mehr als der stärkste der drei baugleichen Roadster punkten, seit Mazda dem Zweiliter-Saugmotor im MX-5 eine Leistungsspritze von 160 auf 184 PS verpasst hat. Die Italiener könnten vielleicht nachlegen und aus den 170 PS im Abarth mehr machen, sofern man dann die Abgasemissionen noch im Griff hat.
Auf der Straße reicht es aber noch immer aus, um den Abarth als Haudrauf der Familie abzustempeln. Der optische Auftritt mit den 17-Zoll-Leichtmetallfelgen und den roten Bremssätteln der Brembo-Anlage verspricht Sportsgeist, den der 124 Spider in Fahrt auch einhält. Wer ihm nicht glaubt, bekommt dann eben eine aus den vier Endrohren geknallt.
Im Video wird ein Testwagenpreis von über 40.000 Euro genannt. Das schaft man jetzt nicht mehr. Der Abarth 124 Spider Turismo wurde abermals günstiger, Extras wie die Lederausstattung und ein Paket, u.a. mit LED-Scheinwerfern, ist nicht mehr lieferbar. Das ist in den Preisen bei den technischen Daten unten berücksichtigt.
Technische Daten
Abarth 124 Spider Turismo |
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Hubraum | 1.368 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 125 kW / 170 PS bei 5.500 U/min |
Max. Drehmoment | 250 Nm bei 2.500 U/min |
Getriebe | Sechsgang-Schaltgetriebe |
Beschleuningung 0-100 km/h | 6,8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 224 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 6,4 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 9,0 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | 205/45 R17 |
Leergewicht | 1.135 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.075 / 1.740 / 1.230 mm |
Grundpreis | 33.000 Euro (nach aktueller Preisliste) |
Testwagenpreis | 36.180 Euro (nach aktueller Preisliste) |