Erste Fahrt im neuen Audi A4 mit großem Facelift.
Am 18. August 1922 legte das Deutsche Institut für Normung (DIN) in einer Verordnung mit der Nummer 476 ein allgemeingültiges Papierformat fest. Das Verhältnis von Breite und Höhe galt fortan als gesetzt, DIN A0 als Ausgangsbogen. Ein Viertel davon, das Format DIN A4 mit 21 und 29,7 Zentimeter langen Seitenrändern dürfte das populärste Stück Papier sein. Verträge, Briefe, Kündigungen und Zeitschriften folgen dieser Größe.
Eine feste Institution, wie sie früher auch einst die Mittelklasse war. Familienväter und vor allem Arbeitnehmer mit der langersehnten Firmenwagenberechtigung stiegen darin ein, egal ob mit Stufen- oder Fließheck oder als Kombi. Trotzdem unterstellen wir der Automobilgeschichte mal mehr Zufall als Größenwahn, als Audi vor 25 Jahren aus dem etablierten 80 das Format A4 machte. Über 7,5 Millionen Autos dieses Kürzels sind seitdem immerhin gebaut worden.
Der meistverkaufte Audi
Fast 345.000 Exemplare waren es im Jahr 2018, was den A4 weltweit noch immer zum meistverkauften Audi macht, aller Kritik am langweiligen Design der aktuellen Generation zum Trotz. Unter der Schirmherrschaft von Chefdesigner Marc Lichte wurde hier beim Facelift Hand angelegt. Und das ziemlich umfangreich. Während die jüngst gelifteten Konzernkollegen VW Passat und Skoda Superb schon gut geschulte Verkaufsberater brauchen, um Bestandskunden „den Neuen“ anzudienen, tritt der Audi A4 mit einem rundum erneuerten Blechkleid auf.
Der Kühlergrill ist flacher und breiter, über den Radkästen vorne und hinten zitieren ausgeprägte Sicken den ersten Audi Quattro aus den frühen 1980er Jahren, am Heck gibt es neue Rückleuchten und eine durchgehende Kunststoffleiste – je nach Ausstattung verchromt oder schwarz lackiert.
Neues Online-Infotainment
Innen flog der Dreh-Drück-Steller des MMI-Bediensystems raus. Auch der Audi A4 nutzt jetzt den MIB3 (Modularer Infotainmentbaukasten der dritten Generation), neben einer Sprachsteuerung bietet sich der hochauflösende und gut erreichbare 10,1-Zoll-Touchscreen zur Bedienung an. MIB3 bedeutet auch, dass der Audi A4 jetzt immer online ist. Das Navigationssystem kann damit Echtzeit-Verkehrsdaten für die Routenberechnung nutzen. In ersten Modellregionen kommuniziert der vernetzte A4 zudem – Stichwort Car-to-X – mit Ampelanlagen, womit die Geschwindigkeit für eine möglichst grüne Welle gehalten werden kann. Praxisnäher ist im Moment noch die Möglichkeit, bestimmte Funktionen wie ein größeres Navigationspaket über eine App später oder temporär zu bestellen, aufgespielt wird „over the air“.
Motoren mit 12V-Mildhybrid
Ach ja, fahren kann der überarbeitete Audi A4 natürlich auch. Dafür stehen fast ausnahmslos Vierzylindermotoren bereit. Der 1,5 Liter große Basisbenziner mit 150 PS ist das einzige Modell, dass sich mit manuellem Sechsganggetriebe kombinieren lässt. Optional kommt er mit dem bei den anderen Varianten serienmäßigen Doppelkupplungsgetriebe, bei Audi S-Tronic genannt. Der zwei Liter große Diesel ist mit 136, 163 oder 190 PS zu haben, der zwei Liter große Benziner mit 190 und 245 PS. Einziger Sechszylinder im Audi A4 ist der 45 TDI mit drei Liter großem Diesel, 231 PS und Achtstufen-Automatik. Darüber rangiert der neue S4 TDI mit 347 PS, um den wir uns in Kürze kümmern.
Der V6-TDI und die 190 PS starke Version des 2.0 TDI, nach neuer Nomenklatur 40 TDI genannt, kommen als einzige Varianten ohne Mildhybrid-Modul aus. Der stärkste Vierzylinder-TDI nutzt noch den bisher verbauten Grundmotor, die schwächeren Versionen des TDI „Evo“. Hier und bei den Benzinern wurde ein 12V-Mildhybridsystem addiert, das die Start-/Stopp-Automatik unterstützt und kurzes Segeln ohne Last ermöglicht.
Auf den ersten Probefahrten, für den die Audi A4 Limousine als 45 TFSI Quattro, also mit 245 PS und 7-Gang-S-Tronic, zur Verfügung stand, kam beides kaum zum Einsatz. Auf kurvenreichen Land- und Bergstraßen überzeugte der konzernweit eingesetzte Vierzylinder-Turbo, hier längs eingebaut, auch im A4 mit einer guten Leistungsentfaltung und sportlichem Antritt. 370 Nm maximales Drehmoment stehen in einem breiten Drehzahlband zwischen 1.600 und 4.300 Umdrehungen pro Minute an – also fast immer. Störend wirkt nur die Gedenksekunde, die das Getriebe manchmal braucht, um einen Gasstoß mit dem rechten Fuß auch direkt in Vortrieb umzuwandeln. Sensibler ist da die adaptive Dämpferregelung. Statt weitgehend stufenlos wie im VW Passat belässt es der Audi A4 im individuell konfigurierbaren Modus mit drei Dämpfungsstufen von sportlich über ausgewogen bis komfortabel, überzeugt dabei aber vor allem in der goldenen Mitte mit einer sauberen Abstimmung.
Fazit zum Audi A4
Ein Facelift der klassischen Art. Während auch die konzerninternen Mitbewerber fast ausschließlich auf die neuen Infotainmentbausteine setzen, spendiert Audi dem A4 mehr als nur Schürzenkosmetik. Die umfangreichen Änderungen an der Karosserie wirken gelungen, der Wow-Effekt bleibt aber dennoch irgendwie aus.
Geschäfts- und Flottenkunden werden die Onlineanbindung zu schätzen wissen, auch private Käufer sich über das weiterhin ausgewogene Fahrverhalten freuen. Dass der längs eingebaute Motor weniger Platz im Innenraum bietet als der Querbaukasten bei VW und Skoda, holt der A4 mit einer besseren Sitzposition für den aktiven Fahrer wieder herein. Was alle drei eint: Emotionen kommen nicht wirklich auf.
Wer keine hohen Kilometerleistungen abreißt, dürfte im Audi A4 45TFSI einen mehr als ausreichend motorisierten Benziner finden, der mit seiner Lebhaftigkeit den Wunsch nach einem Sechszylinder in die Geschichtsbücher verschiebt. Egal, auf welchem Papierformat die dann gedruckt werden.
Technische Daten
Audi A4 45 TFSI Quattro S-Line |
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Hubraum | 1.984 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 180 kW / 245 PS bei 5.000 - 6500 U/min |
Max. Drehmoment | 370 Nm bei 1.600 - 4.300 U/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe |
Beschleuningung 0-100 km/h | 5,8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 8,0 Liter (WLTP) |
Verbrauch real auf 100km | 10,1 Liter (lt. Bordcomputer) |
Reifenmarke und –format des Testwagens | 245/45 R18 |
Leergewicht | 1.620 kg |
Grundpreis | 48.350 Euro |
Testwagenpreis | ca. 72.000 Euro |