Der hat sicherlich mehr Rechenleistung als die Enterprise: High-Tech im Audi Q7
Draußen vor dem Fenster rauschen Sterne, Sonnensysteme und ganze Galaxien vorbei, während Enterprise-Kapitän Jean-Luc Picard ganz entspannt am Schreibtisch sitzt, einen Tee trinkt und - damals total utopisch - einen Text ins Bordbuch diktiert. Nichts wackelt, nicht zittert, kein Geräusch zeugt davon, dass das Raumschiff sich gerade quer durch das Universum warpt.So ähnlich fühlt es sich an, nachts auf der leeren Autobahn. Statt NCC 1701-D pilotiere ich als Steuermann ein erdverbundeneres Gerät - den neuen Audi Q7 3.0 TDI.
Der Vergleich mit dem Sternenkreuzer drängt sich auf, weil der Q7 derart leise über das Asphaltband gleitet, dass es schon fast unheimlich ist. Der rechte Fuß wird schwer und schnurstraks ist die Region um 230 Stundenkilometer erreicht, ohne störende Windgeräusche, ohne Motorlärm jenseits eines leisen Summens; als scheint der Audi knapp über der Straße zu schweben. Nein, man hat uns nicht heimlich einen Achtzylinder untergejubelt, der 272 PS Sechszylinder-Diesel ist das aktuelle Ende der Dieselfahnenstange, darunter rangiert die gedrosselte "Ultra"-Version mit 218 PS.Bei unserer erfolglosen Lauschattacke kommt die Preisliste ins Spiel, der Abendschmöker für Kaufinteressierte und gleichzeitig das heilige Buch der Ingolstädter Finanzabteilung. Für die heimelige Ruhe im Testwagen sorgen natürlich auch Optionen, wie die Dämmverglasung und das Luftfahrwerk. Dazu später mehr, genießen wir erstmal das Reiseerlebnis. Ja, dieser Fahrbericht über das große SUV wird natürlich ohne Kommentare zu etwaiger Geländetauglichkeit auskommen, der Q7 ist vor allem ein exzellentes Langstreckenauto.Einmal München-Rügen? Sehr gerne. Hierfür qualifiziert sich der große Audi noch mehr als seine deutschen Mitbewerber Mercedes GLE und BMW X5, die sich im Vergleich deutlich grobschlächtiger geben, vor allem im Interieur fallen beiden deutlich ab. Ähnlich nobel ist der Volvo XC90 ( Fahrbericht hier ), der aber nicht so technokratisch auftritt wie der Audi und somit innen fast gemütlicher ist. Der Schwede also der Abend vor dem Kamin, während der Ingolstädter ins Designerloft einlädt.
Was Audi hier als haptisches und optisches Erlebnis im Innenraum zelebriert, grenzt an Science Fiction. Ambientelicht (das leuchtt u.a. Fußraum und die Türverkleidungen aus) und Kontrastlicht (gestochen scharfe LED Lichtleisten im Armaturenbrett und um die Mittelkonsole herum) lassen sich über ein Farbspektrum in unzähligen warmen und kalten Farben einstellen. Wer sich nach einer halben Stunde immer noch nicht für eine Farbe entscheiden kann, überlässt dem Computer die Wahl, der dann die Illumination je nach Fahrstil und Profilauswahl steuert, so wird es z.B. im Sportmodus natürlich rot.Ein weiteres leuchtendes Beispiel ist das volldigitale Instrumentendisplay, das wir mit seiner Verspieltheit ja schon aus dem Audi TT und auch dem VW Passat kennen. Wer das Cockpit ein bisschen weniger enterprisig haben möchte, kann den zentralen Monitor elektrisch einfahren, alle relevanten Fahr- und Multimediadaten sind ja direkt im Fahrerblickfeld zu finden. Die 4-Zonen-Klimaautomatik erfreut mit einem weiteren HD-Display, richtig schick sind zudem die induktiven Bedientasten darunter. Blicken wir weiter herunter. Das MMI-Bediensystem ist um das großflächige Touchpad erweitert worden, hier geht Audi einen anderen Weg als BMW, deren iDrive-Controller beides in einem Bauteil vereint.Das System der Münchner darf trotz erheblich verbesserter MMI-Struktur auch weiter als Benchmark dienen, allzu oft fordert die Bedienung des Audi mehr Konzentration und Bedienschritte als erwartet. Zudem ist das Touchpad etwas wacklig eingepasst, ähnlich dem Pad bei nicht ganz hochpreisigen Laptops. Manche Bedienschritte erschließen sich auch nicht sofort, teilweise hilft nur die Trial-and-Error-Methode. Aber auch kein Wunder bei der Fülle an Möglichkeiten, die Innenlichteinstellung war ja nur ein Beispiel.
