Erster Fahrbericht mit Video-Review: Wann kann die neue Chevrolet Corvette mit V8-Mittelmotor?
Mensch und Maschine sind sich ganz nah, das ist zu hören. Damit sind keine künstlich erzeugten Geräusche aus einem Soundmodulator oder ein Plausch mit der Sprachsteuerung gemeint. Auch kein Turbo-Pfeiffen. Sondern pure Mechanik. Das Drehen der Kurbelwelle, leicht rasselnd und klassisch-vertraut. Obwohl das Auto, um das es geht, alles andere als gestrig sein will.
Die Corvette C8 im Video
In der neuen Chevrolet Corvette Stingray sitzt der 6,2 Liter große V8-Motor erstmals mittig im Fahrzeug und damit direkt hinter den beiden Insassen. Hubraum und Zylinderzahl sind im Vergleich zum Vorgänger gleich geblieben, trotzdem ist der „Smallblock“-Benziner komplett neu – sagt Chevrolet. Mit Trockensumpfschmierung und gleich drei Ölpumpen ist das 482 PS starke Aggregat allen fahrdynamischen Herausforderungen gewachsen. Und der Rest des Sportwagens auch.
Wir waren auf ersten Testfahrten im Spessart unterwegs. Viele Kurven, wenig Verkehr. Ein großer Spaß im neuen Ami. Denn mit der fast ausgeglichenen Gewichtsverteilung und einer direkten Lekungen lässt sich die neue Corvette zielsicher durch jede Kehre zirkeln. Der Mittelmotor sorgt durch sein Gewicht für mehr Traktion auf der angetriebenen Hinterachse, was die Beschleunigung am Kurvenausgang verbessert. Selbstredend lassen sich (bitte nur auf trockener Straße!) leichte Heckschwenks provozieren, bevor das ESP schützend eingreift. Die „alles-aus“-Stellung der Fahrmodi ist nur für abgesperrte Rennstrecken und erfahrene Hände am Lenkrad zu empfehlen.
Das ist künftig eher viereckig als rund, um Einstieg und Aussicht zu verbessern. Eine Zwölf-Uhr-Markierung zeigt die Sportwagengene, beim schnellen Kurvenfahren ist ein rundes Volant – direkte Lenkung hin oder her – aber auch weiterhin die bessere Wahl.
V8 im Genick
Mit dem hochdrehenden V8 im Genick geht es weiter durch Wälder und zwischen Feldern hindurch. Das elektronisch geregelte Magnetic-Ride-Fahrwerk sorgt für Rückmeldung vom Asphalt, gleichzeitig sorgt es für viel Komfort. Auch das Raumangebot für Fahrer und Beifahrer kann überzeugen. Selbst hohe Häupter müssen sich unter dem Hardtop des Cabriolets nicht verbiegen. Auch wenn die Dachkonstruktion elektrisch nach hinten über den Motor gewandert ist, hat man nicht den Rahmen der Windschutzscheibe direkt vor den Augen. Bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h lässt sich die neue Corvette auf Knopfdruck in 17 Sekunden öffnen oder schließen.
Im Vergleich zum Coupé mit herausnehmbarem Dachteil steigt das Gewicht um überschaubare 35 Kilogramm, je nach Ausstattung ist die Corvette knapp über 1,7 Tonnen schwer. Damit hat der V8 ein leichtes Spiel. In 3,5 Sekunden soll es laut Werksangabe aus dem Stand auf 100 km/h gehen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 296 km/h.
Das war auf der Bundesautobahn an einem Freitag nicht machbar. Ein freies Stück auf allen drei Fahrstreifen zeigte aber, dass die Amerikanerin spielerisch auf 260 km/h beschleunigt, dann lässt der Vortrieb nach. Das maximale Drehmoment von 613 Newtonmetern stellt der Sauger übrigens bei 4.500 U/min bereit.
12,1 Liter Normverbrauch gibt Chevrolet für die Corvette Stingray an. Am Ende des Testtags können wir nur dem Bordcomputer glauben, der letztendlich einen Wert von 16,0 Litern je 100 Kilometern anzeigt. Nicht wenig Sprit, klar. Aber im Vergleich zu anderen Sportwagen ein durchschnittlicher Wert.
Preisbrecher mit Mittelmotor
Das gilt nicht für den Preis der Corvette C8. Denn auch in neuer Form gilt der US-Sportwagen – verhältnismäßig gesehen – als Schäppchen. Als Coupé kostet die Corvette ab 86.900 Euro, als Cabriolet ab 93.400 Euro. Der Testwagen mit der höheren von zwei verfügbaren Ausstattungslinien sowie diversen Extras – darunter eine Liftfunktion für die Vorderachse – kostet etwa 110.000 Euro.
Damit kostet die Corvette Stingray als Cabriolet die Hälfte dessen, was einem ein Lamborghini Huracán Spyder wert sein muss. Der Vergleich hinkt? Ja, ein Huracán hat mehr Leistung und fährt theoretisch schneller. Aber im Alltag ist das kaum umzusetzen, und auffällig genug ist der Chevrolet auch. Dem Autor könnte einfallen, sich für die Preisdifferenz zum Lamborghini noch einen Nissan GT-R in die Garage zu stellen…. Nur gut, dass der eigene finanzielle Rahmen solche Spinnereien verbietet.
Fazit
Alteingesessene Corvette-Kunden dürften sich erzürnt abwenden, neue Zielgruppen erschlossen werden. Die C8 wandelt sich vom Bodybuilder zum Hochleistungs-Athleten mit ausgefeilter Gewichtsverteilung.
Trotz Mittelmotor bleibt erstaunlich viel Raum im Cockpit, die digitalisierte Bediendung gelingt ohne Informatik-Studium. Das Herz rast aber vor allem wegen dem V8-Motor hinter den Sitzlehnen mit dem Auto um die Wette.
Technische Daten
Chevrolet Corvette Stingray Cabriolet |
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Abgasnorm | Euro 6d |
Hubraum | 6.162 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | V8 |
Maximale Leistung kW / PS | 354 kW / 482 PS bei 6.450 U/min |
Max. Drehmoment | 613 Nm bei 4.500 U/min |
Getriebe | Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe |
Tankinhalt | 70 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 3,5 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 296 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 12,1 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 16,0 Liter (lt. Bordcomputer) |
Länge / Breite / Höhe | 4.634 / 1.934 / 1.234 mm |
Grundpreis | 93.400 Euro |
Testwagenpreis | ca. 110.000 Euro |