Ford bringt einen schnellen, noblen Kombi.
Wo früher die Ghia-Modelle jeder Modellreihe den noblen Punkt aufgesetzt haben, wird heute ein anderer Name herangezogen. Wieder ist es eine italienische Design- und Karosserieschmiede, deren Namensrechte bei Ford liegen: Vignale.
Der Mondeo Vignale ist der erste Spross einer Familie an luxuriösen Modellen, die ab 2016 auch S-Max ( Fahrbericht des neuen Modells hier ) und Edge umfassen wird.
Fernab jeglicher Leasingratenbudgets wähle ich zum Kennenlernen des Vignale den stärksten Dieselmotor, den neuen 2,0 Liter Bi-Turbo mit 210 PS. Nachdem der Selbstzünder sich kurz warmgenagelt hat – sicherlich auch bedingt durch immens hohen Einspritzdruck für den Kraftstoff – herrscht Ruhe im Innenraum. Stille im Leerlauf, Stille beim Anfahren. Stille beim Gleiten. Nur minimales Anheben der Antriebsstimme beim zügigen Gas geben. Diese Ruhe unterscheidet den Vignale zum gemeinen Mondeo Titanium mit dem gleichen Motor. Den Unterschied machen drei Mikrofone im Innenraum, die Schallwellen mit genau definierten Frequenzen entgegenarbeiten, inm Zusammenspiel mit Dämmglas für die Seitenscheiben. Das Ergebnis dieser audiophilen Ingenieursarbeit ist in der Tat verblüffend.
So empfiehlt sich der leise Mondeo vor allem in Zusammenarbeit mit dem bärenstarken Turbodiesel als zügiger Reisewagen, der nicht unbedingt vor Kraft strotzt aber in allen Lebenslagen mehr als ausreichend Reserven zur Verfügung stellt. So auch beim schnellen Herausbeschleunigen aus engen Kurven oder beim zügigen losfahren und gleichzeitigen Abbiegen – wie man es z.B. macht, wenn man zügig eine Lücke im Querverkehr nutzen möchte. Dann scharren die Vorderräder jammernd über den Asphalt, zwar gedämpft (siehe oben) aber dennoch merkbar. Im Gegensatz zum 180PS-Dieselbruder bietet Ford für den stärken Diesel keinen Allradantrieb an. Einmal in Fahrt ist das aber kein Manko. Im volldigitalen Instrumentendisplay blendet der große Ford die aktuellen Verkehrszeichen ein und informiert übersichtlich über alle relevanten Fahrdaten. Zudem können hier, zusätzlich zum Monitor in der Mittelkonsole, auch die Informationen des Infotainmentsystems eingeblendet werden.
Leider liegt der Touchscreen auf der Mittelkonsole, bedingt durch die starke Neigung eben dieser, sehr weit vom Fahrer weg. Vor allem große Menschen, die weit hinten sitzen, müssen sich schon deutlich strecken, um das Display zu bedienen. Flache Winkel sind beim Mondeo auch anderswo zu finden, zum Beispiel bei der Windschutzscheibe, die dadurch gegenläufige Scheibenwischer wie im Van bedingt. Ich persönlich bin kein Fan von diesen Wischern, daran sollte es aber nicht scheitern.
Eher an den zumindest für große Staturen etwas zu schmalen Lehnen der mit angenehm duftendem Leder bezogenen Multikontursitze. Diese lassen sich vielfach elektrisch verstellen und massieren den Fahrer bei Befehl per Bildschirmberührung im verschachtelten Menü auch gerne. Optisch gefällt das Leder im Mondeo Vignale, das neben den aufwendig gesteppten Sitzen auch die Mittelkonsole und den Armaturenträger bedeckt, mit hellgrau abgesetzten Nähten.
Im Fond endet das breite Grinsen leider, denn gemessen an der Fahrzeuggröße und auch verglichen mit den Vorgängern ist der Platz auf der Rücksitzbank alles andere als verschwenderisch.
Neben dem vielen Leder haben die Interieurdesigner leider die Auslegeware in den Türablagen vergessen. Dieses einfache Mittel wirkt gut gegen Klappergeräusche aus den Ablagen und sollte vor allem mit dem sonstigen Aufwand der Geräuschunterdrückung im Nobel-Mondeo durchaus noch in die Serienproduktion einfließen. Dabei könnte man gleich noch eine transparente Folie auf den hinteren Stoßfänger kleben. Durch die extrem tiefe Ladekante kommen hier sicherlich schneller Kratzer rein als Schmutz auf die Fußmatten. Unter dem variablen Ladeboden zeigt sich eine Styropor-Landschaft mit Staufächern, was ich aber nicht schlimm finde. In einer Zeit in der manche Marken vor lauter Lämpchen hier, Softmaterial dort preislich voll aus dem Ruder laufen, macht mich der dünne Kunststoff unter dem Kofferraum gewiss nicht unglücklich. Dafür bleibt der Mondeo preislich durchaus fair. Der Vignale entzieht sich aufgrund einer Sonderrolle als emotionale Wahl den Vergleichen mit der direkten Konkurrenz aus Rüsselsheim und Wolfsburg, ist aber je nach Firmenwagen- oder Leasingbudget eine durchaus leistbare Alternative wenn man auch erhobenen Hauses vor dem Reiheneckhaus parken kann, ohne ein Premiumlabel spazieren zu fahren.
Der Turnier mit dem dicken Diesel und dem harmonischen Doppelkupplungsgetriebe kostet 45.850 Euro Listenpreis, inklusive den optischen Vignale-Leckereien wie dem Wabenkühlergrill und Chromchichi, LED Scheinwerfern, elektrischen Sitzen mit dem erwähnten Leder, 18-Zöllern und vielem mehr. Der Aufpreis zur 180 PS-Variante mit einfacher Aufladung beträgt 1.500 Euro.
Jeder Vignale kommt mit einem besonderen Servicekonzept, hier trägt Ford dem Zeitgeist Rechnung der ja ein Premiumprodukt vor allem auch durch das ganzheitliche Kundenerlebnis definiert.
Die „gezielt geschulten Kundenberater“ unterscheiden sich hoffentlich nicht zu sehr vom Verkäufer für Focus, Mustang und Co – der Vignale-Fahrer kann aber bei Inspektionen sein Auto holen und bringen lassen, dazu wird es bei jedem Service aufbereitet. Die monatliche kostenlose Autowäsche ist eher ein Marketing-Scherz, den extra dafür bringt kaum jemand sein Auto in die Werkstatt, das wird beim Tankstopp erledigt.
Übrigens: Das Vignale-Trim ist die einzige Möglichkeit für Stufenheckfreunde, einen Mondeo zu fahren, der kein Hybrid ist. Während sonst die Limousine nur mit Elektrounterstützung zu haben ist, bekommt man den Vignale auch mit Benzin- und Dieselmotoren – dafür aber nicht als Fließheckversion.
Technische Daten
Maximale Leistung kW / PS | 154 kW / 210 PS bei 3.750 U / min |
Max. Drehmoment | 450 Nm bei 2.000-2.500 U / min |
Getriebe | 6-Gang-Doppelkupplung |
Beschleuningung 0-100 km/h | 8,1 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 228 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 5,2 Liter / 100 km |
Grundpreis | 45.850 Euro |