Ford Mustang: Der Headliner jedes Festivals
Will man Autos mit Musik vergleichen, dann sind massentaugliche Sportwagen sicherlich Rock´n´Roll. Und einige davon große Stars des Business, auch wenn sie seit Jahrzehnten über die Straßen der Welt touren, alle paar Jahre ein neues Album bzw. eine neue Modellgeneration produzieren und dabei ihre Fans an der Stange halten.
Ein solches Auto ist der Ford Mustang zweifellos, vierrädiger Held unzähliger Filme und die erste Antwort was aller Menschen auf die Frage „wenn Youngtimer, welchen?“.
Die „Welchen nehmen“-Frage stelle ich mir heute auch, aber anders. Es treten an: Der neue Ford Mustang und der neue Ford Mustang. Einmal als modernes Downsizingopfer in Form des 2.3 Liter Vierzylinder EcoBoost und als Gegenpol der 5,0 V8.
Fords Markenikone wird seit diesem Jahr das erste Mal offiziell nach Europa importiert. Das Selbstbewusstsein von Marke und Modell sind derart stark, dass am Auto oberflächlich nirgends eine Ford-Pflaume zu sehen ist. Front, Heck, Felgennaben und Lenkrad – überall das galoppierende Pferd.
Ich entscheide mich für das Coupé – Entschuldigung, den Mustang Fastback und starte den Achtzylinder-Benziner. Eindringlich redet der hammergeil klingende Achtender auf mich ein, fordert den rechten Fuß zum Bodenkontakt auf und los geht’s. Bis eben noch unschuldige Ortschaften werden von der Präsenz des Mustang überrascht und versaut – ab sofort findet jedes Kind, jede Ehefrau, Papas bzw. Schatzis Renault Espace echt uncool.
Du sitzt tief im Auto eingemauert, dirigierst den Wagen mit dem wunderschönen Lenkrad durch Kurven und Kehren und erkennst: Der Mustang braucht keine Bühne, er bringt sie mit. Aus Fahrersicht in Form der ewig langen und ewig breiten Motorhaube, für die armen Menschen, die nicht mitfahren können in Form des V8 Orchesters und des Designs, das selbst Ökoaktivisten niederknien lässt. Wenn die also gerade knien, können sie auch gar nicht reingucken, um die Verbrauchsangabe vom Bordcomputer abzulesen – 18,7 Liter haute sich der 5.0 alle 100 Kilometer in die Brennräume.
Rockstars haben Durst. Und trotz des vielen Trinkens funktionieren sie – so auch der Mustang unter meinem Hintern. Vollgas aus engen Kehren, subjektiv zu schnell in eine enge Kurve und wieder hinaus – das Heck bleibt in der Spur, vielleicht bin ich zu zaghaft oder das Auto zu abgebrüht – aber das ESP bleibt heute arbeitslos.
Das soll dem Baby-Mustang nicht passieren. Also rein in den Vierzylinder für den direkten Vergleich. Wieder als Fastback, diesmal aber mit der optionalen Recaro-Sportsitzanlage. Die Stühle sind mir massiv zu eng, wirken unnötig penetrant – mein Favorit ist die Seriensitzanlage im Mustang. Nun zum Motor – Finger auf den Startknopf, einmal links, einmal rechts: Der Wagen schüttelt sich wach und knattert los. Ein anderes Verb passt beim direkten Umstieg aus dem V8 leider nicht. Zumal sich das Geräusch bei Vollgasetappen bis in den Armaturenträger zu drücken scheint.
Objektiv muss der kleine Mustang im Autoquartett nicht verstecken, 317 PS quetscht er aus den vier Kolben, der große Bruder diktiert 421 PS in den Notizblock. Auch der Verbrauch ist nicht Welten unter dem Chef, 13,2 Liter alle 100 Kilometer erbittet der EcoBoost auf meinen Fahrten, klar weniger als der V8 aber nicht unbedingt das Feigenblatt, das man sich erwartet hätte.
Ziehen wir nochmal den Vergleich der Musiker heran. Der Mustang 5.0 V8 ist Iggy Pop – lange genug im Geschäft um auf entspannte Art und Weise abgebrüht zu sein, ein Held für Generationen. Der 2.3 EcoBoost ist eher Retorten-Pop aus der Castingshow, Radiotauglich und wild im optischen Auftritt, aber nach dem ersten PR-Aufschlag nicht mehr als eine kulturelle Randnotiz.
5.000 Euro Aufpreis verlangt Ford für den 5.0, er kostet als Fastback ab 42.000 Euro gegenüber 37.000 Euro, die für den EcoBoost aufgerufen werden. In den 10 großen Scheinen (denn der 500er ist ja jetzt der größte Schein) sind aber auch die Brembo-Bremsanlage und breitere 275-er Reifen an der Hinterachse enthalten. Und übrigens: In vielen Autos kosten Soundsysteme solche Aufpreise - hier halt auch, nur ist die Sache dann unter der Motorhaube verbaut.
Geld hin oder her: Ich steige wieder in den Achtzylinder, er heißt mich willkommen – und das Infotainmentsystem such einen Iggy Pop – Song als Soundtrack für die Fahrt: „The Passenger“.