Vom Start weg zeigt sich der Sechszylinder TDI von seiner besten Seite, ansatzlos und wie eingangs erwähnt leise zieht er den Raumgleiter in Richtung Horizont, Vokabeln wie Turboloch oder Knurren sind ihm fremd. Mehr Motor braucht man wirklich nicht, zumal schon dieses Modell auf Tacho 242 km/h beschleunigt. Der Verdienst der Karosseriedämmung zeigt sich erst, wenn man außen vor dem Auto mit laufendem Motor steht, denn hier zeigt sich der TDI ungalant nagelnd, im Leerlauf an der Ampel nicht unbedingt zum großen Auftritt passend. Aber hier kommt ja eh' die Start-Stopp-Automatik zum Einsatz. Wenn ich sie nicht ausgestellt hätte, da sich der Antrieb nach der Rotphase oftmals zu rumplig wieder zum Dienst meldet.Die Air Suspension Federung einmal in allen Möglichkeiten über Comfort, Eco und Dynamic durchprobiert, verzichte ich auf eine individuelle Anpassung und wähle den Auto-Modus. Adaptiv passt sich der Q7 nun in Millisekunden dem Fahrstil und der Straßenbeschaffenheit an. Vor allem über Landstraßen zweiten Grades gleitet man vom Untergrund entkopppelt, wie man sich den Ritt auf einem fliegenden Teppich vorstellt.In allen Fahrsituationen folgt der große Audi dem Lenkbefehl des Piloten direkt und fix, ohne dabei zu nervös zu sein. Die Allradlenkung zeigt sich von ihrer besten Seite, fördert vor allem auch die gefühlte Sicherheit bei Spurwechseln im Bereich der Höchstgeschwindigkeit. Die Matrix-LED-Scheinwerfer schlagen eine helle Schneise selbst durch die dunkelste Nacht. Manchmal jedoch blendet der Fernlichtassistent bei Verkehrsschildern nicht schnell genug ab, was dann fies blendet. Vorausfahrende oder entgegenkommende Verkehrsteilnehmer werden aber stets rechtzeitig aus dem Lichtkegel ausgeschnitten. Dabei zittert der Rand der ausgeleuchteten Fläche oftmals ein wenig, was dann stört, wenn man es bemerkt und beginnt, sich darauf zu konzentrieren. Aber die Laserlichttechnik steht ja noch am Anfang, wer erinnert sich nicht ungern an die fies blendenden ersten Xenonbrenner in den 90ern.Fahrer und Passagiere bettet der Q7 in seiner kompletten S-Linigkeit, alleine für die Pakete S-Line Sportpaket und S-Line Selection stehen 10.250 Euro auf der Uhr, auf einem angenehmen Leder-Alcantara-Mix. Die Sitze selber aber geben unerwarteten Anlass zur Kritik. Vor allem im oberen Rückenbereich bieten sie kaum Seitenhalt, zudem sind sie, vor allem für ein so großes Auto, etwas zu klein geraten. Das gilt auch für die Rücksitzbank, wo man zudem ziemlich dicht über dem Boden hockt und somit die Beine unbequem stark anwinkeln muss. Man fühlt sich fast wie in einem Kompaktvan. Der Knieraum ist dafür mehr als ausreichend und deutlich größer als bei den Marktteilnehmern von Mercedes-Benz und BMW.
Der Innenraum als Kathedrale also, nicht nur für Musikliebhaber, die das phänomenale BOSE Soundsystem genießen können, sondern auch wegen der vielen Ah's u d Oh's beim Abtasten der Bauteile. Die Unterschäumung von Türgriffen und -paneelen ist sicherlich das Ergebnis einer Diplomarbeit zum Thema "Das greifbare Markenerlebnis", dazu kommen Gags wie die Türtaschenbeleuchtung, die angeht, wenn man die Hand reinstreckt. Ja, alles total toll und nett, aber es ist schon bemerkenswert, wie knapp dieses Auto an der Grenze zum Over-Engineering parkt. Muss das alles sein? Nein, aber der Audi Q7 zeigt: Es geht, also machen wir es - koste es, was es wolle.Bei der Tastreise durch den Innenraum kommt schon fast ein Triumphgefühl auf, wenn man doch eine nicht ganz perfekte Stelle entdeckt. Der Schalter für das Schiebedach ist etwas dröge, zudem ist der Plastikrahmen seiner Einfassung scharfkantig und locker. Und gerade am kritisieren, darf ich noch mein Unverständnis zum Ausdruck bringen, warum man in einem derart hochgezüchteten High-Tech-Auto noch immer auf eine Echtzeitverkehrsinformation verzichten muss. So kann es passieren dass TMC Pro den ungestümen Vortrieb des Q7 mit etwas weltlichem wie einem Stau ausbremst.Zeit, den imaginären Rechenschieber im Gehirn zu bedienen. Um uns herum bewegen sich Auto und Extras im Wert von 94.810 Euro durch die Landschaft. Macht mal eben 33.910 Euro alleine für Zusatzausstattungen. Viel Geld für ein Auto, aber sicherlich ein Schnäppchen im Vergleich zur Enterprise. Aber ähnlich leise.
Technische Daten
Hubraum | 2.967 ccm |
Maximale Leistung kW / PS | 200 kW / 272 PS bei 3.250-4.250 U/min |
Max. Drehmoment | 600 Nm bei 1.500 – 3.000 U/min |
Getriebe | 8-Gang-Tiptronic |
Höchstgeschwindigkeit | 234 km/h |
Beschleuningung 0-100 km/h | 6,5 Sekunden |
Norm-Verbrauch auf 100km | 5,7 Liter / 100 km |
Verbrauch real auf 100km | 12,2 Liter / 100 km |
Grundpreis | 60.900 Euro |
Testwagenpreis | 94.810 Euro |